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{"created":"2022-01-31T14:20:23.177317+00:00","id":"lit32554","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane","contributors":[{"name":"Samojloff, A.","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane 36: 440-445","fulltext":[{"file":"p0440.txt","language":"de","ocr_de":"440\nZwei akustische Demonstrationen.\nVon\nProf. Dr. A. 8\u00e0mojix)vf.\nBei Gelegenheit einer Reihe von popul\u00e4ren Vorlesungen \u00fcber Geh\u00f6r und Musik kam. ich auf einige Demonstrations weisen, von denen zwei vieleicht ein allgemeineres Interesse verdienen.\nL Der stroboskopische .Analysator.\nVermittels einer aus schwarzen und weisen Sektoren 'bestehenden stroboskopischen Scheibe lassen sich sehr schwache Lichtintermittenzen nach weisen. Die Lichtintermittenzen einer von einem Wechselstr\u00f6me gespeisten gew\u00f6hnlichen Gl\u00fchlampe k\u00f6nnen beispielsweise mit Leichtigkeit stroboskopisch beobachtet und gez\u00e4hlt werden, wie ich das vor einigen Jahren beschrieben habe.1 Diese hohe Empfindlichkeit der erw\u00e4hnten Methode erm\u00f6glicht auch so schwache Lichtintermittenzen, wie diejenigen einer schwingenden K\u00f6nig sehen Flamme zu stroboskopieren. Darauf l\u00e4fst sich eine sehr einfache Methode der Klanganalyse zu Demonstrationszwecken gr\u00fcnden. Der stroboskopische Klang\u00ab \u2022 analysator ist demnach eine einfache kreisrunde Karton-Scheibe, auf welcher man konzentrische Ringe, bestehend aus abwechselnden schwarzen und weisen Feldern, so zeichnet, dafe die schwarzweisen Perioden in. den einzelnen Ringen vom Zentrum zur Peripherie gerechnet sich, wie 1:2:3 etc. verhalten. Eine derartige Scheibe wird in. Rotation versetzt und mit dem in.term.ittieren.den Lichte einer K\u00f6NiGscben Flamme beleuchtet. Wenn die Schwingungszahl des Grundtones des vor der Kapsel erzeugten. Klanges gleich der Anzahl der schwarzweisen Perioden\n1 A. 8amoju)ff. Di\u00a9 Bestimmung der Wechselzahl eines Wechsel\u00ab Stromes. Annalen d. Physik 3, 1900, 858,","page":440},{"file":"p0441.txt","language":"de","ocr_de":"Zwei akustische Demonstrationen.\n441\ndes inneren Ringes multipliziert mit der Umdrehungszahl der Scheibe in 1 Sek. ist, so scheinen auf der im \u00fcbrigen gleich-m\u00e4fsig grauen Fl\u00e4che der Scheibe nicht nur der eine innere Ring mit seinen schwarzweifsen Perioden, sondern auch eine Anzahl anderer \u00e4ufserer Ringe entsprechend der Ordnung der Obert\u00f6ne im gegebenen Klange stillzustehen. Man kann also auf der stroboskopischen Scheibe des Analysator ohne weiteres die im Klange enthaltenen Obert\u00f6ne ablesen.\nWas das N\u00e4here anbetrifft, so benutzte ich als stroboskopischen Analysator eine Kartonscheibe von 40 cm Durchmesser, auf welcher 8 konzentrische Ringe gezeichnet wurden (s. Fig. 1). Der innere Ring besafs 10 schwarzweifse Perioden,\nin jeder war ein rundes Loch ausgeschnitten, um die^Scheibe auch als Lochsirene benutzen zu k\u00f6nnen. Die intermittierende Flamme wurde vermittels einer gew\u00f6hnlichen K\u00f6NiGschen Kapsel mit Gummimembran erzeugt, nur wurde dazu nicht Leuchtgas, sondern \u2014 und darauf kommt es sehr an \u2014 Acetylengas verwendet. Die Acetylenflamme hat vor der Leuchtgasflamme den grofsen Vorzug, dafs sie bedeutend heller ist und zweitens, dafs die Lichtintermittenz, der Unterschied in der Leuchtkraft beim Steigen und Sinken der Flamme, beim Acetylen deutlicher ausgesprochen ist, als unter gleichen Umst\u00e4nden beim Gas, wie man sich leicht am Flammenbilde im rotierenden Spiegel \u00fcberzeugen kann. Das Acetylengas habe ich gew\u00f6hnlich im Kutschen Apparat erzeugt und in einem einige Liter fassenden Glasgasometer gesammelt. Bei Ausf\u00fchrung des Versuches wurde das Acetylen durch das ganze System der K\u00d6NiGschen Kapsel geleitet","page":441},{"file":"p0442.txt","language":"de","ocr_de":"442\n.\u00ab4. Samojbff.\nund dann \u00fcber der sehr feinen Ausstr\u00f6mungs\u00f6ffnung eines Meinen Platinkegels angez\u00fcndet; der Druck\u00bb 'unter welchem die Gas-str\u00f6mung geschieht, .wird so reguliert\u00bb dafs die Flammenl\u00e4nge 1\u20142 cm nicht \u00fcberschreitet. Um. die Karton scheibe m\u00f6glichst hell zu beleuchten ist es empfehlenswert,\" vor der Acetylenflamme einen Reflektor aufzustellen; letzterer hat noch den Vorteil, dafs er die Zuh\u00f6rer von der die Augen blendenden Acetylenflamme sch\u00fctzt.\nIst die Scheibe vermittels eines Elektromotors in .rasche gleichm\u00e4fsige Rotation versetzt und mit der Acetylenflamme beleuchtet, so bl\u00e4fst man einen Luftstrom durch die L\u00f6cher der Scheibe und erzeugt dadurch einen Ton. Jetzt erzeugt man, vor dem Trichter der Kapsel einen Klang von derselben Tonh\u00f6he und beobachtet, welche Ringe dabei stehend erscheinen. Am einfachsten ist es, wenn man vor dem Trichter .in, der entsprechenden Tonh\u00f6he verschiedene Vokale hineinspricht : 'mit\n\u2022\u00ab __ ________________________________\nder \u00c4nderung des Vokals \u00e4ndert sich die Reihenfolge der stillstehenden Ringe.\nWenn der beschriebene Analysator auch einige M\u00e4ngel besitzt (es k\u00f6nnen z. B. Schwebungen als T\u00f6ne vorget\u00e4uscht werden u. a. m.), so ist er als Demonstrationsmittel sehr zu empfehlen. Vor dem teueren K\u00f6NiGschen Klanganalysator hat mein Analysator den grofsen Vorteil, dafs er mit den einfachsten Mitteln in jedem Laboratorium mit Leichtigkeit auszuf\u00fchren ist und zweitens, dafs er sich ganz besonders f\u00fcr ein grofses Auditorium eignet. Ich. habe den stroboskopischen Analysator in einem Auditorium, in welchem etwa 400 Zuh\u00f6rer zugegen waren, vorgef\u00fchrt und die stillstehenden Ringe waren auch von der letzten Bank deutlich zu. sehen.\nII. Bl\u00a9 Violine als akustisches Instrument.\nIn denjenigen F\u00e4llen, in welchen es. sich um, Wiedergabe der Schwingungen eines t\u00f6nenden K\u00f6rpers in anschaulicher Weise in Kurvenform handelt, ist neben der Stimmgabel die Violine wohl am geeignetsten zu nennen. In der Violine, wie \u00fcberhaupt in jedem modernen Bogeninstrument ist ein vorz\u00fcglicher Mechanismus zur \u00dcbertragung der Schwingungen von den Saiten auf den Steg vorhanden. Bekanntlich befindet sich unter dem rechten. Fufs\u00a9 des Steges (ein mrenig nach der Seite verschoben,","page":442},{"file":"p0443.txt","language":"de","ocr_de":"Zwei akustische Demonstrationen.\n443\ns. Fig. 2), zwischen der Decke und dem Boden, ein Holzst\u00e4bchen, der sogenannte Stimmstock. Unterhalb des linken Fufses des Steges ist eine eigent\u00fcmlich ausgeschnittene lange Holzstange, der sogenannte Balken, l\u00e4ngs des ganzen Violin-kastens an der unteren Fl\u00e4che der Decke angeklebt (in der Fig. 2 im Querschnitt zu sehen). Der Stimmstock, der Steg und\nFig. 2.\nder Balken bilden zusammen einen eigenartigen Mechanismus, der es erm\u00f6glicht, die durch den Bogenstrich erzeugten, in einer mehr oder weniger der Decke parallelen Fl\u00e4che sich vollziehenden, Saitenschwingungen in vertikale Schwingungen der Decke \u00fcberzuf\u00fchren. Die drei genannten Teile bilden zusammen einen besonderen Winkelhebel, dessen Achse sich in dem Punkte der Decke befindet, wo letztere durch den Stimmstock unterst\u00fctzt ist. Es m\u00fcssen deshalb s\u00e4mtliche Schwingungen der Saiten durch Vermittlung des linken Fufses des Steges in vertikaler Richtung auf die Decke \u00fcbertragen werden.1 Klebt man an die linke Kante des Steges ein Spiegelchen, so lassen sich die Schwingungen der Violine in der sch\u00f6nsten Weise demonstrieren. Man befestigt die Violine horizontal vermittels zweier Stative und sendet von einer Bogenlampe einen hellen Lichtstrahl auf das Spiegelchen; der von diesem reflektierte Strahl wird noch einmal durch die Spiegelfl\u00e4che eines rotierenden K\u00d6Nioschen Spiegelprismas auf den Projektionsschirm reflektiert. Wird der\n1 F. Zamminer, Die Musik und die musikalischen Instrumente. Giefsen,\n1855.","page":443},{"file":"p0444.txt","language":"de","ocr_de":"444\nA. Samojloff.\nrotierende Spiegel um seine vertikale Achse gedreht, so sieht man auf dem Schirm eine helle Linie; streicht man aber die Violine zu gleicher Zeit an, so erscheinen auf dem Schirm die Schwingungen der Violinendecke in Kurvenform. Es l\u00e4fst sich auf diese Weise sehr h\u00fcbsch die Abh\u00e4ngigkeit der H\u00f6he und St\u00e4rke des Klanges von der Schwingungszahl und der Amplitude, die Schwingungen beim Zusammenklingen zweier oder dreier Saiten, Schwebungen etc. demonstrieren.\nIn einem bekannten Aufsatze von L. Hebmann 1, in welchem dieser Autor die Frage nach der Bedeutung der Phasen auf die Klangfarbe diskutiert, werden zwei Versuche mit dem Phonographen angef\u00fchrt. Der eine Versuch besteht darin, dafs man die Phonographenwalze bei der Reproduktion der hineingesungenen Vokale umgekehrt im Vergleich zu der Drehungsrichtung bei der Aufnahme rotiert, das ist der Abszissenumkehrversuch. Der zweite Versuch ist der Ordinatenumkehrversuch ; letzterer besteht darin, dafs man durch eine besondere Vorrichtung die Phonographenmembran zwingt bei der Reproduktion s\u00e4mtliche Schwingungen mit ge\u00e4ndertem Zeichen der Bewegungsrichtung zu vollziehen ; dadurch wTird das Bild der angenommenen Kurven zum Spiegelbild bei der Reproduktion. Da die Vokale bei dem Abzissen- resp. dem Ordinatenumkehrversuch ihren Charakter behalten, w\u00e4hrend durch die Umkehr s\u00e4mtliche Phasen sich \u00e4ndern, so beweisen diese zwei Versuche, dafs die Phasen keinen Einflufs auf die Klangfarbe haben.\nMit der Violine l\u00e4fst sich der Ordinatenumkehrversuch in der denkbar einfachsten Weise demonstrieren: man braucht nur\nFig. 3.\n1 L. Hermann. Pfl\u00fcgers Archiv 56, 467.","page":444},{"file":"p0445.txt","language":"de","ocr_de":"Zwei akustische Demonstrationen.\n445\nbeim Streichen der Saite den Bogen einmal von rechts nach Inks, das andere Mal von links nach rechts zu f\u00fchren ; die resultierenden Kurven verhalten sich zueinander, wie Bild und Spiegelbild. Eigentlich kann man sagen, dafs jeder Violinspieler fortw\u00e4hrend beim Spiel den Ordinatenumkehrversuch wiederholt. Als Beispiel gebe ich die photographierten Kurven der Schwingungen des Steges bei Streichen der Saite G (s. Fig. 3) : die vollst\u00e4ndige Symmetrie der Kurven ist nicht zu verkennen.\n(Eingegangen am 17. Juni 1904.)","page":445}],"identifier":"lit32554","issued":"1904","language":"de","pages":"440-445","startpages":"440","title":"Zwei akustische Demonstrationen","type":"Journal Article","volume":"36"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T14:20:23.177323+00:00"}