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{"created":"2022-01-31T16:35:31.380316+00:00","id":"lit32472","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane","contributors":[{"name":"Wreschner, Arthur","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane 37: 289-291","fulltext":[{"file":"p0289.txt","language":"de","ocr_de":"Literaturbericht.\n289\n8odann aber beseitigt selbst die relative Zahl nicht die Willk\u00fcrlichkeit; wenn z. B. die falschen Aussagen der Manner stets oder vornehmlich auf die sog. Hauptangaben, die der Frauen dagegen auf die sog. Nebenangaben sich beziehen, dann bedingt die willk\u00fcrliche Verrechnung trotz der Relation eine Tr\u00fcbung des Resultats zuungunsten der Manner. Und wie steht es ferner beim Wechsel der Objekte, wo wieder andere Elemente nach subjektivem Ermessen als Hauptangaben doppelt gezahlt werden! Andererseits ist die gleichm\u00e4lsige Bezifferung aller Elemente doch keine \u201eWillk\u00fcr\u201c, wie Verf. annimmt; sie ist doch nicht durch subjektive Auffassung, sondern durch den objektiven Tatbestand unter Ausschluss der Bewertung gefordert ; sie ist also h\u00f6chstens schematisch und unpsychologisch. \u2014 Wie es mit den Anslassungen steht, erw\u00e4hnt Verf. nicht, obgleich er in dem Abschnitte \u00fcber die \u201eMethoden\u201c die nebens\u00e4chlichsten Details wie die Anfertigung der Protokolllisten, die Organisation eines Massenezperiments etc. eingehend bespricht. Hand in Hand hiermit wird der Unterschied zwischen Berichtend Pr\u00fcfungsmethode gar nicht angedeutet, dessen wesentliche Bedeutung Ref. in der oben erw\u00e4hnten Arbeit aasf\u00fchlich nachwies. \u2014 Schliefslich scheinen mir Aussagen \u00fcber andere Sinnesgebiete als Gesichts- und Geh\u00f6rswahrnehmungen nicht ein blofs sekund\u00e4res Interesse zu haben ; man denke nur an Muskelempfindungen bei einer bestimmten K\u00f6rperhaltung oder Bewegung.\tAbthcb Wbeschhkb (Z\u00fcrich).\n8. Jaffa. Eil paychologlichu Experlfluit la krlmiiaUitttehm Semiaar der Dlirenitlt Berlin. Beitr\u00e4ge zur Psychologie der Aussage. Herausg. von Stbbn (1), 79\u201499. 1903.\nDen schon durch die Tageszeitungen berichteten Vorfall, welchen v. Liszt in Beinern Seminar experimentell herbeif\u00fchrte, hatten zehn Herren aufnotiert; und zwar zwei an dem n\u00e4mlichen Abend, einer am folgenden Tage, einer 6 Tage, drei 1 Woche und drei 5 Wochen nachher; f\u00fcnf fernere Herren wurden 1 Woche nach dem Vorfall einzeln als Zeugen vernommen, so dafs sie sich zuerst \u00fcber das Wahrgenommene zusammenh\u00e4ngend \u00e4ufserten und dann \u00fcbpr einzelnes gefragt wurden. Nach jeder AnBsage konnte sich der Angreifer Lsh. \u00fcber ihre Einzelheiten \u00e4ufsern; auch wurde der Zeuge stets mit ihm konfrontiert und \u00fcber die Richtigkeit einer abweichenden Darstellung befragt Einige Zeit nach dem Versuch wurde dem Auditorium ein ungenauer, vom Verf. mitgeteilter Zeitungsbericht verlesen; auch die Darstellung, welche Leh. von dem Vorfall gab, ist in der Arbeit wiedergegeben. Eine gegenseitige Aussprache zwischen den Versuchspersonen fand nicht statt. \u2014 Bei der Verrechnung unterschied Verf. nicht mit Stbbn zwischen wichtigen und unwichtigen Einzelangaben, da dieser Unterschied erst empirisch zu ermitteln ist und dem einen dies dem andern jenes am meisten in die Augen f\u00e4llt; auch \u00e4ndert sich in juristischer Beziehung die Wertigkeit je nach dem Gesichtspunkte ; dagegen \u00fcbernahm Verf. von Stbbn die Einteilung der Fehler in Auslassungen, Zus\u00e4tze und Ver\u00e4nderungen; auch unterschied er zwischen Worten und Handlungen. Nur den Wortlaut betreffende geringf\u00fcgige Differenzen zwischen Aussage und Ereignis wurden nicht beachtet; Beispiele hierf\u00fcr wie auch einige vollst\u00e4ndige Berichte werden mitgeteilt. \u2014 Es ergab sich Zeitschrift f\u00fcr Psychologie 37.\t19","page":289},{"file":"p0290.txt","language":"de","ocr_de":"290\nLiteraturbericht.\nnun, dafs keine Aussage fehlerlos war, obgleich die Versuchspersonen im aufnahmef\u00e4higsten Alter \u2014 Referendare oder \u00e4ltere Studenten des Rechts \u2014 standen und nur das Interesse hatten, m\u00f6glichst richtige Aussagen zu machen. Der beste Bericht mit 4 Fehlern wurde 5 Wochen nach dem Vorfall erstattet, wie \u00fcberhaupt bei den spontanen Berichten die Fehler um so mehr zunehmen, je k\u00fcrzer das Zeitintervall zwischen Erlebnis und Aussage ist, vielleicht weil das Nacheinander von Tatsachen allm\u00e4hlich immer deutlicher in der Erinnerung hervortritt. Das Verh\u00f6r ergab mehr Fehler namentlich in Form von Auslassungen, als die Aufnotierung; man beachtet das Wort dort nicht so sehr wie hier. Die zweite H\u00e4lfte des Versuchs ergab wegen der Erregung, die sie bedingte, stets mehr Fehler als die erste. Die Auslassungen bevorzugten manche Positionen \u2014 Verf. zerlegt den ganzen Versuch in 14 Positionen; Handlungen scheinen sich dem Ged\u00e4chtnisse nicht besser einzupr\u00e4gen als Worte; die Zus\u00e4tze spielen in der Fehlerzahl eine geringe Rolle. \u2014 In bezug auf die Fehlerquellen liefs sich nur ermitteln, dafs das Normale leicht das Ged\u00e4chtnis bestimmt, wenn auch der Vorfall abnorm sich abspielt; auch zeigte sich die von Stern konstatierte Expansionstendenz wirksam. Der kurze und schlechte Zeitungsbericht, ebenso die abweichende Darstellung Leh.s war ohne nachweisbaren Einflufs. Im \u00fcbrigen unterschied sich dieser Versuch von den langweiligen Bilderversuchen, die sich mehr an die F\u00e4higkeit des Auswendiglernens als an das Erinnerungsverm\u00f6gen wenden, durch die Bewegung des Wahrgenommenen und die Erregung der Beobachter, wodurch sich die ungew\u00f6hnlichen Vorg\u00e4nge besser dem Ged\u00e4chtnis einpr\u00e4gten. Andererseits aber lieferte er \u201erecht wenige und recht zweifelhafte Ergebnisse\u201c, weil er \u201emethodisch nicht gut\u201c war. Zun\u00e4chst waren die Einzelheiten ungen\u00fcgend fixiert, obgleich der ganze Vorfall gut einstudiert war; es mufs ein Kine-matograph und Phonograph zu Hilfe genommen werden, da ja im Gerichtssaal zumeist Aussagen \u00fcber erz\u00e4hlte Dinge oder gesehene Vorg\u00e4nge in Betracht kommen. Sodann war der Versuch zu kompliziert (verschiedene Erregbarkeit in den einzelnen Teilen, zuviel Versuchselemente, Wechsel von Handlungen und Worten, Anfang weniger beachtet als Ende, Einwirkung durch perplexe Fragen und entstellte Erz\u00e4hlung nur auf die vernommenen Zeugen, nicht auf die anderen Herren). Schliefslich r\u00fchren die Auslassungen vielleicht daher, dafs die Versuchspersonen, namentlich beim Erz\u00e4hlen, nicht wufsten, dafs sie alle Einzelheiten angeben sollten. Beim Niederschreiben wiederum fehlte die M\u00f6glichkeit der Modifizierung durch Fragen. Daher ist die Verbindung von Aussage und Niederschrift zu empfehlen, so dafs an die durch zusammenh\u00e4ngende Aufserung festgestellten Einzelangaben sich zur Erg\u00e4nzung bzw. Ab\u00e4nderung Fragen anschliefsen und die so entstandene Aussage niedergeschrieben und von der Versuchsperson genau durchgelesen wird.\nDen kritischen Bemerkungen des Verf.s \u00fcber den LiszTSchen Versuch wird man vollauf beipflichten m\u00fcssen ; in der Tat ist dieser f\u00fcr eine Demonstration wohl ganz geeignet, f\u00fcr eine wissenschaftliche Bearbeitung aber viel zu unmethodisch angestellt. Auch die Einw\u00e4nde des Verf.s gegen die SiERNSche Unterscheidung zwischen wichtigen und unwichtigen Angaben sind berechtigt; dagegen ist es eine eigenartige psychologische Auf-","page":290},{"file":"p0291.txt","language":"de","ocr_de":"Literatur bericht.\n29t\nfawning, wenn die Bilder aie nageeignete Versuchsobjekte bezeichnet werden,-\u201eweil eie eich weniger an daa Erinnerungsverm\u00f6gen wenden, ale daft eie die F\u00e4higkeit etwa\u00bb auswendig zu lernen, in Anspruch nehmen.\u201c\nArthcb Wrbbchneb (Z\u00fcrich).\nL. William Stern. Die Anisage als geistige Leistung and als TerhSrsprodakt. Experimentelle Schfilernntersnclnngen. I. Beitr\u00e4ge zur Psychologie der Aussage 3. 1904. 147 S. . 5 M.\nDer Verf. hat in der bekannten Absicht neuerlich Aussageversuche angestellt und teilt im vorliegenden Hefte nebst genauer Beschreibung des Versuchsverfahrens zun\u00e4chst die Statistik der prim\u00e4ren Aussage und dann, deren theoretische Diskussion und Auswertung tnit. Die Behandlung der sekund\u00e4ren Aussage, Bowie die differentiell-psychologischen Untersuchungen und die praktischen Ausblicke sollen in einer sp\u00e4teren Mitteilung nach-folgen.\nIm besonderen unternimmt es der Verf., dieses Mal der Aussageforschung, die bisher vor allem darauf aus war, ihre praktische Wichtigkeit darzutun, einen gr\u00fcndlichen theoretischen Unterbau zu geben. Dabei findet es sich zugleich, daft man die Aussage nicht nur selber als psycho-, logisches Problem, sondern auch als Erkenntnismittel f\u00fcr zahlreiche andere psychologische Probleme zu betrachten hat, daft sie nicht nur als Produkt, sondern auch als Symptom interessieren kann, indem sie gewiss arm afsen einen Querschnitt durch die geistige Leistungsf\u00e4higkeit der Versuchsperson gibt. Gerade in dieser Beziehung liefert di\u00e7 vorliegende Publikation recht bemerkenswerte neue Wissenspunkte. Aber man darf nicht darauf vergessen, daft die Aussageleistung doch nur einen beschr\u00e4nkten Teil der zur gesamten geistigen Leistungsf\u00e4higkeit pines Individuums geh\u00f6rigen Dispositionen beansprucht und auch diese immer nur unter sehr speziellen Bedingungen. Soll also ihre Bedeutung als Untersuchungsmittel nicht vorzeitig diskreditiert werden, so muft vor \u00dcbersch\u00e4tzung gewarnt werden, wie imposant auch die Liste sein mag, die Stern von den ihr zug\u00e4nglichen. Fragen vorlegt: Auffassung und Erinnerung nach Umfang, Inhalt und Korrektheit, das Verh\u00e4ltnis der spontanen zu der blofe rezeptiven und reaktiven Leistungsf\u00e4higkeit, die Gesetzm\u00e4ftigkeit der geistigen Interessenbildung, die Psychologie des Fragens und Antwortens, das Problem der Suggestion und Suggestibilit\u00e4t, die geistige Entwicklung mit fortschreitendem Alter, die Differenzierung der beiden Geschlechter, die Charakteristik geistiger Typen und Individualit\u00e4ten. F\u00fcr all dies kann die Aussage-leistung als Art- und Gradmesser benutzt werden, aber eben nur soweit, als es gerade zur Aussage in Beziehung steht. Ein universelles Intelligenz-mais ist die Aussage ebensowenig, wie sonst irgend eine spezielle Intelligenzleistung als Maft der vielen verschiedenen Intelligenzdispositionen gelten kann.\nIm ganzen ist von der vorliegenden Arbeit zu sagen, daft sie gegenw\u00e4rtig als die vollst\u00e4ndigste und beste Untersuchung des Aussagetatbestandes zn bezeichnen ist. In der Versuchsanordnung sind die bisherigen En fahrungen zu einer Beihe von Verbesserungen ausgen\u00fctzt und die Methoden des spontanen Berichts und die des Verh\u00f6rs zweckm\u00e4ftig miteinander\n19*","page":291}],"identifier":"lit32472","issued":"1904","language":"de","pages":"289-291","startpages":"289","title":"S. Jaffa: Ein psychologisches Experiment im kriminalistischen Seminar der Universit\u00e4t Berlin. Beitr\u00e4ge zur Psychologie der Aussage. Herausg. von Stern (1), 79-99. 1903","type":"Journal Article","volume":"37"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T16:35:31.380322+00:00"}