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{"created":"2022-01-31T16:52:57.024489+00:00","id":"lit32671","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane","contributors":[{"name":"Gaupp","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane 36: 312-316","fulltext":[{"file":"p0312.txt","language":"de","ocr_de":"312\nLiterat urberickt.\nerscheinungen oder Vorl\u00e4ufer von Geisteskrankheiten \u00abein. Sie stellen \u00abinen krankhaften Mittelzustand dar zwischen Neuro* and Psychopathien.\nDer zweite Hauptabschnitt de\u00ab Bach\u00ab besch\u00e4ftigt \u00abich mit den Trieb-handlangen f impulsions; : sie sind endogen, von swingendem Charakter, dem Wesen des Individuums fremd, meist beweist and ungewollt. Man unterscheidet instinktive, automatische, emotive und intellektuelle Triebhandlungen, oder besser: rein motorische, peyeho-motorische und psychische. Za den psychischen geh\u00f6rt die oben genannte rar Tat gewordene Zwangsvorstellung (obsession impulsive:. Die Objekte der triebhaften Handlungen sind mannigfachster Art. Zu eingehender Besprechung gelangt der Trieb sum Selbstmord, rum Morde, rum Diebstahl -sog. Kleptomanie), rur Brandstiftung \u00bb Pyromanie , rum periodischen Alkoholexxefs t Dipsomanie, rur Flucht (Dromomanie^ und ru sexuellen Ausschreitungen \u00ab Exhibitionismus, Masochismus, Homosexualit\u00e4t;. Die Esormomche Lehre von den isolierten Monomanien wird heute auch von franr\u00f6sischer Seite verworfen ; die krankhaften Triebhandlangen werden, wie die Zwangsvorstellungen als Syndrome irgendwie gearteter Psychopathien aufgefafet. Sie bedeuten einen R\u00fcckfall in die elementare Reflext\u00e4tigkeit, sind Zeichen der Entartung oder geistigen Minderwertigkeit ; die meisten erwachsen auf epileptischer Anlage.\nMit dem Abdruck gerichts\u00e4rrtlicher Gutachten schliefst das Buch. Sein Inhalt ist reich und nahem ersch\u00f6pfend, die Darstellung klar und gewandt, wenn auch vielfach allzu breit und weitschweifig. Die Neigung zu scharfer Abgrenzung verwandter Erscheinungen f\u00fchrt stellenweise zum Schematismus; so sied Gef\u00fchle und Vorstellungen aufs strengste geschiedene Begriffe, die f\u00fcr die Verff. nur in wechselseitigem Abh\u00e4ngigkeitsverh\u00e4ltnis zueinander stehen. Die psychologische Betrachtungsweise nerv\u00f6ser Ph\u00e4nomene ist berechtigt und nutzbringend ; aber sie mnfs ihre Grenze finden, wenn wir vor psychiatrischen Erscheinungen stehen, die logischer Motivierung unzug\u00e4nglich sind, da in krankhaften Reizen ihre letzte Ursache zu suchen ist.\tKalmcs > Hamburg .\nPib&re Janet. Les ebldsiieai et la ftyckaslMaie. 1. Paris, Alcan. 19CB.\n7M S. 18 Frcs.\nF. Raymond et Pieekk Jaket. Les itituliu et li papkaatlial\u00a9. H. Paris,\nAlcan. 1903. M3 S. 14 Frcs.\nDer Psychiater Janet geh\u00f6rt bekanntlich zu denjenigen Gelehrten, die durch psychologische Analyse klinischer Krankheitsbilder die Wissenschaft* liehe Forschung f\u00f6rdern und uns einen tieferen Einblick in Entstehung und Zusammenhang psychopathoiogischer Erscheinungen verschaffen wollen. Seine Verdienste um. die Lehre von der Hysterie sind, bekannt Bei dieser\nw\ngeistigen Anomalie ist ja, wie bei keiner anderen, die psychologische Betrachtungsweise notwendig und. furchtbar. Aber noch, ein, anderes Kapitel der Psychiatrie ist einer solchen eindringlichen Analyse bis zu. einem gewissen Grad\u00a9 zug\u00e4nglich: es ist das grofse Gebiet der Ersch\u00f6pfung\u00bb- und Ent* artungszust\u00e4nde, die ja heute unter verschiedenen Namen beschrieben werden. Janet spricht von \u201ePsychasth\u00e9nie Diesem bei uns in Deutschland kaum \u00fcblichen Namen entspricht einigermalsen der viel milsbrauchte Begriff der \u201eNeurasthenie*4. Damit fafst man ja bekanntlich, heute gar","page":312},{"file":"p0313.txt","language":"de","ocr_de":"Litera turbericht.\n313\nVielerlei zusammen: die nerv\u00f6sen Beschwerden der \u00dcberarbeiteten, \u00dcberm\u00fcdeten und Schlechtern\u00e4hrten ebenso wie die bunte F\u00fcll\u00a9 der Krankheitsbilder, dl\u00a9 auf dem Boden angeborener Entartung erwachsen. Das \u201eIrresein der Entarteten\u201c, di\u00a9 \u201ekonstituelle Verstimmung\u201c, die \u201eHypochondrie\u201c, di\u00a9 \u201ekonstitutionelle Neurasthenie\u201c, leicht\u00a9 Formen des manisch-depressiven Irreseins (Cyclothymie Heckers), die \u201epsychopathischen Minderwertigkeiten\u201c Kochs \u2014 all dies l\u00e4uft da und dort unter dem Namen \u201eNeurasthenie\u201c. Ein \u00e4hnlicher Sammelbegriff1 ist nun also auch Janbtb \u201ePsychasth\u00e9nie\u201c ; ihr entspricht noch am. besten das bei uns \u00fcbliche Wort \u201ekonstitutionell\u00a9 Neurasthenie\u201c. Es sind vor allem die psychischen Stigmata degeneration!\u00a9, denen Jambt sein Interesse zuwendet und deren psychologische Aufkl\u00e4rung und eingehende klinische Schilderung der Hauptinhalt der beiden vorliegenden dicken B\u00e4nde ausmaeht. Die Anordnung des Stoffes ist folgende :\nder erste Band kann als der allgemeine Teil bezeichnet werden, er enth\u00e4lt\n\u00bb \u2022\n\u00a9ine allgemeine Symptomatologie, Pathogenese, \u00c4tiologie, Verlaufslehre, Diagnose und Therapie der psychasthenischen Zust\u00e4nde in systematischer Darstellung. Der II. Band gibt die gesamten zugeh\u00f6rigen klinischen Tatsachen ln Form von 236 Krankengeschichten, also gewissermafsen das klinische Beweismaterial f\u00fcr die Anschauungen Jambts. Dieser II. Band hat haupts\u00e4chlich f\u00fcr den Psychiater und Neurologen Wert; ich kann deshalb in dieser Zeitschrift von einer kritischen Er\u00f6rterung seines Inhaltes absehen ; es mag gen\u00fcgen, hervorzuheben, dafs dieses Buch eine wahre Fundgrube f\u00fcr alle die ist, denen das klinische Studium der psychischen Grenzzusfc\u00e4nd\u00a9 am Herzen liegt. Abgesehen vom letzten Abschnitt (Les accidenta v\u00e9eaniques), in dem Krankheitebilder geschildert werden, die \u2014 wenigstens teilweise \u2014 bei uns eine andere Beurteilung erfahren d\u00fcrften, sind die mitgeteilten F\u00e4lle so lehrreich und ihre Darstellung so anschaulich, dais das Buch ein geradezu klassisches Werk genannt zu werden verdient.\nAuf der Grundlage von 325 Krankenbeobachtungen (von denen also 236 im II. Bande mitgeteilt werden), baut nun also Janet im I. Bande sein psychologisch - klinisches Geb\u00e4ude auf. Er beginnt mit einer Schilderung der mannigfaltigen Symptome der Psychasth\u00e9nie : I. Die Zwangsvorstellungen mach Form und Inhalt (\u201eles id\u00e9es obs\u00e9dantes\u201c); II. \u201eLes agitations forc\u00e9es\u201c 1 (Zwangsimpulse, Zwangshandlungen aller Art, Tics, allgemeine psychisch\u00a9 Erregung mit motorischer Unruhe, Phobien, Angstzust\u00e4nde); III. Die Stigmata der Psychasthenic (die verschiedenen Formen des psychischen. Insaffizienzgef\u00fchls, die krankhaft ver\u00e4nderte Selbstempfindung, das doppelte Bewusstsein u. a., ferner di\u00a9 Symptome infolge Einengung des Bewu\u00dftseins, die St\u00f6rungen des Willens, der Verstandes - und Ged\u00e4chtnisleistungen, der Gem\u00fctsbewegungen, endlich die k\u00f6rperlichen Symptome). Den Schlufs dieses gro\u00dfen Abschnittes bildet eine zusammenfassende Charakterisierung der wesentlichen Grundst\u00f6rungen bei der Psychasth\u00e9nie (\u201el\u2019incompl\u00e9tude morale, la perte de la fonction, du. r\u00e9el, les p\u00e9riodes psychasth\u00e9niques\u201c). Damit schliefst der I, Teil des I. Bandes, in dem die bunte Menge klinischer\n1 Die deutsche Sprache hat f\u00fcr diesen. Sammelbegriff kein ganz entsprechendes Wort; am n\u00e4chsten kommt noch der Ausdruck: Zwangsvorg\u00e4nge.","page":313},{"file":"p0314.txt","language":"de","ocr_de":"314\nlAteratwrbcrickt\nSymptome und Syndrome, wie sie von dem. kulturell hochstehenden und feindifferenzierten Pariser KrankenmaterW geliefert werden, eine meisterhafte Schilderung von seltener Vollst\u00e4ndigkeit und Gr\u00fcndlichkeit erf\u00e4hrt.\nIm II. Teil des Buches f \u201e\u00c9tudes g\u00e9n\u00e9rales sur rabaissement de 1\u00bb * 'tension psychologique\u201c; besch\u00e4ftigt sich nun Jas\u00bb zun\u00e4chst mit allgemeinen _ und theoretisch - psychologischen Fragen. Hier 'hat der Psycholog\u00ae des Wort, der durch Schaffung bestimmter Begriffe (\u00bbtension psychologique\u201ed\u00e9rivation\u201c, \u201eniveau mental\u201c, \u201efonction du r\u00e9el14 usw.) sich den Weg zur Gewinnung' einheitlicher Gesichtspunkte bahnt. Auf diesen Teil des Buch\u00ab m\u00f6chte ich hier etwas genauer eingehen.\nBas Grundwesen der Psychasth\u00e9nie ist .nach Janet eine dauernde Abnahme der psychischen Spannung (.tension psychologique\u201c), infolge deren die \u201efonction du r\u00e9el\u201c aufgehoben oder erheblich herabgesetzt ist. Die zerebrale Schwache (\u201eaffaiblissement c\u00e9r\u00e9brale\u201c) iuJsert sich in gewissen psychischen und somatischen Erscheinungen, die unter sich nach, psychologischen Gesetzen verbunden sind. Me \u201eincompletude morale\u201c macht sich vor allem in peinlichen Gef\u00fchlen und Stimmungen, geltend (\u201esentiment d'incompl\u00e9tude psychologique\u201c), die zwar \u00fcbertrieben sein, k\u00f6nnen, aber doch nicht ohne Berechtigung sind, insofern auch objektiv ein .gewisser Grad psychischer Insuffizienz besteht (\u201eimperfection psychologique\u201c). Jim meint damit namentlich die Instabilit\u00e4t, die Dis-harmonie der Entarteten, der D\u00e9s\u00e9quilibr\u00e9s.\nEine Grundst\u00f6rung in der Psychasth\u00e9nie ist \u201ele sentiment d'absence de r\u00e9alit\u00e9\u201c; das Gef\u00fchl der eigenen Realit\u00e4t sowie der realen Existenz der wahrgenommenen Aufsenwelt ist krankhaft ver\u00e4ndert oder g\u00e4nzlich aufgehoben. Um dem Verst\u00e4ndnis dieser klinischen Erscheinung n\u00e4her zu kommen, f\u00fchrt Janet, wie schon erw\u00e4hnt, einen neuen psychologischen Begriff ein, eine .seelische Eigenschaft, die er \u201ela fonction du r\u00e9el\u201c nennt, \u00a9Ine Bezeichnung, die mit der deutschen \u00dcbertragung in \u201eWirklichkeitsgef\u00fchl\u201c nur unvollkommen wiedergegeben ist. Im 1. .Kapitel des II. Teil\u00ab (Th\u00e9ories pathog\u00e9niques. Les modifications de la tension psychologique) tritt der Verl in eine genauere Erl\u00e4uterung seiner psychologischen An* Behauungen ein, auf denen sich seine Lehre vom Wesen der Psychasth\u00e9nie aufbaut.\nJanet stellt eine Hierarchie psychischer Erscheinungen auf. Nicht alle seelischen Leistungen kommen mit gleicher Leichtigkeit zustande. Es gibt h\u00f6here und niederere Grade geistiger T\u00e4tigkeit; die \u00a9inen k\u00f6nnen fehlen, w\u00e4hrend die anderen unversehrt sind. Die h\u00f6chste geistige Leistung, die in der psychischen Erkrankung zuerst Einbufse erleidet, ist \u201ela fonction du r\u00e9el\u201c, \u201el'appr\u00e9hension de la r\u00e9alit\u00e9 sous tontes ses formes.- Die bewufete Stellungnahme zu den Dingen der Aufsenwelt, der Wille, sie aktiv zu beeinflussen, zu ver\u00e4ndern, der Entschlufs, sich neuen Verh\u00e4ltnissen anzu-passen, unserem, eigenen Charakter gem\u00e4fs zu handeln, .also energisches Wollen und Handeln, wenn der Augenblick es erfordert, \u2014 das ist nach Janets Ausf\u00fchrungen die h\u00f6chste seelische T\u00e4tigkeit, die in der Psychasth\u00e9nie regelm\u00e4fsig gesch\u00e4digt ist. .Ihr steht an psychologischem Wert nahe die aktive Aufmerksamkeit, die eine sichere Erfassung der Aufsenwelt erm\u00f6glicht. Der Glaube an die Realit\u00e4t der wahrgenommenen Dinge","page":314},{"file":"p0315.txt","language":"de","ocr_de":"JAteratwrberich t.\n315\ntat ein geistiger Vorgang, der weit \u00fcber der einfachen Verstandesleistung steht Ihm kommt die F\u00e4higkeit der Orientierung, der bewufeten Wahrnehmung einer gegebenen Situation nahe. Von den Ged\u00e4chtnisleistungen steht die Merkf\u00e4higkeit h\u00f6her als das Auswendigwissen fr\u00fcher gelernter Kenntnisse. Von hoher Bedeutung ist ferner auch die Selbst Wahrnehmung, das Selbstbewusstsein, der Hare Einblick in die eigene Wesenheit; nnd endlich geh\u00f6rt noch zu den wichtigsten seelischen Leistungen \u201ela constitution du temps, la formation dans l'esprit du moment pr\u00e9sent14, die MarbewuJste Erfassung des zeitlichen Momentes, die Einordnung ftufeerer Vorg\u00e4nge in die eigenen Vorstellungen vom zeitlichen Ablauf der Erscheinungen. Alle diese hochkomplizierten seelischen T\u00e4tigkeiten erfahren in der Psychasth\u00e9nie eine Verminderung, die \u201efonction du r\u00e9el\u201c ist ver\u00e4ndert. Jam\u00ae unterscheidet dann noch 4 weitere Stufen psychischer Leistung in seiner Hierarchie; ich will auf sie nicht genauer eingehen, vielmehr mich damit begn\u00fcgen, das Schema Jamits mitzuteilen. Es lautet :\nHi\u00e9rarchie des ph\u00e9nom\u00e8nes psychologiques.\nI. La fonction du r\u00e9el:\nfaction\nI\nfaction efficace sur la r\u00e9alit\u00e9\nl\u2019action nouvelle avec sentiment\n{\nfd'unii de lit\nsociale physique unit \u00e9 libert\u00e9\nl\u2019attention dans\nH. L'activit\u00e9 d\u00e9sint\u00e9ress\u00e9e <\n\u2019 la perception avec sentiment de r\u00e9alit\u00e9 la certitude, la croyance la perception d\u2019objets nouveaux la perception f avec sentiment de r\u00e9alit\u00e9 de la personne \\ avec sentiment d\u2019unit\u00e9 la pr\u00e9sentification, la perception, et la jouissance du pr\u00e9sent.\nfaction habituelle\n{du pr\u00e9sent de l\u2019unit\u00e9 de la libert\u00e9\nla perception sans le sentiment de la certitude avec le sentiment vague du pr\u00e9sent.\nHI. Les fonctions des images *\nla m\u00e9moire purement repr\u00e9sent\u00e9e l\u2019imagination 1\u00a9 raisonnement abstrait , la r\u00eaverie.\n{syst\u00e9matiques diffuses\n| syst\u00e9matiques\nV. Les mouvements musculaires inutiles \\ ^jU8\nJambt bringt nun weiterhin diese verschiedenen Stufen psychischer Erscheinungen in direkte Beziehung zu seiner \u201etension psychologique\u201c, die ebenfalls verschiedene Grade haben kann. \u201eLe degr\u00e9 de la tension psychologique, ou l\u2019\u00e9l\u00e9vation du niveau mental se manifeste par le degr\u00e9 qu\u2019occupe dans la hi\u00e9rarchie les ph\u00e9nom\u00e8nes les plus \u00e9lev\u00e9s auxquels le sujet peut parvenir.\u201c \u201eLa fonction du r\u00e9el avec l'action, la perception de la r\u00e9alit\u00e9,","page":315},{"file":"p0316.txt","language":"de","ocr_de":"316\nLiteraturbericht.\nla certitude exigeant le\u00ab plus haut degr\u00e9\u00bb de tension, ce \u00abont de\u00ab ph\u00e9nom\u00e8ne\u00ab de haute tension ; la r\u00eaverie, l'agitation motrice, l\u2019\u00e9motion exigeant des tensions bien inf\u00e9rieures, on peut les consid\u00e9rer comme des ph\u00e9nom\u00e8nes de basse tension correspondants \u00e0 un niveau mental inf\u00e9rieur.\u201c Die materiellen Vorg\u00e4nge, welche diesen verschiedenen psychischen Spannung\u00ab* Verh\u00e4ltnissen zugrunde liegen, sind uns heute noch unbekannt.\nMit diesem Begriffe der verschiedenen und wechselnden psychischen Spannung operiert nun Janrt bei der Deutung der psychasthenischen Symptome und Zust\u00e4nde in ergiebigster Weise. Wie schon erw\u00e4hnt, sieht er in einer Abnahme der psychischen und nerv\u00f6sen Spannung die wesentlichste Ursache der vielgestaltigen Krankheitsbilder. Die Schwankungen des seelischen Niveaus (\u201eoscillations du niveau mental\u201c) spielen bei manchen Vorf\u00e4llen (Krisen, Zwangsvorstellungen) eine dominierende Rolle. Ausf\u00fchrlich wird dargelegt, was solche Schwankungen zu erzeugen vermag (Krankheiten, Erm\u00fcdung, Gem\u00fctsbewegungen, andererseits erregende Substanzen wie Alkohol, Morphium, Wechsel der T\u00e4tigkeit, Anstrengung, Aufmerksamkeit usw.). Weiterhin versucht Janet eine Deutung der einzelnen Krankheitssymptome unter dem Gesichtspunkt seiner eben skizzierten psychologischen Anschauungen. Auf diese Versuche, die in manchen Teilen lulserst fesselnd geschrieben sind, kann hier nicht im einzelnen eingegangen werden. Ebenso kann ich ea an dieser Stelle unterlassen, die klinischen Kapitel, welche den letzten Teil des ersten Bandes ausmachen, hier genauer zu besprechen. Sie handeln von den Ursachen der Psychasth\u00e9nie, den somatischen Degenerationszeichen, von der Entwicklung, dem Verlauf und Ausgang dea Leidens, von der Diagnose und Therapie der Krankheit; und schliefslich sucht der Verfasser der Psychasth\u00e9nie ihre Stellung im System, unter den Psychoneurosen an zu weisen, wobei er das Wichtigste \u00fcber das Wesen der Krankheit noch einmal zusammenfafst und ihre nahe Verwandtschaft mit der Epilepsie hervorhebt, sie zwischen die Hysterie und dl\u00a9 Epilepsie hineinetellt.\nAlles in allem ein Werk von zweifellos grofser Bedeutung f\u00fcr Arzt und Psychologen; ein interessanter Versuch, psychopath elegische Erscheinungen psychologisch zu analysieren und aus klinischen Beobachtungen wertvolle Schl\u00fcsse auch f\u00fcr das psychische Geschehen beim gesunden Menschen zu gewinnen,\tGaupp (M\u00fcnchen).\nAndrea Christiane Ii di iti slngolare alternions mnemonica In nn alcooiista \u00e4llen&ta nxoricldi. Riv. sperim. di frmiatria 20, 588\u2014595. 1903.\nDer Verf. hat einen Mann begutachtet, der, durch alkoholische Sinnest\u00e4uschungen und den Wahn der Untreu\u00a9 veranlafst, seine Frau ermordete. Die Tat geschah in Gegenwart mehrerer Personen, ohne vorangegangenen Streit und anscheinend ohne Erregung. In den nachfolgenden Verh\u00f6ren gab der M\u00f6rder genau alle Einzelheiten seiner illusion\u00e4ren und halluzinatorischen Erlebnisse an. Nach einigen Wochen aber war di\u00a9 Erinnerung an die Tat selbst wie an die der Ermordung folgenden Tag\u00a9 v\u00f6llig geschwunden, In der Untersuchungshaft beobachtete der Verf. einen ganz \u00e4hnlichen Zustand halluzinatorischer Erregung mit Selbstmordneigung und nachfolgender Amnesie. (Epilepsie?)\tAschappenb\u00fcro.","page":316}],"identifier":"lit32671","issued":"1904","language":"de","pages":"312-316","startpages":"312","title":"Pierre Janet: Les obsessions et la psychasth\u00e9nie. I. Paris, Alcan. 1903. 764 S. / F. Raymond et Pierre Janet: Les obsessions et la psychasth\u00e9nie. II. Paris, Alcan. 1903. 543 S.","type":"Journal Article","volume":"36"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T16:52:57.024494+00:00"}