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{"created":"2022-01-31T16:18:22.966185+00:00","id":"lit32468","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane","contributors":[{"name":"Offner, M.","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane 37: 280-281","fulltext":[{"file":"p0280.txt","language":"de","ocr_de":"280\nLiteraturbcricht.\nzeugten geistigen Erm\u00fcdung ausgleicht, ohne wieder durch Anregungsund \u00dcbungsverlust das Resultat zu stark zu schm\u00e4lern, wurde in der Weise gearbeitet, dafs zun\u00e4chst am ersten Tag eine Stunde andauernd einstellige Zahlen addiert wurden ; am zweiten Tag waren 6 Minuten Pause nach der ersten halben Stunde eingeschoben, am dritten 15, am vierten 30 und am f\u00fcnften 60 Minuten. Es ergab sich, dafs die L\u00e4nge der g\u00fcnstigsten Panse individuell schwankt, bei den herangezogenen Versuchspersonen zwischen 15 und 60 Minuten, ja bei geringer Erm\u00fcdbarkeit und grofser Anregbarkeit kann das ununterbrochene Fortarbeiten g\u00fcnstiger sein als jede der angewandten Pausen. Der gr\u00f6fste Teil des reinen \u00dcbungszuwachses kann bereits in 24 Stunden, anf\u00e4nglich rasch, dann langsamer verloren gehen. Fernerhin wurde festgestellt, dafs nicht blofs das Verh\u00e4ltnis vom \u00dcbungs-fortschritt und \u00dcbungsverlust, sondern auch \u00c4nderungen der Arbeitsweise die \u00dcbungskurve beeinflussen.\tWzygahdt (W\u00fcrzburg).\nJ. Dusas. Llnaglutlon. Paris. Octave Doin. 1903. 350 S.\nUnter Imagination, Einbildungskraft oder Phantasie, versteht D. die Kraft, Bilder oder Vorstellungen zu erzeugen und diesen den Charakter der Objektivit\u00e4t zu verleihen (S. 4 u. 308). Durch dieses zweite Element, dessen Berechtigung \u00fcbrigens fraglich erscheint, unterscheidet sich seine Definition von den sonst \u00fcblichen.\nIhre Funktion ist das Werk der Sinne, des Ged\u00e4chtnisses, der schlichten Erfahrung aufzul\u00f6sen und aus den Bestandteilen ein neues Werk nach neuem Plan zu bauen. So analysiert denn der Verf. zun\u00e4chst jenen Inhalt oder Stoff der Einbildungskraft, zeigt, dafs er v\u00f6llig den Sinnen entlehnt ist, dafs aber die Sinnesempfindungen auch Veranlassung (causes occasionnelles) f\u00fcr das Auftauchen von Phantasievorstellungen werden k\u00f6nnen. Allzu grofse N\u00e4he (voisinage) der Sinnesempfindung \u2014 Verf. unterl\u00e4fst es, diesen Begriff der N\u00e4he gen\u00fcgend zu definieren \u2014 hindert freilich wieder Sinnesempfindung und Phantasievorstellung gleichem weise oder f\u00fchrt zu einem Zusammenfliefsen. M\u00e4fsige N\u00e4he dagegen bewirkt nur eine einfache Assoziation, welche einerseits die Sinneeempfindung erg\u00e4nzen kann zu einer Wahrnehmung (perception), andererseits zur Veranlassung werden kann, dafs die Phantasievorstellung den Charakter der Wirklichkeit (Objektivit\u00e4t) annimmt. Umgekehrt kann aber der Fall eintreten, dafs statt eines Gewinnes f\u00fcr die Phantasievorstellung ein Nachteil erw\u00e4chst f\u00fcr die Sinnesempfindung, indem diese mehr oder weniger gef\u00e4lscht wird \u2014 wie in der Illusion, der Par\u00e4sthesie und der Halluzination. F\u00fcr das Entstehen der letzteren setzt er mit P. Janet eine Sinnesempfindung voraus, aber von v\u00f6llig inad\u00e4quater Art, im Gegensatz zur Par\u00e4sthesie, wo eine ad\u00e4quate als Mittel- und St\u00fctzpunkt vorliegt. Dieses AnschliefBen von Vorstellungen an Wahrnehmungen gibt die Erkl\u00e4rung f\u00fcr eine Reihe von Erscheinungen, wie Fetischismus, Liebe, Verehrung, Furcht, Wirkung des Pompes und des Zeremoniells usf. Das n\u00e4chste Kapitel untersucht das Verh\u00e4ltnis zwischen Einbildungskraft und Ged\u00e4chtnis. Was beide unterscheidet, ist die Spontaneit\u00e4t der Reproduktion. Reproduzierbar sind \u00fcbrigens, theoretisch wenigstens, alle Sinnesempfindungen ohne Ausnahme. Die sog. Sinnes-","page":280},{"file":"p0281.txt","language":"de","ocr_de":"Litera turberich t.\n281\ntypen gr\u00fcnden eich nicht auf eine angeborene Vorherrschaft eines einzelnen Sinnes, sondern auf ausschliefsliche \u00dcbung dieses einen Organes, eine Anschauung, die -vorl\u00e4ufig eines besseren Beweises bedarf, als D\u00fcgas ihn gibt. Die Hervorrufung der Vorstellungen, direkt oder indirekt, vollzieht sich nach dem Gesetz der Redintegration oder Totalisation (Hamilton und H\u00f6ffding), wonach ein Bewufstseinsinhalt die ganze Reihe, der er als Glied angeh\u00f6rte, zu reproduzieren strebt, und nach dem Gesetze des Interesses, wonach unter den andringenden Vorstellungen die f\u00fcr das Subjekt irgendwie wichtigen ausgew\u00e4hlt werden. Hier nat\u00fcrlich spielt sehr mit die individuelle psychische Konstitution. In dieser liegt auch begr\u00fcndet das Mals der Leistungsf\u00e4higkeit der Einbildungskraft, von der \u00dcberf\u00fclle bis zur Phantasiearmut, deren Wirkungen sich in der mannigfaltigsten Weise auf allen Gebieten des geistigen Lebens verfolgen lassen. Im Anschluls daran behandelt Verf. die Streitfrage, ob Gef\u00fchle als solche, allein ohne die vorausgehende Reproduktion von Vorstellungen als ihren Bedingungen, erinnert werden k\u00f6nnen und entscheidet sie im bejahenden Sinne. Dann bespricht D. die Phantasievorstellung als Prinzip freier und unfreier Bewegungen (Ideomotorismus'S, wi\u00e9 der Bewegungshemmungen (psychische Paralyse, Abulie), die negativen Halluzinationen, das Zusammenschrumpfen der Bewegung zur Ausdrucksbewegung, zum Wort, zum Gedanken, ohne \u00fcbrigens eine zureichende Erkl\u00e4rung f\u00fcr diesen \u00dcbergang zu bringen, und die wichtige Frage nach dem Wirklichkeitscharakter der Phantasievorstellung bzw. nach dem Glauben an die Gebilde der Phantasie, weiterhin das Verh\u00e4ltnis von Phantasie und Gef\u00fchl und das Einheitsprinzip im Phantasieleben und endlich die Phantasie als Voraussetzung der Sympathie: \u201eUmfang und Mals der Sympathie steht in geradem Verh\u00e4ltnis zu Reichtum und Klarheit der Vorstellungen\u201c (H. Spencer). In den folgenden Abschnitten besch\u00e4ftigt sich Dugas mit der Feststellung der Begriffe \u201eschwache und starke Einbildungskraft\u201c, mit den ihre Wirksamkeit beg\u00fcnstigenden Bedingungen, die oft ein falsches Urteil \u00fcber die St\u00e4rke veranlassen, sowie mit dem Verh\u00e4ltnis von Wille und Einbildungskraft, zwischen denen eine auffallende Analogie der Entwicklung und der Formen besteht. Im letzten Teil endlich bespricht Verf. an der Hand einer reichen F\u00fclle von Beispielen die sch\u00f6pferische Kraft der Phantasie, wie sie sich offenbart in der praktischen T\u00e4tigkeit des Industriellen, des Erfinders, des Politikers, in der wissenschaftlichen Arbeit des Forschers und Gelehrten, in der Produktivit\u00e4t des schaffenden K\u00fcnstlers. Dabei findet D. Gelegenheit, das Wesen der symbolischen Kunst zu er\u00f6rtern, wie die alte Frage, ob die Kunst dem Spieltrieb entstamme. Ein Schlufskapitel fafst das Ganze zusammen. Das Buch ist sehr inhaltsreich, leuchtet in alle erdenklichen Gebiete des menschlichen Lebens hinein und ist anregend geschrieben. Allzutief geht es aber u. E. nicht. Die Art des Zitierens ist vielfach ungen\u00fcgend. Geradezu \u00fcberraschend ist das fast vollst\u00e4ndige Ignorieren der deutschen Arbeiten auf diesem Gebiete. Darin liegt ein grofser Mangel dieses sonst ansprechenden Buches.\nM. Offner (Ingolstadt).","page":281}],"identifier":"lit32468","issued":"1904","language":"de","pages":"280-281","startpages":"280","title":"J. Dugas: L'imagination. Paris. Octave Doin. 1903. 350 S.","type":"Journal Article","volume":"37"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T16:18:22.966191+00:00"}