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{"created":"2022-01-31T16:24:42.092217+00:00","id":"lit32643","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane","contributors":[{"name":"Guttmann, Alfred","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane 36: 228-231","fulltext":[{"file":"p0228.txt","language":"de","ocr_de":"228\nl\u00c0teratmheriekt\nVerL glaubt das Gef\u00fchl der Aufmerksamkeit von den. intellektuellen Gef\u00fchlen ansschliefsen an m\u00fcssen, da mit demselben an viele organische Vorg\u00e4nge Zusammenh\u00e4ngen, so data es nicht als ein, rein intellektuelle\u00ab Gef\u00fchl bezeichnet werden kann. Wohl aber geh\u00f6ren hierher die affektiven Gef\u00fchle, welche unsere Ged&nkanbildung begleiten, indem sie gleichsam als treibende Kr\u00e4fte anf diese Um ein wirken und die Formation bestimmen. Es sind die logischen und relationeilen Gef\u00fchle. Vor allem geh\u00f6rt hierher das Gef\u00fchl der Identit\u00e4t. Ohne dasselbe w\u00fcrde das rein Geistige nur isoliert\u00a9 Gef\u00fchle haben. Bei der Identit\u00e4tsaffirmation geht dieses Gef\u00fchl dem reinen Urteil voran\u00bb. Ferner die Gef\u00fchle des Widerspruchs, der Harmonie, der Kausalit\u00e4t, des Zweifels und der \u00dcberzeugung, des Entbehren\u00ab, Gelingens, des l\u00e4cherlichen, der \u00c4hnlichkeit und Vertrautheit. An der Basis aller dieser Gef\u00fchle befinden sich, affektive Ph\u00e4nomene. So auch beim. Reproduzieren, z. B. wenn man ein fr\u00fcher\u00ab\u00bb BIM sucht, das unbestimmt vor unserem Geiste steht und sich nicht vollenden lassen will.\nDie Pathologie liefert noch andere intellektuelle Gef\u00fchle, gleichsam als Erg\u00e4nzung zu den bisher genannten, so das Gef\u00fchl, hei Gr\u00fcbelsucht und Fragesucht. Hier ist der affektive Tr\u00e4ger gest\u00f6rt. Das alterierte affektive Urteil harmoniert nicht mehr mit dem. intakt gebliebenen intellektuellen Urteil. Also di\u00a9 Beziehungen zwischen den, Dingen werden vollkommen begriffen, nur die affektive Adh\u00e4sion daran fehlt.\nGiessleb (Erfurt).\nO. Abraham und E. vom Hornbostel. Studien tier its Tonsysteii und de \u25a0ulk, der Japaner. Sammelb\u00e4nde der Internationalen Musik-Gesellschaft IV, Heft 2.\nAbraham und Hornbostel haben, das Gastspiel, das Frau Saba Jacco mit ihrer japanischen Truppe Im Herbst 1901 in Berlin veranstaltete, benutzt, um systematische Studien \u00fcber japanische Musik zu machen. Sie bedienten sieh dazu exakter, akustischer Methoden, malsen die Tonh\u00f6hen der Instrumente mit fester Stimmung, der Blasinstrumente, Guitarren und Harfen, machten p ho nographische Aufnahmen von Gesang- und Instrumentalst\u00fccken, an denen sie die Schwingungszahlen der einzelnen T\u00f6ne bestimmen konnten usw. Diese Aufnahmen \u00fcbertrugen sie in europ\u00e4ische Notenschrift.\nDa der Ursprung der Musik der Japaner, wie \u00fcberhaupt ihrer ganzen Kultur, auf China hinweist, so haben die Verfasser auch di\u00a9 chinesische Musik in, den Kreis ihrer Untersuchungen gezogen, zumal chinesische Musikinstrumente vielfach nach Japan importiert werden und dort sogar als besonders gut gelten.\nAus den Ergebnissen dieser Studien sei hier einiges berichtet, was die Leser dieser Zeitschrift wohl interessiert.\nDi\u00a9 grundlegende Frage bei der Betrachtung eines fremden Teilsystems ist die Feststellung der Tonstufen bzw. Tonleitern. Die Verf. unterscheiden und definieren genetisch dreierlei Arten von Leitern:\n\u201e1. Gebrauchslei tern, die wir erhalten, wenn wir di\u00a9 T\u00f6ne eines Musikst\u00fcckes der Tonh\u00f6he nach ordnen;","page":228},{"file":"p0229.txt","language":"de","ocr_de":"Literaturbericht.\n229\n2.\tMaterial Leitern, die wir erhalten, wenn wir di\u00a9 T\u00f6n\u00a9 einer grofsen Anzahl verschiedener Musikst\u00fcck\u00a9 der Tonh\u00f6he nach ordnen;\n3.\tInstrumental 1 eitern, di\u00a9 wir erhalten, wenn wir die an Instrumenten mit fester Stimmung gefundenen T\u00f6ne der Tonh\u00f6he nach ordnen.\u201c\nDiese unter sieh mannigfache Beziehungen aufweisenden Leitern m\u00fcssen, zusammengefafst, die Darstellung des betreffenden Tonsystems erm\u00f6glichen. Die methodologische Schwierigkeit bei der Untersuchung der Gebrauchsleitern, aus denen man durch Vergleich und Zusammenfassung, \u00e4hnlicher Leitern di\u00a9 Gesetzm\u00e4fsigkeit der Intervallfolgen erkennen kann, besteht in der Wahl der Fehlergrenze. Nach der einen Seit\u00a9 ist man geneigt, fremde Intervalle (z. B. ein\u00a9 neutrale Ten) nach einem gewohnten Intervall aufzufassen (also hier je nach Wunsch als Dur- oder Mollterz) und intendierte Feinheiten, zu \u00fcberh\u00f6ren, oder man f\u00e4llt andererseits in-den Fehler, zu dem besonders di\u00a9 feineren physikalisch - akustischen Mafs-methoden verleiten, unbeabsichtigte Intonationsschwankungen f\u00fcr Gesetzm\u00e4fsigkeit zu halten.\nDi\u00a9 musikalische Festlegung der Intervalle kann nach der auf Verschmelzung beruhenden Konsonanz oder nach der Distanz der beiden T\u00f6ne erfolgen (letzteres z. B. bei den Siamesen). Eine grofse Bolle spielt die mathematische Berechnung, \u00c4hnlich wie bei unserer temperierten Skala, bei primitiven V\u00f6lkern mag auch die R\u00fccksicht auf die unentwickelte Technik des Instrumentenbaues mitspielen. Allein aus Instrumentalleitern und Materialleitern, soweit sie auf Instrumenten verwirklicht sind, Schl\u00fcsse zu riehen, warnen, die Verff. Ebenso miss\u00a9 man sich h\u00fcten, unsere europ\u00e4ische, musiktheoretische tonale Auffassung, derzufolge wir den tiefsten Ton einer Leiter als ihren Grundton auffassen, auf den wir all\u00a9 anderen Tonstufen als Intervalle beziehen, auf exotisch\u00a9 Leitern zu \u00fcbertragen. Dort braucht dieser \u201eGrundton\u201c durchaus nicht mit dem melodischen Schwerpunkt, i. e. der Tonika, oder mit dem Anfangs- bzw. Schlufston des St\u00fcckes zusammenzufallen.\nAus der Beschreibung der Musikinstrumente und der auf ihnen gefundenen .Leitern, sei hier nur \u00fcber die eigenartig\u00a9 Konstruktion, der \u201eKin\u201c, einer siebensaitigen Harfe, berichtet Nach der Hypothese der Verff. sind s\u00e4mtliche Mafse in erster Linie aus aufsermusikalischen Prinzipien gewonnen, n\u00e4mlich durch mathematische Teilung der Saiten von dem Mittelpunkt symmetrisch nach beiden Seiten, so dafe jede H\u00e4lfte der Tabulatur das Spiegelbild der anderen darstellt \u2022\u2014 \u00a9ine Einteilung, die vermutlich symbolische Bedeutung hat. Die resultierenden Intervall\u00a9 sind ganz eigenartig, neben den f\u00fcr uns gew\u00f6hnlichen Intervallen finden sich aufser dem \u00fcberm\u00e4feigen Ganzton zwei v\u00f6llig neue Intervalle: \u00a9in\u00a9 pythagor\u00e4isclie, kleine Terz und ein Intervall, das di\u00a9 Mitte zwischen Tri tonus und Quinte h\u00e4lt. (Die Verh\u00e4ltnisse der gefundenen Schwingungszahlen haben die Verff. nach Ellis in Cents, d. I. Hundertstel des temperierten Halbtones umgerechnet, in den Musikbeilagen haben sie di\u00a9 Abweichungen durch + und \u25a0\u2014\u25a0 \u00fcber den betreffenden Noten markiert) Dafe sich diese merkw\u00fcrdige Leiter auch auf einer Serie von 12 japanischen Stimmenpfeifen verk\u00f6rpert fand, spricht gegen die Annahme, dafs es sich hier um Zufall","page":229},{"file":"p0230.txt","language":"de","ocr_de":"230\nLiteraturberickt.\nhandelt. Fl\u00f6ten und. oboenartige Instrumente erwiesen sich zur Messung von Tonstufen als unbrauchbar.\nDie Reff, nehmen die reine Stimmung\u00bb die \u00bbIch den Gebrauchsleitern enger als die temperierte anschlieist, bei den Japanern als Intendiert an\u00bb wenn auch einzelne Abweichungen auf 'die M\u00f6glichkeit des Einflusses der pythagoreischen Theorie hindenten uni gelegentlich eine Hinneigung zur gleichschwebenden Temperatur unverkennbar ist In der chinesischen Musik besteht, wie bei den Pythagor\u00e4ern, der Quintenzirkel, die Einteilung der Saiten resp. Pfeifen nach der abnehmenden geometrischen Progression\n>\u2022 !\u25a0 (!)'\u2022 a?\nnsw.\nIn der weiteren Frage nach dem Ursprung des\nPrinzips des Quintenzirkels vermnten die Verff.\u00bb dafs .Innerhalb der Oktave durch das Konson.anzgett.hI die nftchstniedrigere Verschmelznngsstnfe, di\u00a9\nQuint, entstand\u00bb die von beiden Endpunkten nach Innen, konstruiert, zu dem\n%\nLeiterskelett c f g c1 tthrte, Diese unausgettllten Tetrachorde finden, sich nun sowohl in der altgriechischen Musik (\u00e4lteste Lyrastimmung), wie auf einzelnen chinesischen und, japanischen. Instrumenten. Die weitere Ans f\u00f6llnng erfolgte dann durch Benutzung des Ganztons, Der im chinesischen Tetraehord vermiedene Halbtonschritt .findet sich, jedoch besondere h\u00e4ufig im der japanischen Musik. Bo hat man wahrscheinlich \u00abns Bequemlichkeit^ r\u00fccksichten m\u00f6glichst viele der in einem Musikst\u00fcck vorkommenden T\u00f6ne von vornherein, auf den 13 Saiten der Koto\u00bb einer liegenden Harfe mit beweglichen Steigen\u00bb eingestellt und Zwischent\u00f6ne durch. Saitendruck dicht neben dem Stege hergesteilt Damit steht m\u00f6glicherweise das Vorkommen von, neutralen Intervallen, von denen, die Verff. nicht entscheiden, oh sie in das japanische musikalische Volksbewufstsein eingedrungen sind in Zusammenhang.\nDie praktische Musik der Japaner zeigt auff\u00e4lligerweise das Fehlen einer die Tonh\u00f6hen bezeichnenden Notenschrift Daf\u00fcr besteht ein gutes Ged\u00e4chtnis f\u00fcr Melodien, die vielfach durch das Geh\u00f6r \u00fcberliefert werden. Absolutes Tonbewufstsein Ist recht mangelhaft entwickelt\u00bb die Japaner kennen auch keinen \u201eKammerton\u201c, keine Tonalit\u00e4t in unserem Sinne (entsprechend der mangelnden Tonika), \u00fcberhaupt keine \u201eHarmonie\u201c trotz gelegentlicher Simultanintervalle (als solche finden sich h\u00e4ufig Sekunden, Quarten, Quinten, Oktaven, selten Terzen und Sexten), ebenso fehlt der f\u00fcr uns so wichtige Leitton ; die Musik ist nach Plxtob Ausdruck \u201eheteropbon\u201c. Bals die Simultanintervalle durchaus nicht unserem Harmoniegef\u00fchl entsprechen, beweisen Versuche, die Verff. mit einem japanischem Musiker austeilten, indem sie ihm eins seiner Repertoirest\u00fccke mit verschiedenen Regleitungsformen vorspielten, die f\u00fcr europ\u00e4ische Ohren z. T. angenehm, z. T. entsetzlich geklungen haben, m\u00fcssen; wenn der Japaner nur di\u00a9 Melodie deutlich heraush\u00f6rte, Hang Ihm alles gleich gut, auch Dur und Moll machte keinen, Unterschied. Andererseits sprechen die Verff. den Japanern doch ein Gef\u00fchl f\u00fcr Tonalit\u00e4t und Klaugverwandtschaft zu\u00bb da sie Transpositionen auf die Dominante oder Subdominante, innerhalb eines Musikst\u00fcckes kennen, was also unaerin Modulieren von einer Tonart in die andere entspricht. Zur Auffassung und Beurteilung der japanischen Musik mufs man sich \u00fcberhaupt von unserer europ\u00e4ischem Konvention","page":230},{"file":"p0231.txt","language":"de","ocr_de":"Literaturbericht.\n231\nv\u00f6llig freimachen, was nur langsam, gelingt, aber wohl m\u00f6glich .ist. S\u00a7hr wichtig ist das Auf geben aller Harmonisierungsversuche bei dieser rein auf Melodie gerichteten Musik. Dur und Moll (jonisch und \u00e4olisch) haben ihren f\u00fcr uns spezifischen Charakter ja auch erst allm\u00e4hlich erhalten; im Mittelalter hatten sie noch kein \u00dcbergewicht vor den anderen Kirchentonarten. Bo kann man also auch die damit verbundene Auffassung von ernster und heiterer Musik durchaus nicht auf japanische Musik \u00abwenden \u2014 kurzum, man mufs von allen europ\u00e4ischen musikalischen Erfahrungen und Begriffen, der ganzen sog. \u201emusikalischen Logik\u201c abstrahieren lernen, ehe man, japanische Musik, sowohl, was die Gef\u00fchlswirkung, als was die intellektuelle Auffassung betrifft, beurteilen kann.\nAlfred G\u00fcttmann (Berlin).\nV. Fhagsteih. Aber Synkinesien bei titaktem Nervensystem in der lud \u00e9tais selbst beobachteten Falles. Monatmehr. f. Psychiatrie u. Neurologie 10 \u25a0(5), 348\u2014358. 1901.\nW\u00e4hrend bisher Mitbewegungen fast nur bei Erkrankungen des Nervensystems beobachtet worden sind, berichtet Verl, \u00fcber einen Fall von Mitbewegungen, bei dem auch die gr\u00fcndlichste Untersuchung keine nerv\u00f6se Erkrankung nach weisen konnte. Es handelt sich um einen Mann, bei dem von Kindheit an alle Bewegungen, die von, der einen, K\u00f6rperh\u00e4lfte aus-gef\u00fchrt werden, auch von der anderen K\u00f6rperhilft\u00a9 mitgemacht werden.\nDiese Mitbewegungen treten zun\u00e4chst bei willk\u00fcrlicher Bewegung auf ; am st\u00e4rksten im Gesicht, weniger stark, aber ebenfalls deutlich in den Extremit\u00e4ten. Patient Ist nicht imstande ein Auge zu sch lief sen, ohne dafs sich das andere auch schliefst, einen Arm zu bewegen, ohne dafs sich der andere ebenfalls kontrahiert. Allerdings ist di\u00a9 Bewegung auf der mitbewegten Seite weniger ausgiebig.\nDieselbe Mitbewegung ist auch bei passiven Bewegungen, besonders an den Fingern zu beobachten. Reflektorische Bewegungen infolge sensibler Reiz\u00a9 werden von der anderen Seit\u00a9 ebenfalls mitgemacht. Werden einzelne Muskeln direkt oder vom Nerven ans auf der einen. Beite elektrisch gereizt, so kontrahiert sich derselbe Muskel der anderen Seite nach Verlauf eines ganz kurzen Intervalls ebenfalls.\nZur Erkl\u00e4rung dieses merkw\u00fcrdigen, Tatbestandes zieht Verf. eine Reihe gut beobachteter F\u00e4lle heran, bei denen eine anatomische Anomalie derart bestand, dafs die Fasern des kortikalen Zentrums einer Hemisph\u00e4re analoge Muskeln beider Seiten in nervi erten. Auch im vorliegnnden Fall\u00a9 sei eine solche Anomalie anzunehmen, welche die Mitbewegungen bei Willk\u00fcrbewegungen hinreichend erkl\u00e4re. Zur Erkl\u00e4rung der Mitbewegung bei elektrischer peripherer Reizung verwirft Verf. eine \u00dcbertragung durch das R\u00fcckenmark, dm \u00a9ine erh\u00f6hte Irritabilit\u00e4t nicht besteht ; vielmehr sei an das doppelsinnig\u00a9 Leitungsverm\u00f6gen aller Nerven zu denken, das ja experimentell nachgewiesen ist. W\u00e4hrend, es freilich normalerweise nicht in Funktion tritt, k\u00f6nne es doch in pathologischen F\u00e4llen, wie im vorliegenden, wieder auftreten und erkl\u00e4r\u00a9 alsdann, den sonderbaren Befund, recht gut.\nMoskikwicz (Breslau).","page":231}],"identifier":"lit32643","issued":"1904","language":"de","pages":"228-231","startpages":"228","title":"O. Abraham und E. von Hornbostel: Studien \u00fcber das Tonsystem und die Musik der Japaner. Sammelb\u00e4nde der Internationalen Musik-Gesellschaft IV, Heft 2","type":"Journal Article","volume":"36"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T16:24:42.092223+00:00"}