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{"created":"2022-01-31T16:33:30.020791+00:00","id":"lit32449","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane","contributors":[{"name":"Martius","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane 37: 266-268","fulltext":[{"file":"p0266.txt","language":"de","ocr_de":"266\nLi trr a turberidi t.\nLebenswahrheit und ohne eine gewisse k\u00fcnstliche Vereinfachung\u201c ab, denn sonst \u201eh\u00e4tten wir eben kein Experiment mehr, sondern die gew\u00f6hnliche Beobachtung\u201c; dann gibt es aber nur ein Entweder \u2014 oder; die \u201eMitte\u201c zwischen dem theoretischen Experiment und der Lebensn&he ist etwas v\u00f6llig Willk\u00fcrliches.\tAbth\u00fcb Wbeschitkb (Z\u00fcrich).\nHbbhann Swoboda. Dl\u00ab Perioden du menschlichen Organisais ln Om psychologischen nd biologischen Bedeutung. Leipzig u. Wien, Fr. Deutike. 1904. 13\u00f6 S. 4 Mk.\nVon Zeit zu Zeit fallt einem ein Buch in die H\u00e4nde, mit dem man nichts Rechtes anzufangen weifs. Man liest und fragt sich erstaunt, ob sich der Verf. am Ende nicht einen Scherz mit dem Leser erlaubt habe und ob es wirklich sein Ernst und er von alledem \u00fcberzeugt sei, was er uns hier vorbringt. Ich glaube dem Buche kein Unrecht zu tun, wenn ich ihm eine solche Stellung zuweise und mit meinem Bedenken nicht zur\u00fcckhalte, wenngleich es wohl keinem Zweifel unterliegt, dafs es dem Vert mit seinen Ausf\u00fchrungeu voller Ernst ist.\nEbensowenig soll bezweifelt werden, dafs das Leben periodisch ist, und nur die Art der Beweisf\u00fchrung und die auf dieser Beweisf\u00fchrung aufgebauten Schl\u00fcsse wollen uns nicht recht in den Sinn. Die ersten Beobachtungen fielen dem Verf. mehr zuf\u00e4llig in den Schofs. Pl\u00f6tzlich verf\u00e4llt er auf eine Melodie, und er stellt hinterher fest, dafs er sie genau vor 46 Stunden geh\u00f6rt habe. Bei weiterem Forschen findet er, dafs dieses \u201eFreisteigen\u201c von Vorstellungen an eine Periode von 23 Stunden oder dem vielfachen von 23 Stunden gebunden sei und sich daher nach 23 Tagen genau zu der gleichen Stunde wiederhole.\nBei anderen Personen und unter anderen Umstanden betr\u00fcgt dieses Intervall nur 18 Stunden, und so entdeckt er die lSst\u00fcndige Periode, der eine gr\u00f6fsere von 28 Tagen entspricht. Dieser als der weiblichen steht die erste von 23 Stunden und 23 Tagen als die m\u00e4nnliche gegen\u00fcber, obwohl sie durchaus nicht streng in die Geschlechter gebunden sind.\nAus dieser Entdeckung zieht der Verf. eine Reihe von Konsequenzen f\u00fcr die wissenschaftliche Psychologie, und wenn er auch keineswegs verkennt, dafs seine Ausf\u00fchrungen mangelhaft und stellenweise vielleicht auch irrt\u00fcmlich sind, so will er damit doch anregen und Genossen in die Arena rufen, die ihm helfen sollen, die neu betretenen Pfade auszubauen.\nWenn der Verf. auf Beinern weiteren Wege die Probleme des Lebens durchmustert, die Religionsphanomene bespricht, um in dem Zeitproblem auszuklingen, so k\u00f6nnen wir ihm auf diesem Fluge nicht folgen.\nAn K\u00fchnheit mangelt es ihm nicht, und manches d\u00fcnkt uns allzuk\u00fchn. Alles aber wird mit Geist und in einer Weise vorgebracht, dafs man wohl den Kopf sch\u00fctteln, an der Ausf\u00fchrung aber nur Gefallen haben kann.\tPelhan (Bonn).\nw. Wdhdt. Gustav Theodob Fechneb. Rede sar Feier seines hundertj\u00e4hriges Geburtstages. Leipzig, Engelmann. 1901. 92 S.\nDie Rede Wundts ist am 11. Mai 1901 (der Erinnerungstag selbst, der 19. April, fiel in die akademischen Ferien) in einer Sitzung der Kgl.","page":266},{"file":"p0267.txt","language":"de","ocr_de":"Literaturbericht.\n267\ns\u00e4chsischen Gesellschaft der Wissenschaften in der Aula der Universit\u00e4t Leipzig gehalten. Ein ungl\u00fcckliches Versehen tr\u00e4gt die Schuld, dale ihre Anzeige erst heute in diesen Bl\u00e4ttern erfolgt. Sp\u00e4t, aber nicht zu sp\u00e4t. Denn es ist ein sch\u00f6nes Denkmal von bleibendem Wert, welches W. Wundt seinem Freunde, der auf ihn selbst von so grofsem Einflufs gewesen ist, in piet\u00e4tvoller Wertsch\u00e4tzung und doch mit der sichern Ruhe des objektiven Beobachters in diesen Zeilen gesetzt hat.\nZwei Seiten bietet die wissenschaftliche Pers\u00f6nlichkeit Fechner\u00bb, die sich auszuschliefsen scheinen : er tritt einerseits als der exakte Naturforscher, der rechnende Physiker, \u201eder Begr\u00fcnder der Psychophysik und der Erfinder der Kollektivmafslehre\u201c uns entgegen, andererseits \u201eals der in seinem tiefsten Wesen religi\u00f6s gestimmte Denker, dessen Streben weit \u00fcber die Grenzen der \u00fcblichen Philosophie hinaus auf eine Wiedererneuerung und Vertiefung des im Christentum offenbar gewordenen. Gottesbewufst-seins gerichtet war\u201c (S. 3). Wie sind beide Seiten zu vereinen? \u201eHat sich der Philosoph aus dem Naturforscher entwickelt oder sind umgekehrt die exakten Probleme, die er namentlich in seinen sp\u00e4teren Jahren sich stellte, aus seiner philosophischen Weltanschauung hervorgegangen?\u201c Durch diese Fragestellung gelingt es Wundt von vornherein, die wissenschaftliche Bedeutung Fechnebs aus dem innersten Wesen seiner eigenartigen Pers\u00f6nlichkeit zu entwickeln.\nVon Hause aus, das ist das Ergebnis, war Fbchneb Naturforscher. Seine ersten Arbeiten besch\u00e4ftigen sich mit konkreten Problemen ohne Nebengedanken. Die naturwissenschaftliche Methodik, welche er sich so zu eigen macht, bleibt f\u00fcr ihn malsgebend auch f\u00fcr die Zukunft. Induktion und Analogie sind die logischen Hilfsmittel, mit welchen Fbchneb arbeiten will. Aber unabh\u00e4ngig hiervon und aus einem urspr\u00fcnglich religi\u00f6sen Bed\u00fcrfnis heraus entwickelt sich bei Fechnbb, beg\u00fcnstigt durch die drei langen Jahre der Augenkrankheit, seine philosophische Weltanschauung, die \u201eLehre von der Allbelebung und Allbeseelung, von dem (psychophysischen) Stufenbau und der Entwicklung der Wesen\", die Anschauung von der \u201eMutter Erde\u201c oder der Entstehung des Leblosen aus dem Lebendigen, die Tagesansicht gegen\u00fcber der Nachtansicht, welche das Problem des Lebens und des Bewufstseins zu l\u00f6sen nicht imstande iBt. Ein Einflufs der ScHBLLiNGschen Naturphilosophie, speziell Okers, auf Fechnbb hat stattgefunden. Aber im wesentlichen ist er \u201eein aus sich selbst gewordener Philosoph\u201c (S. 12). Seine Philosophie ist Gotteslehre (Studien). Sie ist in gewisser Weise Poesie (S. 67), jedenfalls phantasievoll, aber nicht phantastisch (S. 41). Sie will Denkm\u00f6glichkeiten geben, um das religi\u00f6se Gem\u00fct za befriedigen, die Einseitigkeit und \u00d6de der naturwissenschaftlichen Nachtansicht zu mildern. Darum geh\u00f6rt Fechnebb Philosophie nicht zu der Gattung der eigentlich \u201ewissenschaftlichen Philosophie\u201c. Erst als diese philosophischen Ideen keinen Anklang fanden, hat Fechner versucht, sie durch exakte Untersuchungen zu st\u00fctzen. Es entstand die Psychophysik. Die wichtige sp\u00e4tere Lebensarbeit des Philosophen, von welcher die neuere Psychologie ihren Ausgang nahm, war eine Arbeit im Dienste der von ihm vorher gebildeten philosophischen Ideen. So ist Fechner \u201eder Erneuerer","page":267},{"file":"p0268.txt","language":"de","ocr_de":"268\nLiteraturbericht.\nund Vollender der romantischen Naturphilosophie des 19. Jahrhunderts\u201c geworden (S. 69).\nIn einer Reihe von Beilagen werden die Ausf\u00fchrungen der Rede erg\u00e4nzt. Dazu treten pers\u00f6nliche Erinnerungen, welche das menschliche Bild deB Philosophen mit leichten, feinen Strichen deutlich vor Augen stellen. Erw\u00e4hnt seien noch die Ausf\u00fchrungen \u00fcber die Beziehungen Fechjikbs zum Spiritismus. Nur widerwillig hat Fechser sich dem Eindruck der SLinsschen Experimente, welche damals so grofses Aufsehen machten, gef\u00fcgt. H\u00e4tte er die sp\u00e4teren Aufkl\u00e4rungen \u00fcber die Pers\u00f6nlichkeit dee Experimentators erlebt, \u201eso w\u00fcrde er wohl bei Beinern anf\u00e4nglichen Urteil, dafs es sich um Taachenspielerkunstst\u00fccke handle, stehen geblieben sein\u201c (S. 90).\tMabtius (Kiel).\nZ. Oppenheimer. \u201eBe wufitzeln 6ef\u00fchl.\u201c Eil\u00ab pijrcho - physiologische \u00fcltsr-ndling. Grenzfragen des Nerven- und Seelenlebens, Heft 23. 1903. 76 8.\nDie vorliegende Abhandlung ist im grofsen und ganzen eine neuerliche Wiedergabe des Hauptgedankens, den der Verfasser bereits in seinem Buche \u201ePhysiologie des Gef\u00fchls\u201c, Heidelberg 1899, verarbeitet hat. Das Thema, das ihn besch\u00e4ftigt, ist, wie er in der Einleitung angibt, die Frage, wie uns die Sinneseindr\u00fccke bewufst werden und wie die Vorg\u00e4nge beschaffen sind, aus welchen sich bewufste Vorstellungen entwickeln.\nSeine Antwort ist folgende. Die Vorstellungen entstehen in der Gro\u00dfhirnrinde, und im Thalamus werden sie bewufst. Gef\u00fchle und Bewufstsein, genauer Bewufstwerden sind identische Ausdr\u00fccke zur Bezeichnung der Vorg\u00e4nge im zentralen H\u00f6hlengrau. \u201eBeide dr\u00fccken aus, dafs Ver\u00e4nderungen chemischer Art in den K\u00f6rpergeweben vorhanden sind, welche in dem H\u00f6hlengrau eine Erregung verursachen. Sie unterscheiden sich nur voneinander dadurch, dafs das eine sich ausschliefslich auf die Stoffwechselvorg\u00e4nge in der Peripherie und in dem zentralen Nervengebiet im allgemeinen bezieht, w\u00e4hrend das andere auf die Ursachen dieser chemischen Vorg\u00e4nge R\u00fccksicht nimmt.\u201c Bez\u00fcglich der Frage, wie aus dem chemischen Vorgang ein Gef\u00fchl wird, meint der Verf. schliefslich : \u201eWer nicht befangen von den Begriffen des Geistes und der Materie auch den Versuch aufgibt, die Gegens\u00e4tze zu vereinigen, indem er die geistigen Vorg\u00e4nge f\u00fcr ein Ereignis erkl\u00e4rt, das von zwei Seiten, der psychischen und der physischen, angeschaut werden k\u00f6nnte, wer einsieht, dafs das Prinzip des psycho-physischen Parallelismus zwar dem Hirnvorgang seine volle Berechtigung l\u00e4fst, aber zu seiner Erkl\u00e4rung zwei Wesen, welche Geist und Materie sind, n\u00f6tig hat, wer alle Spekulationen vermeidet, f\u00fcr den ist das Gef\u00fchl der Ausdruck f\u00fcr die Vorg\u00e4nge, welche im H\u00f6hlengrau ablaufen, wenn es einer \u00c4nderung Seines Zustandes unterworfen ist. Es sind dieser Auffassung gem\u00e4fs nicht die den Thalamus zusammensetzenden Bestandteile, welche den Effekt hervorbringen, indem sie, wie man geglaubt hat, dem Geist als Werkzeug dienen, oder aus sich Geist erzeugen, sie sind nur das Mittel, um eine aktuelle Ver\u00e4nderung zu erzeugen, deren Bedeutung wir auf dem Wege der Erfahrung als eine Folge der Reizung von Organen des K\u00f6rpero kennen gelernt und als Gef\u00fchle, Bewufstsein bezeichnet haben.\u201c \u2014 Aber wer sollte","page":268}],"identifier":"lit32449","issued":"1904","language":"de","pages":"266-268","startpages":"266","title":"W. Wundt: Gustav Theodor Fechner. Rede zur Feier seines hundertj\u00e4hrigen Geburtstages. Leipzig, Engelmann. 1901. 92 S.","type":"Journal Article","volume":"37"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T16:33:30.020796+00:00"}