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{"created":"2022-01-31T16:36:54.744526+00:00","id":"lit32914","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane","contributors":[{"name":"Oppolzer, Egon Ritter von","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane 33: 321-354","fulltext":[{"file":"p0321.txt","language":"de","ocr_de":".321\nGrundz\u00fcge einer Farbentheorie.\nVon\nProf. Dr. Egon Rittee von Oppolzee in Innsbruck.\nII. Abschnitt.\nZur Theorie der eindimensionalen Gesichtsempfindungen oder\ndes total farbenblinden Systems.\n\u00a7 1. Die Aufgabe der Theorie.\nDas Gebiet unserer normalen Gesichtsempfindungen ist ein dreidimensionales; jede solche Empfindung ist n\u00e4mlich durch drei Bestimmungsst\u00fccke in unserem Bewufstsein gegeben; es sind dies die drei psychologischen Begriffe: die Helligkeit, der Farbenton und der S\u00e4ttigungsgrad. Das Licht, das als Reiz wirkt und die Gesichtsempfindung hervorruft, ist, wenn es homogen ist, eine zweifache Mannigfaltigkeit, indem es durch seine Intensit\u00e4t und Wellenl\u00e4nge v\u00f6llig gegeben ist; ist es ein Mischlicht, das aus beliebig vielen homogenen Lichtern zusammengesetzt ist, so ist seine Mannigfaltigkeit auch eine beliebig hohe. Die Empfindung, die ein solches Mischlicht erzeugt, bleibt aber stets durch die drei psychologischen Koordinaten : Helligkeit, S\u00e4ttigung und Ton bestimmt. Die physikalischen Koordinaten Intensit\u00e4t und Wellenl\u00e4nge bestimmen aber die drei psychischen. Setzen wir die\npsychischen\nKoordinaten:\nphysikalischen\nKoordinaten:\nHelligkeit = H\tIntensit\u00e4t = Ix, I.2 \u2022 \u2022 \u2022 \u2022 A\nS\u00e4ttigung = S\tWellenl\u00e4nge =\t.... Xn\nFarbenton = T\nso ist f\u00fcr unser normales System, wenn das wirkende Licht aus den Wellenl\u00e4ngen X1, k2..........K mit den entsprechenden In-\nZeitsckrift f\u00fcr Psychologie 33.\t21","page":321},{"file":"p0322.txt","language":"de","ocr_de":"322\nEgon von Oppolzer.\ntensit\u00e4ten Ix, J2.........In besteht, also ein Mischlicht ist, all-\ngemein :\nH \u2014 fl (Ij, L, k>.............In, ln)\ns = f2 (iu ix, i2, K ...... Aa)\nT = fs (In ln I21 I2..........ln)\nDenn es ist ja bekannt, dafs sowohl die S\u00e4ttigung eines homogenen Lichtes mit Steigerung der Intensit\u00e4t abnimmt, dafs auch der Farbenton mit dieser ver\u00e4nderlich ist, dafs also keineswegs die S\u00e4ttigung blofs von der Reinheit des Lichtes im physikalischen Sinne abh\u00e4ngt oder etwa der Farbenton nur von der Wellenl\u00e4nge. Gelingt es, wenn die physikalischen Gr\u00f6fsen Iu\nJ2.......In und lu 1.2..........ln eines Mischlichtes gegeben\nsind, die obigen Funktionen /*, f2 und f?j aufzustellen, so ist die Theorie der normalen Gesichtsempfindungen als erledigt anzusehen.\nBevor nun an eine solche herangegangen werden kann, ist es unerl\u00e4fslich, zuerst das einfachste System der Gesichtsempfindungen, das totalfarbenblinde System, zu behandeln, das nur in Helligkeitsempfindungen besteht. Hier bestimmt nur eine psychische Koordinate die Empfindung und zwar das H. W\u00e4hrend unser normales System als r\u00e4umliches Gebilde dargestellt und aufgefafst werden kann, kann der Totalfarbenblinde seine Gesichtsempfindungen in eine Linie einordnen. Der Weg \u00fcber das totalfarbenblinde System erscheint um so nat\u00fcrlicher, als man ja stets getrachtet hat, unser normales System aus dem Zusammenwirken dreier sogenannter Urempfindungen abzuleiten, die farbenblinden Systeme aber aus dem Fehlen einer oder mehrerer solcher.\nUnter diesen Urempfindungen verstehen die herrschenden Theorien Elementarempfindungen, denen gewisse Elementarhelligkeiten x, y, z zukommen mit den entsprechenden S\u00e4ttigungen s1, s2, ss und T\u00f6nen t1, \u00a32, ts, so zwar, dafs diese nur von den Intensit\u00e4ten und Wellenl\u00e4ngen des wirkenden Mischlichtes abh\u00e4ngen, w\u00e4hrend die S\u00e4ttigungen und T\u00f6ne dieser Urempfindungen mit den physikalischen Gr\u00f6fsen unver\u00e4nderliche Parameter darstellen. Die Theorien suchen also folgende Gleichungen zu erlangen\nH\tcpi\t('x,\ty,\t0,\t,\ts2,\t<s*3,\th, t2, tg)\nS\t=\tcp2\t(&i\ty5\t#1,\tS2,\t#3,\thi h? h)\nT\t=\ty*\t(u\ty,\t\u00abi,\t^21Ss,\t*n h, h),","page":322},{"file":"p0323.txt","language":"de","ocr_de":"Grundz\u00fcge einer Farbentheorie.\n323\nso dafs jede andere Empfindung mit der Helligkeit H, S\u00e4ttigung S und dem Tone T aus den verschiedenen Elementarhelligkeiten x, y, z der Urempfindungen resultiert und die\nx\t=\t1\\\t(X,\t\u00c2j,\tZ2,\t\u00c42,.................X*,\tit\u00ab)\ny\t=\t{I1,\t\u00c4j,\tJ2,\tX2,.............In,\t\u00c4\u201e)\n\u00a3\tr::::=\t-^3\t(X,\t\u00c2j,\tU,\t\u00e4.2,.................X?,\tX* )\nsind. Die Urs\u00e4ttigungen su s2, ss und Urt\u00f6ne t\u00b1, t.\u00c4 der Urempfindungen treten dann blofs als unver\u00e4nderliche Konstante auf. Die Aufdeckung dieser Urempfindungen nach ihrem Tone hat vor allem die Theoretiker besch\u00e4ftigt, und man ist unter Zugrundelegung gewisser Hypothesen zu Urfarben gekommen, die selbst im reinen Spektrum nicht gesehen werden k\u00f6nnen. Hierzu wurde sowohl Hering als auch Helmholtz und seine Schule gef\u00fchrt. Die Aufstellung der allgemeinen Gleichungen wurde nicht in Angriff genommen; nur bei Helmholtz finden sich die ersten Anf\u00e4nge, indem er die Empfindlichkeit f\u00fcr Wellenl\u00e4ngenunterschiede auf die Empfindlichkeit f\u00fcr die Helligkeitsunterschiede der Urfarben zur\u00fcckzuf\u00fchren sucht.\nBei dem totalfarbenblinden System braucht nur die Gleichung\nX = F (Jj, J2, \u00e02..........In, ln) = H\naufgestellt zu werden und mit der Ermittlung der Funktion ist die Theorie des Systems vom psychophysischen Standpunkte als erledigt anzusehen. Bevor also dies nicht geleistet ist, wird eine Theorie der h\u00f6heren Systeme aussichtslos sein. Im folgenden ist gezeigt, dafs bei der G\u00fcltigkeit des FECHNERschen Gesetzes und des III. GRASSMANNschen Satzes f\u00fcr das totalfarbenblinde Auge die Aufstellung der Gleichung in der Tat m\u00f6glich wird. Werden beide Voraussetzungen als zutreffend erkannt, so m\u00fcfste die folgende Theorie als erf\u00fcllt angesehen werden.\nBeobachtungsreihen, die die G\u00fcltigkeit des FECHNERschen\nGesetzes bei totalfarbenblinden Augen gepr\u00fcft haben, existieren\nnicht; mir erscheint es aber unwahrscheinlich, dafs ein Gesetz,\ndas seine angen\u00e4herte G\u00fcltigkeit f\u00fcr so viele Sinnesgebiete ein-\nschliefslich der Gesichtsempfindungen gezeigt hat, nicht auch\nf\u00fcr die Empfindungen der Sehnerven eines totalfarbenblinden\nAuges angen\u00e4hert gelten sollte. Haben ja die Untersuchungen\nan partiell Farbenblinden diesbez\u00fcglich keinen Unterschied gegen\ndie normalen Augen erkennen lassen, sie zeigen sogar, dafs die\n21*","page":323},{"file":"p0324.txt","language":"de","ocr_de":"324\nEgon von Oppolzer.\nsystematischen Abweichungen gegen das Gesetz bei hohen und sehr schwachen Intensit\u00e4ten die gleichen, wie im normalen Systeme sind. Es w\u00e4re daher geradezu sonderbar, wenn bei dem totalfarbenblinden Auge das Gesetz pl\u00f6tzlich ganz zu gelten auf h\u00f6rte. Man wird daher die erste Voraussetzung als sehr wohl begr\u00fcndet ansehen.\nDer III. G\u00dfAssMANNsche Satz, der besagt, dafs psychisch gleich Erscheinendes \u2014 mag dasselbe auch auf der Wirkung von Lichtern beruhen, die verschiedene physikalische Zusammensetzung besitzen, z. B. zwei Weifslichter, die aus verschiedenen komplement\u00e4ren W ellenl\u00e4ngen zusammengesetzt sind \u2014 zu psychisch Gleichem gemischt (das ist eine physikalische Operation) wieder psychisch Gleiches gibt, hat sich ebenfalls in ziemlich weiten Grenzen als g\u00fcltig erwiesen, sowohl f\u00fcr das normale, als partiell farbenblinde System. Dafs dies auch f\u00fcr das totalfarbenblinde System erf\u00fcllt bleibt, folgt aus der Tatsache, dafs das, was unserem normalen Auge gleich erscheint, auch sehr nahe f\u00fcr das partiell- und totalfarbenblinde gleich bleibt. Streng erf\u00fcllt bleibt das Gesetz selbst f\u00fcr unser normales Auge nicht, es kann aber ebenso wie das FncHNE\u00dfsclie Gesetz zur Grundlage der Theorie genommen werden, weil diese dann sicherlich eine erste und zwar weitgehende Ann\u00e4herung an die Wahrheit darstellen wird.\nSollte es einmal gelingen, die strengen Gesetze zu finden, so wird es nach dem folgenden keine Schwierigkeit haben, die Theorie nach diesen Erweiterungen in \u00e4hnlicher Weise aufzubauen. Es ist aber \u00fcberhaupt fraglich, ob eine Erweiterung dieser Theorie je einen Sinn erhalten wird, indem vielleicht die individuellen Unterschiede der Systeme von gleicher Ordnung wie die Abweichungen von den hier zugrunde gelegten S\u00e4tzen sind.\n\u00a7 2. Die Theorie der isogenen Empfindungen. Wir legen das FEcnisrEEsche Gesetz in der Form\nx \u2014 A \u2022 log |l +\nzugrunde, wo A und a von der Intensit\u00e4t unabh\u00e4ngig sind, x die Helligkeit oder \u00fcberhaupt die St\u00e4rke der Empfindung eines homogenen Lichtes, die wir eine isogene Empfindung nennen","page":324},{"file":"p0325.txt","language":"de","ocr_de":"Grundz\u00fcge einer Farbentheorie.\n325\nwollen, \u2014 im Gegens\u00e4tze zur heterogenen, die aus mehreren homogenen Lichtern entsteht \u2014 von der Intensit\u00e4t I repr\u00e4sentieren soll. F\u00fcr ein zweites homogenes Licht wird allgemein\nx = A' \u2022 log 11 + \u20147\nsein, wo nun die Konstanten \u00c4 und a vorerst als verschieden von den f\u00fcr das erste Licht g\u00fcltigen anzusehen sind. Nach dem Satze f\u00fcr ein totalfarbenblindes Auge, dafs ich durch \u00c4nderung der Intensit\u00e4t irgend eines Lichtes von beliebiger Wellenl\u00e4nge stets dieselbe Helligkeit erzielen kann, wie bei einem anderen vorgegebenen Lichte, womit ich also in diesem Systeme eine Lichtgleichung \u2014 der sonst \u00fcbliche Ausdruck \u201eFarbengleichungen\u201c w\u00fcrde hier sinnst\u00f6rend wirken \u2014 erhalte, wird es stets m\u00f6glich sein, ein 1\" des zweiten Lichtes zu finden, dafs\nX = X =A. log(l + Aj =\t\u2022 log (l +\ngemacht werden kann. Diese Gleichung mufs aber nach dem Satz der Erhaltung der Lichtgleichungen, der bekanntlich nur ein spezieller Fall des III. GitASSMANNschen Satzes ist, bestehen bleiben, wenn ich die Intensit\u00e4ten beiderseits prozentuell um denselben Betrag \u00e4ndere; also mufs f\u00fcr beliebige x\nA log(l +W) = A' log(l + *-\u00fc)\nbleiben.\nSolche Lichtgleichungen lassen sich f\u00fcr je zwei beliebige Wellenl\u00e4ngen bilden und f\u00fcr jedes x m\u00fcssen sie erf\u00fcllt bleiben; daraus folgt notwendigerweise, dafs erstens\nA = \u00c4\nsein mufs, d. h. dafs die Konstante A und damit nach dem \u00a7 3 des I. Abschnittes die Unterschiedsempfindlichkeit von der Wellenl\u00e4nge unabh\u00e4ngig sein mufs; zweitens, dafs\ni_ _ r\na a\nsein mufs, d. h. dafs gleichen isogenen Empfindungen (Helligkeiten im totalfarbenblinden Systeme) gleiche Reizwerte ent-","page":325},{"file":"p0326.txt","language":"de","ocr_de":"326\nEgon von Oppolzer.\nsprechen. Wir nannten ja das Verh\u00e4ltnis von Intensit\u00e4t und Eigenlichtintensit\u00e4t a den Reizwert. Wir wollen nun f\u00fcr diese fundamentale Gr\u00f6fse die Bezeichnung\nReizwert = \u00a3 = \u2014\na\neinf\u00fchren. Der obige Satz lautet also :\nWenn x = x ist, so mufs \u00a7 = \u00a3' sein.\nIsogenen Lichtgleichungen entsprechen Reizwertgleichungen.\nDa nun, wie die Erfahrung zeigt, die Verteilung der physikalischen Lichtenergie nicht mit der psychologischen im Spektrum \u00fcbereinstimmt, indem ja schon die Maxima der beiden Energien nicht auf dieselbe Wellenl\u00e4nge fallen, so sind wir zu der Annahme gezwungen, dafs der Reiz wert eine Funktion der Wellenl\u00e4nge ist. Wenn das a f\u00fcr alle Wellenl\u00e4ngen konstant w\u00e4re, so m\u00fcfste ja doch die Reizwertkurve denselben Verlauf wie die Lichtenergie im Spektrum zeigen, was ja eben nicht der Fall ist. Um also die verschiedenen Helligkeiten im Spektrum zu erkl\u00e4ren und gleichzeitig das FECHNERsche Gesetz aufrecht zu halten, mufs a als Funktion der Wellenl\u00e4nge angesehen werden. Nennen wir den reziproken Wert von a\n\u00c7o =\t= spezifischen Reiz wert,\nso definiert sich der Reizwert\ng = So -I\nals das Produkt aus spezifischem Reizwert in die Lichtintensit\u00e4t. Oder der spezifische Reizwert ist gleich dem Reizwert der Intensit\u00e4tseinheit. Die Wahl derselben steht uns frei, wir k\u00f6nnen f\u00fcr jede Wellenl\u00e4nge eine willk\u00fcrliche Intensit\u00e4tseinheit festsetzen. Es d\u00fcrfte sich empfehlen, die Intensit\u00e4ten aller Wellenl\u00e4ngen im Sonnenspektrum der Einfachheit halber gleich Eins zu setzen.\nDas Mischgesetz folgt aber auch, wie schon im \u00a7 3 des I. Abschnittes gezeigt wurde, aus dem III. Grassmanjs sehen Gesetze. Es m\u00f6ge der dort gegebene Gedankengang mit den neu eingef\u00fchrten Bezeichnungen hier wiederholt werden.","page":326},{"file":"p0327.txt","language":"de","ocr_de":"Grundz\u00fcge einer Farbentheorie.\n327\n\u00a7 3. Die Theorie der heterogenen Empfindungen.\nEs sind zwei homogene Lichter von verschiedener Wellenl\u00e4nge, den spezifischen Heizwerten und So und den Intensit\u00e4ten 1 und I vorgegeben und rufen die Helligkeiten x und x hervor; es ist die Mischhelligkeit (x, x) zu finden. Ich erteile dem ersten Lichte eine solche Intensit\u00e4t I\", dafs es ebenso hell wie das zweite Licht erscheint ; ich stelle also eine Lichtgleichung\nx\nx\nher, woraus die Gleichheit der Reizwerte\nr = r\nfolgt. Nach dem III. Grassmannsehen Satze mufs es gleichg\u00fcltig sein, ob ich das Paar x und x mische oder das Paar x und x\". Also mufs nach der symbolischen Bezeichnung sein:\n(o*, x) = (x, x\").\nRechts steht die Mischungshelligkeit zweier Lichter von derselben Wellenl\u00e4nge. In diesem Falle addieren sich nach einem physikalischen Prinzipe die Intensit\u00e4ten; also\n\u2022 in = i+r\nund daher der Mischungsreizwert des rechten Paares\n= So Im = Sd + SoT' = I + r.\nNach der Gleichung = \u00a7' ist aber weiter\nSm = S + S i\nwas also auch der Mischreiz wert des linken Paares ebenfalls wegen der Lichtgleichung ist, woraus das Mischgesetz folgt\n(x, x) = A \u2022 log \u2022(!+\u00a3 + S').\nDieser Beweis l\u00e4fst sich f\u00fcr beliebig viele, z. B. x homogene Lichter mit den Wellenl\u00e4ngen Xl5 \u00c42, .... Xv ausdehnen, und da jedes Mischlicht aus homogenen Lichtern besteht, so gilt allgemein\n(xu \u2022... zj = a log (1 + li -f- \u00a72 +.... fJ = A log (1 + oder\nI. = *2|\u201e,","page":327},{"file":"p0328.txt","language":"de","ocr_de":"328\nEgon von Oppolzer.\ndafs der Reizwert des Mischlichtes gleich der Summe der Reizwerte der Komponenten ist.\nLiegen zwei Lichter vor, von denen das erste aus m homogenen Lichtern, das zweite aus n solchen besteht und denen die m Reizwerte \u00a32, .... \u00a3m, respektive n Reiz werte \u00a7/, \u00a72', .... entsprechen, und stelle ich eine Lichtgleichung her, so mufs offenbar die Summe der Reizwerte des ersten Lichtes gleich der Summe der Reizwerte des zweiten sein, also :\n\u00a31 4~ \u00a32 +\n+\n'c\nb m\n+1,' +\n+ in'\noder, wenn wir die spezifischen Reizwerte und die Intensit\u00e4ten einf\u00fchren :\ngo1i1 + Soa i2+.... + ?om im = to' ii+So' v+\nVer\u00e4ndern wir die Intensit\u00e4ten beider Lichter im selben Mafse (das ist soviel, als wenn wir alle Intensit\u00e4ten mit einer Gr\u00f6fse Je durchmultiplizieren), so bleibt offenbar die Lichtgleichung erhalten; denn es ist auch:\ngo1 x 1-1\t\u00c7o2 X\t-f\u201c-\u201ch \u00a3omXlm--K\t\u201d}\u201c\tX 1%\t+---\u00a3on'X In'.\nSelbstverst\u00e4ndlich eine notwendige Folge unserer Voraussetzung, dafs physiologisch Gleiches zu Gleichem gemischt, wieder Gleiches gibt; Intensit\u00e4tssteigerungen kann ich ja als Mischung zweier gleichartiger Lichter betrachten.\nDas Purkinje\u2019sehe Ph\u00e4nomen, das aussagt, dafs sich die Helligkeitsgleichheit zweier heterogener Lichter bei prozentuell gleicher Ver\u00e4nderung der Intensit\u00e4t \u00e4ndert, kann unter den zugrunde gelegten Voraussetzungen im totalfarbenblinden System nicht bestehen, weil hier Helligkeitsgleichungen Lichtgleichungen sind; mithin \u00c4nderungen der Helligkeitsgleichungen dem Satze von der Erhaltung der Lichtgleichungen und damit wieder dem III. GRAssMANNschen widersprechen w\u00fcrden. Man kann nat\u00fcrlich die Mischhelligkeit xm auch als Funktion der Komponentenhelligkeiten x1, x2 .... xx ausdr\u00fccken. Nach der Grundgleichung ist\nx = A \u2022 log (1 + g)\noder, wenn wir zur Potenz \u00fcbergehen und nat\u00fcrliche Logarithmen w\u00e4hlen,","page":328},{"file":"p0329.txt","language":"de","ocr_de":"Grundz\u00fcge einer Farbentheorie.\n329\nX\nReizwert = % = eA \u2014 1 ; also wird nach dem Mischgesetze\ncc y\t\u00e6?2\tyc\t^ yc\nb m = (&A ----1) (\u00ebA -------1) \u201cj~~ \u2022 \u2022 \u2022 \u2022 (\u00df A -1) =\tA ---1)\nsein.\nWenn wir wieder zum Logarithmus \u00fcbergehen, erhalten wir schliefslich die Mischhelligkeit xm aus den Helligkeiten xy der Komponenten :\nXm \u2014 {%i , &2 \u2022 \u2022 Xx) = A \u2022 log\ni + 4S(\neA\n\nwo die Summe \u00fcber alle Helligkeiten der homogenen Komponenten auszudehnen ist.\nF\u00fchren wir statt der Helligkeiten der Komponenten ihre Intensit\u00e4ten ein, so wird\n%m = A log [1\n*2\n\nMit diesem letzten Satze ist das Wesentlichste, was die Theorie des totalfarbenblinden Systems verlangt, erledigt. Es ist n\u00e4mlich immer die Helligkeit irgend eines Lichtes, dessen physikalische Beschaffenheit gegeben ist, in der psychologischen Skala der x angebbar, also die Gleichung H = F (Jt, /l1, J2, \u00c42, . . .\taufgestellt, da ja die Funktionen der l sind. Es\nsoll nun das Reizwertgesetz abgeleitet werden ohne Einf\u00fchrung des Fechner\u2019sehen Gesetzes.\n\u00a7 4. Allgemeiner Beweis des Reizwertgesetzes.\nDer Satz, dafs Gleiches zu Gleichem gemischt wieder Gleiches gibt, dr\u00fcckt sich symbolisch so aus : wenn\nx1 \u2014 x, und x2 = x4 ist, so mufs (xx, x2) = (Xq, x4) sein, oder k\u00fcrzer\nX(i2)\t=\t% 4).\nHieraus kann man schliefsen, dafs, wenn zwei Lichter mit den Helligkeiten xt und x2 vorgegeben sind, stets\nX(i 2) := f (X\\, #2),\nist, wo die Funktion f nun als unbekannt anzusehen ist ; oben war","page":329},{"file":"p0330.txt","language":"de","ocr_de":"330\nEgon von Oppolzer.\nsie durch die Einf\u00fchrung des Fechner\u2019sehen Gesetzes vollkommen definiert. F\u00fcr ein zweites Lichterpaar, das gemischt wird, wird ebenso\n*(S1) = f Os, Xl)\nsein. Mischen wir nun das Mischlichterpaar #(12) und auch noch zusammen, so mufs wieder\n%2)(8 4)\t~ f (% 2)) ^(3 4))\noder nach den fr\u00fcheren Gleichungen\n%2)(3 4) = f [f Ol, ^2), f (%, S4)]\nsein. Ein evidenter Satz ist, dafs das Mischresultat weder von der Reihenfolge noch von der Art der Zusammenfassung ab-h\u00e4ngen darf; ich h\u00e4tte ebensogut zuerst das Lichterpaar x1 und a?3, dann x2 und x\u00e0 zu x^ 8) und x(2 4) mischen k\u00f6nnen und mufs nun, wenn ich das Mischlichterpaar x^ 3) und xiX 4) mische, ein Mischlicht % 3) (2 4) erhalten, das dem 2) (3 4) vollkommen gleich ist; also wird allgemein\n\u2022Li 2) (8 4) \u2014 X(l 3) (2 4) = 'Ll 4) (2 3)\noder\nf\\f(x\u00bb ^2),/'Os, XJ\\ =f\\f Ol, xs\\f 0-2, *4)] =/'[/' Ol, xi\\ f Oa,*\u00bb)],\nwas eine sogenannte Funktiongleichung ist, deren Bestehen notwendig erheischt, dafs\n.F (\u00c6j, o?2, \u00e63, \u00e64) = F (\u00e63 ) -j- F (x.2) + F Os) +\t(\u00ab4)\nsein mufs, wo F eine neue unbekannte Funktion vorstellt. Den Beweis dieses Satzes, den ich befreundeter Seite verdanke, kann ich um so mehr hier unterdr\u00fccken als er sich aus einem \u201eParametersatze\u201c ergibt, den Sophits Lie in seinen Vorlesungen \u00fcber Transformationsgruppen anf\u00fchrt. Unter der Annahme, dafs, wenn zwei Helligkeiten vorgegeben sind, die Mischhelligkeit blofs eine Funktion dieser Komponenten ist, ferner, dafs das Mischresultat von der Reihenfolge und Zusammenfassung der zu mischenden Lichter unabh\u00e4ngig ist, ergibt sich, dafs es stets eine Funktion jeder einzelnen Helligkeit gibt, die bei der Mischung additive Eigenschaften besitzt.1)\n1 Ich m\u00f6chte hier gleich auf die Allgemeinheit dieses Satzes, der zahlreiche Anwendungen im physikalischen Gebiete zul\u00e4fst, hinweisen.","page":330},{"file":"p0331.txt","language":"de","ocr_de":"Grundz\u00fcge einer Farbentheorie.\n331\nNun soll gezeigt werden, dafs diese Funktion F\nF = g. . 1\nist, also proportional der Intensit\u00e4t sein mufs, wo \u00a30 blofs von der Wellenl\u00e4nge, nicht aber von der Intensit\u00e4t I abh\u00e4ngt. Ohne der Allgemeinheit zu schaden, kann ich f\u00fcr die obigen x isogene Helligkeiten annehmen, die also homogenen Lichtern entsprechen, dann ist jedes x und hiermit auch F (x) blofs eine Funktion der Wellenl\u00e4nge und ihrer Intensit\u00e4t. Es wird also sein:\nF (x\u00b1) = <& (\u00c2j, JJ, F (x2) = <P (\u00c42, I2) u. s. wr.\nDie obige Summe wird hiermit\nF (x4) + F (x.2) -f- F (xs) -f- F (xA)\n= \u00ae (hi ^1) \u201cf\" ^ (hi h) + @ (hi h) + \u00ae (hi h)-\nWirken nun lauter homogene Lichter (h = l2 = h \u2014 h) von derselben Wellenl\u00e4nge, so addieren sich nach einem physikalischen Grundgesetze die Intensit\u00e4ten, es wird daher\n^ (hi h) \u201cI\" ^ (^15 h) + \u00ae (hi h) \u201d1\u201c ^\n= \u00ae (hi 1.1 + h + ^3 +\nwelche Gleichung nun f\u00fcr beliebige Wahl der Intensit\u00e4ten der einzelnen nun untereinander gleichartigen Lichter gilt und wieder eine Funktionalgleichung darstellt, die h\u00f6chst einfach ist und erfordert, dafs\n0 (h I) = Sol = F (x)\nsein mufs. Nennen wir nun das Produkt \u00a70 \u2022 1 den Reiz wert, \u00a30 den spezifischen Reiz wert und bemerken, dafs f\u00fcr jede Wellenl\u00e4nge sich dieselbe Betrachtung anstellen l\u00e4fst, so ersieht man aus der Gleichung, dafs der Reizwert des Mischlichtes gleich der Summe der Reizwerte der homogenen Komponenten ist, womit der obige Reizwertsatz auch ohne Heranziehung des Fechnee\u2019 sehen Gesetzes bewiesen ist. Gehen wir nochmals die Voraussetzungen durch:\n1. Es existiert ein Mischgesetz ; d. h. wenn\n00h ~ist, auch Oi, X2) = (x8, x4)\nsein mufs, was ein anderer Ausdruck des III. G\u00fcASSMAxxschen Satzes ist, m\u00f6gen auch die xtJ und x3 oder x2 und x4 durch","page":331},{"file":"p0332.txt","language":"de","ocr_de":"332\nEgon von Oppolzer.\nverschiedene Wellenl\u00e4ngen hervorgerufen sein, also physikalisch verschieden sein,\n2.\tdas Mischresultat ist von der Reihenfolge und Zusammenfassung der Komponenten unabh\u00e4ngig,\n3.\tbei der Mischung zweier Lichter derselben Wellenl\u00e4nge addieren sich die Intensit\u00e4ten,\nso ersehen wir, dafs die erste Voraussetzung ein nahe erf\u00fcllter Erfahrungssatz auf psychophysischem Gebiete ist, indem er sich sogar als nahe g\u00fcltig f\u00fcr den Kontrast und die Erm\u00fcdungs- und Adaptationszust\u00e4nde erwiesen hat. Die zweite Voraussetzung erscheint evident, die dritte ist eine rein physikalische und zwar einwurfsfreie.\nDer Satz, dafs es eine Funktion, den Reizwert, geben mufs, der ein Produkt aus einer Funktion der Wellenl\u00e4nge, dem spezifischen Reiz werte, und der Intensit\u00e4t ist, und dafs sich bei Mischungen diese Funktionen addieren, ist selbstverst\u00e4ndlich fundamental und wurde schon von Helmholtz und Hering erkannt. Helmholtz nennt den Reiz wert St\u00e4rke der \u201eErregungen\u201c, Hering \u201eValenz\u201c, den spezifischen Reiz wert die \u201espezifische Valenz\u201c. Ich habe den Ausdruck \u201eReizwert\u201c im Anschl\u00fcsse an die Terminologie Fechner\u2019s mir einzuf\u00fchren erlaubt, indem er gewifs auch recht bezeichnend ist.\n\u00a7 5. Die St\u00f6rungen der Theorie.\nDie Empfindungsgr\u00f6fse x oder der Helligkeitseindruck z. B.\neines Fl\u00e4chenelementes kann aber auch ein anderer wTerden, ohne\ndafs die Intensit\u00e4t ge\u00e4ndert wird z. B. durch Kontrast, oder \u2022 \u2022\n\u00c4nderungen des Adaptationszustandes ; wir werden daraus schliefsen, dafs die Konstante A, die nahe die Unterschiedsempfindlichkeit ist, und \u2014 = \u00a70 der spezifische Reiz wert sekun-\nQj\n\u2022 \u2022\t_\nd \u00e4 r e n \u00c4nderungen unterworfen sein m\u00fcssen. In der Tat \u00e4ndert\nsich die Unterschiedsempfindlichkeit nicht nur bei extremen\nWerten der Intensit\u00e4ten, sondern auch mit der Aufmerksamkeit \u2022 \u2022\nund \u00dcbung, beides psychische T\u00e4tigkeiten; w\u00e4hrend die Unterschiedsempfindlichkeit unge\u00e4ndert, sogar sehr herabgesetzt sein kann, k\u00f6nnen die Eindr\u00fccke sehr stark werden z. B. bei starker Dunkeladaptation (Mondlichtflecken auf einer dunklen weifsen Wand). Im letzteren Falle m\u00fcssen wir die Ver\u00e4nderung von x","page":332},{"file":"p0333.txt","language":"de","ocr_de":"Grundz\u00fcge einer Farbentheorie.\n333\n(Helligkeit) bei Aufrechterhaltung des FECHNERschen Gesetzes auf \u00c4nderungen des Reizwertes schieben. Die sogenannte Erregbarkeit wird daher naheliegend proportional der Gr\u00f6fse des spezifischen Reiz wertes gesetzt werden k\u00f6nnen. Je gr\u00f6fser die spezifischen Reizwerte sind, um so gr\u00f6fser ist die Erregbarkeit. Darin liegt also die Hauptwirkung der Adaptation, wenn nicht die ganze, dafs sie die Gr\u00f6fse der spezifischen Reizwerte ver\u00e4ndert. Sie scheint in zweiter Linie auch die Unterschiedsempfindlichkeit, die Konstante A, zu beeinflussen und gibt Anlafs zu den wiederholt konstatierten Abweichungen vom WEBERschen Gesetze. Dieselbe Intensit\u00e4t wird bei gr\u00f6fseren Reizwerten (bei Dunkeladaptation) heller empfunden, ohne dafs die Unterschiedsempfindlichkeit [das ist die Konstante A] sich wesentlich ge\u00e4ndert hat. Wir gelangen also zu der Annahme, dafs die spezifischenReizwerte (optischen Valenzen) keineswegs eine Konstanz zeigen und sehr von der Stimmung des Auges abh\u00e4ngen. Man wird daher bei psychophysischen Mafsbestimmungen sehr auf die Konstanz des Adaptationszustandes achten m\u00fcssen, also nicht auf zu gr\u00f6fse Werte der Intensit\u00e4t bei Dunkeladaptation und nicht auf zu geringe bei dem Zustande, in dem sich das Auge bei diffusem Tageslichte im Zimmer befindet.\nDie schon oben ber\u00fchrte Tatsache, dafs weder durch Kontrast-noch durch Erm\u00fcdungs- noch durch Adaptationshelligkeiten das Gesetz der Erhaltung der Lichtgleichungen betr\u00e4chtlich gest\u00f6rt wird, f\u00fchrt uns nun zu folgenden Schl\u00fcssen. Wenn durch diese sekund\u00e4ren Prozesse die spezifischen Reizwerte und damit nat\u00fcrlich die Reizwerte selbst, ge\u00e4ndert werden, die Lichtgleichung zwischen zwei Lichtern aber trotzdem erhalten bleiben soll [was gleich erschienen ist, bleibt unter allen Umst\u00e4nden, auch bei der Wirkung der sekund\u00e4ren Prozesse, gleich], so m\u00fcssen sich die spezifischen Reizwerte der einzelnen homogenen Lichter, aus denen die Lichter der Lichtgleichungen bestehen, alle links und rechts von der Gleichung im selben Verh\u00e4ltnisse \u00e4ndern; wenn also zwischen zwei Mischlichtern x und x', deren jedes aus homogenen Lichtern mit den Reiz werten \u00a3l5 \u00a72, . .. ., respektive \u00a3/, \u00a727, .... besteht, eine Gleichung x \u2014 x hergestellt wird, so sind die Mischreizwerte auch gleich oder:\nSi + \u00a32 +\n\u2022 \u2022 * \u2022","page":333},{"file":"p0334.txt","language":"de","ocr_de":"334\nEgon von Oppolzer.\nund, wenn wir die spezifischen Reizwerte und Intensit\u00e4ten einf\u00fchren :\nIi + So,\nSo/ 1/ +\nSof\nF\u00fcr einen anderen Adaptationszustand mufs diese Reizwertgleichung nahe erhalten bleiben, das kann nur sein, wenn jetzt die spezifischen Reizwerte nahe dieselben bleiben oder aber auch alle mit dem Faktor x z. B. durchmultipliziert werden. So bleibt also allgemein:\n[x I\u00b1 + LX ?o2] 12 + \u2022 * \u2022\u25a0 \u2022 = [x \u00a30/] 1/ 4- [x So2'] 12 1 \u2022 \u2022 \u2022 \u2022,\nwo nun die eingeklammerten Gr\u00f6fsen die neuen ver\u00e4nderten spezifischen Reiz werte darstellen.\nDurch die sekund\u00e4ren Prozesse (Kontrast, Erm\u00fcdung, Adaptationsst\u00f6rungen) \u00e4ndern sich die spezifischen Reizwerte im selben Verh\u00e4ltnisse.\nDer simultane Kontrast und die lokale Adaptation werden von lokalen Ver\u00e4nderungen der spezifischen Reiz werte auf der Netzhaut begleitet sein, jedoch so, dafs f\u00fcr die gleich gereizten Stellen alle Reizwerte wieder nahe im gleichen Verh\u00e4ltnisse ge\u00e4ndert werden.\nDie abgeleiteten S\u00e4tze gelten nur f\u00fcr eine Elementarempfindung, wo das Empfindungsgebiet ein eindimensionales ist ; nachdem wir die h\u00f6heren Systeme, das partiell farbenblinde und normale, auf das Zusammenwirken zweier und dreier Elementarempfindungen zur\u00fcckf\u00fchren, werden die S\u00e4tze f\u00fcr jede einzelne und auch das, was wir \u00fcber die sekund\u00e4ren Prozesse gesagt haben, gelten; so wird auch der Farbenkontrast sich naturgem\u00e4fs aus dem Helligkeitskontrast ableiten lassen, indem er nur auf dem Kontrastgesetze f\u00fcr die Elementarhelligkeiten beruht.\nEs er\u00fcbrigt nun, das total farbenblinde System auch unabh\u00e4ngig von jeder Theorie durch Heranziehung des Experimentes zu bearbeiten und die Theorie zu pr\u00fcfen; hierzu ist aber die Darlegung von Untersuchungsmethoden und Begriffen unerl\u00e4fs-lich vor allen, wenn wir zu den h\u00f6heren Systemen aufsteigen. Wenn es auch in Anbetracht der Seltenheit totalfarbenblinder Augen kaum m\u00f6glich sein d\u00fcrfte, die angegebenen Wege zu beschreiten, so will ich doch die Arbeit genau durchf\u00fchren, weil die Durcharbeitung dieses Systems ungemein kl\u00e4rend wirkt. Ihr habe ich es zu danken, dafs ich mir \u00fcber die Begriffe Heilig-","page":334},{"file":"p0335.txt","language":"de","ocr_de":"Grundz\u00fcge einer Farbentheorie.\n335\nkeit-Intensit\u00e4t, S\u00e4ttigung-Mischung, Farbe-Wellenl\u00e4nge klar geworden bin. Gerade hier lernt man das psychische Gebiet strenge vom physikalischen scheiden; durch nicht strenge Auseinanderhaltung dieser Begriffe sind ja die Verwirrungen, die sich bei Grassmann im Wesentlichen, bei Helmholtz jedoch nur im Formellen finden und die Hering mit Recht so beklagt, entstanden.\n\u00a7 6. Das rein psychische Empfindungsgebiet.\nDie Helligkeitseindr\u00fccke, die das total farbenblinde Auge von der Aufsenwelt erh\u00e4lt, in ihrer Gesamtheit f\u00fcllen das Gebiet seiner Gesichtsempfindungen vollst\u00e4ndig aus. Um diese Eindr\u00fccke zu ordnen, wird man eine Helligkeitsskala anlegen. Man wird irgend ein Licht, wohl am besten ein homogenes, u. zw. da am zweck-m\u00e4fsigsten ein Wellenl\u00e4ngengebiet in der Umgebung der A-Linie w\u00e4hlen. Nachdem das Auge konstante Adaptation hat, wird man die Intensit\u00e4t von ihrem unteren Reizschwellenwert etwa auf das zweitausendfache dieses Wertes steigern, wobei wohl noch keine merklichen Adaptationsst\u00f6rungen stattfinden. Diese beiden Werte erzeugen ein Helligkeitsintervall, das nun passend durch fortgesetzte Teilung unter m\u00f6glichster Vermeidung des Kontrasteinflusses in gleiche Helligkeitsintervalle geteilt wird. Ein Intervall von bestimmter Gr\u00f6fse wird man als ITelligkeitseinheit betrachten. Auch da wird es sich empfehlen, eine Vereinbarung zu treffen; es d\u00fcrfte sich die Einf\u00fchrung einer Sterngr\u00f6fse als Helligkeitseinheit empfehlen, d. i. der Helligkeitsunterschied, den das Intensit\u00e4tsverh\u00e4ltnis 2 \u2022 512 erzeugt, bei einer gewissen Normalintensit\u00e4t, die sich photometrisch immer genau herstellen l\u00e4fst, und bei bester Dunkeladaptation. Als Normalintensit\u00e4t k\u00f6nnte die K\u00d6NiGsche genommen werden. (K\u00f6nig-Brodhun, Sitzungsberichte, Berlin, S. 917 ; 1888 oder K\u00f6nig, gesammelte Abh., S. 120.) Die Sterngr\u00f6fse als Einheit zu nehmen, rechtfertigt sich dadurch, dafs dieses Helligkeitsintervall fast 2000 Jahre in Gebrauch steht und nicht aus \u00e4ufserlichen Motiven gew\u00e4hlt wurde. Denn die sichtbaren Sterne wurden seit jeher (seit Ptolem\u00e4us) in sechs Klassen eingeteilt, eine Zahl, die offenbar einen ganz willk\u00fcrlichen und keinen mystischen Charakter besitzt ; sie hat sich eben durch den blofsen Helligkeitseindruck von selbst ergeben und das spricht f\u00fcr ihren psychischen Wert.","page":335},{"file":"p0336.txt","language":"de","ocr_de":"336\nEgon von Oppolzer.\nIhr Helligkeitsunterschied ist nicht zu grofs, dafs das Urteil unsicher wird, andererseits wieder nicht so klein, dafs St\u00f6rungen in der Empfindlichkeit des Auges auf sie einen Einflufs gewinnen. Nur so kann es sich erkl\u00e4ren, dafs die Sternhelligkeitssch\u00e4tzungen einen solchen Genauigkeitsgrad erlangen. Nicht etwa, dafs die Sch\u00e4tzungen durch den Vergleich mit Fundamentalsternen gewonnen wurden, sondern rein aus dem Ged\u00e4chtnis f\u00fcr den Helligkefjseindruck. Das gr\u00f6fste Helligkeits-Verzeichnis, das wir in der \u201e.Bonner Durchmusterung\u201c besitzen und, das \u00fcber 300000 Sterne enth\u00e4lt, wurde nur so erhalten, dafs die Beobachter einen Blick in das Fernrohr warfen und gleich die Sterngr\u00f6fse in Zehntelgrade (d. i. etwa 10 % in der Intensit\u00e4t) angaben ohne auf bereits gesch\u00e4tzte Sterne zu rekurrieren. Trotzdem hat sich nur ein mittlerer Fehler von 0 \u2022 2 Sterngr\u00f6fsen also von etwa 20 \u00b0/0 in der Intensit\u00e4t ergeben ; diese Sch\u00e4tzungen umfassen ein Helligkeitsintervall von \u00fcber 9 Gr\u00f6fsen-klassen, was einem Intensit\u00e4tsverh\u00e4ltnis von 1: 6000 entspricht. Hier liegt also eine Helligkeitsskala im gr\u00f6fsten Mafsstabe vor, die ohne Herbeiziehung von Intensit\u00e4tsmessungen, also physikalischen Messungen, nur rein psychologisch gewonnen wurde. Das Sicherheitsgef\u00fchl der Gr\u00f6fsenangaben war seit jeher so grofs, dafs die Astronomen lange nicht das Bed\u00fcrfnis f\u00fcr ein Photometer empfanden. Erst am Anf\u00e4nge des vorigen Jahrhunderts begann Herschel einmal nachzusehen, was denn zwischen den Helligkeiten (Sterngr\u00f6fsen) und Lichtintensit\u00e4ten f\u00fcr eine Beziehung bestehe, eine Beziehung, die bekanntlich erst Fechner durch seine Mafsformel auf ged eckt hat.\nMit diesem Normalintervall kann ich nun die Teilung bis in die Zehntel seiner Gr\u00f6fse leicht weitertreiben und, da man am besten mit Fl\u00e4chenhelligkeiten arbeitet \u2014 nicht mit Punkthelligkeiten wie bei den Sternen \u2014 noch unschwer bis auf f\u00fcnf Hundertstel, was 5 \u00b0/0 in der Intensit\u00e4t w\u00e4ren. Schliefslich wird man aber bis zu einer Grenze gelangen, wo die Helligkeitsunterschiede eben noch merklich sind \u2014 der Astronom bezeichnet ihn als \u201eStufenwert\u201c, der im Durchschnitte in der Stellarphotometrie auf etwa 0 \u2022 1 Gr\u00f6fsenklassen zu veranschlagen ist und hier deshalb so grofs ist (10 % in der Intensit\u00e4t), weil die Sch\u00e4tzung der Helligkeit punktf\u00f6rmiger Lichtquellen, die noch dazu durch die Luftunruhe, unbequeme Lage der Blickrichtung und viele andere st\u00f6rende Momente beeinflufst wird, wesentlich ungenauer","page":336},{"file":"p0337.txt","language":"de","ocr_de":"Grundz\u00fcge einer Farbentheorie.\n337\nist \u2014. Dieser eben noch merkliche Helligkeitsunterschied wird in der Skala durch eine Strecke dargestellt sein, die f\u00fcr die gesamte Theorie der Gesichtsempfindungen eine hohe Bedeutung besitzt, und die \u201eSchwellenstrecke\u201c heifsen m\u00f6ge. Ihr d\u00fcrfte bei mittleren Intensit\u00e4ten eine Intensit\u00e4ts\u00e4nderung von etwas \u00fcber 1 \u00b0/0 entsprechen. Um nun die Skala mir stets wieder ins Ged\u00e4chtnis rufen zu k\u00f6nnen, wird man zu einigen Helligkeiten die zugeh\u00f6rige Intensit\u00e4t notieren, so dafs ich stets in der Lage bin, die Skala zu fixieren und zu kontrollieren.\nDie Heranziehung der physikalischen Messungen ist hier im rein psychologischen Gebiete eigentlich unwesentlich und dient nur zur Kontrolle und genaueren Registrierung unserer Empfindungen. Sie ist eigentlich prinzipiell ebenso unn\u00f6tig, wie sie es lange Zeit bei der Sch\u00e4tzung der Sterngr\u00f6fsen war.\nBezeichnen wir die Gr\u00f6fse der Schwellenstrecke mit A E, so gestattet sie uns den rein psychologischen Begriff, den der \u201eHelligkeitsunterschiedsempfindlichkeit\u201c (H. U. E.), durch ihren reziproken Wert zu definieren, also\n(H. U.E.)\n1 * A E\nHelligkeitsunterschiedsempfindlichkeit,\ndie von der sp\u00e4ter auftretenden Intensit\u00e4tsunterschiedsempfindlichkeit wohl zu unterscheiden ist. Dieser letztere Begriff stellt eine Beziehung zwischen dem psychologischen und physikalischen Gebiete auf und leitet uns nun dazu \u00fcber, den Zusammenhang dieser beiden Gebiete f\u00fcr das total farbenblinde System zu besprechen.\n\u00a7 7. Die Abh\u00e4ngigkeit der isogenen Empfindungen\nvon der Intensit\u00e4t.\nHat man in der eben angegebenen Weise eine Helligkeitsskala auf rein psychisches Mats gegr\u00fcndet und zu jeder Helligkeit die entsprechende Intensit\u00e4t dazu geschrieben, so hat man nat\u00fcrlich damit sofort den Zusammenhang von Helligkeit und Intensit\u00e4t. St\u00ebllen wir ihn durch eine Kurve dar \u2014 die man als die Intensit\u00e4tskurve der isogenen Empfindungen bezeichnen kann \u2014, so w\u00e4hlen wir am zweckm\u00e4fsigsten als Abszisse die Intensit\u00e4t, als Ordinate die Helligkeit. Auf letzterer tragen wir unsere Skala auf. Die Kurve wird zweifellos sehr\nZeitschrift f\u00fcr Psychologie 33.\t22","page":337},{"file":"p0338.txt","language":"de","ocr_de":"338\nEgon von Oppolzer.\nnahe das logarithmisehe Gesetz befolgen und sich in.der Form\nX = A lognat (1 + bo I)\ndarstellen lassen, wo nun A und \u00a70 sich aus den gesamten Gleichungen ermitteln lassen werden. Als Normal wellenl\u00e4ngenlicht w\u00e4hlten wir die Umgebung der E Linie. Der so bestimmte Reizwert wird, wTenn wir bei Dunkeladaptation gearbeitet haben, den Normalreizwert darstellen. Haben wir zwei Helligkeitsskalen f\u00fcr Dunkel- und Helladaptation hergestellt, so werden wir zwei Intensit\u00e4tskurven und hiermit zwei spezifische Reizwerte erhalten, welch letztere das Mafs f\u00fcr die Erregbarkeit in beiden Adaptationen ahgeben.\nFig. 1.\nAus der Intensit\u00e4tskurve wird man unmittelbar die absolute Intensit\u00e4tsunterschiedsempfindlichkeit (a. I. U. E.) ablesen k\u00f6nnen. Sei durch die Strecke AE auf der Helligkeitsachse x die Schwellenstrecke angegeben, die entlang der ganzen ^-Achse nat\u00fcrlich denselben Wert besitzen mufs, wenn die geometrische Darstellung des Empfindungsgebietes vern\u00fcnftig ist, was nur der Fall ist, wenn Empfindungsgleiches durch geometrisch Gleiches und Unterschiedsgleiches durch Streckengleiches dargestellt ist, so entspricht ihr ein gewisser Intensit\u00e4tszuwachs Al, der, wie die Kurve zeigt, eben hinreicht, um die Empfindungs\u00e4nderung merklich zu machen. (Fig. 1.) Heilst der Winkel, den die Kurve im Punkte A mit der Abszissenachse macht, a, so wird aus dem kleinen Dreiecke ABC folgen:\nBC = AE = tg a \u2022 AB = tg a \u2022 Al.","page":338},{"file":"p0339.txt","language":"de","ocr_de":"Grundz\u00fcge einer Farbentheorie.\n339\nNun ist tg a A, also\nder Differentialquotient (das Gef\u00e4lle) im Punkte\ndx = dj\nDie (a. I. U. E.) wird nun offenbar durch den reziproken Wert von AI gemessen, es wird daher\n11 1\n(a. I. U. E.) = -JJ = -j-g tget = -j\u00df \u2022 Yf = abs. Intensit\u00e4tsunterschiedsempfindlichkeit\nund direkt durch den partiellen Differentialquotienten der Helligkeit nach der Intensit\u00e4t gemessen oder geometrisch durch die Tangente des Neigungswinkels der Kurve. Ich schreibe den partiellen Differentialquotienten, weil ja die Helligkeit x auch eine Funktion der Wellenl\u00e4nge ist, die Differentiation hier aber nur nach der Intensit\u00e4t 1 erfolgen darf. Dort, wo die Kurve am raschesten steigt, wird auch die gr\u00f6fste (a.I.U.E.) herrschen. Unter relativer I. U.E. wird man offenbar\n(r. I. U. E.)\n1 _ I Al~~ AE\n\u2014 rel. Intensit\u00e4tsunterschiedsempfind-\nlichkeit\nverstehen, indem als Mafs der reziproke W ert der prozentuellen Intensit\u00e4tssteigerung anzusehen ist, welchen man ja bekanntlich relative Unterschiedsschwelle nennt.\nF\u00fchren wir das FECHNERsche Gesetz in der von uns bisher gebrauchten Art ein, so wird\n\u2014 \u2014 y| 1 \u00dc = a gl> = A\n31\t1 + \u00a7 32\t1+1\t1 + !\u201eI\nund daher\nund\n(a. I. U. E.) =\n(r. I. U. E.)\nA\n\u00c4E '\nA &\nAE' 1 +\t1\nSol A \u00a3\nI+Sol\tAE 1 + g '\nDa nach dem WEBERschen Gesetze j konstant sein soll, so mufs\nauch die (r.I.U.E.) konstant bleiben, das ist wie die Formel zeigt, nur dann der Fall, wenn die Intensit\u00e4ten so grofs werden, dafs","page":339},{"file":"p0340.txt","language":"de","ocr_de":"340\nEgon von Oppolzer.\nder Einser vernachl\u00e4ssigt werden kann. Solche Intensit\u00e4ten wollen wir \u201enormale\u201c nennen. Diese Vernachl\u00e4ssigung darf strenge dann eintreten, wenn \u00a3 =\t1 >> 100 ist, weil wir\ndann nur einen 1 \u00b0/oi&en Fehler begehen, der tats\u00e4chlich unmerklich ist. F\u00fcr normale Intensit\u00e4ten gilt also das WEBERsche Gesetz streng. Es wird n\u00e4mlich dann\nA\n(r. I. U. E.) = (f\u00fcr normale Intensit\u00e4ten).\nSobald aber \u00a7 <V 100 wird, beginnt der Einser einen merkbaren Einflufs zu gewinnen und schliefslich einen \u00fcberwiegenden, so dafs man in der Reihe\nlognat (1 + I) = I \u2014 i I3 +i\u00a38\u2014-------= \u00a3 (1\u2014k \u00a7) + i\u00a78\u2014 \u2022\u2022\u2022\u2022\nbereits das quadratische Glied strenge weglassen darf; das ist der Fall, wenn \\ \u00a3 <( 0 \u2022 01 oder \u00a701 <V 0 \u2022 02 ist, da dann wieder nur 1 \u00b0/o des Reizwertes vernachl\u00e4ssigt wird. Diese Intensit\u00e4ten, die also in das Bereich\n100 > \u00a70 / > 0 \u2022 02\neingeschlossen sind, m\u00f6gen \u201ekritische\u201c heifsen. Sobald die Intensit\u00e4ten noch weiter sinken, also in das Bereich\n0 \u2022 02 > \u00a70 I > 0\nfallen, haben wir die \u201eD\u00e4mmerungsintensit\u00e4ten\u201c. F\u00fcr diese ist\nx \u2014 AS,\nund daher\ndx\nAI\nA\ndl\nA\u00c70\nund\n(a. I. U. E.)\n(r. I. U. E.)\nA\nAE A\n(f\u00fcr D\u00e4mmerungs-intensit\u00e4ten).\nAE\nioJ\nA\nAE\nDiese Intensit\u00e4ten liegen offenbar \u00e4ufserst nahe der unteren Reizschwelle und ihre Untersuchung wird wohl sehr unsicher werden.\nDie Unterschiedsempfindlichkeiten f\u00fcr Intensit\u00e4ten geben auch ein Mittel an die Hand, experimentell die Intensit\u00e4tskurven zu ermitteln; denn sie liefern Werte f\u00fcr das Gef\u00e4lle (Richtung","page":340},{"file":"p0341.txt","language":"de","ocr_de":"Grundz\u00fcge einer Farbentheorie.\n341\nder Kurve) in jedem Punkte unabh\u00e4ngig von jedem speziellen, also z. B. vom FncHNERschen Gesetze. Gehe ich von einer bestimmten Helligkeit und Intensit\u00e4t aus und bestimme ich die\n(a. I. U. E.)\n1\nJE\ndx\ndl\n1\nz/E\ntgef, so kann ich ja von Punkt\nzu Punkt a den Neigungswinkel der Kurve und hiermit den Kurvenzug erhalten. Bei dem totalfarbenblinden System wird jedoch dieser Weg sich nicht empfehlen, da eben die Elementarempfindung hier direkt bewufst wird und einfacher und genauer direkt in einer Skala festgelegt werden kann, die mir ja, wie oben gezeigt, unmittelbar die Intensit\u00e4tskurve zu konstruieren gestattet.\nDie Intensit\u00e4tskurven f\u00fcr andere Wellenl\u00e4ngen m\u00fcssen nach dem Satze der Erhaltung der Lichtgleichungen genau dieselbe Form haben. Stellen wir die Lichtgleichung f\u00fcr zwei Wellenl\u00e4ngen im Punkte A her, so m\u00fcssen sich f\u00fcr beide die Kurven v\u00f6llig decken. W\u00e4hlen wir als Intensit\u00e4tseinheiten f\u00fcr die verschiedenen Wellenl\u00e4ngen die Intensit\u00e4ten des Sonnenspektrums, so werden die Intensit\u00e4tskurven gegeneinander verschoben zu zeichnen sein, jedoch so, dafs sie durch Verschieben parallel der Achse und 1-Achse immer zur Deckung gebracht werden k\u00f6nnen. Sollte dies nicht genau stattfinden, so m\u00fcfste man auf Einfl\u00fcsse schliefsen, die das Gesetz der Erhaltung der Lichtgleichungen st\u00f6ren (Fehler im Spektralapparate, Adaptationsst\u00f6rungen, die die Konstanz der Reizwerte und zum Teil deren gegenw\u00e4rtige Verh\u00e4ltnisse st\u00f6ren.\n\u00a7 8. Die Abh\u00e4ngigkeit der isogenen Empfindungen\nvon der Wellenl\u00e4nge.\nStellen wir mit einem Spektralapparate ein Spektrum her, so sieht das totalfarbenblinde Auge ein Band von verschiedener Helligkeit. Es kann dann diese Helligkeiten in seine Skala ein-ordnen, so dafs jeder Wellenl\u00e4nge eine bestimmte Helligkeit entspricht. Man wird sich diese Abh\u00e4ngigkeit von der Wellenl\u00e4nge wieder in einer Kurve, welche die Wellenl\u00e4ngenkurve der isogenen Empfindungen g\u00fcltig f\u00fcr das Versuchsspektrum heifsen soll, anschaulich machen und als Ordinate wieder die Helligkeitsskala, als Abszisse die Wellenl\u00e4ngen w\u00e4hlen. Diese","page":341},{"file":"p0342.txt","language":"de","ocr_de":"342\nEgon vo?i Oppolzer.\nKurve hat aber keinen allgemeinen Wert, wenn man nicht die Umrechnung auf die Intensit\u00e4ten des Sonnenspektrums macht. Das kann nicht durch allgemein g\u00fcltige Tabellen gemacht werden, sondern jeder Spektralapparat mufs genau geaicht werden. Die Dispersionsverh\u00e4ltnisse und vor allen die Absorptionskoeffizienten der Prismen f\u00fcr verschiedene Wellenl\u00e4ngen sind derartig verschieden, n\u00e4mlich von der Glassorte abh\u00e4ngig, dafs f\u00fcr jeden Apparat, wenn nicht eigene Normalgl\u00e4ser und Normalspektralapparate verwendet w\u00fcrden, die Lichtschw\u00e4chung f\u00fcr die verschiedenen Spektralgebiete ermittelt werden mufs. Auch wenn man Diffraktionsgitter zur Erzeugung der Spektren verwendet, ist man vom Metall des Gitters, das immer ausw\u00e4hlendes Reflektionsverm\u00f6gen aufweist, abh\u00e4ngig, wiewohl die Aichung wegen der gleichm\u00e4fsigen Dispersion sich einfacher gestalten wird. Auch wird auf den Sonnenstand zu achten sein, der auf das Spektrum wesentlichen Einflufs gewinnt, wenn die Sonne schon tief steht, weil dann die Athmosph\u00e4re die k\u00fcrzeren Wellenl\u00e4ngen sehr stark, die l\u00e4ngeren viel schw\u00e4cher absorbiert (die Sonne r\u00f6tlich erscheint). Man wird daher den Sonnenstand notieren und zwar bei m\u00f6glichst hohem die Aichung vornehmen. Bei dieser m\u00fcssen also alle im Strahlengang befindlichen Medien mitgenommen werden, wie z. B. der Heliostat, die gesamten Mittel des Spektralapparates bis nach dem Austritte aus dem Okulare. Hat man so die Lichtverluste f\u00fcr verschiedene Wellenl\u00e4ngen bestimmt, so kann ich die Intensit\u00e4ten des Versuchs-spektrums auf die wahren des Sonnenspektrums umrechnen und mit den Intensit\u00e4tskurven des vorigen Paragraphen die wahren Wellenl\u00e4ngenkurven g\u00fcltig f\u00fcr das Sonnenspektrum erhalten. Diese sind dann von allgemeiner Bedeutung und streng vergleichbar mit Resultaten, die an anderen Orten angestellt wurden. Es wird sich empfehlen, diese Wellenkurven wieder f\u00fcr zwei Adaptationszust\u00e4nde zu konstruieren; w\u00fcrde sich das Gesetz der\nErhaltung der Lichtgleichungen auch f\u00fcr verschiedene Adaptations-\n\u2022 \u2022\nzust\u00e4nde genau bew\u00e4hren, so w\u00fcrde die \u00dcberf\u00fchrung der einen Wellenkurve in die andere dadurch stattfinden k\u00f6nnen, dafs man alle Intensit\u00e4ten der einen proportional \u00e4ndert (S. 334). Bis jetzt sind diese Kurven, die den direkten Zusammenhang der Empfindung (Helligkeit) mit den Wellenl\u00e4ngen ergeben, meines Wissens noch nicht konstruiert worden ; sie ergeben sich jedoch leicht aus den schon im wesentlichen festgelegten Wellenl\u00e4ngen-","page":342},{"file":"p0343.txt","language":"de","ocr_de":"Grundz\u00fcge einer Farbentheorie.\n343\nkurven der Eeizwerte des totalfarbenblinden Auges. Da Lichtgleichungen Reizwertgleichungen nach sich ziehen und das totalfarbenblinde Auge durch Intensit\u00e4ts\u00e4nderungen z. B. des Normallichtes (E-Linie) stets Lichtgleichungen zwischen diesem und einem Lichte anderer Wellenl\u00e4nge im Versuchs Spektrum hersteilen kann, so gewinne ich nun Reizwertgleichungen zwischen dem Normallichte und allen anderen Wellenl\u00e4ngen:\nReizwerte\tReizwerte der\ndes\tanderen Wellen-\nNormal-\tl\u00e4ngen des Ver-\nlichtes.\tsuchsspektrnms.\n& h\t-\tI\u00bb, i;\nlo T, \u2022 \u2022\th G \u2022 \u2022\n\u2022 i i\t\u2022 -\tIo \u00d9.\nSo erhalte ich also alle Reizwerte ausgedr\u00fcckt in Normaleinheiten bezogen auf die Intensit\u00e4ten des Versuchsspektrums. Reduziere ich letztere wieder auf das Sonnenspektrum, in dem wir ja alle Intensit\u00e4ten der Einheit gleichsetzen, so erhalten wir unmittelbar dann die spezifischen Reizwerte g\u00fcltig f\u00fcr Dunkeloder Helladaptation ausgedr\u00fcckt in Einheiten des spezifischen Normalreiz wertes der K-Linie und k\u00f6nnen diese wieder in einer Kurve darstellen. Das ist ja seit jeher das \u00fcbliche Verfahren gewesen, um diese Wellenl\u00e4ngenkurven der Reizwerte zu erhalten. Sie geben also keineswegs das Bild von dem Verlaufe der Helligkeiten, sondern man mufs erst, wenn mit normalen Intensit\u00e4ten gearbeitet worden ist, den Logarithmus jeder Ordinate (des Reizwertes) nehmen, um die Helligkeiten zu erhalten. Die Wellenl\u00e4ngenkurve der Helligkeiten wird daher in der N\u00e4he des Maximums flacher als die der Reizwerte verlaufen. Da sich nun die Bestimmung der Reizwerte durch Lichtgleichungen so genau und einfach gestaltet, wird der beste Weg zur Konstruktion der Wellenl\u00e4ngenkurven der Helligkeiten erst durch die Ermittlung der Kurve der Reizwerte gegeben sein, ein Weg, der jedoch schon zwei Hypothesen voraussetzt, erstens, dafs Lichtgleichungen Reizwertgleichungen bedingen, zweitens, dafs der III. GnASSMANXsche Satz erf\u00fcllt ist.\nEin weiteres Untersuchungsmittel der Gestalt der Wellenl\u00e4ngenkurven der Empfindungen bietet die Empfindlichkeit f\u00fcr","page":343},{"file":"p0344.txt","language":"de","ocr_de":"344\nEgon von Oppolzer.\nWellenl\u00e4ngenunterschiede (W.U.E.) = Wellenl\u00e4ngenunterschiedsempfindlichkeit) dar. Man kann zwei Spektren aneinander stofsen lassen, so dafs sie \u00fcberein anderliegen. Beide haben nat\u00fcrlich genau dieselbe Energieverteilung. Der Totalfarbenblinde hat nun ein Spektrum so zu verschieben, dafs er auf Wellenl\u00e4ngengleichheit mit dem anderen Spektrum einzustellen hat. Der reziproke Wert des mittleren Fehlers Jl der Einstellung wird ein Mafs f\u00fcr die (W. U. E.) geben ; es wird daher\n= (W.U.E.) = v\t7 JA\nsein. Es ist nun leicht, aus der obigen Wehenl\u00e4ngenkurve der Empfindungen den Betrag der Verschiebung JA zu bestimmen,\njr\nFig. 2.\nder dem totalfarbenblinden Auge ebenmerklich wird (Fig. 2). Ist JE wieder die Schwellenstrecke, so fragt sich, wie grofs mufs ich den Zuwachs Jh w\u00e4hlen, dafs\n3x\nJE = tg \u00df \u2022 JA \u2014 -7TT- \u2022 JA\nwird, wo nun der partielle Differentialquotient angibt, dafs die Helligkeitsfunktion nur nach der Wellenl\u00e4nge zu differenzieren ist. Also wird weiter\n(W.U.E.) =\n1\nJA\n1 dx JE * aP\nso dafs durch die Wellenl\u00e4ngenempfindlichkeit die Dichtung der Wellenl\u00e4ngenkurve ermittelt und hiermit die Kurve selbst durch-","page":344},{"file":"p0345.txt","language":"de","ocr_de":"Grundz\u00fcge einer Farbentheorie.\n345\nkonstruiert werden kann, unabh\u00e4ngig von jeder Annahme \u00fcber den Zusammenhang von Helligkeit und den physikalischen Gr\u00f6fsen. F\u00fchren wir jedoch das FECHXEusche Gesetz ein, so ist ja\ndx __\t.\t1\t__ dg\nnr ~~ A r+i ~ ~w \u2019\nwo g den Reizwert darstellt. Beziehen wir die Helligkeiten auf das Sonnenspektrum, wo wir alle Intensit\u00e4ten gleich Eins, also konstant und daher unabh\u00e4ngig von der Wellenl\u00e4nge annehmen, so d\u00fcrfen wir\ndg_\t\u00f6\u00df0[i) = j\ndl\tdl\tdl\nschreiben. Es wird dann die\n{W. U. E.)\nA\nJE\nI dg0 1 +\u00a3,/\u25a0 dX*\nSie wird dort am gr\u00f6fsten, wo die Wellenl\u00e4ngenkurve der Reizwerte das st\u00e4rkste Gef\u00e4lle besitzt. Da dies, wie die schon vorliegenden Beobachtungsresultate dieser Kurven, an zwei Stellen, bei M. und M' eintritt, hingegen dort, wo das Maximum der Kurve ist, das Gef\u00e4lle Null wird und hiermit auch die (W.U.E.), so kann man Voraussagen, dafs die Kurve der (W.U.E.) die in der Figur 2 angedeutete Form haben wird. An den Enden des Spektrums und bei der E-Linie Null, mit zwei Maximis in der Gegend zwischen der F-Linie und bei der D-Linie. Die (W.U.E.) ist das, was man gew\u00f6hnlich die Farbenempfindlichkeit nennt. Dieser Ausdruck ist aber im totalfarbenblinden und auch partiellfarbenblinden System verwirrend. Die (W.U.E.) ist ein Begriff, der einen Zusammenhang der psychischen und der physikalischen Lichterscheinungen darstellt. Sie wird streng von der Farbenempfindlichkeit (F. U.E.) getrennt werden m\u00fcssen, die eine rein psychologische Definition ebenso wie die (H.U.E.) erfordert, jedoch aber erst im normalen Farbensystem abgehandelt werden kann (IV. Abschnitt), nachdem hier im totalfarbenblinden System eben die drei Dimensionen Farbe, S\u00e4ttigung und Helligkeit in eine, die Helligkeit, zusammenfallen.","page":345},{"file":"p0346.txt","language":"de","ocr_de":"346\nEgon von Oppolzer.\nDie\nAbh\u00e4ngigkeit der heterogenen\nvon der Intensit\u00e4t.\nEmpfindungen\nF\u00e4llt ein Mischlicht, das aus mehreren Lichtern verschiedener\nWellenl\u00e4nge zusammengesetzt ist, auf das totalfarbenblinde Auge,\nso erzeugt es eine \u201eheterogene\u201c Empfindung oder heterogene\n\u2022 \u2022\t___\nHelligkeit. Andern wir nun die Intensit\u00e4ten s\u00e4mtlicher Koni'\nponenten in gleichem Verh\u00e4ltnisse, so werden wir eine Intensit\u00e4tskurve der heterogenen Empfindung erhalten, die nach dem III. G\u00dfASSMAisusschen Satze in der Form mit den Intensit\u00e4tskurven der isogenen Empfindungen ganz genau \u00fcbereinstimmen mufs. Selbstverst\u00e4ndlich ergibt sich dies auch aus unseren Formeln. Stellen wir eine Lichtgleichung zwischen einer isogenen Helligkeit x und einer heterogenen x her, die aus den Reizwerten ^\u2022 \u2022 \u2022 \u2022 besteht, so wird sein :\n/\n/y*\t-- /y\u00bb\ntAs *- tAj\noder\nA log (1 -f- \u00a3) = A log (1 +\t+ |2 +-------)\noder, wenn wir die spezifischen Reizwerte einf\u00fchren:\nA log (1\t\u00a30i~) = A log (1 -j-\t\u00a7o2 L -p.. \u2022 .J,\nwas so geschrieben werden kann :\nA log [1 + (\u00a30) I] = A log\nI + | ?Oi + \u00a3o2\nd. h. aber, dafs sich das Mischlicht wie ein homogenes mit dem spezifischen Reiz werte |\u00a70l -j- \u00a702\t\u2014j- ... .j verh\u00e4lt, wenn alle In-\ntensit\u00e4tsverh\u00e4ltnisse\nh k\n11 \u2019 h\nkonstant gehalten werden. Diese Kurven bieten also kein wesent-, liches Interesse.\nSteigern wir aber nur die Intensit\u00e4t einer einzigen Komponente, so wird die Form der Kurve wesentlich ge\u00e4ndert, weil die Reizwerte der unge\u00e4ndert gebliebenen Komponenten Einflufs gewinnen. So werden diese Kurven erm\u00f6glichen, das Mischgesetz zu pr\u00fcfen. Haben wir z. B. ein Mischlicht mit zwei homogenen","page":346},{"file":"p0347.txt","language":"de","ocr_de":"Grundz\u00fcge einer Farbentheorie.\n347\nKomponenten, so wird nach unserem Mischgesetze die Helligkeit\nX(l 2) = A i\u00b0g (1 + \u00eal 4\u201c Ss) \u2014 A l\u00b0g (1 4\" \u00a3l -j\u201c bo2L>),\nwomit der Zusammenhang der Helligkeit mit der \u00c4nderung der Intensit\u00e4t J2 nur des einen Lichtes ersichtlich ist und rechnerisch vorhergesagt werden kann, wenn ich die Helligkeiten und Reizwerte der Komponenten ermittelt habe. Die Mischlichter geben also auch ein Mittel an die Hand, um die Reiz werte anderer Wellenl\u00e4ngen zu ermitteln, wenn ein Reizwert zugrunde gelegt wird.\nAuch hier werden wir zu neuen physikalischen Empfindlichkeiten gef\u00fchrt. Ich kann die Frage auf werfen: Um wieviel mufs ich die Intensit\u00e4t I einer Komponente des Mischlichts \u00e4ndern, damit dies f\u00fcr die Empfindung ebenmerklich wird. Nenne ich die Summe der Reiz werte der \u00fcbrigen Komponenten fm, so ist die Helligkeit des Mischlichtes\nX = A log (1 4\u201c\t4\u201c \u00a3 ) \u2014 A log (1 4\u201c bm 4~ bo 1)*\nSteigere ich die Intensit\u00e4t der einen Komponente um AT, so wird x auf x wachsen; es wird\nX A log [1 4\"\t4~ \u00a3o (I 4~ Al)] A log [1 4\u201c bm 4~ 5 4\u201c \u00a70 Al ]\nsein. Ist die Differenz x\u2014x nun gleich der L\u00e4nge der Schwellenstrecke AE, so wird die Empfindung eine ebenmerkliche \u00c4nderung erleiden; es wird also sein\nAE = x \u2014 x oder entwickelt :\nAE\nA log\n14-\n\n1 + &.4-S\n- AI\nA So\n1 4\u201c bm 4\" S\nw- \u2022 AI.\nSelbstverst\u00e4ndlich kann diese Formel auch allgemein analog den fr\u00fcheren Betrachtungen abgeleitet werden ohne sofortige Heranziehung des FECHNE\u00dfschen Gesetzes. Es mufs offenbar wieder die Intensit\u00e4ts\u00e4nderung Al der einen Komponente so werden, dafs\n\" - \u00a5r ^\nwo der partielle Differentialquotient nur nach der Intensit\u00e4t dieser Komponente zu nehmen ist.\nBildet man ihn mit Heranziehung des FECHNERschen Gesetzes , so stimmt nat\u00fcrlich das Resultat mit dem eben ab-","page":347},{"file":"p0348.txt","language":"de","ocr_de":"348\nEgon von Oppolzer.\ngeleiteten \u00fcberein. Die absolute Intensit\u00e4tsmisch-empfindlichkeit (a. I.M.U.E.), die mir angibt, wieviel ich zu einem Mischlicht von einer Komponente noch dazumischen mufs, um an der Mischung etwas zu merken, wird wieder durch den reziproken Wert von El gemessen werden k\u00f6nnen; AT wird man als absolute Intensit\u00e4tsmischunter-schiedsschwelle bezeichnen. So hat man:\n1\nabs. Intensit\u00e4tsmischempfindlichkeit 1 \u00f6x A\n(a. I. M. \u00fc. E.) === a i:\nAT\nAE \u00d4T\nAE l + \u00a3m + \u00a7' AE 1 + g-\nSie ist dem spezifischen Reizwerte der gesteigerten Komponente direkt proportional. Im Nenner steht neben dem Einser \u00a3m + \u00a3' = 5, d. i. der Reiz wert des gesamten Mischlichtes.\nWir k\u00f6nnen nun wieder nach der prozentuellen Intensit\u00e4tssteigerung einer Komponente des Mischlichtes fragen und gelangen so auf den Begriff der relativen Intensit\u00e4tsmischunterschiedsschwelle\tund ihrem reziproken\nWerte, der relativen Intensit\u00e4tsmischempfindlichkeit (r.I.M.U.E.); sie ergibt sofort aus der (a. I.M.U.E.) zu:\nA T A\n(r.I.M.U.E.) = T (a.I.M.U.E.\n\u00a3'\nS\nAE l + \u00a3 AE 1 + 5\nF\u00fcr normale Intensit\u00e4ten ist sie also proportional dem Reizwerte \u00a3' der gesteigerten Komponente und umgekehrt proportional dem gesamten Reizwerte \u00a3 ; sie gibt also gleichsam das Gewicht an, mit welchem die gesteigerte Komponente im Mischlichte enthalten ist. Diese Bedeutung wird ihr nicht weniger wie ein anderer Umstand hohe Wichtigkeit f\u00fcr die h\u00f6heren Systeme erteilen, der darin besteht, dafs sie (r.I.M.U.E.) dort das sein wird, was man die f\u00e4rbende Kraft nennt. Sie mufs wieder wohl von dem rein psychischen Begriffe der S\u00e4ttigungsempfindlichkeit (S. U.E.), der erst in den h\u00f6heren Systemen auftreten wird, unterschieden werden; denn S\u00e4ttigung und Mischung geh\u00f6ren total verschiedenen Welten an. Es gibt homogene Lichter, die bei Intensit\u00e4tssteigerung trotz ihrer physikalischen Reinheit sehr unges\u00e4ttigt werden. Doch wird uns das erst in den folgenden Abschnitten besch\u00e4ftigen k\u00f6nnen.","page":348},{"file":"p0349.txt","language":"de","ocr_de":"Grundz\u00fcge einer Farbentheorie.\n\u00a7 10. Die Abh\u00e4ngigkeit der heterogenen Empfindungen von der\nW ellenlange.\nLiegt ein Mischlicht vor, so kann ich blofs eine Komponente unter Belassung der anderen das Spektrum durchlaufen lassen. So k\u00f6nnte ich eine Wellenl\u00e4ngen kurve der heterogenen Empfindungen erhalten. Aus dem Fechxebsehen Gesetze ergibt sie sich, wenn wir in\ns = A log (1 + ^+ \u00a3//')\nz. B. das \u00a3Y alle spezifischen Beiz werte des Sonnenspektrums durchlaufen lassen. Ebenso ergibt sich von selbst der Begriff der Wellenl\u00e4ngenmischempfindlichkeit (W.M.U.E.).\nHaben wir wieder zwei Spektren \u00fcbereinander verschiebbar eingerichtet, so kann ich das eine Spektrum gegen das andere beliebig weit verschieben und nun beliebige zwei \u00fcbereinanderliegende Wellenl\u00e4ngen mischen. Ich werde nun das eine Spektrum um einen Betrag Al' erst verschieben m\u00fcssen, damit ich es an der Mischung eben merke. Dies gibt mir die Wellenl\u00e4ngenunterschiedsmischschwelle Al' und ihren reziproken Wert die (W. M. U.E.). Ganz analog zu den vorhergehenden Betrachtungen ergibt sich wieder:\n1\nWellenl\u00e4ngenmischempfindlichkeit (W.M.U.E.) = \u2014\u2022 ;, \u2022 ==\n_ 1 \u00f6x ______ A\tI\t\u00e2\u00a70' A T \u00e4\u00a7o'\n~ AE * \u00f6l' \u2014 AE' 1+ &\u00bb + \u00a3'....\u00f6l' AE* l+\u00a7 \u00f6l' 1\nwo der partielle Differentialquotient nur nach dem spezifischen Reizwerte der ver\u00e4nderten Komponente zu nehmen ist und wieder beim Durchlaufen des Spektrums das Sonnenspektrum (I = constans) vorausgesetzt wird; sonst m\u00fcfste man noch bei der partiellen Differentiation auch das I mitnehmen.\nAuch diese physikalische Empfindlichkeit wird erst bei den h\u00f6heren Systemen besondere Bedeutung erhalten und ein experimentelles Mittel zur Untersuchung der Elementarempfindungskurven, die uns ja dort nicht direkt wie hier gegeben sind, sondern erst aus scheinbaren Koordinaten: Helligkeit, S\u00e4ttigung und Ton und den mannigfach variierten Versuchen erschlossen werden m\u00fcssen. Alle nun definierten physikalischen Empfindlichkeiten (a. I.U.E.), (r. I.U.E.), (W.U.E.), (a.I.M.U.E.), (r.I.M.U.E.)","page":349},{"file":"p0350.txt","language":"de","ocr_de":"350\nEgon von Oppolzer.\nund sehliefslich die (W. M. U. E.) reichen zur Erforschung der Elementarempfindungen bei den h\u00f6heren Systemen aus und m\u00fcssen nun entsprechend verallgemeinert werden. Mit dem hier schon eingeschlagenen Gedankengang und den Auseinandersetzungen des I. Abschnittes wird dies keine prinzipiellen Schwierigkeiten mehr bieten. Es m\u00f6gen nun hier noch die sich sofort ergebenden Beziehungen zwischen den verschiedenen Empfindlichkeiten herabgesetzt werden, wie sie f\u00fcr das totalfarbenblinde System durch Heranziehung des FECBNERschen Gesetzes folgen:\n(r. I. U. E.) = I \u2022 (a. I. \u00fc. E.)\n(r. I. M. U. E.) = T \u2022 (a. I. M. U. E.)\n(a. I. M. U. E.) = -t- \u2022 (a. I. U. E.)\nS 0\n(r. I. M. U. E.) = -f- \u2022 (r. I. U. E.)\ns\n(W.M.U.E.) = -4--fW.U.E.)\ndl\n\\\nDie gestrichelten Gr\u00f6fsen beziehen sich auf die in der Mischung ver\u00e4nderten Komponenten. Die Gleichungen gelten nur, wenn Lichtgieich-ungen zwischen dem homogenen und heterogenen Lichte hergestellt sind, so dafs die Reizwerte beider Lichter \u00e4quivalent sind.\n\u00a7 11. Das New ton sehe Mischungsgesetz.\nIn \u00a7 6 haben wir auseinandergesetzt, wie das reine Empfindungsgebiet in einer Dimension, in einer Skala, dargestellt werden kann, wo Erapfindungsgleiches und Empfindungsunterschiedsgleiches durch geometrisch Gleiches dargestellt ist. So eine Skala gibt das einzig richtige Bild des Empfindungsgebietes. Man kann aber auch die Empfindungen durch ihre Heizwerte darstellen, indem das Reiz wertgebiet geometrisch durchkonstruiert wird. Es entspricht dann jedem Punkte im psychologischen Gebiete nur ein Punkt im physiologischen (Reizwert-) Gebiete und umgekehrt. Nachdem wir wissen, dafs im totalfarbenblinden System alle Empfindungen durch Intensit\u00e4ts\u00e4nderungen einer Wellenl\u00e4nge hervorgebracht werden k\u00f6nnen, ferner unter der Annahme, dafs es ein Mischgesetz (oder, was dasselbe ist, den III. GaASSMANNschen Satz) gibt, haben wir in \u00a7 4 gezeigt, dafs es notwendig eine Funktion, die proportional der Intensit\u00e4t und deren Proportionalit\u00e4tsfaktor blofs von der Wellenl\u00e4nge abh\u00e4ngt, geben mufs ; dafs es also einen Reizwert geben mufs, der das Pro-","page":350},{"file":"p0351.txt","language":"de","ocr_de":"Grundz\u00fcge einer Farbentheorie.\n351\ndukt aus dem spezifischen Heizwerte und der Intensit\u00e4t ist ; ferner hat sich ergeben, dafs sich bei Mischungen diese Reizwerte einfach addieren. Mithin wird die geometrische Darstellung des physiologischen Gebietes keine Schwierigkeiten bieten. Man wird die Reizwerte auf einer Geraden auftragen, den Nullpunkt bei der Intensit\u00e4t Null ansetzen. Den spezifischen Reizwert des Normallichtes der E- Linie wird man als Einheitsstrecke vom Nullpunkte in beliebigem Mafsstabe auftragen, er gibt den Reizwert der Intensit\u00e4tseinheit an. Die anderen Reiz werte dieses Normallichtes werden dann im Verh\u00e4ltnisse der Intensit\u00e4ten aufgetragen.\nMan hat hiermit eine Reizwertskala f\u00fcr das Normallicht gewonnen. F\u00fcr eine andere Wellenl\u00e4nge wird man so Vorgehen, dafs man ihren Reizwrert des Sonnenspektrums durch Intensit\u00e4ts\u00e4nderung gleich dem spezifischen Normalreizwerte macht. Die Intensit\u00e4ts\u00e4nderung gestattet nun, ihren spezifischen Reizwert rechnerisch zu ermitteln und als Strecke auf unserer Skala aufzutragen. So wird jede andere Wellenl\u00e4nge einen Punkt auf der Skala ergeben, dessen Abstand vom Ursprung ihren spezifischen Reizwert darstellt. Auf diese Weise wird Streckengleiches auch Reizwertgleiches und bei Mischungen kann ich einfach, um den Reizwert des Mischlichtes zu erhalten, die einzelnen Strecken als Repr\u00e4sentanten der Reizwerte der zu mischenden Lichter addieren; wrenn zwei Strecken gleich sind, m\u00f6gen sie auch auf gemischte Lichter sich beziehen, so kann ich immer eine f\u00fcr die andere setzen, das Resultat bleibt dasselbe. Mit Reizwertgleichungen kann ich also ebenso wie mit wahren Gleichungen operieren.\nAus der Reizwertskala kann ich stets entnehmen, welche Empfindung einem bestimmten Punkte entspricht und hierin beruht ihr psychologischer Wert. Aber ihre Bedeutung liegt auch darin, dafs sie so einfach fast unmittelbar durch die beobachteten Gr\u00f6fsen (Intensit\u00e4ten) konstruiert werden kann. Sie aber als ein Abbild des psychologischen Gebietes zu betrachten, w\u00e4re ganz verfehlt ; denn, wenn auch gleichen Abszissen der Reizwertskala gleiche Abszissen in der Empfindungsskala (Helligkeitsskala) entsprechen, entsprechen nicht gleichen Unterschieden der Empfindungen gleiche Unterschiede der Reizwerte. Die gegenseitigen Verh\u00e4ltnisse in beiden Skalen sind eben ganz andere. Die Reizwertskala bildet gleichsam ein Inventar f\u00fcr","page":351},{"file":"p0352.txt","language":"de","ocr_de":"352\nEgon von Oppolzer.\ndie Empfindung, geordnet nach physiologischen aber nicht psychologischen Prinzipien.\nMan kann das eindimensionale Reizwertgebiet auch nach Newtons Vorschlag darstellen. Jedes homogene Licht wird durch einen Punkt in der Ebene repr\u00e4sentiert, seine Intensit\u00e4t durch ein in ihm angreifendes Gewicht (Quantum) ; so wird f\u00fcr ein bestimmtes Licht auch eine mechanische Darstellung gewonnen. Stelle ich Reizwertgleichungen anderer Wellenl\u00e4ngen mit diesem her, so erhalte ich f\u00fcr jede Wellenl\u00e4nge \u00e4quivalente Quanta (Spaltbreiten). Da diese Lichter vollkommen empfindungsgleich mit dem ersten Lichte sind, so habe ich nach Newton auch diese Lichter in denselben Punkt zu verlegen und die entsprechenden Quanten f\u00fcr jede Wellenl\u00e4nge zu w\u00e4hlen. Die NEWTONsche Lichttafel schrumpft f\u00fcr das eindimensionale totalfarbenblinde Gebiet in einen Punkt zusammen. Nach Newtons Mischregel mufs nun das Quantum (Spaltbreite) des Mischlichtes gleich der Summe der Quanta der Komponenten sein. Dies bleibt nach obigen Auseinandersetzungen tats\u00e4chlich erf\u00fcllt, nur mufs ich vorher f\u00fcr jede Wellenl\u00e4nge die einer Normalwellenl\u00e4nge \u00e4quivalenten Spaltbreiten durch Reizwertgleichungen bestimmt haben. Dann addieren sie sich ja. Die Tatsache, dafs die Empfindung irgend eines Wellenl\u00e4ngenlichtes stets durch eine bestimmte andere eines Normallichtes hervorgerufen werden kann, und die Annahme, dafs es ein Mischgesetz gibt, gen\u00fcgen im totalfarbenblinden Systeme die Richtigkeit der NEWTONsehen Regel darzutun. Dieselbe dr\u00fcckt eben nichts anderes aus, als dafs sich bei Mischungen die Reiz werte addieren. Das hat allerdings f\u00fcr die h\u00f6heren Systeme erst klar Hebing in seiner Schrift \u00fcber das NEWTONsche Mischungsgesetz (Lotos-Jahrbuch 7 ; Prag 1887) ausgesprochen, nachdem Geassmann die wesentlichsten Punkte, (wenn auch mit ziemlich verwirrter Terminologie), die zur Aufstellung der NEWTONsehen Mischregel gen\u00fcgen, hervorgehoben hat. Der einzig schwache Punkt in Heeings Beweis bildet die Einf\u00fchrung der Valenzen, die eigentlich ohne Begr\u00fcndung direkt proportional der Lichtintensit\u00e4t gesetzt werden. Es fehlt da der Nachweis, dafs es so eine Funktion geben mufs. Da sich dieser, wie oben gezeigt, auch aus der Existenz eines Mischgesetzes ergiebt, so wird erst damit Heeings Behauptung der \u00c4quivalenz von dem Grunds\u00e4tze (der ja mit der Existenz eines Mischgesetzes identisch ist) dafs Gleiches zu Gleichem addiert, wieder","page":352},{"file":"p0353.txt","language":"de","ocr_de":"Grundz\u00fcge einer Farbentheorie.\n353\nGleiches gibt, und der NEWTOxschen Mischregel f\u00fcr das totalfarhenblinde System bewiesen.\nDer Umstand, dafs die Reiz werte den Intensit\u00e4ten proportional sind und sich bei Mischungen addieren, berechtigt dazu, sie ganz analog wie Kr\u00e4fte zu behandeln, deren Mafs die Lichtintensit\u00e4ten (Spaltbreiten) sind. Hier in unserem Systeme fallen alle Kraftrichtungen in eine zusammen und so tritt die einfache algebraische Summation auf.\nF\u00fcr D\u00e4mmerungsintensit\u00e4ten (\u00a7 5) werden die Empfindungen (Helligkeiten) proportional den Heizwerten. Hieraus ergiebt sich, dafs f\u00fcr diese Intensit\u00e4ten das physiologische (Reizwert-) Gebiet mit dem psychologischen (Empfindungs-) Gebiet identisch wird. Da wird die Reizwertskala auch ein richtiges Bild der Helligkeitsskala darstellen. Je mehr wir zu den normalen Intensit\u00e4ten \u00fcbergehen, desto mehr verzerrt sich in der Reizwertskala das psychologische Gebiet..\n\u00a7 12. Zur Lichtperzeption.\nNachdem die Lichtempfindungen des totalfarbenblinden Auges nur aus einer Mannigfaltigkeit bestehen, so schliefsen wir, dafs auch der physiologische Vorgang eindimensional ist. Trifft also ein Lichtstrahl auf ein Element der Retina, so l\u00f6st er nur eine einzige Reizgr\u00f6fse los und eine Empfindungsst\u00e4rke. Die benachbarten Elemente m\u00fcssen denselben spezifischen Reizwert\n( ~\u00b0= iv) besitzen un(^ dieselbe Unterschiedsempfindlichkeit (A).\nDann kann nach unseren Anschauungen niemals eine komplexe Empfindung, eine Farbenempfindung, auftreten. Man kann annehmen, dafs im totalfarbenblinden Auge die entsprechenden Elemente des normalen Auges fehlen und nur eine Erregung immer \u00fcbrig bleibt oder, was doch wahrscheinlicher ist, dafs die Elemente dieselben bleiben, aber nicht differenziert sind. Will man sich die Farbenperzeption mit Hilfe der d\u00fcnnen Pl\u00e4ttchen der Aufsenglieder erkl\u00e4ren, wie dies im I. Abschnitt \u00a7 2 geschehen ist, so w\u00fcrde gen\u00fcgen, dafs im total farbenblinden Auge ein Pl\u00e4ttchenzerfall eingetreten ist. Dieser hebt ja nach den Darlegungen die Differenzierung der Erregungen und damit der Empfindungen auf. Selbstverst\u00e4ndlich w\u00fcrde auch das Fehlen der Zapfen und blofse Funktionieren undifferenzierter St\u00e4bchen die einfache Mannigfaltigkeit des Systems erkl\u00e4ren.\nZeitschrift f\u00fcr Psychologie 33.\n23","page":353},{"file":"p0354.txt","language":"de","ocr_de":"Egon non Oppolzer.\nBessere Anhaltspunkte werden wir aber erst gewinnen, wenn wir zu den h\u00f6heren Systemen aufsteigen und dann die Empfindungen vergleichend in beiden Systemen analysieren werden. Doch hat die rein physiologische Frage hei der psychophysischen Theorie der Gesichtsempfindungen keine wesentliche Bedeutung. Gelingt es der letzteren, durch Gleichungen den Zusammenhang zwischen den psychischen und physikalischen Gr\u00f6fsen herzustellen, so ist eigentlich alles n\u00f6tige geleistet. Ich habe in diesem Abschnitte gezeigt, dafs die Annahme eines Mischgesetzes in Verbindung mit Fechneks Gesetz allein zur Aufstellung der Theorie gen\u00fcgt.\n(Eingegangen am 21. August 1903.)","page":354}],"identifier":"lit32914","issued":"1903","language":"de","pages":"321-354","startpages":"321","title":"Grundz\u00fcge einer Farbentheorie. II. Abschnitt: Zur Theorie der eindimensionalen Gesichtsempfindungen oder des totalfarbenblinden Systems","type":"Journal Article","volume":"33"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T16:36:54.744531+00:00"}