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{"created":"2022-01-31T15:51:20.044456+00:00","id":"lit32727","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane","contributors":[{"name":"Pfister, H.","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane 35: 62-63","fulltext":[{"file":"p0062.txt","language":"de","ocr_de":"62\nLiteraturbericht.\nW. Hbllpach. Die Greuwiueisehiftea der Piycholofie. Leipzig, C. D\u00fcrr, 1902. 616 8. Mk. 7,60.\nEb ist stets ein schwieriges Unterfangen, wenn ein Autor wissenschaftliche Tatsachen und Anschauungen Laien bzw. Anf\u00e4ngern verst\u00e4ndlich und mundgerecht machen will, ohne \u2014 aus Zeit- bzw. Raummangel \u2014 funditus . seine Sache vortragen und darlegen zu k\u00f6nnen. Selbst, wo es sich um sein ureigenstes Arbeitsgebiet handelt, das er nach allen Seiten gr\u00fcndlich beherrscht, wird es nicht leicht f\u00fcr ihn werden, Wichtiges vom Unwesentlichen zu trennen, den Zuh\u00f6rer bzw. Leser auf seine Vorkenntnisse, bez\u00fcglich des entgegengebrachten Verst\u00e4ndnisses richtig zu taxieren und seinen Vortrag dementsprechend aufzubauen und zu umgrenzen. Noch schwieriger wird naturgem\u00e4fs die Aufgabe, wenn die Errungenschaften so differenter Wissensgebiete (wie die Anatomie des Nervensystems, die animale Physiologie, die Neuro-Psychopathologie nebst der Psychologie sie darstellen) in immerhin sehr umschriebener K\u00fcrze klar gelegt, die Reziprozit\u00e4t ihrer wissenschaftlichen Wertigkeiten, ihre Ber\u00fchrung mit anderen Wissensgebieten und Fragen relativen Laien (einerseits den P\u00e4dagogen, andererseits den nicht psychologisch-psychiatrisch geschulten \u00c4rzten) anschaulich gemacht werden sollen. Die betreffenden Disziplinen sind so umf\u00e4ngliche geworden, nicht nur zahllose Einzelheiten, sondern auch Hauptpunkte und grofse Gebiete derselben so wenig durchgearbeitet und gekl\u00e4rt, dafs auch bei einer Darstellung, die auf Details, auf die Literatur nicht eingehen will, nur zu leicht Ungenauigkeiten unterlaufen, eine ungleichm\u00e4fsige Behandlung des grofsen Materiales stattfindet, wodurch die \u00dcbersichtlichkeit, Klarheit, Fafslichkeit des Dargebotenen leiden. H., der sich die genannte m\u00fchevolle und umf\u00e4ngliche Aufgabe gestellt hat, hat sich mit grofsem Geschicke mit diesen Schwierigkeiten abzufinden gesucht und in mehreren Abschnitten seines Werkes ist ihm dies auch recht gut gelungen. \u00dcber manche kleine M\u00e4ngel, wie sie auch namentlich seiner Darstellung der Psycho- und Neuropathologie anhaften, w\u00fcrde man gerne und leichter hinwegsehen, wenn der Autor nicht in seiner Vorrede in etwas zu selbst-bewufstem Tone auf das \u201eLob der Objektivit\u00e4t\u201c verzichtet und erkl\u00e4rt h\u00e4tte, nur die \u201ewirklich bewegenden, richtunggebenden Theorien\u201c diskutieren und nach \u201esubjektiver \u00dcberzeugung\u201c kritisieren zu wollen. Nicht immer aber bringt er nur Wesentliches, ein paar Male sogar etwas mangelhafte Definitionen und Vergleiche. Zudem bedeutet u. E. ein ausgesprochener Subjektivismus","page":62},{"file":"p0063.txt","language":"de","ocr_de":"Literaturb\u00earichL\n6a\nin Fragen der Pathologie\u00bb wenn er sich nicht auf langj\u00e4hrige und grofae, klinische Erfahrung st\u00fctzt, gew\u00f6hnlich keinen besonderen Fortschritt, und wo sich solche subjektive und,- wie der Antor bemerkt, \u201eauf Grund von Tatsachen, nicht vor Schlagworten in ihm gereifte\u201c Ansichten nicht, wie es allerdings hier meist der Fall (und deshalb ist eine eingehende Besprechung derselben \u00fcberfl\u00fcssig), mit den Meinungen bekannter Fachleute decken, sind sie in fachwissenschaftlichen Bl\u00e4ttern diskutabel, meinetwegen auch in Feuilletonartikeln angebracht, weniger aber in einem Buche, das doch in der Hauptsache Laien in eine ihnen fremde Wissenschaft einf\u00fchren, sie mit den haupts\u00e4chlichen Errungenschaften und anerkannten Theorien der-selben bekannt machen m\u00f6chte. Auch der polemische Ton mancher Stellen w\u00e4re in Anbetracht des Zweckes der Arbeit besser gemildert worden, zumal er in die sonst recht gute und vornehme Diktion des Autors, der sein Werk Wilhelm Wujtdt gewidmet hat, nicht hineinpafst.\nIn der Einleitung bespricht Verf. die Hauptergebnisse der modernen Psychologie, f\u00fcr den Zweck des Buches in etwas su gedr\u00e4ngter K\u00fcrze. Im ersten Hauptabschnitte werden nach kurzen historischen Bemerkungen die morphologischen Verh\u00e4ltnisse des Nervensystems in klarer und f\u00fcr die Orientierung des Laien v\u00f6llig ausreichender Weise dargelegt, auch kurz der vergleichenden Anatomie des Zentralnervensystems gedacht. Ebenso \u00fcbersichtlich behandelt der zweite Abschnitt die animale Physiologie, bei der H. merkw\u00fcrdigerweise auch die Zeitvorstellung bespricht. Von der Neuropathologie (Abschnitt HI) sind am besten gelungen die Er\u00f6rterungen \u00fcber neuropathische Belastung. Die Bezeichnung Par\u00e4sthesie gebraucht Verf. hier in ungew\u00f6hnlicher und nicht zu empfehlender weiter Fassung; die Bezeichnung Myoclonie S. 234 beruht wohl auf einem lapsus calami, die Definition der Myoclonie S. 283 ist u. E. nicht die richtige. Auch in der Psychopathologie (Abschnitt IV), die im wesentlichen Krakpblins und Mohbiub\u2019 Anschauungen bringt, sind manche Kleinigkeiten zu beanstanden, so z. B. in den Ausf\u00fchrungen \u00fcber progressive Paralyse, \u00fcber die psychopathischen Symptome bei fieberhaften Krankheiten, in den Bemerkungen \u00fcber Erinnerungsf\u00e4lschungen u. a. Die Auslassungen \u00fcber Hysterie und Nervosit\u00e4t, die etwas sehr feuilletonistisch in dem Satze gipfeln, dafs die \u201eHysterie die Krankheit der Unfreiheit\u201c, die \u201eNervosit\u00e4t die Krankheit der Freiheit, der an alle Freiheit gekn\u00fcpften Unsicherheit und Verantwortung\u201c sei, sind nicht durchweg klar. Nicht zu verkennen ist aber, daTs neben solchen zu beanstandenden Kleinigkeiten dieser Abschnitt des Buches, wie auch der letzte \u00fcber Entwicklungspsycho-logie, der sich \u00fcber das \u201eSeelenleben\u201c der Tiere, die Psychologie der Kindheit, die Sozialpsychologie, die Sprache und anderes verbreitet, manche treffenden Darlegungen enthalten, sich durch eine klare und formgewandte Sprache, \u00fcbersichtliche Gliederung innerhalb der einzelnen Kapitel auszeichnen. Aus all diesen Gr\u00fcnden kann man das Buch empfehlen. Trotz seiner kleinen M\u00e4ngel wird es dem Laien reiche Belehrung bieten und auch der Fachmann wird es wegen mancher anziehenden \u00c4ufserungen des sehr belesenen Verf.s hin und wieder gerne in die Hand nehmen.\nH. Pfistkr (Freiburg i. B.).","page":63}],"identifier":"lit32727","issued":"1904","language":"de","pages":"62-63","startpages":"62","title":"W. Hellpach: Die Grenzwissenschaften der Psychologie. Leipzig, C. D\u00fcrr, 1902. 515 S.","type":"Journal Article","volume":"35"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T15:51:20.044461+00:00"}