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{"created":"2022-01-31T16:30:34.900872+00:00","id":"lit32713","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane","contributors":[{"name":"Spielmeyer","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane 36: 464-465","fulltext":[{"file":"p0464.txt","language":"de","ocr_de":"464\nLiteraturbericht.\ndas Bild und es konnte daraus auf die Schwingungsvorg\u00e4nge an der Membran geschlossen werden. Als Schallquelle funktionierte entweder ein Harmonium oder eine Serie anblasbarer Flaschen. Ein Resonator vor dem Geh\u00f6rorgan verst\u00e4rkte den gew\u00fcnschten Ton. Der Musculus tensor tympani war freipr\u00e4pariert und an seiner Sehne ein Faden mit Gewicht befestigt, so dafs die Spannung des Trommelfells ver\u00e4ndert werden konnte.\nDie Versuche wurden nun in der Art ausgef\u00fchrt, dafs ein bestimmter Ton erzeugt und alsdann die Spannung des Tensor so lange variiert wurde, bis das Trommelfell auf den betreffenden Ton ansprach. Es zeigte sich, dafs das Trommelfell in diesem Falle auch noch auf andere T\u00f6ne als auf diesen einen (Grund-) Ton ansprach, und zwar auf dessen Obert\u00f6ne, aufser-dem auf seine Quint, Quart, grofse Sext und die untere Quint (2/3).\nVersuche mit dem Harmonium ergaben, dafs die Membran in einem bestimmten Spannungszustand auch auf die Terz reagiert, st\u00e4rker aber auf Quart und Quint.\nVersuche, eine Beziehung zwischen den Spannungen des Tensor und den Tonh\u00f6hen, auf die das Trommelfell anspricht, herzustellen, zeigten, dafs wenn die Spannung in arithmetischer Reihe zunimmt, die wirksame Schwingungszahl in geometrischer Progression steigt.\nDa Verf. die Folgerungen, die er f\u00fcr das H\u00f6ren aus seinen Versuchen zieht, zun\u00e4chst nur ganz kurz angibt und eingehendere Behandlung in Aussicht stellt, verzichte ich darauf, sie schon jetzt hier zu erw\u00e4hnen.\nW. A. Nagel (Berlin).\nKristian B.-R. Aars. Kotes sur raUenticn. Ann\u00e9e psychol. 8, 215\u2014220. 1902.\nDie kleine Notiz beabsichtigt, gegen\u00fcber den verschiedenen Erkl\u00e4rungsversuchen der Aufmerksamkeit, nachzuweisen, dafs ihr Wesen in der Erwartung bestehe. Die gesteigerte Klarheit der Empfindungen und Vorstellungen ist erst eine sekund\u00e4re Folge der Erwartung.\nW. Stern (Breslau).\nZahn. Eine merkw\u00fcrdige Ged\u00e4chtnisleistung in einem epileptischen D\u00e4mmerungs-znstande. Allgem. Zeitschr. f. Psychol. 1903.\nBei einem Epileptiker, der in der RiEGERschen Klinik beobachtet wurde, konnten \u00f6fters an den \u201eAnfallstagen\u201c eigenartige allotropische Bewufstseins-zust\u00e4nde beobachtet werden, die die Zwischenzeit zwischen den einzelnen Attacken in diesen Anfallsserien ausf\u00fcllten und in denen der Patient lange Predigten hielt. Die Predigten waren immer Leichenreden und galten bald dem Tode eines Kindes, bald dem eines J\u00fcnglings oder eines Erwachsenen. Der Kranke, ein einfacher Landmann, der sonst einen unverbl\u00fcmten Dialekt spricht, nimmt dabei einen salbungsvollen Ton an und redet in wohlgesetztem Hochdeutsch. \u201eDas Pflegepersonal h\u00f6rt dann allemal ganz and\u00e4chtig dem Manne mit dem \u201eMorbus sacer\u201c zu.\u201c Zuweilen wird Patient in seinem Predigen von einem Anfalle unterbrochen, er f\u00e4hrt dann sp\u00e4ter in dem angefangenen Satze richtig fort. Er deklamiert auch lateinische Gebete und Lieder in diesen Attacken, die er in normalem Zustand nur teilweise und mit gr\u00f6fster M\u00fche herzusagen vermag. Von seinem Tun und Reden","page":464},{"file":"p0465.txt","language":"de","ocr_de":"Literaturbericht.\n465\nin diesem Zustande getr\u00fcbten Bewufstseins weifs Patient in seinen freien Zeiten nichts; die ihm sp\u00e4ter vorgelesenen, stenographierten Eeden ei-scheinen ihm fremd und neu ; er weifs nicht, wie er sie habe halten k\u00f6nnen,\nwann und wo er ihre Ausdr\u00fccke sich angeeignet habe.\nZahn meint, dafs sich bei diesem Epileptiker szenenhafte Halluzinationen abspielten, die in dieser spezifischen Bewu\u00dftseinstr\u00fcbung ^ eine Erweckung sinnverwandter, sonst tief verborgener Vorstellungsreihen zur Folge h\u00e4tten. Die epileptische Bewufstseinseinengung bewirkt eine mehr oder weniger v\u00f6llige Befreiung von den Eindr\u00fccken und Einfl\u00fcssen der Aufsenwelt, so werden die inneren Erlebnisse, die Sinnest\u00e4uschungen und die sie begleitende Stimmung, allein wirksam. \u2014 Einen \u00e4hnlichen Zustand konnte man bei dem Kranken in der Hypnose erzeugen. \u2014 Uns erscheint die Annahme, dafs Patient unter der Beeinflussung von Sinnes t\u00e4uschungen zu solchen Leichenreden getrieben wurde, nicht von Zahn erwiesen und wir halten sie auch nicht f\u00fcr n\u00f6tig. Man begegnet gar nicht so selten bei Epileptikern eigenartig religi\u00f6sen und feierlichen, expansiven Stimmungen, die anf alls weise auftreten und in denen die Kranken laut und in hohem Chore beten und Eeden halten, ohne dafs sich \u2014 auch bei Kranken, die leidlich zu fixieren sind irgendwelche Anhaltspunkte f\u00fcr Halluzinationen ergeben.\tSpielmeyer (Freiburg).\nj, Larguier des Bancels. Note sur les variations de la m\u00e9moire an cours de\nla journ\u00e9e. Ann\u00e9e psychol, 8, 205\u2014213. 1902.\nLarguier hat mehrere Wochen hindurch t\u00e4glich f\u00fcnfmal fr\u00fch, vor und nach dem Mittagsmahl, vor und nach dem Abendessen an sich selbst Ged\u00e4chtnisexperimente angestellt, um die Tagesschwankungen des Ged\u00e4chtnisses zu konstatieren. Jedesmal wurde ein Lernstoff von 10 Veisen gelernt und der 24 Stunden vorher gelernte Stoff reproduziert. Die Erlernungsgeschwindigkeit zeigte viel deutlichere Schwankungen als die Eeproduktions-f\u00e4higkeit. Fr\u00fch und nach den beiden Mahlzeiten waren die Leistungen besser als vor den Mahlzeiten. Wurde kein Alkohol w\u00e4hrend dei Mahlzeiten genossen, so war der Leistungszuwachs nach der Mahlzeit noch gr\u00f6fser* Dafs diese Variationen mit den sonstigen Tagesschwankungen der geistigen Leistungsf\u00e4higkeit nicht parallel laufen, bemerkt Larguier selbst, dagegen weist er auf die parallelen Schwankungen der Pulsfrequenz hin.\n\u2018\tW. Stern (Breslau).\nEd. Clapar\u00e8de. L\u2019\u00c0SSOCiation des Id\u00e9es. Paris, 0. Doin. 1903. 426 S.\nUnter Leitung von Dr. Toulouse erscheint eine internationale Sammlung von Arbeiten aus dem Gebiete der normalen und pathologischen experimentellen Psychologie. Einer der ersten B\u00e4nde, wenn nicht \u00fcberhaupt der erste, ist obiges Buch von Clapar\u00e8de, dem Mitherausgeber der Archives de Psychologie. Bescheiden nennt der Vert in der Vorrede sein Buch eine Studie. Es ist aber erheblich mehr als eine Studie. Es ist eine zusammenfassende, kritische Darstellung der gesamten Forschungsergebnisse und Forschungsmethoden auf dem Gebiete der Assoziationslehre. In der Vorrede bekennt sich Verf. zum psychophysischen Parallelismus, betont sehr\nmit Becht, dafs die Assoziation genau genommen der Vorgang der Ver-\n30\nZeitschrift f\u00fcr Psychologie 36.","page":465}],"identifier":"lit32713","issued":"1904","language":"de","pages":"464-465","startpages":"464","title":"Zahn: Eine merkw\u00fcrdige Ged\u00e4chtnisleistung in einem epileptischen D\u00e4mmerungszustande. Allgem. Zeitschr. f. Psychol. 1903","type":"Journal Article","volume":"36"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T16:30:34.900877+00:00"}