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{"created":"2022-01-31T16:36:00.850729+00:00","id":"lit32813","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane","contributors":[{"name":"Borschke, Alfred","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane 34: 1-14","fulltext":[{"file":"p0001.txt","language":"de","ocr_de":"(Aus dem Physiologischen Institute der Universit\u00e4t in Wien.)\nUntersuchungen \u00fcber die Herabsetzung der Sehsch\u00e4rfe\ndurch Blendung.\nVon\nDr. Alfred Borschke,\nDemonstrator der physiolog. Lehrkanzel in Wien, Assistenzarzt-Stellvertreter im Garnisonspitale Nr. 1 in Wien, 3. Abteilung.\n(Mit 4 Fig.)\nAllgemein bekannt ist die Tatsache, dafs schwache Helligkeitsunterschiede, die f\u00fcr uns eben noch bemerkbar sind, durch Auftreten eines st\u00e4rkeren Lichteindruckes an einer anderen Stelle der Netzhaut zum Verschw\u00e4nden gebracht werden k\u00f6nnen. So ist es zum Beispiele unm\u00f6glich, Sterne geringerer Helligkeit in der N\u00e4he des Mondes wahrzunehmen, so wirken abends hellleuchtende Laternen auf der Strafse, die ihr Bild direkt auf unsere Netzhaut werfen, h\u00f6chst st\u00f6rend auf die schwachen Lichteindr\u00fccke, welche die angrenzenden Netzhautpartien treffen, und es ist unserem Auge unm\u00f6glich, den \u201eSchein\u201c, der die Flammen umgibt, durchdringend die weiter entfernten, schwach beleuchteten H\u00e4usergruppen zu sehen. Treten wir aber einige Schritte seitw\u00e4rts und weichen so mit unserem Blick der Laterne aus, so kann es uns leicht gelingen, dieselben H\u00e4usergruppen bei gleicher Beleuchtung und aus der gleichen Entfernung ganz gut und deutlich wahrzunehmen. Bekannt ist auch, dafs ein Radfahrer durch die intensiv leuchtende Aeetylenlateme dem Entgegenkommenden unkenntlich oder gar unsichtbar erscheinen kann ; ferner vermag die sinkende Sonne den westlichen Horizont vollst\u00e4ndig der Beobachtung zu entziehen usw.\nEine hervorragende Bedeutung hat diese Art der Blendung auch beim Gebrauche des Augenspiegels, indem bei schwer zu\nZeitschrift f\u00fcr Psychologie 34.\t1","page":1},{"file":"p0002.txt","language":"de","ocr_de":"2\nAlfred Borschke.\nspiegelnden F\u00e4llen, so im aufrechten Bild bei hochgradigen Myopen, im umgekehrten Bild bei enger Pupille, der blendende Kornealreflex in gr\u00f6fserem Mafse als die geringe Beleuchtung des Augenhintergrundes uns hindert ein brauchbares Bild zu erhalten.\nNun f\u00fchlen aber nicht alle Personen den verschleiernden Einflufs des sch\u00e4dlichen Lichtes in gleicher Weise, und es schien, dafs die Sehkraft der einen mehr, der anderen weniger stark gesch\u00e4digt wird, auch wenn man blofs jene ber\u00fccksichtigt, deren Augen, abgesehen vielleicht von einer durch Gl\u00e4ser korrigierbaren Refraktionsanomalie als normal (nicht pathologisch) bezeichnet werden m\u00fcssen.\nUm \u00fcber den sch\u00e4digenden Einflufs der Blendung auf das Sehverm\u00f6gen Aufschlufs zu erhalten, habe ich auf Herrn Prof. Exners Anregung hin es mir zur Aufgabe gemacht, den Grad der Blendung bei verschiedenen Personen vergleichend zu messen.\nUnter Blendung kurzweg verstehe ich in folgendem \u2014 um jedem MifsVerst\u00e4ndnis vorzubeugen \u2014 immer nur die Blendung, die durch Licht entsteht, das zur Zeit der Beobachtung die Netzhaut trifft, nicht aber jene Blendung, welche die Zeit der Lichteinwirkung \u00fcberdauert (Nachbild), und auch nicht jene Blendung, welche nach l\u00e4ngerer Beobachtung der Sonne (zum Beispiel bei Sonnenfinsternissen) als mehr minder lang dauernde, lokale, krankhafte Ver\u00e4nderung der Macula lutea und ihrer n\u00e4chsten Umgebung im Sinne einer bedeutenden Herabsetzung des Sehverm\u00f6gens zuweilen vorkommt.\nSewal, Urbantschitsch, Schmidt-Rimpler, Uhthoff und Dep\u00e8ne haben experimentelle Untersuchungen \u00fcber den Einfluis seitlicher Blendung auf die zentrale Sehsch\u00e4rfe ver\u00f6ffentlicht Merkw\u00fcrdig ist dabei, dafs zun\u00e4chst eine Besserung des Sehverm\u00f6gens durch seitlich in das Auge oder aufsen auf die Sklera fallendes Licht beschrieben wurde.\nUrbantschitsch 1 belichtet eine Tafel mit Schriftproben, die in einer solchen Entfernung aufgestellt war, dafs die Buchstaben eben nicht mehr deutlich gesehen wurden, wenn er die Lichtstrahlen der Beleuchtungslampe durch die seitlich vor das Auge gehaltene Hand von diesem abblendete. Zog er die Hand weg,\n1 Urbantschitsch: \u00dcber die Wechselwirkung der innerhalb der Sinnesorgane geeetaten Erregungen. Pfl\u00fcgers Archiv f. d. ges. Physiologie 31.","page":2},{"file":"p0003.txt","language":"de","ocr_de":"Untersuchungen Uber die Herabsetzung der Sehsch\u00e4rfe durch Blendung. 3\nso dafs die Lichtstrahlen nun direkt ins Auge fielen, so erschienen die Buchstaben deutlicher und sch\u00e4rfer. Die durch das seitliche Licht eintretende Pupillenverengerung sollte hierbei keine Rolle spielen, da angeblich das gleiche R\u00e9sultait bei Patienten mit vollst\u00e4ndiger Pupillenstarre und gleichzeitiger Akkommodationsl\u00e4hmung erzielt wurde.\nSchmidt - Rimpler 1 best\u00e4tigte im wesentlichen die Beobachtungen von Sewal und Urbantschitsch und erg\u00e4nzte dieselben dahin, dafs zwar bei einer gewissen Intensit\u00e4t des durch die Sklera hindurchdringenden Lichtes (\u201eskleraler Beleuchtung\u201c) die Sehsch\u00e4rfe zunehme, aber bei st\u00e4rkerer Intensit\u00e4t der seitlichen Blendung abnehme, und das um so eher, je schw\u00e4cher das beobachtete Objekt erleuchtet sei.\nDie ausf\u00fchrlichste Arbeit \u00fcber Blendung r\u00fchrt von Dep\u00e8ne her, welcher, nachdem Uhthoff am internationalen Ophthal-mologenkongrefs in Utrecht (1899) bereits \u00fcber seine diesbez\u00fcglichen Versuche berichtet hatte, den von Uhthoff konstruierten Apparat ben\u00fctzte um eine Reihe ausf\u00fchrlicher Versuche zu machen und zu ver\u00f6ffentlichen.1 2\nDieser Apparat war derart konstruiert, dafs das blendende Licht verschieden stark leuchtend, dafs ferner die blendende Fl\u00e4che und somit der geblendete Netzhautbezirk verschieden grofs gemacht, und auch der Winkel, unter welchem das blendende Licht das Auge traf, ver\u00e4ndert werden konnte. An einer drehbaren Scheibe waren Schriftproben von ungleicher Gr\u00f6fse angebracht. Auch diese konnten mehr oder weniger stark beleuchtet werden. Die Beleuchtungsst\u00e4rke wurde verringert teils durch verschieden grofse Blenden, teils durch Rauchgl\u00e4ser. Das Mafs der Sehsch\u00e4rfe war die kleinste noch lesbare Schriftprobe.\nAls Resultate seiner Untersuchungen gibt Dep\u00e8ne folgende an :\n\u201eDie seitliche Blendung erzeugt in dem geblendeten Auge:\n1. Eine Verbesserung der zentralen Sehsch\u00e4rfe bei guter Objektbeleuchtung, wobei das Blendungslicht nur die Sklera oder nur die Pupille oder beide gleichzeitig treffen kann.\n1\tSchmidt - Rimpler : \u00dcber den Einflufs peripherer Netzhautreizung auf das zentrale Sehen. Bericht der Heidelberger ophthalm. Gesellschaft 1887.\n2\tJ. R. Dep\u00e8ne: Experimentelle Untersuchungen \u00fcber den Einflufs seitlicher Blendung auf die zentrale Sehsch\u00e4rfe. Monatsbl. f\u00fcr Augenheilkunde 38.","page":3},{"file":"p0004.txt","language":"de","ocr_de":"4\nAlfred BorscKke.\nDie Ursache f\u00fcr die Erh\u00f6hung des Sehverm\u00f6gens ist die durch Blendung erzeugte Pupillenverengerung.\n2. Eine Verschlechterung der zentralen Sehsch\u00e4rfe bei herabgesetzter Erhellung der Sehobjekte, sei es, dafs es sich um Skierai-, Pupillen- oder Totalblendung des Auges handelt\nDie Ursache f\u00fcr die Sehst\u00f6rung liegt in einer Adaptationsst\u00f6rung der Netzhaut.1\nDie Sehst\u00f6rung ist um so gr\u00f6fser:\na)\tje geringer die Beleuchtung des Sehobjekts,\nb)\tje kleiner der Biendungswinkel,\nc)\tje erheblicher die Blendung und\nd)\tje gr\u00f6fser die geblendete Netzhautfl\u00e4che wird.\u201c\nVon der Richtigkeit der Angaben von Ubbantschitsch und Schmidt-Rimpleb \u00fcber Erh\u00f6hung der Sehsch\u00e4rfe bei Augen mit reaktionsloser Pupille hat Dep\u00e8ne sich nicht \u00fcberzeugen k\u00f6nnen, und er spricht die Vermutung aus, dafs die Pupillenstarre vielleicht keine vollkommene war. Auch meine Versuche, die ich in dieser Richtung anstellte, konnten eine Erh\u00f6hung der Sehsch\u00e4rfe nicht ergeben.\nBei meinen Untersuchungen kam nur die sub 2 angegebene Verschlechterung der Sehsch\u00e4rfe in Betracht, da ich, wie aus folgendem ersichtlich sein wird, immer bei sehr herabgesetzter Beleuchtung der Sehproben arbeitete.\nMeine erste Aufgabe war es nun, einen Apparat zu konstruieren , der eine Messung des sch\u00e4dlichen Einflusses der Blendung m\u00f6glichst einfach und rasch erlaubte.\nDem Prinzipe nach sollte dieser Apparat folgendermafsen konstruiert sein. Auf einem kreisf\u00f6rmigen transparenten Papier werden durch Beleuchtung von r\u00fcckw\u00e4rts undurchsichtige Schriftzeichen derart sichtbar gemacht (Fig. 1), dafs dieselben schwarz auf dem zu erhellenden Hintergrund erscheinen. Die Intensit\u00e4t der Beleuchtung derselben kann variiert werden, erstens durch \u00c4nderung des Widerstandes in der Zuleitung zur beleuchtenden elektrischen Gl\u00fchlampe (a in Fig. 3), zweitens durch Verschiebung derselben auf einem ca. 160 cm langen Schlitten. Es wird nun die schw\u00e4chste Beleuchtung aufgesucht, bei welcher der Untersuchte\n1 Mit dieser Ansicht kann sich Verf. nicht einverstanden erkl\u00e4ren. Genauere Besprechung dieses Umstandes folgt in einer n\u00e4chsten Abhandlung \u00fcber die Ursachen der Blendung.","page":4},{"file":"p0005.txt","language":"de","ocr_de":"Untersuchungen \u00fcber die Herabsetzung der Sehsch\u00e4rfe durch Blendung. 5\ndie Schriftzeichen eben noch zu erkennen vermag, und die Entfernung der Lampe (a) von den Schriftzeichen (s) notiert. Hierauf wird ein transparenter Kreisring um den ersteren Kreis durch sechs mit voller Leuchtkraft brennende Gl\u00fchlampen (b) erhellt\nFig. 1.\tFig. 2.\nir i i\n(Fig. 2 u. Fig. 3). Auf dies hin kann man die Schriftzeichen in dem schwach erleuchteten Kreis nicht mehr erkennen, und man ist gen\u00f6tigt, die Lampe (a) zu n\u00e4hern, um die Schriftzeichen wieder kenntlich zu machen. Die jetzige kleinere Entfernung der Lampe (a) wird an der zu diesem Zwecke angebrachten Skala (bei c) abgelesen und gleichfalls notiert.","page":5},{"file":"p0006.txt","language":"de","ocr_de":"6\nAlfred Borsckkc.\nWir haben also zwei Resultate zu vergleichen :\n1.\tDie gr\u00f6fstm\u00f6glichste Entfernung der Lampe (a), die uns noch erlaubt, die Schriftzeichen zu erkennen \u2014 ohne Blendung. Diese Entfernung wollen wir mit M bezeichnen.\n2.\tDie gr\u00f6fstm\u00f6glichste Entfernung der Lampe (a), die uns- -noch erlaubt, die Schriftzeichen zu erkennen, aber mit Blendung durch den transparenten Kreisring, welche Entfernung wir mit N bezeichnen wollen.\nIn dem Bruche\nM*\nN2\nhaben wir also eine Gr\u00f6fse, die uns die\nVerschlechterung der Sehsch\u00e4rfe durch die Blendung angibt. Da es sich aber um vergleichende Versuche und nicht um absolute Gr\u00f6fsen handelt, konnte ich, ohne einen Fehler zu begehen,\nM\nder Einfachheit halber als relativen Wert auch den Bruch -,T..\nJS\nberechnen und die Resultate vergleichen, denn eine Zunahme\nvon\nbedeutet immer auch eine Zunahme des\nWertes\nM\nWie bereits erw\u00e4hnt, durfte die Lampe (a) nicht mit voller Leuchtkraft brennen, sondern mufste durch Widerst\u00e4nde bedeutend abgeschw\u00e4cht werden. Bei meinen ersten Vorversuchen verwendete ich zu diesem Zwecke einen verstellbaren Drahtwiderstand, was sich aber aus zwei Gr\u00fcnden als unpraktisch erwies, indem einerseits der Draht mit der Zeit heifs wurde, womit sich bekanntlich der Widerstand desselben \u00e4ndert, und andererseits eine Vergleichung der Beleuchtungsst\u00e4rke der einzelnen Versuchsergebnisse schwierig oder unm\u00f6glich wurde, da dieselbe von zwei Variablen abh\u00e4ngig war, n\u00e4mlich von der durch den verstellbaren Widerstand ver\u00e4nderlichen Leuchtkraft der Gl\u00fchlampe und von der Entfernung derselben von den Schriftproben.\nAus diesem Grunde wurde sp\u00e4ter der Widerstand den Verh\u00e4ltnissen angepafst und blieb dann konstant, so zwar dafs die Leuchtkraft der Gl\u00fchlampe (o) sich nicht mehr \u00e4nderte, sondern schliefslich einzig und allein durch N\u00e4hern und Entfernen der Lampe eine verschieden starke Beleuchtung der Schriftproben erzielt wurde.","page":6},{"file":"p0007.txt","language":"de","ocr_de":"Untersuchungen \u00fcber die Herabsetzung der Sehsch\u00e4rfe durch Blendung. V\nZwei sechzehnkerzige Gl\u00fchlampen in Nebeneinanderschaltung erwiesen sich als Vorschaltwiderstand sehr brauchbar und eben passend.\nDie Schriftzeichen an dem transparenten Schirm wurden aus schwarzem Papier ausgeschnitten und von r\u00fcckw\u00e4rts, das heifst an der dem Beobachter abgewendeten Seite angeklebt Licht, das von aufsen, also nicht von der Lampe a, sondern durch Reflexion (von den Augen, Brillengl\u00e4sern oder sonstigen Gegenst\u00e4nden) auf das transparente Papier fiel, konnte also die Schriftzeichen nicht beleuchten, die Beleuchtung derselben wurde allein von der Lampe (o) besorgt, und so ein Versuchsfehler vermieden. Denn wenn auch durch die unten n\u00e4her zu schildernde Versuchsanordnung ein direktes Belichten des transparenten Papiers vermieden war, so war dennoch die M\u00f6glichkeit nicht ausgeschlossen, dafs indirekt reflektiertes Licht zur Vorderen Fl\u00e4che gelangte. \u2014 R. Dep\u00e8ne gibt in seinen \u201eexperimentellen Untersuchungen \u00fcber den Einflufs seitlicher Blendung auf die zentrale Sehsch\u00e4rfe\u201c an, dafs dieser Umstand ihn gehindert habe, seine Versuche bei geringer Lichtst\u00e4rke auszuf\u00fchren. Er schreibt: \u201eBei sehr geringer Beleuchtung konnte Verf. nicht arbeiten, weil die Zahlen dann durch das von der Brille und den Augen reflektierte Licht beleuchtet wurden\u201c. Dies war bei meinem Apparate vermieden, da nur das durchfallende, nicht aber das auffallende Licht die Schriftproben sichtbar machen konnte.1\nDamit der Untersuchte die Schriftzeichen nicht aus der Erinnerung angeben konnte, wurden diese mittels einer Steckvorrichtung aus Pappendeckel auswechselbar konstruiert Nun sind aber verschiedene Buchstaben bekanntlich verschieden leicht oder schwer zu erkennen, und, um \u00e4uch diesen Fehler zu ver-\n1 Dieses auffallende Licht konnte allerdings in geringem Grade die Deutlichkeit der Schriftproben herabsetzen, indem dieselben dann nicht mehr mit der Helligkeit \u2014 0 auf dem Hintergrund mit der Helligkeit = H erschienen, sondern mit der Helligkeit 0 -f- h auf den Hintergrund H -f- h, wobei A dem reflektierten Lichte entspricht. Es wirkt dieses Licht also in demselben Sinne wie die Blendung. War die Blendung eine geringe, so war auch h sehr gering (in praxi vollkommen zu vernachl\u00e4ssigen), weil von der gleichen Lichtquelle verursacht. War aber die Blendung eine starke, so konnte man einen ganz geringen Fehler im Sinne einer Verst\u00e4rkung der Blendung wohl mit in Kauf nehmen. Jedenfalls war dieser Fehler verschwindend klein im Vergleich zu anderen unvermeidlichen.","page":7},{"file":"p0008.txt","language":"de","ocr_de":"8\nAlfred Bonchke.\nmeiden, w\u00e4hlte ich nach den in die Rechnungen nicht einbezogenen Vorversuchen lieber verschieden gestellte Hakenzeichen (EF1). die in gleicher Gr\u00f6fse, aber verschiedener Anordnung auf die (auswechselbaren) Transparentscheiben aufgeklebt wurden. Die Anordnung der Hakenzeichen war folgende (vgL Fig. 1 u. 2). Im horizontalen Durchmesser des Kreises befanden sich drei Hakenzeichen nebeneinander, \u00fcber denselben ein gr\u00f6fseres, darunter ein kleineres.\nDie Lampe (a) wurde also immer soweit gen\u00e4hert, dafs die mittleren drei Zeichen kenntlich wurden, das unterste kleinere aber noch unkenntlich blieb. Das obere gr\u00f6fsere hatte haupt-s\u00e4chlich den Zweck, mich zu veranlassen, die Lampe nur mehr langsam und vorsichtig zu n\u00e4hern, sobald es dem Beobachter kenntlich geworden war.\nEs war nicht leicht, die Zeichen bei der schw\u00e4chsten Beleuchtung bereits rechtzeitig zu erkennen und anzugeben. M\u00fcller-Lyeb \\ der in seinen psychophysischen Untersuchungen unter \u00e4hnlichen Verh\u00e4ltnissen bei sehr geringer Beleuchtung arbeitet, schreibt den von Aubert und S. Exner schon fr\u00fcher beobachteten Ph\u00e4nomenen entsprechend :1 2 \u201eEs ist anf\u00e4nglich schwierig, im v\u00f6llig dunkeln Raum mit der Makula einen sehr lichtschwachen kleinen Punkt zu fixieren. Der Punkt scheint zun\u00e4chst allerhand Spr\u00fcnge, Zickzackbewegungen auszuf\u00fchren, bald verschwindet er f\u00fcr einige Augenblicke g\u00e4nzlich, bald eilt er wie eine Sternschnuppe mit gr\u00f6fserer oder geringerer Geschwindigkeit von dannen, ohne dafs man sich irgendwie der Augenbewegungen dabei bewufst w\u00fcrde. Nach kurzer \u00dcbung h\u00f6rt jedoch dieses Spiel, welches mit einem unangenehmen Gef\u00fchl absoluter Unbeholfenheit verbunden ist, v\u00f6llig auf. Man erlernt dann zun\u00e4chst den Punkt mit der Peripherie scharf fixieren und ihn zur Ruhe zu zwingen. Alsdann kommt man zu einem ruhigen Fixieren mit der Makula, indem man von der peripheren Fixierung aus den Blick gleichsam so auf den Punkt wirft, wie man dies in einem erleuchteten Raum tut, wenn man einen peripher wahrgenommenen Gegenstand schnell m\u00f6glichst deutlich sehen will. Es zeigt sich dann, wenn der Punkt licht-\n1\tM\u00fclleb Lyeb: Psychologische Untersuchungen. Du Bois-Rey monde Arch. f. Physiologie 1889, Supplementband.\n2\tVgL die Literatur hier\u00fcber bei S. Exner: \u00dcber autokinetische Empfindungen. Diese Zeitschr. 12.","page":8},{"file":"p0009.txt","language":"de","ocr_de":"Untersuchungen \u00fcber die Herabsetzung der Sehsch\u00e4rfe durch Blendung. 9\nschw\u00e4ch ist, ein h\u00f6chst ungew\u00f6hnliches Ph\u00e4nomen: der Punkt, den man mit der Peripherie deutlich wahrgenommen hat, verschwindet, sobald man ihn scharf mit der Makula fixiert.\u201c Die Makula ist im Vergleich zur Peripherie in gewissen Beziehungen unterempfindlich; eine Tatsache, die \u00fcbrigens auch seit sehr langer Zeit bekannt ist.1\nEin \u00e4hnliches Verhalten konnte man auch bei meiner Versuchsanordnung wahrnehmen. Bei allzugrofser Entfernung der schwach leuchtenden Lampe (a) konnte man im verdunkelten Raum kaum ahnen, wo das erleuchtete kreisrunde Feld sich befand. Bei langsam ansteigender Beleuchtung wurde unser Blick endlich durch einen leisen Lichtschimmer auf den erhellten Kreis gelenkt. Die n\u00e4chste Folge davon war, dafs der Lichtschimmer f\u00fcr unser Auge nicht mehr wahrnehmbar war, um bald darauf wieder zu erscheinen. Bei weiter steigender Beleuchtung konnte man bald sehen, dafs sich weniger erleuchtete Stellen auf der Kreisfl\u00e4che befanden, ohne dafs man noch eine Form der Schriftzeichen zu erkennen vermochte. Bald war es dann m\u00f6glich das eine oder das andere derselben zu erkennen, aber kaum hatten wir es erkannt, entschwand es wieder vollkommen unseren Blicken, und w\u00e4hrend wir es zu fixieren trachteten, erkannten wir wieder ein anderes, dem wir unsere Aufmerksamkeit gar nicht zuwenden wollten. Es war dann eine nicht unbedeutende N\u00e4herung der Lampe (a) notwendig, damit wir s\u00e4mtliche Schriftzeichen in voller Deutlichkeit nebeneinander wahrnehmen konnten.\nDie Blendung wurde wie gesagt besorgt durch sechs kreisf\u00f6rmig um die Schriftproben angeordnete, mit voller Leuchtkraft brennende sechzehnkerzige Gl\u00fchlampen (b der Fig. 3), welche durch ein Geh\u00e4use aus starkem Pappendeckel (p) eingeschlossen waren und nicht direkt vom Beobachter gesehen werden konnten sondern transparentes Papier in Form eines Kreisringes um den die Schriftzeichen tragenden Kreis herum erleuchteten. Dadurch wollte ich vermeiden, dafs durch unwillk\u00fcrliches Fixieren einer der sechs Lampen ein Nachbild auf der Makula die Lichtempfindlichkeit derselben herabsetze.\n1 Vgl. S. Exner: \u00dcber die zu einer Gesichtswahrnehmung n\u00f6tigen Zeit. Sitzungsber. d. Wiener Akad. d. Wiss. 58. 1868 und Pfl\u00fcgers Archiv f. die ges. Physiologie 1870, 3 S. 237.","page":9},{"file":"p0010.txt","language":"de","ocr_de":"10\nAlfred Bvnekkf.\nEine innen geschw\u00e4rzte zylindrische R\u00f6hre (r< aus Kartonpapier verhinderte, dafs Licht von den sechs Lampen (6) auf den inneren Kreis fallen konnte. Diese R\u00f6hre \u00fcberragte der Sicherheit halber das Pappendeckelgeh\u00e4use (pt um einige Zentimeter nach vorne, st\u00f6rte aber in keiner Weise den Blick des von vorne beobachtenden Auges.\nDer Untersuchte befand sich immer in einer Entfernung von drei Metern hinter einem schwarzen Schirm, in dem ein rundes Loch ausgeschnitten war, so dafs ein Auge bequem hindurchblicken konnte. Anomalien der Refraktion wurden durch entsprechende Brillengl\u00e4ser ausgeglichen. Einige wenige Untersuchungen machte ich auch binokul\u00e4r, das Ergebnis derselben unterschied sich nicht wesentlich von den anderen.\nDie Untersuchung fand statt, nachdem sich der zu Untersuchende einigermafsen an die Dunkelheit adaptiert hatte. Eine vollkommene Adaptation schien mir deshalb nicht notwendig, weil dieselbe bei der unbedingt n\u00f6tigen \u00f6fteren Wiederholung durch den verh\u00e4ltnism\u00e4fsig hell erleuchteten Kreisring wieder unterbrochen w\u00fcrde. Versuche \u00fcber den Einflufs vollkommenerer Adaptation ergaben, dafs dieser im Verh\u00e4ltnis zu den anderen unvermeidlichen Fehlerquellen ein geringer war, so dafs ich es vorzog, lieber eine gr\u00f6fsere Anzahl von Versuchen hintereinander zu machen und dann das Mittel zu nehmen, und so die Zeit nutzbringender zu verwenden als durch jedesmaliges l\u00e4ngeres Warten. Dadurch dafs diese Art zu untersuchen bei allen Untersuchten die gleiche blieb, und es sich ja nur um einen Vergleich der einzelnen Ergebnisse handelt, glaubte ich wohl auf eine vollkommene Adaptation verzichten zu d\u00fcrfen.\nDie Fehler und Ungenauigkeiten, die bei meinen Untersuchungen unvermeidlich waren, sind recht grofse und verschiedene , daher eine sichere Beobachtung und die richtige Angabe der Grenzwerte schwierig, wie sich ja aus obiger Schilderung wohl von selbst ergibt. Jeder der Untersuchten mufste erst im L\u00e4ufe der Untersuchung lernen, bei geringster Beleuchtung die Schriftzeichen zu erkennen und anzugeben. An die Aufmerksamkeit und Ausdauer der Untersuchten (eine Versuchsreihe dauerte eine halbe bis \u00fcber eine Stunde) wurden nicht geringe Anforderungen gestellt. Es wird uns also nicht Wunder nehmen, wenn in der Regel die ersten Resultate vollkommen","page":10},{"file":"p0011.txt","language":"de","ocr_de":"Untersuchungen \u00fcber die Herabsetzung der Sehsch\u00e4rfe durch Blendung. H\nunbrauchbar und die folgenden ebenfalls bedeutenden Schwankungen unterworfen waren.\n11dm \u2014\n1. Versuchsreihe.\n3. Versuchsreihe.\n4. Versuchsreihe.\nFig. 4.\nDie Kurven, die durch Verbindung der Resultate bei graphischer Darstellung (die Koordinate entspricht der Entfernung der Lampe (a) von den Schriftproben in Dezimetern) einer Versuchsreihe entstanden, waren meist anfangs rasch ansteigend, dann ziemlich schwankend. Nur bei Untersuchten, die gewohnt waren, derartige Beobachtungen zu machen, n\u00e4herte sich die Kurve einer Geraden. In Figur 4 sind einzelne dieser Kurven wiedergegeben. Jeder Versuchsreihe entsprechen zwei Kurven. Die obere stellt die verschiedenen Resultate f\u00fcr die Entfernung M dar, die untere f\u00fcr die Entfernung N.\nNach Abschlufs jeder Versuchsreihe wurde aus den J\u00fcr M sowie auch aus den f\u00fcr N gefundenen Werten das Mittel berechnet, und dieses in der Tabelle eingetragen. Als Mafs f\u00fcr","page":11},{"file":"p0012.txt","language":"de","ocr_de":"12\nAlfred Bondkkc.\nden Grad der Sebstdnmg durch die Blendung dienen die unter\nI'M, Z S \u2022\nangegebenen Zahlen.1\nAu\u00dferdem ist in dieser Tabelle\nnoch das Alter des Untersuchten, sowie die Sehsch\u00e4rfe und die Refraktion des betreffenden Auges verzeichnet. Bei der Versuchsreihe Xr. 11 ist in der Tabelle nur der Wert 1,5 fur M\nTabellarische Zusammenstellung der Versuchs-\nergebnisse.\nFort- laufende Sommer der Ver- suchs- reihe\tAlter der Person\tDas zur Korrektion der Ametropie verwendete sph\u00e4rische Glas\tSeh- sch\u00e4rfe nach dieser Kor- rektion\tMittlere Entfernung der Lampe a ohne Blendung (M)\tmit Blendung tX>\tZ M Z X<\n\t\tin Dioptr.\t\tin dm\t\t\n1\t21\t0\t\u2022 4\t11,0\t5,2\t2,1\n2\t20\t0\t6 4\t11,1\t5,4\t2,1\n3\t21\t\u2014 3ja\t\u2022 \u2022\u00bb*\t4,6\t1,9\t2,4\n4\t21\t-5,5\t\u2022 .1\u00ab\t4,9\t2,2\t2,3\n5\t12\t0\t\u2022 .8\t8,3\t4,3\t1,9\n6\t12\t0\t\u2022\u2022\t10,3\t4,4\t2,4\n7\t22\t+ 0,5\t1*\t9,9\t4,6\t2,2\n8\t22\t+ 0,5\t%\t12,0\t5,6\t2,1\n9\t54\t\u2014 0,75\t6' i\u00ab\t4,7\t2,2\t2,1\n10\t20\t\u2014 4,5\t01\t6,7\t3,4\t2,0\n11\t60\t+ 2,75\t,8\t1,5\t\u2014\t2,0\n12\t21\t5\t\u20143,5\t\u2022' ! / 5\t8,9\t3,6\t2,5\nangegeben, f\u00fcr N aber ist der Raum freigelassen. Dies hatte seinen Grund darin, dafs ein N\u00e4hersehieben der Lampe bis zu der f\u00fcr diesen Fall erforderlichen Lichtst\u00e4rke bei Blendung nicht mehr m\u00f6glich war. Ich habe daher in diesem einen Fall\n1 Anstatt den Mittelwert von M durch den Mittelwert X zu dividieren, zog ich es vor, die Summe aller M reap. X dieser Rechnung zu unter-\nV\nziehen, also\n73/)\n:(X)\nstatt\nM\nAT\nzu berechnen. Ersterer Bruch ist der genauere,\nindem bei diesem eine Korrektur der Dezimalen erst beim Resultat vorgenommen wurde.","page":12},{"file":"p0013.txt","language":"de","ocr_de":"Untersuchungen \u00fcber die Herabsetzung der Sehsch\u00e4rfe durch Blendung. 13\neine st\u00e4rker leuchtende Lampe verwendet. Die dadurch gr\u00f6fser gewordenen Entfernungen M und N durfte ich aber nicht in die Tabelle ein tragen, weil sie einen Vergleich mit den anderen\nI(M)\nVersuchsreihen nicht gestatten. Wohl aber konnte ich\n2(N)\naus den Ergebnissen dieses Versuches berechnen und eintragen.\nVergleichen wir nun in der Tabelle die Resultate f\u00fcr\nm)\nw\nwelche Gr\u00f6fse uns wie oben erw\u00e4hnt, die Verschlechterung der Sehsch\u00e4rfe durch die Blendung ergibt, so sehen wir, dafs dieselben nur geringen Schwankungen unterworfen sind (1,9\u20142,5).\nObwohl die Untersuchten in den verschiedensten Altersstufen (12\u201460 Jahren), von verschiedener Refraktion (+ 2,75 bis \u2014 5,5) und Sehsch\u00e4rfe (\u00ae/4\u2014\u00f6/i8) waren, bleibt das Resultat n\u00e4herungsweise das gleiche, so dafs ein Einflufs dieser Umst\u00e4nde auf den Grad der Blendung keineswegs wahrgenommen werden konnte.\nVergleichen wir dagegen die grofsen Unterschiede in den absoluten Beleuchtungsst\u00e4rken (M und 2V)! Die Entfernung der Lampe betrug einmal 12*0 cm, ein anderesmal 1*5 cm unter sonst gleichen Verh\u00e4ltnissen, dies ergibt in dem letzteren Falle, da die Beleuchtungsst\u00e4rke dem Quadrat der Entfernung umgekehrt proportional ist, eine vierundsechszigmal so starke Beleuchtung wie im ersteren Falle. Im Vergleich zu diesem sehr bedeutenden anscheinend mit dem Lebensalter zusammenh\u00e4ngenden indivuellen Unterschieden, mufs man wohl\nEM\nsagen, dafs die sub \u2014angegebenen Schwankungen \u00e4ufserst geringf\u00fcgige und unbedeutende sind.\nWenn wir uns nun fragen, woher die eingangs erw\u00e4hnte vielfach beobachtete Tatsache kommen mag, dafs verschiedene Personen von der Blendung verschieden stark beeinflufst werden, so m\u00fcssen wir den Versuchsergebnissen entsprechend wohl behaupten, dafs der Grund daf\u00fcr nicht in der verschieden starken Wirkung der Blendung im Sinne einer Verschlechterung der Sehsch\u00e4rfe liegt. Wohl aber w\u00e4re folgender Fall denkbar: Zwei Personen sehen ein schwach beleuchtetes Objekt gut und deutlich, bei einer von den beiden aber ist dasselbe n\u00e4her an der Grenze der Wahrnehmbarkeit als bei der anderen. Tritt nun eine ebenfalls f\u00fcr beide Personen gleich starke Blendung hinzu,","page":13},{"file":"p0014.txt","language":"de","ocr_de":"14\nAlfred Bcrtckkc.\nso mais wohl bei der ersteren das Objekt fr\u00fcher verschwinden als bei der anderen\nEs liegt demnach die Ursache der verschiedenen Wirkung der Blendung haupts\u00e4chlich, wenn nicht ausschlie\u00dflich in der verschiedenen Lage der Schwelle f\u00fcr Unterschiedsempfindung bei verschiedenen Individuen, nicht aber in einem verschieden stark verschleiernden Einflu\u00df der Blendung.\nEs ist , wohl als selbstverst\u00e4ndlich vorauszusehen, da\u00df bei Tr\u00fcbungen der optischen Medien, sei es der Cornea, Linse oder des Glask\u00f6rpers, sei es da\u00df nur Schleimflocken auf der Hornhaut liegen, der Einflu\u00df der Blendung ein gesteigerter sein mu\u00df.\nUntersuchungen dar\u00fcber, sowie \u00fcber die verschiedenen Ursachen der Blendung habe ich zum Teile bereits unternommen, zum Teile werde ich sie noch ausf\u00fchren\n(Eingegangen am 10. Oktober 1903.)","page":14}],"identifier":"lit32813","issued":"1904","language":"de","pages":"1-14","startpages":"1","title":"Untersuchungen \u00fcber die Herabsetzung der Sehsch\u00e4rfe durch Blendung","type":"Journal Article","volume":"34"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T16:36:00.850735+00:00"}