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{"created":"2022-01-31T16:27:27.338629+00:00","id":"lit32546","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane","contributors":[{"name":"Heymans","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane 36: 213-216","fulltext":[{"file":"p0213.txt","language":"de","ocr_de":"213\nLiteraturbericht.\nC, A. Strong. Why Hl Mind hu ft Body. New York und London, Macmillan \u00e0 Co.\n. 1903. 365 S. 10/6.\nVorliegendes Buch bietet, in einfacher und klarer Darstellung, eine scharf gedachte und methodisch durchgef\u00fchrte Begr\u00fcndung der Prinzipien des spiritualistischen Monismus. Entsprechend der Meinung des Verf., dato die besonderen Wissenschaften es nur mit den gesetzlichen Beziehungen zwischen m\u00f6glichen Wahrnehmungen zu tun haben, w\u00e4hrend die Erforschung des Transzendenten der Metaphysik obliegt, zerf\u00e4llt es in einen empirischen und einen metaphysischen Teil. In jenem, werden zun\u00e4chst die Tatsachen er\u00f6rtert, welche f\u00fcr die Entscheidung der Frage, ob zwischen Physischem und Psychischem Beziehungen der Wechselwirkung (\u201eInter* actionism\u201c), der blofs einseitigen Wirkung in der Richtung vom Physischen auf das Psychisch\u00a9 (\u201eAutomatism\u201c) oder des Parallelismus anzunehmen \u25a0eien, in Betracht kommen k\u00f6nnten. Es stellt sich dabei heraus, dafs di\u00a9 landl\u00e4ufigen Erfahrungen, welch\u00a9 auf den ersten Blick f\u00fcr \u00a9in\u00a9 Einwirkung des Bewusstseins auf den K\u00f6rper oder des K\u00f6rpers auf das Bewusstsein zn sprechen scheinen, sich ebensowohl nach den Prinzipien des Automatismus oder des Parall\u00e9lismes wie nach denjenigen des Interaktionismus konstruieren lassen; dafs aber eine andere Gruppe von Tatsachen, nach welchen sich nicht nur der Inhalt, sondern auch dl\u00a9 Intensit\u00e4t oder selbst das Dasein des bewufsten Lebens von k\u00f6rperlichen Bedingungen abh\u00e4ngig erweist, sich jedenfalls mit einem realistisch gefassten Interaktionismus schwerlich leimen l\u00e4fst. Weiter als bis zu diesem Punkte verm\u00f6gen aber die erw\u00e4hnten Tatsachen in der Beurteilung der vorliegenden Theorien nicht zu f\u00fchren; in Ihrer Gesamtheit begr\u00fcnden sie nur das \u201eGesetz der psychophysischen Korrelation\u201c, welches, unter Ausschliefsung aller kausalen oder metaphysischen Deutung, nichts weiter besagt als dafs Bewufstsein untrennbar mit Gehirnprozessen verbunden erscheint. Die Frage, welche Gehirnprozesse, sowie die andere, ob neben denselben noch andere k\u00f6rperliche Prozesse diese psychophysische Bedeutung besitzen, wird unentschieden gelassen ; die Hot Wendigkeit, auch f\u00fcr di\u00a9 h\u00f6heren psychischen Funktionen ein (direktes oder indirektes) Bedingtsein durch k\u00f6rperliche Zust\u00e4nde im Sinne des Gesetzes anzuerkennen, 'betont; und sehlieMieh ausgef\u00fchrt, dafs die theoretisch wichtige Frage, ob die korrelativen Gehirn- und Bewufatseins-prozesse gleichzeitig oder sukzessiv stattfinden, aus praktischen Gr\u00fcnden","page":213},{"file":"p0214.txt","language":"de","ocr_de":"214\nLit era turbericht.\nder experimentellen Entscheidung unzug\u00e4nglich ist, Es Jolgt eine genauere Bestimmung des begrifflichen Inhaltes der 'drei Theorien (in welcher 'besonders der Nachweis von Bedeutung ist, d&fs der Parallelismn\u00df, eben weil er die psychischen Prozesse in ihrem Verlaufe vollst\u00e4ndig und durchgehend den Gehirnproiessen entsprechen l\u00e4fat, auch notwendig' jenen in gleichem Mafse wie diesen Wirksamkeit hellegen, mufs), sowie eine Konfrontation derselben mit dem vorliegenden empirischen Material, In bezug auf die automatlstische Theorie wird haupts\u00e4chlich bemerkt, dato nicht .st\u00e4rkere Gr\u00fcnde vorliegen, das bewafste Wahrnehmen als die Wirkung, wie das hewulste Wollen als die Ursache k\u00f6rperlicher Erscheinungen aufzufassen; und de\u00ab weiteren auf die Einzigartigkeit einer kausalen Beziehung, bei welcher die Wirkungen nicht selbst wieder als 'Ursachen Auftreten sollten, sowie auf die Unbegreiflichkeit einer Verursachung psychischer durch physische Erscheinungen, Mngewiesen, Was den Interaktionismus anbelangt, wird die Annahme von. der unmittelbaren, Erfahrbarkeit der Willenskausalit\u00e4t mit den bekannten Grinden zur\u00fcckgewiesen; das Korrelation\u00bb*' gesetz als gen\u00fcgend zur Erkl\u00e4rung des vern\u00fcnftigen Charakters des Handelns hin gestellt; dagegen dem. Argumente, dafs das Bewusstsein, weil .Ent\u00bb wicklungsprodukt, dem Organismus n\u00fctzlich sein, wenn aber dem Organismus n\u00fctzlich, auch auf ihn ein wirken m\u00fcsse, eine vorl\u00e4ufige, allerdings sp\u00e4ter genauer zu bestimmende Bedeutung einger\u00e4umt. Der Parallelismus endlich pflegt sich, haupts\u00e4chlich auf das En.ergieprin.iip und anf die Undankbarkeit kausaler Beziehungen zwischen absolut heterogenen Dingen zu berufen ; anl\u00e4fslich des erateren Punktes werden die verschiedenen, Versuche, das Energieprinzip mit der 'Lehre von der Wechselwirkung in. reimen, ausf\u00fchrlich diskutiert und kritisiert; in bezug auf den zweiten darauf bin ge wiesen, dafs jedenfalls die Erkl\u00e4rbarkeit der kausalen Beziehung, welche auf physischem Gebiete durch die Entdeckung qualitativer und quantitativer Gleichheitsverh\u00e4ltnisse zwischen Ursachen und Wirkungen wenigstens teilweise erm\u00f6glicht wird, f\u00fcr Einwirkungen des K\u00f6rpers auf di\u00ae Seele oder der Seele auf den K\u00f6rper ein f\u00fcr allemal ausgeschlossen bleiben m\u00fcfste. In summa wird geschlossen, dafs die empirische Betrachtung zwar Vermutungen nach mehreren Seiten, jedoch keine sichere Entscheidung zwischen den vorliegenden Auffassungen zu bieten vermag. \u2014 In dem zweiten, metaphysischen Teile gilt es vor allem, die Begriffe der Materie und des Bewusstseins genauer zu, 'bestimmen, als .gew\u00f6hnlich geschieht. Die Er\u00f6rterung des erateren Begriffes f\u00fchrt zur Einsicht, dato die Wahrnehmungagegenst\u00e4nde aus physiologischen und, metaphysischen Gr\u00fcnden als blofse Modifikationen des Bewufstseins zu beteachten sind, und als solche nur existieren, solange sie wahrgenommen werden; diejenige des zweiten Begriffes ergibt, dafs die psychischen .Prozesse nicht\n\u00ab\nwieder als Modifikationen einer Seele oder eines nichtph\u00e4nomenalen Subjektes, sondern .als selbst\u00e4ndige Realit\u00e4ten anzuerkennen sind, Es folgt eine ausf\u00fchrliche Er\u00f6rterung \u00dcber Dinge-,an-sich (= Wirklichkeiten aufser-halb des Bewufstseins, von denen unsere Wahrnehmungen Symbole sind). Zuerst wird die M\u00f6glichkeit derselben gegen den extremen Ph\u00e4nomenalismus verteidigt, und zwar haupts\u00e4chlich mit einem argumentum ad hominem: die Annahme transzendenter Realit\u00e4ten sei n\u00e4mlich schon in dem allgemeinen.","page":214},{"file":"p0215.txt","language":"de","ocr_de":"Litera tur bericht\n215\ncid unvermeidlichen (wenn auch, solange jene Annahme nicht selbst bewiesen ist\u00bb nicht durch einen rechtm\u00e4fsigen Analogieschlufs zu begr\u00fcndenden) \u00abBJaiben an fremde Bewufstseine, sowie auch in den nicht weniger allgemeinen Voraussetzungen von der Zuverl\u00e4ssigkeit der Erinnerung, und von bleibenden, den einzelnen Wahrnehmungen zugrunde liegenden Wahr-nehmungsm\u00f6glichkeiten enthalten ; was aber Kant \u00fcber die Unanwendbarkeit der Kausalit\u00e4tskategorie aufserhalb der Grenzen m\u00f6glicher Erfahrung gesagt hat, sei nur f\u00fcr die physische\u00bb ph\u00e4nomenale (von dem Eef. fr\u00fcher als Pseudokausalit\u00e4t bezeichnet\u00ab), nicht aber f\u00fcr die Intra- und interpsychische, rede Kausalit\u00e4t g\u00fcltig. Sodann werden f\u00fcr di\u00a9 tats\u00e4chliche Existenz von Bingen-an-sich drei Beweisgr\u00fcnde angef\u00fchrt: di\u00a9 Notwendigkeit von Zwischengliedern in den kausalen Beziehungen zwischen den einzelnen Bewufstseinen, sowie diejenige von Ursachen f\u00fcr unsere Wahrnehmungen ; die Abh\u00e4ngigkeit der Wahrnehmungen und sonstigen Bewufitseinsprozess\u00a9 von physischen Erscheinungen, welchen demzufolge notwendig etwas Reales entsprechen mufs; und di\u00a9 Tatsache, dafs individuelles Bewufstsein entsteht, welche unumg\u00e4nglich vorhergehende Existenzen voraussetzt. Zuletzt erhebt sich di\u00a9 Frage\u00bb ob wir von der Natur der Binge - an * sich etwas wissen k\u00f6nnen; dieselbe wird dahin beantwortet, dafs die Bing\u00a9 - an - sich ebenso verschieden sein m\u00fcssen von den entsprechenden Wahrnehmungen\u00bb wie die Gehirnprozesse von den Gegenst\u00e4nden der Anisen weit; dafs wir uns\u00bb da wir1 f\u00fcr den Aufbau des Realit\u00e4tsbegriffes \u00fcber keine anderen als psychisch\u00a9 Baten verf\u00fcgen\u00bb auch di\u00a9 Realit\u00e4t der Bing\u00a9-an-sich nur als eine psychische denken k\u00f6nnen; und. dafs diese Auffassung sowohl durch die analog\u00a9 Weise, auf welch\u00a9 wir zur Annahme fremder Bewufstseine und zur Annahme anderer transzendenter Realit\u00e4ten gelangen, wie ganz besonders durch die Erkenntnis, dafs sich die individuellen Bewufstseine aus jenen anderen transzendenten Realit\u00e4ten entwickelt haben, \u00a9ine schwerwiegende Best\u00e4tigung erf\u00e4hrt. Auf dem. Boden dieser allgemeinen Betrachtungen versucht nun der Verl, zwischen den drei metaphysischen Theorien \u00bb welche den oben erw\u00e4hnten kausalen Theorien entsprechen\u00bb D\u00e4mlich zwischen Bualismus, Materialismus und Monismus eine Entscheidung zu treffen; wobei die gr\u00f6fser\u00a9 oder geringer\u00a9 F\u00e4higkeit\u00bb den Zusammenhang zwischen Leib und Seele zu erkl\u00e4ren, den Ursprung des Bewufstseine verst\u00e4ndlich zu machen\u00bb und di\u00a9 Wirksamkeit des Bewufst-seina wom\u00f6glich zu behaupten, als Kriterien verwendet werden. BerVerf. weist mit leichter M\u00fch\u00a9 nach\u00bb dafs der Bualismus den beiden \u00a9rsteren, der Materialismus auch dem letzten Kriterium nicht gen\u00fcgen kann; und zwar ebensowenig, wenn diese Theorien in ph\u00e4nomenalistischem, wie wenn sie in realistischem Gew\u00e4nde auftreten. Auch der realistische (spino-zistische) Monismus vermag mit seinen mangelhaften Bildern und scholastischen Begriffen keine wirkliche Klarheit zu schaffen; der idealistische Monismus dagegen\u00bb nach welchem das dem Gehirnprozefs entsprechende Bing-an-sich in dem begleitenden Bewufstsein gegeben ist, erkl\u00e4rt den Zusammenhang zwischen Psychischem und Physischem\u00bb indem er denselben demjenigen zwischen Bing-an-sich und Wahrnehmung subsumiert; macht den Ursprung des Bewufstseins verst\u00e4ndlich, indem er dasselbe nicht aus ganz andersartigen Prozessen \u00bb sondern ausschliefslich aus einfacheren","page":215},{"file":"p0216.txt","language":"de","ocr_de":"216\nLiteraturbei'khi.\nBewufstseinsformen sich entwickeln l\u00e4fst; und r\u00e4umt der psychischen Kausalit\u00e4t nicht blofs einen bescheidenen Plate, sondern selbst die Alleinherrschaft ein. Er bietet dementsprechend die nat\u00fcrliche Grundlage f\u00fcr eine in doppeltem Sinne einheitliche Weitenffasaung, f\u00fcr welche nicht nur alles Seiende Einer, n\u00e4mlicher geistiger Natur ist, sondern f\u00fcr welche auch die individuellen Seelen mit der gesamten \u00fcbrigen Welt ein einziges System bilden, dessen Kontinuit\u00e4t und Zusammenhang durch die Kontinuit\u00e4t und den Zusammenhang der physischen Welt symbolisch dargestellt werden. Allerdings bleiben ungel\u00f6ste Probleme zur\u00fcck : so die Frage, ob der unendlichen Verwicklung der Gehirnprozesse eine gleich unendliche Verwicklung der Bewufstaeinsprozesse zur Seite stehe ; die andere, wie die geistigen Vorg\u00e4nge zu denken seien, welchen die Erscheinungen der anorganischen Natur entsprechen; und die dritte, wie aus der kontinuierlichen Welt der psychischen Dinge-an-sich die Individuellen Bewufstseinskonzentrationen sich entwickeln k\u00f6nnen. Aber der Verf. h\u00e4lt diese Probleme nicht f\u00fcr unl\u00f6sbar, und er er\u00f6ffnet die Aussicht auf ein sp\u00e4teres Buch, in welchem dieselben eine angemessene Behandlung finden sollen. \u2014 Es gereicht dem Bef. zur 'besonderen Freude, feststellen zu k\u00f6nnen, dafs die Ansichten des Verf. nahezu vollst\u00e4ndig und oft bis Ins einzelne hinein mit denjenigen \u00fcbereinstimmen, welche er selbst in seinem Parallelismusartikel (diese Zeitschrift 17), in zahlreichen kritischen Besprechungen, zum Teil auch in seinem, erkenntnistheoretischen Hauptwerke entwickelt hat; diese \u00dcbereinstimmung ist um so auffallender und f\u00fcr die Sache um so bedeutsamer, da die betreffenden Schriften offenbar dem Verf. vollst\u00e4ndig unbekannt geblieben sind. Darin liegt eine Gew\u00e4hr, zwar nicht ohne weiteres f\u00fcr die Richtigkeit, wohl aber f\u00fcr die Nat\u00fcrlichkeit, die Einfachheit und die Einheitlichkeit der in Frage stehenden Theorie. Hkymans (Groningen).\nG. Stumpf. Mb and Seele. 1er Eitwicklangigedinke in der gegenw\u00e4rtigen Philosophie. Zwei Beden. 2. Au fl. Leipzig, Barth, 1903. 88. 8.\nDie beiden hier in zweiter Auflage vorliegenden Reden sind so allgemein bekannt, dafs ein Referat sich f\u00fcglich auf dasjenige beschr\u00e4nken kann, was zum. urspr\u00fcnglichen Text hinzugekommen, bzw. in demselben ge\u00e4ndert worden ist. Dies betrifft, soweit ich sehe, haupts\u00e4chlich den \u201esensualistischen\u201c (auf Mach zur\u00fcckgef\u00fchrten) und den \u201eidealistischen, besser psychistischen Monismus\u201c. Jener wurde in der urspr\u00fcnglichen M\u00fcnchener Rede bereits erw\u00e4hnt, aber nur mit der Bemerkung zur\u00fcckgewiesen, dafs die Unterscheidung einer subjektiven und einer objektiven Welt, sowie die Anerkennung der zwischen beiden obwaltenden Beziehungen f\u00fcr keine Theorie zu umgehen sei; jetzt wird statt dessen ausgef\u00fchrt, dafs die beiden S\u00e4tze, auf welche die Theorie sich st\u00fctzt: derjenige von der Gesetzm\u00e4fsigkeit der gegebenen Empfindungswelt, und der andere von der M\u00f6glichkeit, alles Psychische auf Empfindungen zu reduzieren, selbst keine St\u00fctze in den Tatsachen besitzen. Von dem idealistischen Monismus dagegen war in 1896 \u00fcberhaupt noch kein\u00a9 Rede; derselbe wird jetzt (wie auch bereits in der zweiten Rede von 1899) als kriegf\u00fchrende Partei anerkannt, jedoch nur mit der Absicht, ihn sofort durch einen entscheidenden Streich wieder zum Verschwinden zu bringen. \u201eWer sieht nicht, dafs dann","page":216}],"identifier":"lit32546","issued":"1904","language":"de","pages":"213-216","startpages":"213","title":"C. A. Strong: Why the Mind has a Body. New York und London, Macmillan & Co. 1903. 355 S. 10/6","type":"Journal Article","volume":"36"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T16:27:27.338635+00:00"}