Open Access
{"created":"2022-01-31T16:25:02.364087+00:00","id":"lit32747","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane","contributors":[{"name":"Gaupp","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane 35: 144-145","fulltext":[{"file":"p0144.txt","language":"de","ocr_de":"144\nLiteraturbericht.\nTh. Beee. Die Weltanschauung eines modernen Naturforschers. Dresden u.\nLeipzig, C. Reifsner, 1903. 116 S. 2,00 Mk.\nIm Sommer 1902 liefe Beer im Feuilleton der \u201eNeuen Freie Presse\u201c eine Anzahl von Aufs\u00e4tzen \u00fcber Ernst Mach erscheinen. Er hat die'se nunmehr in einem kleinen Buche vereinigt, das er selbst als \u201eein nicht kritisches Referat \u00fcber Machs ,Analyse der Empfindungen\u201c' bezeichnet. Dieser Bezeichnung entspricht auch sein Inhalt. Beee schildert in begeisterten Worten die Bedeutung der Lehren Machs f\u00fcr eine freie einheitliche Weltanschauung. Im 1. Abschnitt (\u201eDas Weltproblem\u201c) bek\u00e4mpft der Verf. vor allem Kants Lehre vom \u201eDing an sich\u201c und alle \u2018die Versuche, diesem Unbekannten, \u201edas in seiner Leistung als Begriff seine Geltung vollendet\u201c, einen Namen und Inhalt zu geben. Mit schw\u00fclstigen \u00dcbertreibungen, die stellenweise direkt unangenehm werden, verdammt Beer alles und alle, die nicht zu Mach halten. Metaphysische Begriffe wie Gott, Kraft, Substanz etc. imponieren dem \u201eganzen P\u00f6bel von Halbgebildeten\u201c. \u201eBillige Weltr\u00e4tsel\u201c werden \u201evon allen Seiten beschleckt und angenagt\u201c . . . etc. etc. In Kants Werken gibt es nach Beers Ansicht \u201enicht zu viele Stellen, die ein Naturforscher und Stilkenner im zwanzigsten Jahrhundert ohne eine Art Nausea wird lesen k\u00f6nnen\u201c. Das sagt ein Mann, der selber ein abscheuliches Deutsch schreibt, Wortneubildungen geschmacklosester Art (\u201eAugiasmen\u201c, \u201efatamorganisch\u201c, \u201eamateurig unge-lehrtenhaft\u201c etc.) bildet und sich in seinem Lobeshymnus auf Mach zu folgendem schauerlichen Satz versteigt: \u201eEine \u00fcberragende, die schwierigsten Probleme der Mathematik und Physik, der Physiologie und Psychologie spielend beherrschende, wundervoll erschauende Intelligenz, gl\u00fccklicher Instinkt und scharfe Begriffsbildung, technisch experimentale Geschicklichkeit und leichte Erfindung, eine \u00fcberall noch um einen Schritt weiter vordringende, eigenartig vorurteilslose Denkk\u00fchnheit, feurige, rasch ausf\u00fchrende Tatkraft und k\u00fchle, unverbl\u00fcffbare Logik, sch\u00e4rfste Selbstbeobachtung und unversiegliches Ged\u00e4chtnis, tiefe Gr\u00fcndlichkeit und doch weite Vielseitigkeit eine amateurig ungelehrtenhafte Kunst fesselnd frischer Darstellung mit Hilfe brennspiegeliger Konzentration und reflektorischer Umheilung, eine meisterhafte, jede ikarische Unzul\u00e4nglichkeit \u2014 dem Genius oft so verf\u00fchrerisch gef\u00e4hrlich \u2014 zerleuchtende Selbstbeschr\u00e4nkung, die anspruchsloseste Noblesse, vollg\u00f6nnende Leichtigkeit mit freudiger Anerkennung und froher Dankbarkeit, ein goldig lauteres, dem oft herben","page":144},{"file":"p0145.txt","language":"de","ocr_de":"Literaturbericht.\n146\nSchicksal ataraktisch \u00fcberlegenes Gem\u00fct, dazu noch jene k\u00f6stliche, jugendfrisch aus dem Innersten quellende Schalkhaftigkeit der ganz Auserw\u00e4hlten \u2014 dies alles vereinigt sich hier zu einem wahrhaften, im besten Sinne liebensw\u00fcrdigen \u00dcbermenschen, dessen Leben und Lehre von krystalliger Reinheit und ohne Widerspruch eins sind.\u201c Und das alles (\u2014 und noch viele andere Lobeserg\u00fcsse \u2014) einem noch lebenden Manne, einem schlichten Gelehrten! Wir k\u00f6nnen es Mach nachf\u00fchlen, wenn er in einem Briefe an den Verfasser dringend bittet, dieser solle, wenn er ihm einen grofsen Gefallen erweisen wolle, bei Gelegenheit des Wiederabdruckes \u201edie zu starken Ausdr\u00fccke des Lobes und der Anerkennung t\u00fcchtig d\u00e4mpfen\u201c.\nSehen wir aber bei Beeb vom Stil und Lobes\u00fcberschwang ab, so finden wir in dem kleinen Buche auch einiges Wertvolle, klare Darstellungen schwieriger Probleme, vor allem eine gute Charakterisierung der Bedeutung, welche Machs \u201eAnalyse der Empfindungen\u201c f\u00fcr eine richtige Fragestellung in der Wissenschaft besitzt. Vielleicht veranlagst die Schrift manchen, sich mit den Werken des hervorragenden Physikers eingehender zu befassen.\nGaupp (Heidelberg).\nW. Wundt. Schlafs wort des Herausgebers. Philos. Stud. 18 (4), 793\u2014795. 1903.\nMit diesem Schlufsworte schliefst der hochverdiente Verf. die Reihe der seit 1881 von ihm herausgegebenen \u201ePhilosophischen Studien\u201c, die mit der ihm zu seinem siebenzigsten Geburtstage \u00fcberreichten Festschrift in nunmehr 20 B\u00e4nden als ein bleibendes Denkmal einer Wissenschaft da-stehen, die, durch Wundt ins Leben gerufen, sich innerhalb eines Vierteljahrhunderts \u00fcber fast alle Teile der zivilisierten Welt ausgebreitet hat und in der Wundts Geist und seine Kraft fortwehen werden. An die 8telle der Philosophischen Studien, die, wie der Verf. ausf\u00fchrt, sowohl der Naturwissenschaft als auch der Philosophie gegen\u00fcber als Kampforgan auftraten, tritt nunmehr unter dem Titel \u201eArchiv f\u00fcr die gesamte Psychologie\u201c eine neue Zeitschrift, von der bereits 2 Hefte erschienen sind und welche, wie der Titel besagt, alle Zweige und Hilfszweige der Psychologie umfassen soll. Sie wird von einigen 8ch\u00fclern Wundts in Gemeinschaft mit ihm selbst unter Mbumanns F\u00fchrung herausgegeben und erscheint im gleichen Verlag von W. Engel mann in Leipzig. M\u00f6ge ihr Gedeihen und ein langes, gleichfruchtbringendes Leben beschieden sein!\nKiesow (Turin).\nPfistbb. Die Kapazit\u00e4t des Sch\u00e4dels (der Kopfh5ble) beim S\u00e4ugling and \u00e4lteren Kinde. Monatsschr. f. Psychiatrie u. Neurol. 13 (6), 577\u2014689. 1903.\nP. hat 154 Einzelmessungen im Kaiserin Friedrich - Krankenhaus in Berlin vorgenommen und zwar an frischen, nicht mazerierten 8ch\u00e4deln. Schon bei ganz jugendlichen Individuen ergaben sich sehr differente Werte f\u00fcr Gewicht der harten Hirnh\u00e4ute, auch in F\u00e4llen, wo die Kapazit\u00e4t der Kopfh\u00f6hle nicht sehr different war. Man kann also nur ann\u00e4hernd aus dem Kubikinhalt des getrockneten Sch\u00e4dels den Rauminhalt des lebenden Sch\u00e4dels berechnen. Das Kubierungsresultat eines skelettierten kindlichen Sch\u00e4dels abz\u00fcglich ca. 7l/*\u00b0/o ergibt den ungef\u00e4hren Rauminhalt deT Kopfh\u00f6hle des betr. lebenden Individuums.\nZeitschrift f\u00fcr Psychologie 35.\n10","page":145}],"identifier":"lit32747","issued":"1904","language":"de","pages":"144-145","startpages":"144","title":"Th. Beer: Die Weltanschauung eines modernen Naturforschers. Dresden u. Leipzig, C. Rei\u00dfner, 1903. 116 S.","type":"Journal Article","volume":"35"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T16:25:02.364092+00:00"}