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{"created":"2022-01-31T13:24:01.568992+00:00","id":"lit32740","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane","contributors":[{"name":"Kramer","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane 35: 77-78","fulltext":[{"file":"p0077.txt","language":"de","ocr_de":"Literaturberich t.\n77\ndieses Falles und der sonstigen den Gegenstand betreffenden Literatur entwickelt Verf. seine Ansichten \u00fcber die Funktionen des Kleinhirns, \u00fcber die bei L\u00e4sion desselben und seiner Leitungsbahnen auftretenden Symptome. Das Kleinhirn dient danach der prim\u00e4ren Aufnahme von aus den Bewegungsapparaten (besonders den Muskeln) w\u00e4hrend deren T\u00e4tigkeit stammenden Erregungen (Innervationsmerkmale), die als solche nicht zum Bewufstsein kommen. Diese Erregungen gehen durch die Hinterstr\u00e4nge ins Kleinhirn und von dort durch die Bindearme ins Grofshirn, wo sie an der Bildung der Bewegungsvorstellungen beteiligt sind und die Koordination mitbedingen. Verf., der durchaus auf dem Boden der sensorischen oder besser gesagt zentripetalen Theorie der Ataxie steht, erkl\u00e4rt danach das Vorkommen von Ataxie ohne Sensibilit\u00e4tsst\u00f6rungen, wie sie ja gerade den Kleinhirnaffektionen eigen ist, durch Aufhebung der unbewufst bleibenden Innervationsmerkmale, die als solche einer isolierten klinischen Pr\u00fcfung unzug\u00e4nglich sind. Eine isolierte St\u00f6rung der betreffenden Bahnen ist nur im Corpus restiforme, im Kleinhirn und den Bindearmen m\u00f6glich, w\u00e4hrend in den Hinterstr\u00e4ngen und im Marklager des Grofshirns stets die Bahnen der bewufsten Sensibilit\u00e4t mitbetroffen sind. Ataxie ohne Sensibilit\u00e4tsst\u00f6rungen l\u00e4fst also auf eine Affektion der erw\u00e4hnten Apparate schliefsen. Zugleich mit der Ataxie kann auch, wie in dem von Verf. beobachteten Falle, eine Hemiparese vorhanden sein, da infolge der L\u00e4sion der Kleinhirnapparate Erregungen f\u00fcr die motorischen Apparate des Grofshirns fortfallen. Infolge der doppelten Kreuzung ist die Hemiparese immer auf der Seite des Herdes zu finden. Von der zerebralen Hemiplegie unterscheidet sich diese zerebellare Hemiplegie durch das gleichm\u00e4fsige Betroffensein der gesamten Muskulatur, w\u00e4hrend bei der ersteren sich der von W Erk icke und Mann gefundene Pr\u00e4dilektionstypus findet; ferner durch das Fehlen von Steifigkeit und wesentlicher Reflexsteigerung. Unter welchen Bedingungen im einzelnen Ataxie, zerebellare Hemiplegie oder die, von Bonhoeffeb ebenfalls auf eine Bindearml\u00e4sion zur\u00fcckgef\u00fchrten, choreatischen Erscheinungen auftreten, vermag Verf. noch nicht zu entscheiden.\nKr\u00e4der (Breslau).\nOtto Gross. Die Affektlage der Ablehnung. Monatsschr. f. Psychiat. u. Neurol 12 (4), 3\u00f69\u2014370. 1902.\nDie Affektlage der Ablehnung ist bei vielen Geisteskranken zu beobachten und bietet dann oft in diagnostischer Hinsicht grofse Schwierigkeiten, da es eben infolge des ablehnenden Verhaltens der Patienten schwer ist in ihren Gedankengang einzudringen. Verf. hebt gegen\u00fcber den F\u00e4llen, in denen dem Ablehnungsaffekte eine mehr symptomatische Rolle zukommt und seine Entstehung oft ziemlich leicht zu durchschauen ist, eine Anzahl von F\u00e4llen hervor, denen der erw\u00e4hnte Affekt eine ganz charakteristische F\u00e4rbung gibt und das hervortretendste Symptom des ganzen Krankheitsbildes ist. Die Patienten liegen meist ruhig, verschlossen und d\u00fcster da, antworten nicht, \u00e4ufsern Bed\u00fcrfnis nach Ruhe und setzen jeder Ver\u00e4nderung ihrer Situation einen starken passiven Widerstand entgegen. Wenn sie zu einem Gespr\u00e4ch oder einer Situationsver\u00e4nderung gezwungen werden, so reagieren sie h\u00e4ufig mit wilden mitunter recht gef\u00e4hrlichen","page":77},{"file":"p0078.txt","language":"de","ocr_de":"78\njLiteraturbericht.\nAggressionen. Die grobe Orientierung ist erhalten; doch zeigt sich eine leichte Lockerung des Gedankenganges.\nVerf. f\u00fchrt zwei typische F\u00e4lle dieses Krankheitsbildes an. Er erkl\u00e4rt sich das Zustandekommen des Ablehnungsaffektes auf folgende Weise. Infolge der St\u00f6rung der Assoziationst\u00e4tigkeit, die sich in der erw\u00e4hnten Lockerung des Gedankenganges aufaert, ist die Orientierungsf\u00e4higkeit der Patienten herabgesetzt; es f\u00e4llt ihnen schwerer, die auf genommenen Sinneseindr\u00fccke zn einem Gesamtbilde zu verarbeiten. Doch erreicht die St\u00f6rung nur einen solchen Grad, dafs die Erschwerung der Orientierungsf\u00e4higkeit noch als solche empfunden wird, dafs dem Patienten die Inkongruenz zwischen Orientierungsbed\u00fcrfnis und Orientierungsf\u00e4higkeit zum Bewufst-8ein kommt. Hieraus resultiert die (durch Webnicke bekannte) Affektlage der Ratlosigkeit. Dieser \u00e4ufserst unangenehme Ratlosigkeitsaffekt wird nun gesteigert, je mehr Anspr\u00fcche an das Auffassungsverm\u00f6gen des Patienten gestellt werden. Durch jede Unterredung, durch jede Ver\u00e4nderung der Umgebung wird also der Affekt von neuem angeregt und der Patient sucht sich daher diesen Vorg\u00e4ngen so sehr, wie m\u00f6glich zu entziehen. Wird er dennoch dazu gezwungen, so entl\u00e4dt sich dann der Unlustaffekt in den erw\u00e4hnten heftigen Aggressionen. Bei vollst\u00e4ndiger Ruhe, bei m\u00f6glichster Verminderung der Reize hingegen nimmt der Affekt ab und die Patienten befinden sich dann in ruhiger Stimmung, ln systematischer Hinsicht will Verf. die F\u00e4lle zur Amentia rechnen und sie wegen des h\u00e4ufigen Hervor-tretens von Beeintr\u00e4chtigungsideen als Amentia paranoides bezeichnen.\nKrambb (Breslau).\nA. Bickel. Experimentelle Untersuchungen fiber die Kompensation der sensorischen Ataxie. Deutsche med. Wochenschr. 1901 (12). 10 8.\nVerf. hat recht bemerkenswerte Experimente bez\u00fcglich der Kompensation der sensorischen Ataxie am Hunde angestellt, die besonders auf die Theorie der tabischen Ataxie und deren \u00dcbungstherapie interessante Schlaglichter werfen. Man kann beim Hunde ein der tabischen Ataxie des Menschen analoges Bild erzeugen, wenn man die hinteren R\u00fcckenmarkswurzeln durchschneidet. Diese Ataxie ist jedoch einer sehr bedeutenden R\u00fcckbildung f\u00e4hig, so dafs nach einiger Zeit kaum noch irgend welche St\u00f6rung nachzuweisen ist. Verf. hat nun den Mechanismus dieser Kompensation im besonderen untersucht. So beobachtete er, dafs, wenn nach eintretender Kompensation dem Hunde beide Ohrlabyrinthe exstirpiert wurden, die Ataxie wieder in hohem Mafse zur\u00fcckkehrte und keiner gleich grofsen R\u00fcckbildung mehr f\u00e4hig war. Im Verlaufe der durch die Durchschneidung der hinteren Wurzeln erzeugten Ataxie kann man drei Stadien unterscheiden: das pseudo-paraplektische Stadium, das Stadium der ausgesprochenen Ataxie und das Stadium der Kompensation der Ataxie. Wurden nun Hunden, die in dem dritten Stadium sich befanden, die senso-motorischen Rindenzonen exstirpiert, so kehrte sofort wiederdas pseudo - paraplektische Stadium zur\u00fcck und war nun keiner so ausgiebigen Kompensation mehr f\u00e4hig, als zuvor. Wurde nur ein Teil der betreffenden Rindenzone exstirpiert, so trat nach einiger Zeit wieder vollst\u00e4ndige Kompensation ein, die, nachdem nun eine vollst\u00e4ndige Entfernung der Rindenzone erfolgt war,","page":78}],"identifier":"lit32740","issued":"1904","language":"de","pages":"77-78","startpages":"77","title":"Otto Gross: Die Affektlage der Ablehnung. Monatsschr. f. Psychiat. u. Neurol. 12 (4), 359-370. 1902","type":"Journal Article","volume":"35"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T13:24:01.568998+00:00"}