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{"created":"2022-01-31T16:32:11.208725+00:00","id":"lit32842","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane","contributors":[{"name":"Schultze, Ernst","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane 34: 69-70","fulltext":[{"file":"p0069.txt","language":"de","ocr_de":"Literaturbericht.\n69\nDie Prognose einer somatischen Erkrankung kann durch gleichzeitig bestehende Psychose verschlechtert werden. Andererseits wird die Psychose durch k\u00f6rperliche Auktionen h\u00e4ufig modifiziert, insofern, als ihre Symptome in ung\u00fcnstigerem Lichte erscheinen und so der Psychiater veranlafst wird, eine ung\u00fcnstigere Prognose zu stellen. Ernst Schultze (Bonn).\nManfred Fuhrmann. Analyse des Yorstellnngsmaterials bei epileptischem\nSchwachsinn. Sommers Beitr\u00e4ge zur psychiatrischen Klinik 1 (2). 1902.\nVerf. berichtet ausf\u00fchrlich \u00fcber nach der SoMMEHsehen Methode an-gestellte Assoziationsversuche, die er an drei Epileptikern angestellt hat. Er hoffte, so differentialdiagnostisch verwertbare Momente f\u00fcr das klinische Krankheitsbild der genuinen Epilepsie, insbesondere des epileptischen Schwachsinns zu finden und Anhaltspunkte f\u00fcr die graduelle Bewertung des Schwachsinns zu gewinnen.\nEr fand bei den Epileptikern die Assoziationsweite verringert. Darunter versteht er die Prozentzahl, die ausdr\u00fcckt, wieviel neue, verschiedenartige Reaktionen bei dem betreffenden Individuum auf 100 verschiedene Reizwerte bei wenigstens zwei durch einen Zeitraum von 4 Wochen getrennten Versuchsreihen zur Beobachtung kamen. Auch die Axt der Assoziationen beweist den Schwachsinn, besonders wenn abstrakte Begriffe die ausl\u00f6senden Reize sind. Vielfach sind die Assoziationen auffallend monoton ; oft ist die affektive Seite stark betont, und dem Kranken f\u00e4llt die sprachliche Fixierung schwer, er ringt mit dem Ausdruck und wendet mit Vorliebe Schlag W\u00f6rter, Fremdw\u00f6rter, Phrasen an.\nVon Bedeutung scheinen die unbewussten Reaktionen zu sein, wie sie Fuhrmann nennt, die subjektiv pr\u00e4formierten, wie sie fr\u00fcher von Sohmbb gekennzeichnet worden sind. Die Kranken wissen selbst nicht, wie sie auf jene Reaktionen verfallen; sie sind nichts anderes als ein Lautwerden innerster unbewufster Zust\u00e4nde. Diese blitzschnell auftretenden Reaktionen finden sich bei den Epileptikern in grofser Zahl und lassen die depressive Stimmung und den egoistischen Charakter der Kranken erkennen. Klangassoziationen treten selten auf. Ernst Schultze (Bonn).\nRudolf K\u00f6ster. Die Schrift bei Geisteskrankheiten. Ein Atlas mit 81 Handschriftproben. Mit einem Vorwort von Prof. Dr. R. Sommer. Leipzig, J. A. Barth, 1903. 169 S. Mk. 10,00.\nVerf. bringt eine grofse Reihe von Schriftproben Geisteskranker, die er einer genauen Untersuchung unterwirft. Er geht dabei so vor, dafs er zuerst die Schriftzeichen f\u00fcr sich allein, ihre Form und Gr\u00f6fse, ihre Lage zur Horizontalen, Zutaten (wie Schn\u00f6rkel, Verzierungen), grobe St\u00f6rungen (Zittererscheinungen, ataktische Ungenauigkeiten) er\u00f6rtert. Er bespricht dann die Zusammensetzung der Buchstaben zu Silben und W\u00f6rtern, ihre Stellung, Wiederholung, etwaige orthographische Fehler und die Zusammensetzung der W\u00f6rter zu S\u00e4tzen.\nDann werden die Schriftproben einer speziellen klinischen Pr\u00fcfung unterworfen. Er setzt auseinander, ob und welche Schl\u00fcsse sich aus der Schrift nach der psychiatrischen, vor allem nach der diagnostischen Seite","page":69},{"file":"p0070.txt","language":"de","ocr_de":"70\nLiteraturbericht.\nziehen lassen, wobei die von Sommer getroffene Einteilung der Psychosen beibehalten wird.\nPraktisch ist es von Bedeutung, dafs Verf. aus verschiedenen Phasen einer Erkrankung Schriftproben wiedergibt und so verschiedene graphische Zustandsbilder reproduziert. Interessant sind die Schriftproben, die den einzelnen Episoden des postepileptischen Stupors entsprechen. Ebenso sind von Belang die differentialdiagnostischen Er\u00f6rterungen, die aus-f\u00fchren, welche Kriterien berechtigen, uns an der Hand von Schriftproben, ev. aus verschiedenen Zeiten, zugunsten von Dementia senilis oder progressiver Paralyse, von Verwirrtheit oder Katatonie, von multipler Sklerose oder Delirium tremens zu entscheiden.\nDie Ausstattung ist gut ; insbesondere verdient die treffliche technische Wiedergabe der Schriftproben hervorgehoben zu werden.\nDie Arbeit verdient zur Lekt\u00fcre und zum Studium bestens empfohlen zu werden ; zeigt sie uns doch, ein wie feines Reagens die Schrift bei Psychosen ist, und dafs die Verwertung der Schrift bei diagnostischen Erw\u00e4gungen einen gr\u00f6fseren Wert besitzt, als hier und da angenommen wird.\nErnst Sck\u00fcltze (Bonn).\nWernicke. Ein Fall von isolierter Agraphie. Monats sehr, f\u00fcr Psychiatrie und Neurol. 18 (4), 241-266. 1903.\nNach wiederholten schlag\u00e4hnlichen Sch\u00fcben, deren einer von mehrt\u00e4giger Aphasie begleitet war, bleibt eine schwere St\u00f6rung der Sensibilit\u00e4t und eine etwas weniger ausgepr\u00e4gte der Motilit\u00e4t der rechten K\u00f6rperseite zur\u00fcck. Lesen und Sprechen geht fast ungest\u00f6rt von statten, w\u00e4hrend die F\u00e4higkeit zu schreiben verloren gegangen ist, und zwar auch mit der sonst durchaus gebrauchsf\u00e4higen linken Hand. Also isolierte Agraphie. Und zwar eine literale. Dieser Defekt ist dadurch zu verstehen, dafs das optische Rindengebiet, in dem wir die Erinnerungsbilder der Schriftzeichen repr\u00e4sentiert denken, zwar funktionsf\u00e4hig ist, aber den Zusammenhang mit den motorischen Zentren, welche die Schreibbewegung vermitteln, verloren hat. W. beweist dann unter Hinzuziehung der \u00fcbrigen gleichen F\u00e4lle der Literatur, dafs eine einseitige Herderkrankung des Gehirns im st\u00e4nde ist, das Symptom der literalen Agraphie hervorzubringen W. nimmt eine Doppelseitigkeit der in Betracht kommenden optischen Erinnerungsbilder der Schriftzeichen an. Dann gen\u00fcgt die Erregung der rechten Hemisph\u00e4re und der dort ebenfalls vorhandenen Erinnerungsbilder, um mittels des Balkens die korrespondierenden linksseitigen Elemente und die damit verkn\u00fcpften assoziierten Elemente der eigentlichen Sprachregion anklingen zu lassen. Verbale und literale Agraphie k\u00f6nne auch nebeneinander bestehen, und nur die eine mehr als die andere ausgepr\u00e4gt sein. Die Agraphie ist eine exquisit transkortikale St\u00f6rung. Die ganz reine Agraphie ist nur auf eine Hand beschr\u00e4nkt. Ann\u00e4hernd reine F\u00e4lle, die durch ihre Doppelseitigkeit dem Begriff der Agraphie gen\u00fcgen, zeigen immer auch eine gewisse St\u00f6rung des Wortbegriffes oder der Bahn, welche die Zer* legung des Wortbegriffes in Buchstaben erst m\u00f6glich macht.\nUmpfenbach.","page":70}],"identifier":"lit32842","issued":"1904","language":"de","pages":"69-70","startpages":"69","title":"Rudolf K\u00f6ster: Die Schrift bei Geisteskrankheiten. Ein Atlas mit 81 Handschriftproben. Mit einem Vorwort von Prof. Dr. R. Sommer. Leipzig, J. A. Barth, 1903. 169 S.","type":"Journal Article","volume":"34"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T16:32:11.208731+00:00"}