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M. Levy: Ueber Mitbewegungen. Archiv für Kinderheilkunde 30. 1900. 14 S.

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{"created":"2022-01-31T16:27:37.976583+00:00","id":"lit32574","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane","contributors":[{"name":"Moskiewicz","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane 28: 59-60","fulltext":[{"file":"p0059.txt","language":"de","ocr_de":"Lite raturberich t.\n59\nM. Levy. Ueber Mitbewegungen. Archiv f\u00fcr Kinderheilkunde 30. 1900. 14 S.\nVerf. versteht unter Mitbewegungen solche Bewegungen der Muskeln, welche zugleich mit willk\u00fcrlichen Bewegungen erfolgen, ohne deren Ausf\u00fchrung mechanisch zu f\u00f6rdern.\nPhysiologisch zusammengeh\u00f6rige Muskeln bieten das einfachste Beispiel solcher Mitbewegungen; so ist ein intensives Ballen der Faust nur m\u00f6glich, wenn gleichzeitig der Unterarm gebeugt wird.\nZwischen Bewegungen, die im Leben h\u00e4ufig gleichzeitig ausgef\u00fchrt werden, bildet sich allm\u00e4hlich eine so enge Association aus, dafs die eine ohne die andere nicht mehr innervirt werden kann. Darauf beruht ja alle Uebung und Geschicklichkeit bei manueller Th\u00e4tigkeit.\nEine dritte Gruppe von Mitbewegungen, die sog. \u201eidentischen\u201c ist nur entwickelungsgeschichtlich durch urspr\u00fcnglichen Zusammenhang gewisser Muskeln zu verstehen, so wenn z. B. bei Innervation eines Beines die entsprechenden Muskeln des anderen Beines ebenfalls innervirt werden.\nBei einer Reihe von Mitbewegungen l\u00e4fst sich ein physiologischer Zusammenhang zwar nicht nachweisen, eine Gesetzm\u00e4fsigkeit ist aber nicht zu verkennen. So wiegen sich die S\u00e4ngerinnen beim Singen hoher T\u00f6ne in den H\u00fcften; der kleine abc-Sch\u00fctze streckt beim Schreiben die Zunge heraus u. s. w. Derartige Bewegungen bef\u00f6rdern die Arbeit gar nicht, und doch k\u00f6nnte diese ohne jene nicht ausgef\u00fchrt werden.\nVon den eigentlichen Mitbewegungen sind die reflectorischen Mitbewegungen, die z. B. beim Niefsacte auftreten, zu trennen. Hier werden auf einen sehr intensiven \u00e4ufseren Reiz hin (Reizung der Nasenschleimhaut) eine Reihe von Bewegungen ausgel\u00f6st, die mit dem eigentlichen Nielsen in keinem directen Zusammenh\u00e4nge stehen, so Schliefsen der Augen, Oeffnen des Mundes. Aber doch ist daraus ersichtlich, dafs Reflex-und Mitbewegungen in einem engen Zusammenh\u00e4nge stehen; denn beim Reflex bringt ein sensibler Reiz, bei der Mitbewegung ein Willensimpuls einen anatomisch vorgebildeten Mechanismus zur Entladung, und beide Reize k\u00f6nnen bei gen\u00fcgender Intensit\u00e4t auf die entferntesten Muskeln \u00fcbergreifen.\nVerf. geht nun zu den pathologischen Mitbewegungen \u00fcber, die sich alle darauf zur\u00fcckf\u00fchren lassen, dafs sich entweder die Hemmungen, die sich normalerweise entwickeln m\u00fcssen, nicht entwickelt haben resp. nach ihrer Entstehung wieder verloren gegangen sind, oder aber, dafs der Willensimpuls eine solche Intensit\u00e4t erlangt hat, wie sie normalerweise nicht vorkommt. Zur ersten Classe von Mitbewegungen geh\u00f6ren alle die, welche bei Erkrankungen des Gehirns auftreten, so bei Idioten, wo sich in Folge Mangel gen\u00fcgender Association und Apperception physiologische Hemmungen nicht ausbilden k\u00f6nnen ; ferner bei cerebraler Kinderl\u00e4hmung, wo bei Bewegungen der gesunden Seite, auch Mitbewegungen der gel\u00e4hmten auftreten.\nEin typisches Beispiel f\u00fcr die zweite Kategorie der pathologischen Mitbewegungen (n\u00e4mlich durch erh\u00f6hten Willensimpuls) bietet das Stottern. Der Patient ist gen\u00f6thigt, da beim Sprechen Contracturen bestimmter Muskeln auftreten, um diese zu \u00fcberwinden, seine gesammte Muskulatur besonders stark zu innerviren ; er leistet daher w\u00e4hrend des Sprechens","page":59},{"file":"p0060.txt","language":"de","ocr_de":"60\nLiteraturberich t.\ndauernd eine vermehrte geistige Th\u00e4tigkeit, und dieser erh\u00f6hte Willensimpuls hat Mitbewegungen im ganzen K\u00f6rper zur Folge.\nAus allen diesen Beispielen geht hervor, dafs bei den physiologischen und pathologischen Mitbewegungen der verschiedenste Mechanismus vorhanden ist. Bald haben sich die Hemmungen noch nicht gen\u00fcgend entwickelt, bald verhindert eine Leitungsunterbrechung die Hemmungen an ihrer Wirksamkeit. Bald wird der Impuls in der Grofshirnrinde, bald erst in Quercommissuren des R\u00fcckenmarkes auf andere Bahnen \u00fcbergeleitet.\nKurz : die Mitbewegungen sind wohl als klinische, nicht aber als anatomische Einheiten aufzufassen.\tMoskiewicz (Breslau).\nM. Peobst. \u00fceber einen Fall vollst\u00e4ndiger Rindenblindheit und vollst\u00e4ndiger Amusie. Monatsschrift f\u00fcr Psychiatrie und Neurologie 9 (1), 5\u201421. 1901.\nPatientin litt in ihrer Jugend an epileptischen Anf\u00e4llen, die lange Zeit fortgeblieben waren, schliefslich wieder auftraten, Eifersuchtsideen zur Folge hatten, die schliefslich die Unterbringung in eine Irrenanstalt nothwendig machten.\nW\u00e4hrend ihrer Krankheit erlitt Pat. mehrere Schlaganf\u00e4lle. Die L\u00e4hmungen bildeten sich bald zur\u00fcck, nur eine linksseitige Hemianopsie blieb bestehen, die schliefslich, als noch eine rechtsseitige Hemiplegie hinzutrat, zur v\u00f6lligen Erblindung f\u00fchrte.\nGleichzeitig bestand Amusie, d. h. Pat., die fr\u00fcher sehr musikalisch war, vermochte die fr\u00fcher oft gesungenen Lieder nicht mehr zu singen, sondern nur noch zu deklamiren. Fr\u00fcher wohlbekannte Lieder erkannte sie nicht wieder.\nDie Section ergab ein Neurogliom, das fast die ganze linke Hemisph\u00e4re und den Balken durchwachsen hatte und auf die nur halb so grofse rechte Hemisph\u00e4re dr\u00fcckte. Beide Hinterhauptlappen zeigten Erweichungsherde, auf welche die anf\u00e4nglich nur linke dann beiderseits bestehende Hemianopsie zur\u00fcckzuf\u00fchren ist.\nDer Fall bietet manches Interessante.\nEs war zun\u00e4chst auffallend, dafs trotz Zerst\u00f6rung beider Occipitallappen noch Gesichtsbilder hallucinirt wurden, woraus doch hervorgeht, dafs Intactheit des Rindenfeldes zum Zustandekommen von Gesichtshallucina-tionen nicht n\u00f6thig ist. Weiteres Interesse bietet die Amusie. Verf. nimmt als anatomisches Centrum f\u00fcr die sensorielle Amusie oder Tontaubheit den vorderen Theil der rechten Schl\u00e4fenwindung an, der im vorliegenden Falle erweicht war. Die Tontaubheit bestand hier ohne alle motorischen oder aphasischen St\u00f6rungen, mit denen sie sonst verbunden zu sein pflegt.\nDie Sehst\u00f6rung selbst nahm folgenden Verlauf : Zun\u00e4chst trat in Folge eines Schlaganfalles links Hemianopsie auf. Dazu traten optische Aphasie und Achromatopsie, bedingt durch die zun\u00e4chst geringen, dann immer mehr um sich greifenden Erweichungsherde in beiden Occipitallappen. Schliefslich wurde der Herd so grofs, dafs er zu totaler Blindheit f\u00fchrte, wobei bemerkenswert!! ist, dafs die Blindheit eine vollst\u00e4ndige war, da Gegenst\u00e4nde nicht einmal im Fixirpunkt wahrgenommen wurden.\nMoskiewicz (Breslau).","page":60}],"identifier":"lit32574","issued":"1902","language":"de","pages":"59-60","startpages":"59","title":"M. Levy: Ueber Mitbewegungen. Archiv f\u00fcr Kinderheilkunde 30. 1900. 14 S.","type":"Journal Article","volume":"28"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T16:27:37.976588+00:00"}

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