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{"created":"2022-01-31T16:16:35.143310+00:00","id":"lit32913","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane","contributors":[{"name":"Meyer, Max","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane 33: 289-306","fulltext":[{"file":"p0289.txt","language":"de","ocr_de":"289\nZur Theorie japanischer Musik.\nVon\nMax Metee.\n(Mit 1 Figur und 3 Musikbeispielen.)\nIn einer anderen Abhandlung habe ich einige Experimente beschrieben, betreffend die Abh\u00e4ngigkeit der \u00e4sthetischen Wirkung ungewohnter Ton- und Akkordfolgen von der Erwartung anderer Ton- und Akkordfolgen.1 Es ging aus den Versuchen hervor* dafs, je mehr ein Individuum bestimmte Ton- und Akkordfolgen erwartet, auf sie vorbereitet ist, es um so unangenehmer ber\u00fchrt ist, wenn die tats\u00e4chlich geh\u00f6rten Eindr\u00fccke andersartig sind; dafs jedoch diese Unlust verschwindet, sobald Gew\u00f6hnung an die neuen Eindr\u00fccke stattfindet ; und dafs dann, wenn die neuen Eindr\u00fccke gem\u00e4fs den psychologischen Gesetzen der Musik aufgebaut sind, ein entschieden lustvoller Eindruck resultiert.\nDie Neuheit der damals zum Experiment benutzten musikalischen Eindr\u00fccke bestand einfach darin, dafs beim Aufbau der Musik die psychologischen Gesetze zwar befolgt wurden, dafs aber darauf keine R\u00fccksicht genommen wurde, ob Intervalle heraus kamen, die betr\u00e4chtlich kleiner als ein temperierter Halbton sind. Der gew\u00f6hnliche Komponist mufs solche Intervalle von seiner Musik ausschliefsen, weil die europ\u00e4ischen Musikinstrumente im allgemeinen die Produktion solcher T\u00f6ne nicht gestatten, und weil unsere Musik infolge ihrer historischen Entwicklung nun einmal solche T\u00f6ne ausschliefst. Dagegen finden wir, dafs orientalische Musik solche kleinen Intervalle nicht selten benutzt. Es\nliegt dann nahe zu fragen, ob es nicht m\u00f6glich ist, mit hin-\n\u2022 *\nreichend genauer \u00dcbereinstimmung der theoretischen Be-\n1 American Journal of Psychology 14 (3, 4); H all-Fest Schrift 1903. Zeitschrift f\u00fcr Psychologie 33.\t19","page":289},{"file":"p0290.txt","language":"de","ocr_de":"Max Meyer.\nSchreibung und der beobachteten Intonation, bestimmte Musikst\u00fccke, in denen solche kleinen Intervalle Vorkommen, vollkommen theoretisch zu beschreiben. Ich glaube, dafs mir dies mit einigen japanischen Musikst\u00fccken gelungen ist, und ich teile im folgenden das Ergebnis meiner Arbeit mit. Es ist nicht meine Absicht, hieraus Schlufsfolgerungen allgemeiner Natur zu ziehen, hinausreichend \u00fcber die Musikst\u00fccke, die ich hier besprechen will. Wenn der Leser solche Schlufsfolgerungen ziehen will, so bleibt es ihm unbenommen.\nDie gr\u00f6fste Schwierigkeit in Untersuchungen dieser Art bestand bis vor kurzem darin, dafs wir keine Aufzeichnungen orientalischer Musik besafsen, die wirklich zuverl\u00e4ssig waren. Die Unzuverl\u00e4ssigkeit der fr\u00fcheren Aufzeichnungen ist schon aus der Tatsache zu entnehmen, dafs die Beobachter dieser fremdartigen Musik zwar erw\u00e4hnen, dafs Intervalle von ganz ungewohnter Distanz h\u00e4ufig gebraucht wurden, ohne es jedoch f\u00fcr n\u00f6tig zu halten, in ihren Aufzeichnungen der Musik genau anzugeben, wo derartige T\u00f6ne in der Melodie vorkamen. Gl\u00fccklicherweise besitzen wir jetzt einige Aufzeichnungen orientalischer, speziell japanischer, Musik, in denen gerade diese Abweichungen von dem, was uns gel\u00e4ufig ist, angegeben sind : ich meine die Arbeit von Abraham und Hornbostel.1 Zum theoretischen Verst\u00e4ndnis dieser Musik haben A. und H. direkt freilich kaum etwas beigetragen, da ihre Er\u00f6rterungen in keiner Weise aus den ausgefahrenen Geleisen der \u00fcberlieferten Musiktheorie hinausgehen. Aber durch ihre sorgf\u00e4ltige Notierung der japanischen Musikst\u00fccke unter Benutzung eines Phonographen haben sie auch der Theorie einen unsch\u00e4tzbaren Dienst erwiesen.\nIch gebe im folgenden die von mir analysierten Musikst\u00fccke in doppelter Weise wieder: Erstens in der Notierung in gew\u00f6hnlicher Notenschrift von A. und H., und zweitens in der theoretisch allein brauchbaren Notierung, die ich bereits fr\u00fcher an anderen Stellen ver\u00f6ffentlicht habe.2 Ich setze voraus, dafs der Leser mit meinen fr\u00fcheren Arbeiten zur Musiktheorie ver-\n1\tStudien \u00fcber das Tonsystem und die Musik der Japaner. Sammelb\u00e4nde der Internat. Musik - Ges. 4 (2). 1903. 58 S.\n2\tPsychological Theory of Music. TJniv. of Missouri Studies 1 (1). 1901. Some Points of Difference cone, the Th. o. Mus. Psychol. Review 10 (5). 1903.","page":290},{"file":"p0291.txt","language":"de","ocr_de":"Zur Theorie japanischer Musik.\ntraut ist, da er sonst die folgenden Ausf\u00fchrungen nur mit M\u00fche verstehen d\u00fcrfte.\nOb meine theoretische Analyse als eine wissenschaftlich brauchbare Beschreibung der in Frage stehenden Musikst\u00fccke betrachtet werden kann, kann nat\u00fcrlich nur von dem beurteilt werden, der diese Musik in der von mir angegebenen Intonation auf einem entsprechend gebauten Instrument spielt und h\u00f6rt. Spielen dieser Musik auf einem gew\u00f6hnlichen Klavier kann zu keinem anderen Ergebnis f\u00fchren als zu einer Verst\u00e4rkung von Vorurteilen, die bei den meisten Musikern ohnehin schon stark genug sind. Ich will die Einrichtung meines Harmoniums beschreiben, wie ich dessen Bau nach mehrj\u00e4hriger Erfahrung in dieser Hinsicht am praktischsten gefunden habe. Andere, die sich f\u00fcr diese Untersuchungen interessieren, werden sich ein \u00e4hnliches Instrument bauen m\u00fcssen und vielleicht von meinen Erfahrungen profitieren. Die Abbildung der Klaviatur wird dem Leser ein leicht im Ged\u00e4chtnis zu behaltendes Bild geben von der ann\u00e4hernden Tonh\u00f6henbedeutung der theoretischen Zahlensymbole. Ich habe weiter unten die Zahlensymbole nicht nur f\u00fcr die von A. und H. mitgeteilten Melodien gegeben, sondern auch f\u00fcr eine von mir selber hinzugef\u00fcgte Harmonisierung, die ich auf meinem Instrument spielen kann. Es hat mich mit einer gewissen Genugtuung erf\u00fcllt, in der Abhandlung von A. und H. von ihren \u201evielen Mifserfolgen in den Harmonisierungsversuchen\u201c zu lesen. Mir hat die Harmonisierung eines Musikst\u00fcckes, sobald die melodische Intonation theoretisch festgelegt ist, niemals die geringste Schwierigkeit gemacht. Freilich, wenn man wie A. u. H. die Harmonisierungsregeln europ\u00e4ischer Musik auf japanische Musik anwenden will, so kann man des Mifserfolgs sicher sein. Eine aus spezieller Musik abgeleitete Theorie kann man eben nicht einfach verallgemeinern und auf andersartige Musik anwenden. Wenn man aber, wie ich, eine universelle, auf psychologisches Experiment gest\u00fctzte Theorie zugrunde legt, so ist die Anwendung auf japanische Musik nicht schwerer wie die Anwendung auf europ\u00e4ische Musik. Vielleicht dient dies dazu, gewisse Theoretiker, die meine Theorie ohne n\u00e4here Pr\u00fcfung sogleich f\u00fcr Unsinn erkl\u00e4rten und \u00fcberhaupt nicht der Diskussion f\u00fcr wert hielten, von der \u00dcbereiltheit dieses Verfahrens zu \u00fcberzeugen.\n19*","page":291},{"file":"p0292.txt","language":"de","ocr_de":"292\nMax Meyer.\n* : Die Figur zeigt die Abstimmung der beiden Manuale meines Harmoniums. Nat\u00fcrlich erlaubt dieses Harmonium nicht irgend beliebige Musik in irgend einer beliebigen Tonh\u00f6he zu spielen. Aber ich w\u00fcfste auch nicht, wozu das n\u00f6tig w\u00e4re. Das Instrument soll \u00fcberhaupt nur wissenschaftlichen Zwecken dienen. Konzerte damit zu veranstalten habe ich nicht im Sinn. Zu\n189125\n105225\n243\n63\nm\n5G7H215)\n81\n675)\n728\nwissenschaftlichen Zwecken von der Art, um die es sich hier handelt, ist es ausreichend, wenn man das zu untersuchende St\u00fcck in einer einzigen absoluten H\u00f6he spielen kann. Doch ist das Instrument in vielen F\u00e4llen gar nicht auf eine einzige Tonh\u00f6he beschr\u00e4nkt, ganz abgesehen davon, dafs Oktaventransposition nat\u00fcrlich immer m\u00f6glich ist. Man kann z. B. alle Tonsymbole eines St\u00fcckes mit 3 oder 5 oder einer anderen Zahl multiplizieren; und wenn das St\u00fcck nicht zu kompliziert ist, so","page":292},{"file":"p0293.txt","language":"de","ocr_de":"Zur Theorie japanischer Musik.\n293\nfindet man h\u00e4ufig auch die so resultierenden Tonsymbole s\u00e4mtlich auf der Klaviatur vertreten.\nIch habe die T\u00f6ne so auf die beiden Manuale verteilt, dafs die kleineren Zahlen, die auch im allgemeinen die h\u00e4ufiger gebrauchten Intervalle darstellen, auf dem unteren Manual zu finden sind. Die zwischen den Manualen in der Figur sichtbaren Pfeile deuten an, zwischen welche T\u00f6ne des unteren Manuals die T\u00f6ne des oberen Manuals ihrer H\u00f6he nach hineingeh\u00f6ren. Auf jedem einzelnen Manual sind die T\u00f6ne der H\u00f6he nach angeordnet.1 Um jedoch noch eine klarere Vorstellung zu geben von der Art, wie die T\u00f6ne ihrer H\u00f6he nach sich \u00fcber das Gebiet einer Oktave verteilen, f\u00fcge ich die folgende Tabelle hinzu. Man kann aus ihr ablesen, wie weit zwei direkt aufeinanderfolgende T\u00f6ne entfernt sind, wenn die Entfernung eines Halbtons der temperierten zw\u00f6lfstufigen Leiter als Einheitsentfernung betrachtet wird. Die Entfernung irgend zweier beliebiger T\u00f6ne kann dann durch Addition gefunden werden. Zur Erleichterung dieser Berechnung habe ich jedoch noch eine zweite Zahlenreihe angegeben, aus der man die Entfernung zweier beliebiger T\u00f6ne sofort vermittels Subtraktion bestimmen kann.\nDie folgende Tabelle ist in theoretischer Hinsicht unvollst\u00e4ndig, wie man durch Vergleich mit meinen Ausf\u00fchrungen \u00fcber die theoretisch vollst\u00e4ndige musikalische Leiter2 sofort erkennt. Da jedoch zwei Manuale nur 24 Tasten in der Oktave haben, und da ich der gr\u00f6fseren Kosten und auch der Schwierigkeit des Spielens wegen nicht drei Manuale benutzen wollte, so w\u00e4hlte ich die obigen T\u00f6ne als die am meisten ben\u00f6tigten aus. Die dritte S\u00e4ule der Tabelle ist aus der zweiten durch Multiplikation mit einer Potenz von 2 abgeleitet. Man kann die Zahlen der dritten S\u00e4ule als die absoluten Schwingungszahlen der Tonreihe ansehen. Auf meinem Instrument sind jedoch die absoluten\n1\tGelegentlich m\u00f6chte ich bemerken, dafs das hier beschriebene Instrument auch zu anderen Zwecken ausgezeichnete Dienste leistet, z. B. zum Studium der Gesetze der Differenzt\u00f6ne und verwandter Erscheinungen. Ich lasse in meinem psychologischen Laboratoriumskurse meine Studenten an diesem Instrument arbeiten, und ich habe es f\u00fcr diesen Zweck bei weitem brauchbarer gefunden als irgend ein anderes Instrument f\u00fcr \u00e4hnliche Zwecke, dessen Konstruktion mir bekannt ist.\n2\tUniv. of Missouri Studies 1 (1), S. 13 ff.","page":293},{"file":"p0294.txt","language":"de","ocr_de":"294\nMax Meyer.\nSchwingungszahlen andere als diese; a gleich 5 ist in Wirklichkeit identisch mit dem Normalder temperierten Leiter.\nDistanz\nbenachbarter\nT\u00f6ne\n(1 = temp.\nHalbton.)\n0,27\n0,63\n0,22\n1,12\n0,07\n0,63\n0,22\n0,90\n0,22\n0,70\n0,27\n0,22\n0,63\n0,92\n0,27\n0,63\n0,22\n1,12\n0,07\n0,63\n0,49\n0,63\n0,22\n0,70\n0,27\n\tSchwingungs-\tDistanz\nTon-\tzahl\toberhalb 189.\nsymbol\t(in ganzen\t(1 \u2014 temp.\n\tZahlen.)\tHalbton.)\n3\t1536\t12,27\n189\t1512\t12,00\n729\t1458\t11,37\n45\t1440\t11,15\n675\t1350\t10,03\n21\t1344\t9,96\n81\t1296\t9,33\ni\u00bb' 0\t1280\t9,11\n1215\t1215\t8,21\n75\t1200\t7,99\n9\t1152\t7,29\n567\t1134\t7,02\n35\t1120\t6,80\n135\t1080\t6,17\n2\t1024\t5,25\n63\t1008\t4,98\n243\t972\t4,35\n15\t960\t4,13\n225\t900\t3,01\n7\t896\t2,94\n27\t864\t2,31\n105\t840\t1,82\n405\t810\t1,19\n25\t800\t0,97\n3\t768\t0,27\n189\t756\t0,00\nIch will nun zur Analyse der Musikst\u00fccke \u00fcbergehen. Ich\nhabe zun\u00e4chst das Abschiedslied auf meinem Instrument in \u2022\u2022\n\u00dcbereinstimmung mit der von A. und H. angegebenen Intonation zu spielen gesucht und gebe unter der musikalischen Notierung die Zahlensymbole, die mir die theoretisch richtigen zu sein scheinen. Die obere Zahlenreihe stellt die Melodie dar, die beiden anderen Reihen die von mir hinzugef\u00fcgte Harmonisierung. Ich will hier ein f\u00fcr allemal erw\u00e4hnen, dafs ich die","page":294},{"file":"p0295.txt","language":"de","ocr_de":"Zur Theorie japanischer Musik\nAkkorde immer so spiele, dafs das oberste Zahlensymbol den h\u00f6chsten Ton, das unterste den tiefsten Ton darstellt, und dafs die Distanz zwischen zwei der H\u00f6he nach benachbarten T\u00f6nen eines Akkordes stets die kleinste m\u00f6gliche Distanz ist, d. h. stets weniger als eine Oktave.\nAbsehiedslied.\n15\t27\t27\t15\t27\t3\t27\t27\t27\t27\t35\t9\t9\t9\t9\n45\t45\t45\t45\t45\t9\t45\t45\t45\t45\t15\t15\t15\t15\t15\n9\t9\t135\t9\t9\t15\t9\t15\t135\t9\t5\t45\t45\t3\t45\ntr\n-Jf\t&\t\tm -JL\t*\t\t- - p\u2014\t\u00caZ \u25a0\t\u2022\t\tm. ' .\tM\u2014\t\t\t\nff -:\u00b1=f:,::LH\t\tV\u2014\til\t\tm,\t\u2022\t\u00ab\t\tfl\tU\tJ \t4\tV ' \u2014J\u00bb\n5\t135\t5\t5\t5\t9\t5\t9\t15\t135\t15\t27\t45\n15\t15\t15\t15\t15\t15\t15\t15\t3\t45\t45\t45\t9\n3\t45\t3\t45\t3\t3\t3\t3\t9\t135\t135\t135\t15\n\tTL\t\t\t\t\t\t\t\t\tV\t3\ni\tL\t\u2022\t\t\t\t\t\u2019\ti\t\t1 - !\t\u25a0\u25a0 1\t1\n\tTi\tm\t .1\u2014\t, \u00c6\t\t- -\t\t\t\t\t\t*\u00c6\t\u00c6\t\t3\nV\t\t\t\t1\t\t\t\t\t\t\t*\tJ\t j\tl\t\tw\tW\t^\t\u2014\t\tU\n27\t9\t27\t3\t5\t3\t5\t3\t27\n45\t27\t45\t5\t15\t5\t15\t5\t45\n9\t45\t9\t15\t3\t15\t3\t15\t9\nIch will zuerst die Melodie, sp\u00e4ter die Harmonien diskutieren. Das oberste Zahlsymbol eines jeden Akkordes stellt den Melodieton dar. Das Intervall g\u2014a im ersten Takt ist dargestellt durch das Verwandtschaftssymbol 27\u201415. Dies bedeutet eine Distanz von 1,82 Einheiten, d. h. temperierten Halbt\u00f6nen. Dafs dies genau genug mit der Notierung von A. und H. \u00fcbereinstimmt, wird wohl niemand bestreiten. Das Intervall g\u2014f ist bestimmt durch 27\u20143. Dies bedeutet eine Distanz von 2,04 Einheiten. Auch hieran wird wohl niemand Anstofs nehmen. ' Das Intervall g\u2014Ji mit erh\u00f6htem h ist bestimmt durch 27\u201435. Dies bedeutet eine Distanz von 4,49 Einheiten; d. h. es ist ein Intervall, das auf einem Klavier auch nicht angen\u00e4hert vorkommt, weil wir dort keine Viertelt\u00f6ne haben. Der Leser wird wohl zugeben, dafs diese Intonation des erh\u00f6hten h mit dem \u00fcbereinstimmen d\u00fcrfte,","page":295},{"file":"p0296.txt","language":"de","ocr_de":"296\nMax Meyer.\nwas A, und H. geh\u00f6rt haben. Das Intervall h\u2014c mit erh\u00f6htem h ist bestimmt durch 35\u20149. Dies bedeutet eine Distanz von 0,49 Einheiten. Der Leser kann diese Berechnung leicht selber fortsetzen, wenn er noch nicht erkennen sollte, dafs die Notierung von A. und H. und meine eigene Notierung in genauer relativer Tonh\u00f6he ausgezeichnet mit einander \u00fcbereinstimmen. Damit haben wir also den Weg zu einem vollkommenen theoretischen .Verst\u00e4ndnis der Melodie often vor uns liegen. Ich verweise hier auf meine Er\u00f6rterungen \u00fcber die Gesetze der Melodie in meinen oben erw\u00e4hnten Schriften.\nNun will ich die von mir hinzugef\u00fcgten Harmonien diskutieren, die mir nicht die geringste Schwierigkeit bereitet und nicht mehr als ein paar Minuten Zeitaufwand gekostet haben. Die Akkordfolgen sind, wenn ich sie auf meinem Instrument Spiele, durchaus befriedigend ; d. h. so befriedigend, als sie einem an andere Folgen gew\u00f6hnten und andere Folgen erwartenden Individuum sein k\u00f6nnen. Zum mindesten zweifle ich nicht, dafs ohne die Hilfe meiner Theorie so leicht niemand bessere Akkorde mit geringerer M\u00fche zu der oben bestimmten Melodie hinzuf\u00fcgen k\u00f6nnte. Ich habe mich durchaus auf Dreikl\u00e4nge beschr\u00e4nkt, im strengen Sinne des Worts; d. h. ich habe stets nur zwei T\u00f6ne zu jedem Melodietone hinz\u00fcgef\u00fcgt Hierbei habe ich die folgenden Regeln angewandt, in \u00dcberstimmung mit meinen fr\u00fcheren Ausf\u00fchrungen in anderen Schriften : Innerhalb jedes einzelnen Akkordes habe ich sowohl nach Mannigfaltigkeit wie nach Nahheit der melodischen Verwandtschaften der Akkordt\u00f6ne gestrebt, und aufserdem habe ich, wo mehrere Akkorde sich darboten, solche von h\u00f6herem Konsonanzgrade solchen von niederen Konsonanzgraden vorgezogen. Ferner habe ich mich bem\u00fcht, die Akkorde so zu w\u00e4hlen, dafs direkt aufeinanderfolgende Akkorde die gr\u00f6fstm\u00f6gliche Zahl von melodischen Verwandtschaften aufweisen. Dies sind die wichtigsten psychologischen Gesetze \u00e4sthetisch wirksamer Harmonisierung. Ihre Anwendung auf eine gegebene Melodie erfordert nichts als ein wenig arithmetische Geistest\u00e4tigkeit.\nDie melodischen Verwandtschaften habe ich in \u00dcbereinstimmung mit meinen fr\u00fcheren Untersuchungen betreffend N\u00e4he der psychologischen Verwandtschaft in drei Gruppen klassifiziert : (1) 2-2, 2-3, 2-5, 3\u20145. (2) 2\u20147, 3-7, 2-9. (3) 5\u20147, 5-9, 2\u201415. Das bedeutet aber nicht, dafs innerhalb jeder Gruppe","page":296},{"file":"p0297.txt","language":"de","ocr_de":"Zur Theorie japanischer Musik.\n297\nkeine Unterschiede der N\u00e4he der Verwandtschaft bestehen. Z. B. merkt man selbst bei oberfl\u00e4chlichster Beobachtung, dafs 2\u20142 eine n\u00e4here Verwandtschaft ist als 2\u20143, und 2\u20143 eine n\u00e4here als 2\u20145 oder 3\u20145.\nDie Dreikl\u00e4nge, unter denen ich ausgew\u00e4hlt habe, sind s\u00e4mtlich so gebaut, dafs jeder der drei T\u00f6ne mit jedem der beiden andern verwandt ist. Wenn wir diese Regel befolgen, so sind wir eines gewissen \u00e4sthetischen Effekts sicher. Der Leser, der mit meinen fr\u00fcheren Untersuchungen vertraut ist und arithmetisch zu denken vermag, sieht sogleich, d\u00e4fs wir dann nur unter den Zahlsymbolen 2, 3, 5, 7, 9, 15, 21, 35, 45 auszuw\u00e4hlen haben. 25 z. B. brauchen wir nicht zu beachten, wreil es mit den kleineren Zahlsymbolen, mit denen es verwandt ist, n\u00e4mli\u00f6h 5 und 15, einen gemeinsamen Teiler hat, n\u00e4mlich 5. Aus demselben Grunde f\u00e4llt 27 fort; es ist verwandt mit 3, 9 und 15, aber unter diesen drei Symbolen sind keine zwei, die nicht mit 27 einen gemeinsamen Teiler h\u00e4tten. Wir k\u00f6nnten daher durch Hinzuf\u00fcgung von 25 und 27 keinen neuen Dreiklang erhalten. 63 ist z. B. verwandt mit 35 und 45, ohne dafs 35, 45 und 63 einen gemeinsamen Teiler h\u00e4tten; aber in diesem Falle sind 35 und 45 nicht verwandt und gen\u00fcgen daher nicht der gestellten Bedingung. Wir brauchen nun nur zu untersuchen, in welcher Weise wir diese Tone 2, 3, 5, 7, 9, 15, 21, 35, 45 in \u00dcbereinstimmung mit der am Anf\u00e4nge dieses Absatzes genannten Bedingung zu Dreikl\u00e4ngen kombinieren k\u00f6nnen.\nTabelle aller m\u00f6glichen Dreikl\u00e4nge allverwandter T\u00f6ne.\n2\u20143\u2014 5\tlila\n2\u20143\u2014 7\tI a\n2\u20143\u2014 9\tII a\n2-3\u201415 II b 2-5- 7\tla\n2-5- 9\tla\n2\u20145\u201415 II b 2\u20149\u201415 Ib\n3-5\u2014 7 la 3-5\u20149 Ha 3\u20145\u201415 III b 3\u20145\u201445 Ib 3\u20147\u201421 Ib\n5\u20147\u201435 Ib 5\u20149\u201415 II b 5\u20149\u201445 Ib\nDie vorstehende Tabelle enth\u00e4lt alle m\u00f6glichen Dreikl\u00e4nge, in denen jeder Ton mit den beiden anderen melodisch verwandt ist. T)ie r\u00f6mischen Zahlen, die den Dreikl\u00e4ngen hinzu-","page":297},{"file":"p0298.txt","language":"de","ocr_de":"298\nMax Meyer.\ngef\u00fcgt sind, zeigen an, wie viele Verwandtschaften der ersten Klasse im Dreiklang enthalten sind. Z. B. im ersten Dreiklang, 2\u20143\u20145, sind alle drei Verwandtschaften von der ersten Klasse. Im zweiten Dreiklang, 2\u20143\u20147, ist nur eine einzige Verwandtschaft, 2\u20143, zur ersten Klasse geh\u00f6rig; die anderen beiden Verwandtschaften, 2\u20147 und 3\u20147, geh\u00f6ren zur zweiten Klasse. Im dritten Dreiklang bedeutet die r\u00f6mische Zahl, dafs zwei Verwandtschaften zur ersten Klasse geh\u00f6ren, n\u00e4mlich 2\u20143 und 3\u20149 gleich 2\u20143 u. s. w. Ich habe dann noch jeden Dreiklang mit a oder b bezeichnet um auszudr\u00fccken, dafs er innerhalb seiner Gruppe meinen Beobachtungen nach einen verh\u00e4ltnism\u00e4fsig hohen (a) oder einen verh\u00e4ltnism\u00e4fsig niedrigen (b) Konsonanzgrad besitzt. Ich will hier nicht die Frage zu entscheiden versuchen, warum innerhalb jeder Gruppe (III, II und I) die mit a bezeichneten Dreikl\u00e4nge konsonanter sind als die mit b bezeichnten. M\u00f6glicherweise ist das Ph\u00e4nomen der Konsonanz, obwohl es als psychologische Erfahrungstatsache von dem Ph\u00e4nomen der Verwandtschaft verschieden ist, durch Vermittlung physiologischer Funktionen auf die Verwandtschaftsverh\u00e4ltnisse der subjektiven Differenzt\u00f6ne und der Prim\u00e4rt\u00f6ne zur\u00fcckf\u00fchrbar. Es ist jedenfalls bemerkenswert, dafs in den a-F\u00e4llen die melodischen Verwandtschaften der Differenz- und Prim\u00e4rt\u00f6ne sehr viel enger sind als in den b-F\u00e4llen. Die Wissenschaft strebt nach Zur\u00fcckf\u00fchrung aller Gesetzm\u00e4fsigkeiten auf wenige universelle Gesetze, und es w\u00e4re daher ein Fortschritt , wenn wir die Konsonanz nicht als ein g\u00e4nzlich abgesondertes Ph\u00e4nomen zu betrachten brauchten, sondern sie als durch Verwandtschaftsverh\u00e4ltnisse bedingt betrachten k\u00f6nnten. Doch ich will dies Problem gegenw\u00e4rtig auf sich beruhen lassen. Die einfache Tatsache der verschiedenen Konsonanz in den a-und b-F\u00e4llen ist alles, was wir f\u00fcr unseren Zweck zu wissen haben. \u00dcbrigens ist es mit Bezug auf den Konsonanzgrad nicht vollst\u00e4ndig gleichg\u00fcltig, welches der drei Symbole den h\u00f6chsten, und welches den tiefsten Ton des Dreiklangs bedeutet. Doch will ich diesem Unterschied gegenw\u00e4rtig keine besondere Beachtung schenken.\nWenn ich unter den Dreikl\u00e4ngen der Tabelle nicht nur einen, sondern zwei finde, die zu dem in Frage stehenden Ton der Melodie passen und die mit R\u00fccksicht auf die Verwandtschaftsverh\u00e4ltnisse mit den direkt vorhergehenden (und folgenden) Drei-","page":298},{"file":"p0299.txt","language":"de","ocr_de":"Zur Theorie japanischer Musik.\n299\nkl\u00e4ngen gleich gut sind, so w\u00e4hle ich, auf grand meiner Erfahrung der \u00e4sthetischen Wirkung, gew\u00f6hnlich in der Weise zwischen den beiden, dafs ich einen Dreiklang der Bezeichnung lila (es gibt blofs einen einzigen!) einem Dreiklang jeder anderen Bezeichnung vorziehe; und so, dafs ich einen Dreiklang der Bezeichnung III b oder II a oder Ia lieber w\u00e4hle als einen solchen der Bezeichnung II b oder Ib. Doch zwingt mich nat\u00fcrlich nichts so zu w\u00e4hlen; manchmal h\u00f6re ich in der Tat der Abwechslung wegen lieber einen der weniger konsonanten Dreikl\u00e4nge. Ich will die obige gew\u00f6hnlich befolgte Regel formel-m\u00e4fsig auszudr\u00fccken versuchen. Das Zeichen )> bedeutet \u201eim allgemeinen vorzuziehen\u201c.1\nlila ;> IIIb oder IIa oder la >> IIb oder Ib.\nIch h\u00e4tte nat\u00fcrlich die obige Untersuchung statt auf Dreikl\u00e4nge ebenso gut auf Zwei- oder Vierkl\u00e4nge anwenden k\u00f6nnen. Dreikl\u00e4nge sind jedoch am wichtigsten, weil sie eine betr\u00e4chtliche Mannigfaltigkeit der Verwandtschaften erlauben, ohne dafs man zu viele der entfernteren Verwandtschaften zu benutzen h\u00e4tte oder einen zu geringen Konsonanzgrad in Kauf nehmen m\u00fcfste. Dieser Konsequenz wegen sind Vierkl\u00e4nge in der Musik \u201cim allgemeinen nichts als Dreikl\u00e4nge, in denen eins der Symbole durch zwei verschiedene Tonh\u00f6hen, im Oktavenabstand, ausgedr\u00fcckt ist.\nWenn man diese wenigen Regeln sich einpr\u00e4gt, so ist die Harmonisierung irgend einer in meinen Zahlsymbolen gegebenen Melodie, mag sie europ\u00e4ischen oder exotischen Ursprungs sein, eine ebenso einfache Sache wie die L\u00f6sung eines Rechenexempels, wenn man sich das Einmaleins eingepr\u00e4gt hat. Diese Einpr\u00e4gung freilich kostet etwas Zeit und M\u00fche ; aber bei weitem nicht so viel von beiden, als die Erlernung der ebenso komplizierten wie praktisch unzureichenden Regeln der Musiktheoretiker. Von \u201eMifserfolgen in den Harmonisierungsversuchen\u201c kann da nicht mehr die Rede sein.\nIch will nun an ein paar Beispielen in unserer Melodie des Abschiedsliedes die Anwendung der Regeln zeigen. Ich habe mir hier selber die Bedingung gestellt, zur Harmonisierung keine\n1 Ich m\u00f6chte den Leser ausdr\u00fccklich darauf aufmerksam machen, dafs in den vorangehenden Ausf\u00fchrungen von Dissonanz \u00fcberhaupt nicht die Kede gewesen ist und auch im folgenden nicht die Eede sein wird.","page":299},{"file":"p0300.txt","language":"de","ocr_de":"300\nMax Meyer.\nanderen T\u00f6ne zu benutzen als diejenigen, die in der Melodie selbst Vorkommen. Man w\u00fcrde mir sonst mit Recht vorwerfen k\u00f6nnen, durch die Harmonisierung den besonderen Charakter der Melodie ver\u00e4ndert zu haben. Die Harmonisierung habe ich nun in folgender Weise ausgef\u00fchrt. Als ersten Dreiklang habe ich 3\u20145\u201415 gew\u00e4hlt und 5 gleich dem Melodieton 15 gesetzt. Dann sind die anderen beiden T\u00f6ne des Dreiklangs 9 und 45. Welchen der beiden T\u00f6ne, 9 oder 45, ich als tieferen nehme, d. h. in welcher \u201eLage\u201c ich den Dreiklang anwende, ist hier, im ersten Akkord, ziemlich willk\u00fcrlich; ich habe 9 zum tiefsten Ton des Dreiklangs gemacht. In den weiteren Akkorden ist die Lage nicht so willk\u00fcrlich, da die psychologische Wirkung durch die Umgebung mitbedingt wird. Die Musiker haben f\u00fcr die Anwendung der verschiedenen Lagen gewisse Regeln. Ich habe mir jedoch in dieser vorliegenden Abhandlung keine besondere M\u00fche gegeben, jedem Akkorde in seiner speziellen Umgebung die best-m\u00f6gliche Lage zu geben; haupts\u00e4chlich weil wir eine psychologische Theorie der betreffenden Regeln der Musiker noch nicht besitzen.\nAls zweiten Dreiklang habe ich 2\u20143 \u2014 5 gew\u00e4hlt. Nat\u00fcrlich habe ich hier nicht etwa 5 gleich .dem Melodieton 27 gesetzt, denn das ist arithmetisch unm\u00f6glich. Ich setze 3 gleich 27. Dann ist der Dreiklang 2\u20143\u20145 gleich 9\u201427\u201445, und ich habe zu dem Melodieton 27 die T\u00f6ne 9 und 45 hinzuzuf\u00fcgen. Zu dem Melodieton 3 f\u00fcge ich 9 und 15 hinzu. Dann ist der Dreiklang 3\u20149\u201415 gleich 2\u20143\u20145. Zu 27 f\u00fcge ich wieder 9 und 45 als Akkordt\u00f6ne hinzu. 35 harmonisiere ich vermittels des Dreiklangs 2\u20143\u20147 gleich 5\u201415\u201435. Ich k\u00f6nnte hier z. B. den Dreiklang 2\u20145\u20147 nicht anwenden, da dieser den Ton 25 erfordern w\u00fcrde, der in der Melodie nicht vorkommt. Den Ton 9 habe ich zun\u00e4chst mit 3\u20145\u201415 gleich 9\u201415\u201445 harmonisiert, wegen der relativ engen Verwandtschaft dieser T\u00f6ne mit den T\u00f6nen der direkt vorhergehenden beiden Dreikl\u00e4nge. Der Abwechslung wegen habe ich aber die dritte 9 mit 2\u20143\u20145 gleich 3\u20149\u201415 harmonisiert, d. h. 3 und 15 hinzugef\u00fcgt. Zur folgenden 5 habe ich als Akkordt\u00f6ne 3 und 15 hinzugef\u00fcgt. 135 habe ich mit 2\u20143\u20149 gleich 15\u201445\u2014135 harmonisiert, da andere T\u00f6ne mit den T\u00f6nen der direkt vorhergehenden und folgenden Akkorde nicht so nahe verwandt sein w\u00fcrden. Dieser Prozefs mag dem damit nicht vertrauten Leser sehr kompliziert Vorkommen, gerade","page":300},{"file":"p0301.txt","language":"de","ocr_de":"Zur Theorie japanischer Musik.\n301\nwie die L\u00f6sung eines zweistelligen Multiplikationsbeispiels einem Kinde unendlich kompliziert vorkommt, das weder mit dem Einmaleins noch mit seiner Anwendung auf ein solches Problem gen\u00fcgend vertraut ist. In Wirklichkeit erfordert die ganze Bache, wenn man einmal mit den Grundgesetzen vertraut ist, fast gar keine geistige Anstrengung ; und Mifserfolg ist der Natur der Sache nach ausgeschlossen. Man vergleiche dies mit den \u201evielen Mifserfolgen in den Harmonisierungsversuchen\u201c von A. und H.\nGassenhauer.\nQ - 0-1\tj\u2014,\t\u2014TH\u2014rf\"T\t\t\u2014^\t\u2014\t\u2014j\u20141\t\n\tJ\t!\t\u00bb>J J\t\t\t1 . 1\nffrs\u2014TT~'r*\tcf \u2014\td d v9 d\t\u00ca\u00ca\tt 9\t9 r\td 4\t.... J\n\\t\\)\u2014 4: \t\u2014\t\t\t\tm-\tLJ\u2014 \t1\tw w\n63\t15\t15\t15\t35\t15\t105\t45\t45\t135\t9\t15\t27\n45\t45\t45\t9\t5\t45\t45\t63\t135\t27\t27\t45\t45\n9\t9\t9\t45\t15\t5\t15\t27\t27\t45\t45\t9\t9\n\t\t\t\t\t\t\t\t\t\t\t\ni\t\ti;\t\t\t\t\t\tH\t\t\t\t,\t\t\n\t-\u20144\t\u2022\t\t\t\u2014&\t\td* \u00c0 \u25a0 4\tn 1*\u2014\u2014\tL-i\t\tJ77j \u2014J\t\tL\tj\t#\t\n45\t25\t45\t5\t5\t9\t5\t9\t5\t9\t9\t5\n9\t5\t5\t15\t15\t15\t15\t15\t15\t15\t15\t15\n15\t15\t15\t25\t25\t45\t25\t45\t25\t45\t45\t25\n45\n5\n15\nf-\t\t\t\t\t\t\t\u25a0 i|\nW\u2014*\u2014\u2022\t=\u00e0\u2014\t-J' -4^\tJ-\t\u2014al\t\t\u20141-A\u2014J L-J\tIM\n45\t45\t27\t5\t5\t9\t9\t5\t9\t5\t5\n9\t9\t9\t15\t15\t15\t15\t15\t15\t15\t15\n27\t27\t45\t45\t25\t45\t45\t25\t45\t25\t25\nIn der zweiten, von A. und H. als Gassenhauer bezeichneten Melodie habe ich die beiden ersten T\u00f6ne, b und \u00ab, durch 63 und 15 ausgedr\u00fcckt. Die Distanz der beiden T\u00f6ne ist 0,85 Einheiten, wie aus der die Leiter darstellenden Tabelle zu ersehen ist. Das Intervall a\u2014\u00e4, mit erh\u00f6htem A, habe ich als 15\u201435 angenommen, d. h. 2,67 Einheiten. Das Intervall a\u2014g, mit vermindertem g, habe ich durch 15\u2014105 ausgedr\u00fcckt, d. h. 2,31 Einheiten. Das Intervall g\u2014e, mit vermindertem g, ist 105\u201445, d. h. 2,67 Einheiten. Das Intervall e\u2014h ist 45\u2014135, d. h. 7,02 Einheiten. h\u2014c ist 135\u20149, d. h. 1,12 Einheiten, c\u2014a ist 9\u201415 gleich","page":301},{"file":"p0302.txt","language":"de","ocr_de":"302\nMax Meyer.\n3,16 Einheiten, a\u2014g ist 15\u201427 gleich 1,82 Einheiten, g\u2014e ist 27\u201445 gleich 3,16 Einheiten, e\u2014fis ist 45\u201425 gleich 1,82 Einheiten. U. s. w. Der Leser d\u00fcrfte zugeben, dafs die Tondistanzen hinreichend genau mit dem \u00fcbereinstimmen, was A. und H. geh\u00f6rt haben. Nat\u00fcrlich ist die von mir angegebene Intonation nicht die einzige absolut m\u00f6gliche. Ich habe anderw\u00e4rts gezeigt, dafs auch die diatonische Leiter unserer gew\u00f6hnlichen Musik, wenn man darunter die temperierte Leiter der weifsen Tasten unseres Klaviers versteht, mehr als eine einzige Art der theoretischen Interpretation erlaubt. Die von mir angegebenen Symbole zeigen die Intonation an, die mir am \u00e4sthetisch wirksamsten erscheint.\nDie melodische Struktur ist ziemlich verschieden von der gew\u00f6hnlicher europ\u00e4ischer Melodien. Das verh\u00e4ltnism\u00e4fsig h\u00e4ufige Vorkommen der 7 f\u00e4llt sogleich auf. In europ\u00e4ischer Musik finden wir 7 viel seltener, und dann gew\u00f6hnlich als 21 in solcher Musik, die ich anderw\u00e4rts als \u201etonisch\u201c charakterisiert habe. Die obige Musik enth\u00e4lt jedoch keine 2 und ist daher als atonisch zu bezeichnen ; sie enth\u00e4lt aber die Zahl 7 als Faktor in nicht weniger als drei Symbolen, 63, 35 und 105. In europ\u00e4ischen Melodien k\u00f6nnen wir ferner, auch wenn sie atonisch sind, leicht einen Ton als den psychologisch wichtigsten konstatieren. Wie man in verschiedenen F\u00e4llen die besondere psychologische Wirksamkeit dieses Tones zu erkl\u00e4ren hat, habe ich anderw\u00e4rts gezeigt.1 In der obigen Melodie gewinnt man beim H\u00f6ren kaum den Eindruck, dafs einer der T\u00f6ne besonders eindrucksvoll ist; und auch ein theoretisches Studium der Verwandtschaftsverh\u00e4ltnisse f\u00fchrt nicht zu dem Ergebnis, dafs irgend ein Ton in dieser Hinsicht besonders bevorzugt sei. Man sieht ferner, dafs in dieser japanischen Melodie direkt aufeinanderfolgende, oder doch zeitlich eng benachbarte T\u00f6ne verh\u00e4ltnism\u00e4fsig oft nicht direkt verwandt sind, oder doch nur entferntere Verwandtschaftsgrade auf weisen. Als Beispiel erw\u00e4hne ich den Anfang der Melodie, 63, 15, 35, wo 63 und 15 nicht verwandt sind und 63 zu 35 nur eine Verwandtschaft der dritten Klasse (9\u20145) und 15 zu 35 nur eine Verwandtschaft der zweiten Klasse (3\u20147) hat; oder etwas sp\u00e4ter 25, 45, 5, 9. Doch ist dies kein durchgreifender Unterschied zwischen japanischer und europ\u00e4ischer Musik.\n1 Psychological Review 10 (5), S. 541 ff. 1903.","page":302},{"file":"p0303.txt","language":"de","ocr_de":"Zur Theorie japanischer Musik.\n303\nMan findet in moderner Musik, z. B. bei Wagner, \u00e4hnliche, durch Verwandtschaftsmangel ausgezeichnete Tonfolgen nicht selten.\nBei der Harmonisierung, die ganz leicht von statten ging, habe ich dieselben Regeln befolgt wie bei der Harmonisierung des Abschiedsliedes. Ich habe wiederum nur solche T\u00f6ne benutzt, die in der Melodie selbst Vorkommen. Ich will hier, um dem Leser das Verst\u00e4ndnis zu erleichtern, die ersten Dreikl\u00e4nge auf ihre einfachsten Ausdr\u00fccke zur\u00fcckf\u00fchren. 9\u201445\u201463 ist gleich 2\u20145\u20147.\t9\u201445\u201415\tist gleich 3\u2014L5\u20145.\t15\u20145\u201435\tist\ngleich 3\u20142\u20147.\t5\u201445\u201415\tist gleich 2\u20149\u20143.\t15\u201445\u2014105\tist\ngleich 2\u20143\u20147.\t27\u201463\u201445\tist gleich 3\u20147\u20145.\t27\u2014135\u201445\tist\ngleich 3\u201415\u20145. U. s. w.\n\u2022\u00df-\n4-\u20140-.\u00ab.\u2014a?,-\n\nV-\n+\n0\u2014\n\u2713w\nV-\n\t\t\ngg\u2014SE\n-m\u2014#-\nI\u00e4T\n*\n+\n\nJtL\n\n\n-#\u20140-\n0--W\nA\n\u00cf\nt=B\u00a3\n'Pi\n~\u00e4 \u2022 \u00e0\n#---\n\u00b1 + + + ^\n\u00df\u20140\n*\n\n\n\n\nSNS\nErster bis vierter Takt.\n135\t15\t25\t135\t45\t5\t45\t135\t5\t45\t63\t15\t25\t15\t3\t45\t5\t45\t135\t5\t45\n45\t45\t75\t45\t75\t15\t75\t15\t15\t9\t45\t45\t75\t45\t5\t75\t15\t75\t15\t15\t75\n75\t75\t15\t75\t15\t3\t15\t45\t3\t15\t9\t9\t15\t75\t15\t15\t3\t15\t45\t3\t15","page":303},{"file":"p0304.txt","language":"de","ocr_de":"304\tMax Meyer.\nZehnter bis dreizehnter Takt.\n45\t15\t25\t45\t45\t35\t35\t35\t35\t5\t45\t5\t45\t25\t15\t135\t15\t135\t15\n1 75\t45\t75\t75\t75\t5\t15\t15\t5\t15\t75\t15\t75\t75\t45\t15\t45\t15\t45\n15\t75\t15\t15\t15\t15\t5\t5\t15\t25\t15\t25\t15\t15\t75\t45\t75\t45\t75 |\nDreiundzwanzigster bis siebenundzwanzigster Takt (Ende).\n45\t5\t45\t15\t25\t45\t75\t135\t75\t45\t135\t75\t135\t15\t3\t135;\t45\t135\t5\t45\t5\t45\n75\t15\t75\t45\t75\t75\t15\t15\t15\t75\t15\t15\t75\t75\t5\t75\t75\t15\t15\t75\t15\t75\n15\t3\t15\t75\t15\t15\t45\t45\t45\t15\t45\t45\t45\t45\t15\t15\t15\t45\t3\t15\t3\t15\nDas dritte der Musikst\u00fccke, die ich der Abhandlung von A. und H. entnommen habe, ist hier nur teilweise in theoretischen Symbolen wiedergegeben. Ich habe es f\u00fcr meinen eigenen Gebrauch vollst\u00e4ndig in Zahlsymbolen ausgedr\u00fcckt und harmonisiert. Hier aber habe ich der L\u00e4nge des St\u00fcckes wegen nur diejenigen Teile in Zahlsymbolen wiedergegeben, die melodisch besonders eigenartig und verh\u00e4ltnism\u00e4fsig schwierig zu harmonisieren sind. Der Leser, der an den \u00fcbrigen Teilen Interesse nimmt, kann diese Erg\u00e4nzungen leicht selber ausf\u00fchren, da es sich kaum um etwas anderes als Wiederholungen aus den oben dargestellten Partien handelt. Aufserdem wird dies dem Leser eine n\u00fctzliche \u00dcbung sein. \u00dcbrigens habe ich bei der Harmonisierung \u00e0uf die Zeitwerte der einzelnen Noten keine R\u00fccksicht genommen. Ich konnte die wirklichen Zeitwerte der Melodiet\u00f6ne vernachl\u00e4ssigen, da ich die Harmonien ja nicht f\u00fcr den Konzertsaal, sondern f\u00fcr das psychologische Laboratorium schrieb.\nIch will hier nur auf ein paar der Intervalle aufmerksam machen, h ist durch 135 dargestellt. Das Intervall h\u2014a ist 135\u201415 gleich 2,04 Einheiten. Das Intervall f\u2014h mit erh\u00f6htem f im ersten Takt ist durch 25\u2014135 ausgedr\u00fcckt, d. h. 5,20 Einheiten. Wenn es eine reine Quarte w\u00e4re, fis\u2014\u25a0&, so m\u00fcfste es nur eine Gr\u00f6fse von 4,98 Einheiten haben. W enn ich h als gegeben ansehe, so habe ich den anderen, unbestimmten, Ton f\u00fcr mehr fis als f angen\u00e4hert erkl\u00e4rt. Ich glaube dazu berechtigt zu sein, weil A. und H. schreiben, dafs ein anderer japanischer Spieler auf demselben Instrument diesen Ton immer als fis intonierte. (Es scheint mir in diesem Falle der Einflufs der europ\u00e4ischen Musik sich geltend gemacht zu haben.) Nebenbei m\u00f6chte ich darauf hinweisen, dafs die w\u00f6rtliche Angabe von A. und H., dieser Ton erscheine in den Koto-Stimmungen stets als","page":304},{"file":"p0305.txt","language":"de","ocr_de":"Zur Theorie japanischer Musik.\n305\n/*, mit ihrer eigenen Wiedergabe der Koto-Stimmungen nicht\n\u00fcbereinstimmt. Man findet in den Noten neben f auch fis. Ich\n\u2022 \u2022\nzweifle nicht, dafs die mangelhafte \u00dcbereinstimmung der verschiedenen Musiker in der Notierung dieser Melodie dadurch verursacht worden ist, dafs sie eine C- Dur -Tonleiter von der Form 3\u201427\u201415\u20142\u20149\u20145\u201445\u20143 in die japanische Musik hineingedacht und ihre Beobachtungen dadurch verf\u00e4lscht haben. Ich will dies durch einen Vergleich der wahrscheinlich richtigen japanischen Intonation mit der hinzugef\u00fcgten G - Dur - Tonleiter klar zu machen suchen. Zum Vergleich multipliziere ich die erw\u00e4hnte Leiter mit 3.\n\tA\tB\tH\tH*\tC\tC+\tD\tE\tF\tF+\tG\nJapanisch :\t15\t63\t135\t35\t9\t75\t5\t45\t3\t25\t\nO-Dur :\t15\t\t135\t\t9\t\t81\t45\t3\t\t27\nVier T\u00f6ne kommen in der japanischen Tonreihe vor, die kein \u00c4quivalent in der hineingedachten Leiter haben, n\u00e4mlich 63, 35, 75 und 25. (5 und 81 sind nur um 0,22 Einheiten verschieden. Die Abweichung kann daher einfach als zuf\u00e4llige Unreinheit erkl\u00e4rt werden, wenn man es mit solchen Sachen nicht besonders genau nimmt.) Was haben die Musiker nun getan, um die japanische Musik in europ\u00e4ischer Notenschrift zu notieren? Mit 63 haben sie sich theoretisch vertragen und es wohl oder \u00fcbel als b notiert. 35 ist ihnen unerkl\u00e4rlich gewesen; wie kann es denn zwischen h und c noch einen dazwischenliegenden Ton geben ! Sie haben kurzen Prozefs damit gemacht, es einfach mit 135 identifiziert und als h notiert. 75 hat ihnen Kopfzerbrechen gemacht: der eine hat sich zu helfen gewufst und es als cis notiert; der andere hat geglaubt kl\u00fcger zu sein, da cis in der vorausgesetzten Leiter nicht vorkommt, und hat es daher ganz willk\u00fcrlich als d notiert. 25 hat ihnen die meisten Schwierigkeiten bereitet : der eine hat es f\u00fcr fis gehalten, der andere aber f\u00fcr f (3), beruhigt offenbar durch die Tatsache, dafs es vergleichsweise nur wenig h\u00f6her intoniert wird als f (3\u201425 gleich 0,70 Einheiten), dagegen bedeutend tiefer als g (25\u201427 gleich 1,34 Einheiten), w\u00e4hrend ein fis in der hineingedachten Leiter \u00fcberhaupt nicht existiert. Was n\u00fctzt uns die Notierung japanischer Musik, wenn man derartig willk\u00fcrlich mit den Tatsachen umgeht? Wir m\u00fcssen daher A. und H. dankbar sein f\u00fcr die Objektivit\u00e4t, mit der sie sich ihrer Aufgabe entledigt haben.\nZeitschrift f\u00fcr Psychologie 33.\t20","page":305},{"file":"p0306.txt","language":"de","ocr_de":"Max Meyer.\nMan findet in der Literatur h\u00e4ufig die Frage aufgeworfen, ob die japanische Musik \u201eDur- oder Moll - Charakter\u201c besitze. Ich habe mir nie eine definitive Vorstellung machen k\u00f6nnen, was eigentlich unter \u201eDur- und Moll-Charakter\u201c zu verstehen sei. Wenn man unter \u201eMoll-Charakter\u201c die einfache Tatsache verstehen will, dafs gewisse Melodien nicht so harmonisiert werden k\u00f6nnen, dafs der von mir oben mit lila bezeichnete Dreiklang, n\u00e4mlich 2\u20143\u20145, fast allein vorkommt, sondern dafs die anderen S. 297 aufgez\u00e4hlten Dreikl\u00e4nge verh\u00e4ltnism\u00e4fsig oft angewandt werden m\u00fcssen, so mufs man freilich sagen, dafs zum mindesten die hier besprochenen japanischen Melodien \u201eMoll-Charakter\u201c besitzen. Ich vermag nur nicht einzusehen, dafs das Wort \u201eMoll-Charakter\u201c ein besonders sch\u00f6ner Ausdruck zur Bezeichnung der erw\u00e4hnten auf psychologischen Gesetzen beruhenden Tatsache ist.\n(Eingegangen am 27. Juli 1903.)","page":306}],"identifier":"lit32913","issued":"1903","language":"de","pages":"289-306","startpages":"289","title":"Zur Theorie japanischer Musik","type":"Journal Article","volume":"33"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T16:16:35.143316+00:00"}