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{"created":"2022-01-31T16:36:20.113872+00:00","id":"lit32469","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane","contributors":[{"name":"D\u00fcrr","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane 37: 282-284","fulltext":[{"file":"p0282.txt","language":"de","ocr_de":"282\nLiterat urbericlit.\nG. M. Whipple. Ai Aulyttc Stidy of the leiiery-Jmige aid the Precea if Jidfmeit li the Discrimination of Glangc aid Tonet. Schlafs. Am. Jowm. of Psychol. 18 (2), 219\u2014268. 1902.\nVerf. setzt seine Untersuchungen fort, die haupts\u00e4chlich zur Beantwortung der Frage f\u00fchren sollen, ob zur Unterscheidung bzw. Gleichsetznng zweier aufeinander folgender Sinneseindr\u00fccke im Gebiet des Geh\u00f6rsinns ein Gedftchtnisbild des ersteren der beiden Eindr\u00fccke n\u00f6tig sei. Wahrend die hierauf bez\u00fcglichen fr\u00fcher mitgeteilten Versuche nach der Methode der richtigen und falschen F\u00e4lle angestellt wurden, bedient sich Whipple nunmehr eines Verfahrens, das er der Methode der \u00c4quivalente und der sogenannten Reaktionsmethode an die Seite stellt Nachdem der Normal-reiz dem Beobachter dargeboten worden ist, folgt als Vergleichsreiz ein kontinuierlich sich ver\u00e4ndernder Ton, der h\u00f6her oder tiefer als der Normalreiz einsetzend dem Gleichheitspunkt zustrebt. Wenn der Beobachter den Gleichheitspunkt f\u00fcr erreicht h\u00e4lt, hemmt er durch eine Reaktion die weitere Ver\u00e4nderung und das Fortt\u00f6nen des Vergleichsreizes. Dieses Verfahren liefert zun\u00e4chst eine Reihe von quantitativen Ergebnissen, welche die Genauigkeit der Gleichheitseinstellung; die Abh\u00e4ngigkeit derselben von verschiedenen Bedingungen, \u2014 etwa von der Gr\u00f6fBe der anf\u00e4nglichen Differenz zwischen Normalreiz (N) und Vergleichsreiz (V), von der Gr\u00f6fse des Zeitintervalls zwischen N und V, von Wissen oder Nichtwissen des zn erwartenden Verh\u00e4ltnisses von N und V, von der Aufmerksamkeit, je nachdem sie auf die akustischen Reize konzentriert oder durch starke Geruchs-reize abgelenkt ist \u2014 endlich die Gr\u00f6fse und Richtung konstanter Fehler zahlenm\u00e4fsig bestimmen lassen. Wichtiger aber als diese quantitativen Ergebnisse sind f\u00fcr Whipple wiederum die Aussagen der Beobachter \u00fcber ihre inneren Wahrnehmungen. Als die haupts\u00e4chlichsten dieser qualitativen Resultate f\u00fchrt er die folgenden an:\n1.\tEinige Beobachter sind imstande, die verwendeten Normalreize durch verschiedene assoziative Beziehungen in ein System zu bringen und so jeden bei seinem Auftreten sofort wiederzuerkennen. Dies erwies sich als g\u00fcnstig f\u00fcr die Einstellung des Vergleichsreizes.\n2.\tDie Variation des Vergleichsreizes wird nicht als eine kontinuierliche, sondern als eine stufenweise (regelm\u00e4fsige oder unregel-m\u00e4fsige) empfunden. Sie wird h\u00e4ufig in einem Bild erfafst. Die Richtung der Ver\u00e4nderung wird zuweilen verkannt, selbst dann, wenn der Beobachter dar\u00fcber aufgekl\u00e4rt ist, welches Verh\u00e4ltnis von N und V er zu erwarten habe.\n3.\tWas das Verfahren bei der Urteilsf\u00e4llung, welche der Einstellung von V vorausgeht, anlangt, so lassen sich bestimmte Typen unterscheiden, je nachdem die Aufmerksamkeit des Beobachters auf das Erinnerungsbild des Normalreizes oder auf den Vergleichsreiz oder abwechselnd auf beide gerichtet ist. Wenn die Aufmerksamkeit auf dem Erinnerungsbild des Normalreizes ruht, dann erfolgt die Gleichheitseinstellung auf Grund des Eindrucks, V verschmelze mit .V. Wenn die Aufmerksamkeit auf dem Vergleichs-","page":282},{"file":"p0283.txt","language":"de","ocr_de":"Literaturbericht.\n283\nreiz ruht, dann erfolgt die Einstellung entweder auf Grund des Eindrucks, als ob eine bestimmte Lage von V \u00e4hnlich sei N, dessen Bild dabei aber gar nicht vorhanden zu sein braucht \u2014 oder auf Grund des Eindrucks einer pl\u00f6tzlichen subjektiven Ver\u00e4nderung von V inbezug auf St\u00e4rke, Klangfarbe und \u00e4hnliche Momente, oder endlich auf Grund von Ver\u00e4nderung in den Organempfindungen des Beobachters, wie sie dem Bekanntheitsbewufstsein entspricht In den F\u00e4llen, wo die Aufmerksamkeit zwischen der Erinnerungsvorstellung des Normalreizes und dem Vergleichsreiz schwankt, findet entweder eine Beihe von Vergleichungen zwischen verschiedenen Stadien von V und dem Bild N oder nur ein einmaliges \u00dcberspringen von V auf N in der N\u00e4he des Gleichheitspunktes (ohne Vergleichung) statt. Das erstere Verhalten kommt nur vor, solange die Beobachter eine gewisse \u00dcbung noch nicht gewonnen haben, das letztere zeigt sich auch sonst gelegentlich. Zuweilen erfolgt die Entscheidung \u00fcber eingetretene Gleichheit von N und V auch auf Grund einer Sch\u00e4tzung der Zeit, die bei einer gewissen anf\u00e4nglichen Differenz von N und V zur Erreichung des Gleichheitspunktes n\u00f6tig ist, und gewisse Einstellungen von V entsprechen auch blofs der irgendwie auftauchenden Vermutung, die Gleichheit m\u00fcsse nun erreicht sein.\n4.\tDie zur Einstellung von V n\u00f6tige Beaktionsbewegung (Fingerdruck auf einen Stromschl\u00fcssel) wird im Lauf der Versuche bei allen Beobachtern automatisch, bei den einen allerdings viel fr\u00fcher als bei den anderen.\n5.\tNach der Einstellung von V kann man eine Erscheinung wahrnehmen, die sich als Nachbild von V bezeichnen l\u00e4fst, ein Nachklingen des zuletzt geh\u00f6rten Tones, das vom Beobachter zuweilen bei Beurteilung seiner Einstellung verwertet wird.\n6.\tEs zeigt sich vielfach eine lebhafte Tendenz der Beobachter, zu fr\u00fch zu reagieren, also ein Erwartungsfehler bei der Einstellung von V.\n7.\tDiese Erwartung ist um so lebhafter, je gr\u00f6fser die anf\u00e4ngliche Differenz von V und N ist, sofern nicht Ablenkung der Aufmerksamkeit dem entgegenwirkt.\n8.\tKein Beobachter kann entschieden behaupten, seine Einstellung sei genau richtig. Die Einstellungen sind alle blofs mehr oder weniger befriedigend.\n9.\tVorauswissen des Beobachters um die zu erwartende Anfangslage von V hat wenig Einflufs auf die Genauigkeit der Einstellung. Aber es wird dadurch ein Bewufstsein der Sicherheit in solchen Beobachtern hervorgerufen, denen es gelegentlich schwer f\u00e4llt, das Verh\u00e4ltnis von V und AT beim ersten Auftreten von V zu bestimmen.\n10.\tEin langes Zeitintervall zwischen N und V bedingt sehr unregelm\u00e4\u00dfig wechselnde Einstellungen. Seine Sch\u00e4dlichkeit f\u00fcr die","page":283},{"file":"p0284.txt","language":"de","ocr_de":"284\nLitcraturbericht.\nVergleichung von N und V beruht auf dem Umstand, dals die Vorstellung von N allm\u00e4hlich dunkler wird und verloren geht Aber es kommen doch gute Einstellungen von V auch dann noch vor, wenn das Bild von N vor dem Auftreten von V vollst\u00e4ndig verschwunden ist. Solche Einstellungen gr&nden sich gew\u00f6hnlich auf \u201eBekanntheitsgef\u00fchle\u201c und sind subjektiv ganz unbefriedigend fQr Beobachter, die bei ihrer Entscheidung das Erinnerungsbild von JV heranzuziehen pflegen.\n11.\tAblenkung der Aufmerksamkeit durch Geruchsreize erreicht meist den Zweck, das Erinnerungsbild von N verschwinden zu lassen, wenn auch einige Beobachter dieses Erinnerungsbild im entscheidenden Moment doch wieder zur\u00f6ckzurufen wissen. Gelingt die Ablenkung v\u00f6llig, so werden dadurch alle Beobachter gen\u00f6tigt, ihre Aufmerksamkeit auf den Vergleichsreiz zu richten und bei der Einstellung ohne Hilfe des Erinnerungsbildes N zu verfahren. Sie fahlen sich dadurch unsicherer. Aber der Erwartungsfehler wird dabei zuweilen beseitigt.\n12.\t\u00dcbung verringert die mittlere Variation der Einstellungen und vereinheitlicht den Ablauf der die Einstellung begleitenden Be-wufstseinsvorg\u00e4nge bei jedem Beobachter, w\u00e4hrend gleichzeitig individuelle Differenzen sich sch\u00e4rfer auspr\u00e4gen.\n13.\tDas Verfahren der Angleichung eines kontinuierlich variablen Tones an einen Normalreiz f\u00fchrt zu gewissen Resultaten, die abweichen von den bei Beurteilung zweier konstanter T\u00f6ne gewonnenen Ergebnissen. Besonders wichtig ist die Tatsache, dats Beobachter, welche konstante T\u00f6ne ohne Hilfe einer Erinnerungsvorstellung sehr gut unterscheiden konnten, die Gleichheitseinstellung nach der Keaktionsmethode dann am befriedigendsten zu vollziehen glauben, wenn sie ihre Aufmerksamkeit scharf auf den Normalreiz richten und das Erinnerungsbild des Normalreizes zur Grundlage ihres Urteils machen.\nDiese S\u00e4tze bezeichnet Whipple selbst als das Wichtigste, was die in Rede stehenden Versuche an Ergebnissen geliefert haben. Weiter teilt er noch einige Untersuchungen mit, die nebenbei \u00fcber den Verlauf der Atmung bei den Beobachtern, \u00fcber die graphische Darstellung der scheinbar stufenf\u00f6rmigen Ver\u00e4nderung des in Wirklichkeit kontinuierlich variierten Reizes und \u00fcber die Gr\u00f6fse der Urteilszeit angestellt wurden. Zum Schluss bringt Whipple einige theoretische Auseinandersetzungen \u00fcber Wesen und Verlauf des Erinnerungsbildes, welches bei der Vergleichung von T\u00f6nen, die in einem gewissen zeitlichen Intervall dargeboten werden, h\u00e4ufig das Urteil bestimmt, sowie \u00fcber den Urteilsprozefs selbst. In K\u00fcrze einzugehen auf diese Ausf\u00fchrungen, die teilweise mit sehr subtilen Unterscheidungen operieren, erscheint unm\u00f6glich. Die Hauptpunkte \u00fcbrigens, betreffend das bald vorhandene, bald fehlende Erinnerungsbild des Normalreizes und die verschiedene Richtung der Aufmerksamkeit beim Vergleichsurteil, wurden bereits ber\u00fchrt.\tD\u00fcrr (W\u00fcrzburg).","page":284}],"identifier":"lit32469","issued":"1904","language":"de","pages":"282-284","startpages":"282","title":"G. M. Whipple: An Analytic Study of the Memory-Jmage [Corr.: Memory-Image] and the Process of Judgment in the Discrimination of Clangs and Tones. Schlu\u00df. Am. Journ. of Psychol. 13 (2), 219-268. 1902","type":"Journal Article","volume":"37"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T16:36:20.113878+00:00"}