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{"created":"2022-01-31T16:36:08.509248+00:00","id":"lit32908","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane","contributors":[{"name":"Gamble, Eleanor A. McC.","role":"author"},{"name":"Mary Whiton Calkins","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane 33: 161-170","fulltext":[{"file":"p0161.txt","language":"de","ocr_de":"Uber die Bedeutung\nvon Wortvorstellungen f\u00fcr die Unterscheidung von Qualit\u00e4ten sukzessiver Beize.\nTeil II.\nVon\nEleanor A. McC. Gamble und Mary Whiton Calkins.\nDiese zweite Gruppe unserer experimentellen Untersuchungen befafst sich mit der Bedeutung von Namensvorstellungen f\u00fcr das Bewufstsein der Gleichheit oder Verschiedenheit aufeinanderfolgender Reize. Die allgemeinere von K\u00fclpe aufgeworfene Frage, ob irgend welches Erinnerungsbild hier eine Rolle spielt, wird von dieser Untersuchung nicht ber\u00fchrt; doch mufs erw\u00e4hnt werden, dafs alle unsere Versuchspersonen angegeben haben, dafs das Erinnerungsbild nicht selten im Vergleichen vorkam. Dagegen f\u00fchren die neuen Untersuchungen von Schumann1 2 3, von Bentley 2 und von Whipple 3 zu dem Schlufs, dafs kein Erinnerungsbild \u2014 weder blofse Wiederholung, noch erg\u00e4nzender Zusatz \u2014 ein essentieller Bestandteil des \u201eGleichsetzens\u201c oder \u201eUnterscheidens\u201c sei.4\n1\tDiese Zeitschrift 17, S. 117 ff. und 30, S. 241 ff.\n2\tAmer. Journ. of Psychol. 11, S. Iff.\n3\top. cit. 12, S. 409 ff. und 13, S. 219 ff.\n4\tBei diesen Experimenten \u201ewaren Urteile ohne die geringste Spur eines Vergleichs so h\u00e4ufig, dafs sie den vorherrschenden Typus f\u00fcr die meisten Beobachter ausmachten\u201c (Whipple, op. cit. 13, S. 261). Diese Resultate widersprechen also vollkommen der gew\u00f6hnlichen Anschauung (die Lehmann in seinen fr\u00fcheren Schriften, Philos. Stud. 5, S. 110 ff, 118\u2014119, aufgestellt hat), dafs ein gegebener Reiz als einem vorangehenden gleich oder von ihm verschieden nur durch ausdr\u00fccklichen Vergleich mit einem Er innerungsbilde des fr\u00fcheren Reizes beurteilt wird.\nZeitschrift f\u00fcr Psychologie 33.\n11","page":161},{"file":"p0162.txt","language":"de","ocr_de":"162\nEleanor A. McC. Gamble und Mary Whiton Calkins.\nUnsere Experimente wurden durch eine Untersuchung, die Lehmann fr\u00fcher angestellt hat, als die im ersten Teil der vorliegenden Arbeit beschriebene, veranlafst.1 Lehmanns Material bestand aus drei Serien von Grau, mit Schwarz und Weifs als Endgliedern. Die Serien bestanden aus je 5, 6 resp. 9 Gliedern. Die Helligkeitsunterschiede waren gleichm\u00e4fsig abgestuft. Diese Serien wurden Versuchspersonen vorgelegt, welche einige Semester lang in psychologischem Arbeiten einge\u00fcbt waren, aber noch nicht bei Wiedererkennens-Experimenten als Versuchspersonen gedient hatten. Jede Serie wurde in ihrer Reihenfolge gezeigt und dann \u201enach Verlauf einer kurzen Zeit\u201c (vermutlich w\u00e4hrend derselben Sitzung) wurden die einzelnen Glieder der Serien in unregel-m\u00e4fsiger Reihenfolge vorgelegt und die Versuchsperson aufgefordert, die Stellung jedes derselben in der Serie anzugeben. Lehmanns Resultate sind in folgendem Schema dargestellt:\n\tB\tA\tr\t% r\n5 teil.\t0\t60\t58\t96,7\n6 teil.\t3\t34\t24\t70,6\n9 teil.\t4\t50\t23\t46,0\n\u201eDie Tabelle gibt unter B die Anzahl der Beobachter, unter A die gesamte Anzahl von Versuchen; r ist die Anzahl der richtigen Sch\u00e4tzungen, die des Vergleichs wegen prozentual berechnet ist in der Kolumne %r.\u201c\nLehmann2 f\u00fchrt als Grund dieser Resultate an, dafs wir gew\u00f6hnlich nur 3 Namen f\u00fcr die verschiedenen Grau gebrauchen \u2014 hellgrau, mittleres oder neutrales Grau und dunkles Grau. \u201eEben daher\u201c, behauptet er, \u201eerkennen wir nur die Glieder der f\u00fcnfteiligen Skala mit Sicherheit\u201c, und diese Glieder ordnen wir richtig, weil \u201eEmpfindungen, die so sehr voneinander abweichen, dafs sie mit verschiedenen Namen bezeichnet werden m\u00fcssen, [daher] nicht leicht verwechselt werden [k\u00f6nnen].\u201c Die Resultate stimmen, wie angedeutet, mit dieser Behauptung \u00fcberein. Bei den Serien von neun mag der geringste Prozentsatz von richtigen F\u00e4llen auf 37 berechnet werden, wenn man annimmt, dafs jedes Glied mit gleicher Wahrscheinlichkeit richtig wie f\u00fcr jedes Nachbarglied gesetzt wird, die beiden Aufsenglieder\n1\tPhilos. Studien 5, S. 96 f.\n2\tPhilos. Studien 5, S. 135\u2014138.","page":162},{"file":"p0163.txt","language":"de","ocr_de":"Bedeutung v. Wortvorstellungen f. die Unterscheidung sukzessiver Reize. 163\nnat\u00fcrlich nur f\u00fcr je ein Nachbarglied (2 \u2022 1/2 - 7 \u2022 1/s \u2014 3%) 31/3 F\u00e4lle von 9 = 37 \u00b0/0. Lehmann weist darauf hin, dafs die Zahl von wirklich erhaltenen richtigen F\u00e4llen das Minimum nur um einen \u201eGrenzwert\u201c- \u00fcberschreitet, der gut durch \u201ebesondere Assoziationen\u201c erkl\u00e4rt werden kann, die sich wahrscheinlich zwischen einer Nummer und einem Glied der Reihe bilden, wenn eine Skala in ihrer Reihenfolge gezeigt wird. Es ist ein deutlicher Abfall der Zahl der richtigen F\u00e4lle gerade von der Serie von 5 zu der Serie von 6. Lehmann betrachtet diese Resultate als eine Best\u00e4tigung seiner Behauptung, dafs das Wiedererkennen einfacher Sinnesempfindungen so gut wie ausschliefs-lich ein Wiedererkennen durch Namen oder durch Bestimmung ist (Lehmanns eigener Ausdruck).\nGegen diese Schlufsfolgerung k\u00f6nnen zwei Erw\u00e4gungen geltend gemacht werden. In erster Linie scheint Lehmann, indem er zu diesem Schlufs kommt, eine Tatsache zu untersch\u00e4tzen, welche er selbst bei Beschreibung des Experimentes mit Nachdruck betont \u2014 die Tatsache n\u00e4mlich, dafs die Verschiedenheit in den Serien von neun nur halb so grofs ist, wie in den Serien von f\u00fcnf. Lehmann \u00fcbersieht also die M\u00f6glichkeit, dafs die Schwierigkeit, eine Serie im Ged\u00e4chtnis zu behalten, eher im geometrischen als im arithmetischen Verh\u00e4ltnis zu ihrer L\u00e4nge w\u00e4chst. Endlich ist das Experiment kein reiner Versuch in qualitativer Unterscheidung. Die Nummer eines Grau in einer Serie von neun anzugeben, bedeutet nicht nur, dafs die Versuchsperson f\u00e4hig ist, es von dem n\u00e4chsten Grau zu unterscheiden, sondern auch, dafs sie damit schon eine Nummernbezeichnung assoziiert hat, oder dafs sie f\u00e4hig ist, im Geiste mehrere Glieder der Serie zu reproduzieren und zu \u00fcberz\u00e4hlen.\nUnsere eigenen Versuche wurden in der Hoffnung unternommen, diese Fehlerquellen vermeiden zu k\u00f6nnen.1 Sie zerfallen in zwei Gruppen : einmal wurden die aufeinanderfolgenden Glieder mehrerer, teils benannter, teils unbenannter Grau- oder Blaureihen, zweitens wurden Ger\u00fcche aus zwei Gruppen, nicht Serien, in denen die Laboratoriumserfahrung gezeigt hat, dafs die Unterscheidung fehlerhaft ist, miteinander verglichen.\n1 Bei diesen Versuchsreihen dienten Mifs Maky 0. Smith (Assistentin am Wellesley College, psychol. Institut), Mils G. G. Rickey und Mifs C. H. Conklin, Studentinnen, viel als Experimentatoren.\n11*","page":163},{"file":"p0164.txt","language":"de","ocr_de":"164\nEleanor A. McC. Gamble und Mary Whiton Calkins.\nDie optischen Serien bestanden : 1. in blauen und purpurnen Fl\u00fcssigkeiten, die so gleichm\u00e4fsig wie m\u00f6glich von dunkel zu hell abgestuft waren, und 2. aus Maebes blauen und grauen photographischen Papieren, die ebenfalls, und zwar durch verschieden lange Belichtung, in ganz gleichm\u00e4fsige Abstufungen von dunkel zu hell eingeteilt waren. Es waren neun Glieder in jeder Serie. Die Fl\u00fcssigkeiten befanden sich in runden Glasflaschen zu 2 Unzen1 und wurden in Augenh\u00f6he auf eine Entfernung von ca. 2 1/2 m auf farblosem Hintergr\u00fcnde und bei durchfallendem Licht gesehen. Die Papiere wurden in Vierecken von 5,08 X 5,08 cm benutzt und flach auf die Mitte einer v\u00f6llig schwarzen Tischplatte von 60,96 X 60,96 cm gelegt. Anstatt die Augen zwischen den einzelnen Reizen zu schliefsen, hoben die Versuchspersonen einen Schirm von schwarzem Papier vor ihr Gesicht, welchen sie bei dem Worte \u201eJetzt\u201c niedersinken liefsen. Diese Methode wurde angewendet, um den Einflufs des Helligkeitskontrastes auszuschliefsen. Das Licht kam von einem hohen Fenster \u00fcber der rechten Schulter der Versuchsperson.-\nDie verwendeten Ger\u00fcche waren: 1. eine Gruppe von \u00e4therischen \u00d6len, n\u00e4mlich Eukalyptus, Fichtennadeln, Rosmarin, K\u00fcmmel, Lavendel, Thymian und Rose und 2. eine Gruppe von konzentrierten chemischen Parfums (von der New Yorker Firma Dodge & Olcott), n\u00e4mlich Aub\u00e9pine, Caryophyll\u00e8ne, Clematis, Cuir de Russie, Hyazinthe, Levkoye und Syringen.3\n1\tAnm. d. \u00dcbers.: Die Flasche enthielt also 57 ccm.\n2\tDie farbigen Fl\u00fcssigkeiten waren Aufl\u00f6sungen von \u201eDiamond dye\u201c (eine Art amerikanischer Farbe) in Wasser. Die Purpurfarbe wurde aus sogen, \u201eshading dye\u201c durch Aufl\u00f6sung hergestellt. Konzentrierte, klare L\u00f6sungen wurden durch Kochen von 3 g blauer Farbe resp. 15 g Purpurfarbe in 100 ccm Wasser und Durchfiltrieren hergestellt. Das dunkelste Blau enthielt 1 Teil der konzentrierten L\u00f6sung auf 11 Teile Wasser und der dunkelste Purpur 1 Teil der konzentrierten L\u00f6sung auf 23 Teile Wasser. Jede der anderen L\u00f6sungen in jeder Serie enthielt 2/3 soviel von der konzentrierten L\u00f6sung, als die n\u00e4chstdunklere, Diese Bruchteilung wurde nach sehr m\u00fchsamen Versuchen mit verschiedenen Proportionen angenommen, weil sie am besten den Erfordernissen des Auges entsprach. Es wurde auch der Versuch gemacht, Serien von roten, gr\u00fcnen und gelben Farben herzustellen, aber in Anbetracht der \u00c4nderungen des Farbtones, welche beim Verd\u00fcnnen der L\u00f6sungen auftraten, wieder auf gegeben.\n3\tUngl\u00fccklicherweise waren die qualitativen Unterschiede zwischen den Ger\u00fcchen in den beiden Gruppen etwas ungleich. Zur Zeit, als diese Versuche angestellt wurden, waren wir auf Grund tats\u00e4chlicher Verwechse-","page":164},{"file":"p0165.txt","language":"de","ocr_de":"Bedeutung v. Wortvorstellungen f. die Unterscheidung sukzessiver Reize. 165\nDieselbe Methode wurde bei den grauen und blauen Papieren und bei den Ger\u00fcchen angewendet. Jede der beiden entsprechenden Reihen von Reizen, Papiere wie Geruchs-stofte, die eine benannt, die andere unbenannt, wurden jeder Versuchsperson gegeben. Die Grau- und Blau-Arten waren folgendermafsen benannt: am dunkelsten, sehr dunkel, dunkel,, schwach dunkel, neutral, schwach hell, hell, sehr hell, am hellsten. Die \u00e4therischen \u00d6le wurden mit ihren Namen benannt, die Parfums wurden genannt: Caryophyll\u00e8ne (Nelke), Clematis, Levkoye, Aubepine (Hagedorn), Hyazinthe, russisches Leder (Juchten) und Syringen. Die Benennung wurde folgendermafsen ausgef\u00fchrt : Die Grau- und Blau - Arten wurden in Reihenfolger vom dunkelsten beginnend, jedes Papier 5 Sekunden lang gezeigt, dann folgte eine Pause von 55 Sekunden. Die Ger\u00fcche wurden in alphabetischer Reihenfolge gegeben, jeder Geruch von dem Moment an, wo der Experimentator der Versuchsperson die Flasche \u00fcbergab, 10 Sekunden lang; die Pause, von der Zeit an, wo die Versuchsperson die Flasche zur\u00fcckgab, dauerte 1 Minute. Wenn der Geruchsstoff oder das Parfum \u00fcbergeben worden war, wurde sein Name deutlich ausgesprochen. Der H\u00e4lfte der Versuchspersonen wurde zuerst die benannte Reihe und der anderen H\u00e4lfte die unbenannte gegeben. Zwischen dieser Einleitungsprozedur und dem Unterscheidungsversuch selbst war ein Intervall von 3 Minuten bei den Grau - Nuancen und blauen Papieren und eins von 5 Minuten bei den Riechstoffen.\nIn dem Unterscheidungsversuch wurde jedes Blau oder Grau zum Vergleich mit sich selbst wiederholt und in jeder der zwei m\u00f6glichen Richtungen, mit dem Grau oder Blau, das ihm in der Reihe am n\u00e4chsten stand, verglichen. Es waren also im ganzen 25 verschiedene Vergleichungen. Die ganze Reihe wurde in einer Sitzung gemacht und die Summe von 100 F\u00e4llen wurde von jeder Versuchsperson in beiden Reihen, der benannten und\nhingen geneigt, den Kampfer -Fichten - Ger\u00fcchen (B) Lavendel und Thymian zuzurechnen, welche Zwaardemaker unter \u201eMinzen\u201c klassifiziert und ebenso Baute, die er in seiner Klassifikation \u00fcberhaupt nicht erw\u00e4hnt. Tats\u00e4chlich wurde in diesen einzelnen Experimenten niemals Thymian mit Rosmarin, noch Raute mit Eukalyptus verwechselt. Von den Parfums wurde Hyazinthe niemals mit Caryophyll\u00e8ne, Levkoye, Cuir de Russie noch Syringen verwechselt.","page":165},{"file":"p0166.txt","language":"de","ocr_de":"166\nEleanor A. McC. Gamble und Mary Whiton Calkins.\nder unbenannten, erhalten. Jeder Geruch wurde mit sich selbst und mit jedem anderen Glied seiner Gruppe in jeder der zwei m\u00f6glichen Reihenfolgen verglichen. Zwanzig Paare von Reizen, aufs Geratewohl aus den 49 m\u00f6glichen Kombinationen ausgew\u00e4hlt, wurden in einer Sitzung verglichen. Bei diesem Experiment machte jede Versuchsperson auch 100 Vergleiche von benannten und 100 von unbenannten Reizen. Nat\u00fcrlich wurde die Reihenfolge der zum Vergleich gew\u00e4hlten Reizpaare systematisch variiert, sowohl in der visuellen, als auch in der Geruchsserie. Die Intervalle der Exposition und diejenigen zwischen den verglichenen Reizen waren 5 Sekunden, resp. 55 Sekunden lang f\u00fcr die Grau- und Blau-Nuancen und 10 resp. 60 Sekunden f\u00fcr die Ger\u00fcche. Die Sch\u00e4tzungen f\u00fcr die Ger\u00fcche lauteten nur: \u201egleich\u201c und \u201everschieden\u201c; f\u00fcr die Grau und Blau wurden als Sch\u00e4tzungen die Bezeichnungen: \u201egleich\u201c, \u201eheller\u201c und \u201edunkler\u201c verlangt.\nEine nur wenig verschiedene Methode wurde bei den gef\u00e4rbten Fl\u00fcssigkeiten angewandt. Um zu verh\u00fcten, dafs das Schema der Namen von einer Reihe von Farben auf die andere \u00fcbertragen wurde, gaben wir die unbenannte Serie immer zuerst. Dies Vorgehen hatte immerhin den Fehler, den Vorteil der \u00dcbung in jedem Falle f\u00fcr die benannte Serie zu geben. Eine andere wichtige Ab\u00e4nderung der Methode war das Einteilen der Serien von 9 in Gruppen von je 3, von welcher das mittelste Glied von jeder Versuchsperson 10 mal mit sich selbst und 10 mal in wechselnder Reihenfolge mit jedem Glied der anderen Gruppe verglichen wurde. Dies Verfahren erwies sich als ratsam infolge der verschiedenen Durchsichtigkeit der hellsten, der mittleren und der dunkelsten Fl\u00fcssigkeiten. Ein weniger wichtiger Unterschied war, dafs die Versuchsperson veranlafst w7urde, das Schema der Namen logisch zu lernen, indem ihr zum Zwecke der Erl\u00e4uterung nur das hellste, dunkelste und mittelste Glied der schon verwendeten Serien gezeigt wurde. Die Expositionszeit betrug 2 Sekunden, das Intervall zwischen den Reizen 58 Sekunden und das Intervall zwischen zwei Vergleichungen 30 Sekunden. Die Zahl der in einer Sitzung gemachten Vergleiche wechselte.\nBei der H\u00e4lfte der Beobachter bei den Versuchen mit Papieren stellten die Grau-, bei der anderen H\u00e4lfte die Blau-Nuancen die unbenannten Reize dar ; und die entsprechende Variation wurde mit den farbigen Fl\u00fcssigkeiten und den Ge-","page":166},{"file":"p0167.txt","language":"de","ocr_de":"Bedeutung v. Wortvorstellungen f. die Unterscheidung sukzessiver Beize. 167\nr\u00fcchen gemacht. In all den Reihen der Reize waren die Unterschiede deutlich mehr als eben merklich, sogar mit Erinnerungsintervallen von einer Minute. Die visuellen Unterschiede m\u00fcssen immerhin kleiner gewesen sein als jene, die Lehmann sogar in seinen Serien von 9 gebrauchte, da die Extreme dieser Serien schwarz und weifs waren, w\u00e4hrend unsere dunkelsten und hellsten grauen und blauen Farben weit entfernt von schwarz und weifs waren.\nDen Prozentsatz der richtigen Gleichsetzungen und Unterscheidungen zeigt die folgende Tabelle. Die Versuchspersonen waren Studenten der Psychologie im zweiten Jahreskursus.\nT a b e 11 e* I.\nDie relative Genauigkeit des Vergleichs der mit Namen versehenen und der nicht mit Namen\nversehenen Empfindungen.\nReize\tDie mit Namen versehenen Reihen\t\tDie nicht mitNamen versehenen Reihen\t\n\tZahl der F\u00e4lle\tRichtige F\u00e4lle \u00b0/0\tZahl der F\u00e4lle\tRichtige F\u00e4lle %\n1 1 Kampferger\u00fcche\t210\t87,1\t200\t82,5\nK\u00fcnstliche Parfume\to o CQ\t85,5\t200\t80,5\nGraue Papiere\t294\t67,7\t200\t75,0\nBlaue Papiere\t124\t76,6\t400\t69,7\nBlaue Fl\u00fcssigkeiten\t360\t73,6\t180\t78,3\nPurpur - Fl\u00fcssigkeiten\t180\t78,9 1\t360\t72,5\nEs k\u00f6nnte beim ersten Blick auf diese Tabelle scheinen, als ob die Resultate der Experimente absolut negativ w\u00e4ren, da in nur 4 F\u00e4llen von 6 dieselbe Gruppe von Reizen, wenn sie benannt ist, besser unterschieden wird, als wenn sie unbenannt ist, und da die Unterschiede zwischen den benannten und den unbenannten Gruppen so gering sind. Wenn man beachtet, dafs jede sehr kleine Gruppe (2 oder 3) von Versuchspersonen eine Reihe von Farben oder Ger\u00fcchen als \u201ebenannt\u201c und die andere Reihe als \u201eunbenannt\u201c hatte (so dafs, wenn man die Versuchspersonen und nicht die Reize, wie auf der Tabelle, vergleicht,","page":167},{"file":"p0168.txt","language":"de","ocr_de":"Eleanor A. MeC. Gamble und Mary Whiton Galkins.\n87,1 % gegen\u00fcberzustellen sind 82,5 % u- s- w.), so ist es klar, erstens, dais in 5 von 6 F\u00e4llen eine gegebene Gruppe von Versuchspersonen einen nur wenig h\u00f6heren Prozentsatz von richtigen F\u00e4llen f\u00fcr die benannte, als f\u00fcr die entsprechende, unbenannte Gruppe von Reizen hatte, und zweitens, dafs die Unterschiede zwischen den Prozents\u00e4tzen f\u00fcr dieselbe Gruppe von Reizen, ob benannt oder unbenannt, reichlich auf Grund von individuellen Verschiedenheiten in der Unterschiedsempfindlichkeit der Versuchspersonen erkl\u00e4rt werden k\u00f6nnen.\nWenn wir ferner die Resultate der einzelnen Versuchspersonen mit den Berichten vergleichen, welche sie von ihren Selbstbeobachtungen gaben, nachdem beide Serien vollendet waren, erhalten wir eine Best\u00e4tigung des Schlusses, dafs, da die Vielf\u00e4ltigkeit der Assoziationen bei allem Erinnern von Wert ist, der Name nur als eine Assoziation, keineswegs mehr, in solchen Experimenten z\u00e4hlt. Von den 4 Versuchspersonen, welche einen systematischen Versuch machten, das Schema der gegebenen Namen zu benutzen, hatten 2 eine gr\u00f6fsere Zahl richtiger F\u00e4lle in den benannten und zwei in den unbenannten Serien. Immerhin erfanden beinahe alle Versuchspersonen spontan ein mehr oder weniger vollst\u00e4ndiges, eigenes Namenschema. Die eine Versuchsperson, welche ausdr\u00fccklich den Gebrauch von Worten verschm\u00e4hte, war merkw\u00fcrdigerweise sorgf\u00e4ltiger in den benannten, als in den unbenannten Serien.\nTabelle II.\nIrrtumsrichtung in dem Vergleich der mit Namen versehenen und der nicht mit Namen\nversehenen Empfindungen.\n\t\tReiz wiederholt\t\t\tReiz verschieden\t\t\t\n\tDie\t\tDie nicht\t\tDie\t\tDie nicht\t\n\tmit Namen\t\tmit Namen\t\tmit Namen\t\tmit Namen\t\nEeize\tversehenen\t\tversehenen\t\tversehenen\t\tversehenen\t\n\tReihen\t\tReihen\t\tReihen\t\tReihen\t\n\tZahl\tFalsche\tZahl\tFalsche\tZahl\tFalsche\tZahl\tFalsche\n\tder\tF\u00e4lle\tder\tF\u00e4lle\tder\tF\u00e4lle\tder\tF\u00e4lle\n\tF\u00e4lle\tOl Io\tF\u00e4lle\t01 Io\tF\u00e4lle\tOl Io\tF\u00e4lle\t0/ Io\nFarbige Fl\u00fcssigkeiten\t180\t52,8\t180\t43,3\t360\t10,0\t360\t15,3\nFarbige Papiere\t150\t42,7\t180\t33,3\t268\t22,0\t320\t25,3","page":168},{"file":"p0169.txt","language":"de","ocr_de":"Bedeutung v. Wortvorstellungen f. die Unterscheidung sukzessiver Reize. 169\nTabelle II zeigt zun\u00e4chst, dafs bei den optischen Experimenten die gr\u00f6fsere Zahl der Irrt\u00fcmer vorkam, wenn der Heiz wiederholt wurde; mit anderen Worten, dafs der Fehler, denselben Reiz f\u00fcr einen anderen zu halten, \u00f6fter gemacht wurde, als der entgegengesetzte. Bei den Ger\u00fcchen herrschte derselbe Irrtum vor und d\u00fcrfte teilweise auf Wirkung der Erm\u00fcdung zur\u00fcckzuf\u00fchren sein. Aber das haupts\u00e4chliche Vorherrschen des Irrtums, sowohl f\u00fcr Farben wie Ger\u00fcche, beruht zweifellos auf der Richtung der Erwartung.\nTabelle II zeigt in zweiter Linie, dafs in den optischen Versuchen eine gr\u00f6fsere Anzahl von Irrt\u00fcmern in der benannten, als in der unbenannten Serie vorkam, wenn der Reiz wiederholt wurde; und dafs, im Gegenteil, eine gr\u00f6fsere Zahl von Irrt\u00fcmern in der unbenannten Serie gemacht wurde, wenn der Reiz verschieden war. Man ist daher gezwungen, zu schliefsen, dafs, soweit diese etwas rohen Versuche \u00fcberhaupt eine Beweiskraft besitzen, ihr Resultat vollst\u00e4ndig gegen die Voraussetzung spricht, dafs das Lautbild des Namens der Erkennung einfacher Reize dient. Andererseits scheinen unsere Resultate darauf hinzuweisen, dafs das Wortbild zum Zustandekommen des Ver-schiedenheitsbewufstseins in den F\u00e4llen, wo kein Unterschied existiert, mitwirkt. Infolge einer Unterlassung in den Protokollen kann ein Vergleich, wie der eben angestellte, im Falle der Ger\u00fcche nicht ausgef\u00fchrt werden.\nDrei zuf\u00e4llige Resultate sollen schliefslich notiert werden:\nBei den optischen Experimenten wurde die zweite Farbe h\u00e4ufiger \u201edunkler\u201c als \u201eheller\u201c genannt. Diese Tatsache stimmt mit dem Schlufs von Bentley \u00fcberein, dafs graue und farbige Objekte, die im Tageslicht gesehen und reproduziert werden, dazu neigen, sich im Erinnerungsbild aufzuhellen. Das \u00dcbergewicht war jedoch nicht deutlich.\nEs kamen viel mehr Reproduktionen mit den Ger\u00fcchen, als mit den Farben vor, teilweise weil die Farben einer gegebenen Serie, welche alle im Ton gleich waren und nur in bezug auf Helligkeit und S\u00e4ttigung differierten, nicht so viel verschiedenartige Vorstellungen reproduzierten, wie die Ger\u00fcche. Die Reproduktionen bei den Ger\u00fcchen waren haupts\u00e4chlich solche von anderen Geruchsempfindungen.\nEs ist bemerkenswert, dafs die Ger\u00fcche nicht allein assoziationsreicher sind, sondern auch richtiger erkannt und unter-","page":169},{"file":"p0170.txt","language":"de","ocr_de":"170\nEleanor A. McC. Gamble und Mary Whiton Calkins.\nschieden werden, als die Farben. Doch kann diese Richtigkeit des Urteils betreffs der Ger\u00fcche nicht mit Sicherheit der Anzahl der Reproduktionen beigemessen werden, da es direkt daher r\u00fchren kann, dafs es gr\u00f6fsere Unterschiede zwischen den Ger\u00fcchen, als zwischen den Farben gibt.\nDie aus diesem Teil der Versuche zu ziehenden Schl\u00fcsse sind daher: 1. dafs assoziierte Wortvorstellungen weder f\u00fcr das Bewufstsein der Gleichheit, noch f\u00fcr das der Verschiedenheit wesentlich sind, dafs aber 2. bei Experimenten dieser Art solche Wortvorstellungen die Tendenz haben, das Bewufstsein der Verschiedenheit zu bef\u00f6rdern, dagegen das Bewufstsein der Gleichheit zu verhindern. Da die Beobachter wahrscheinlich eine \u00c4nderung des Reizes erwarteten, l\u00e4fst sich diese zweite Tatsache sehr leicht durch die Annahme erkl\u00e4ren, dafs beim Vergleichen von Sinnesqualit\u00e4ten das reproduzierte Wortbild lediglich die Aufgabe hat, die Erwartung zu verst\u00e4rken.\nDiese dem zweiten Teil der vorliegenden Arbeit angeh\u00f6renden Experimente sind \u00fcberdies mit den Problemen des ersten Teiles eng verbunden. Denn einerlei, ob das Bewufstsein der \u201eGleichheit\u201c mit dem der \u201eBekanntheit\u201c identisch sei1 oder nicht, so sind die beiden jedenfalls eng verkn\u00fcpft. Wenn also zum Bewufstsein der Gleichheit nicht notwendigerweise eine Wortvorstellung geh\u00f6rt, dann wird man doch kaum behaupten k\u00f6nnen, dafs das Bewufstsein der Bekanntheit solcher Wortvorstellung bedarf. So scheint also die vorliegende Untersuchung \u00fcber die Bedeutung von Wortvorstellungen den Satz zu best\u00e4tigen, dafs das Wiedererkennen nicht lediglich auf reproduzierten Vorstellungen beruht.\n1 Dies ist die Annahme Lehmanns und dasselbe scheint von Bentley (op. cit.) und Whipple (cf. Amer. Journ. of Psychol. 13, S. 260. 1902) gelehrt zu werden.\n(Eingegangen am 27. Juli 1903.)","page":170}],"identifier":"lit32908","issued":"1903","language":"de","pages":"161-170","startpages":"161","title":"\u00dcber die Bedeutung von Wortvorstellungen f\u00fcr die Unterscheidung von Qualit\u00e4ten sukzessiver Reize. Teil II","type":"Journal Article","volume":"33"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T16:36:08.509253+00:00"}