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{"created":"2022-01-31T15:00:10.480008+00:00","id":"lit32916","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane","contributors":[{"name":"Zwaardemaker, H.","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane 33: 401-423","fulltext":[{"file":"p0401.txt","language":"de","ocr_de":"401\nDie Empfindlichkeit des Ohres.\nVon\nH. Zwaardemaker in Utrecht.\nDie Empfindlichkeit des menschlichen Ohres ist in den Mitteloktaven aufserordentlich grofs. Luftschwingungen von so verschwindend kleiner Amplitude, dafs die heutige Physik uns kein Mittel hergibt, um sie sichtbar zu machen, verursachen einen lauten Schall. Es hat nicht an Sch\u00e4tzungen dieser ungemein kleinen Energiemengen gefehlt. Die T\u00f6ne z. B., zu deren Beobachtung das Sinnesorgan am besten geeignet ist, werden bereits h\u00f6rbar, wenn eine Schallmenge weniger als Vioooooooo eines Ergs in unser Ohr gelangt. Wenn man sich nun vergegenw\u00e4rtigt, dafs ein Erg selber bereits eine sehr kleine Einheit ist und nicht mehr als 1 */42000ooo einer Gramm-Kalorie entspricht, kommt man wirklich zu einer minimalen Gr\u00f6fse, unendlich viel kleiner z. B. als die Verbrennungsw\u00e4rme eines K\u00f6rnchens einer chemischen Verbindung. Wien hat diesem Verhalten Ausdruck gegeben, indem er sagte, wir w\u00fcrden einen Grashalm wachsen h\u00f6ren k\u00f6nnen, wenn wir nur \u00fcber Mittel verf\u00fcgten, um seine dabei aufgespeicherte Energie in Schall \u00fcberzuf\u00fchren.\nNicht \u00fcberall in der Skala aber ist das menschliche Ohr so aufserordentlich empfindlich. Sobald man das Gebiet der in der Musik verwendeten Tonh\u00f6hen (C~1 \u2014 fh) verl\u00e4fst, nimmt die Empfindlichkeit rasch ab und in der N\u00e4he der Grenzt\u00f6ne sind sogar bedeutende und physikalisch leicht demonstrierbare Energiemengen sensoriell un wahrnehmbar.\nDie \u00e4ufsersten Grenzen der menschlichen Tonleiter habe ich fr\u00fcher auf .\u00c9V3 und e1 bestimmt.1 Die untere dieser beiden\n1 H. Zwaardemaker : Ned. Tydschr. v. Gen. 2, S. 737; 1890. \u2014 Archiv f.\nOhrenheilk. 82, S. 53; 85, S. 299.\nZeitschrift f\u00fcr Psychologie 33.\n26","page":401},{"file":"p0402.txt","language":"de","ocr_de":"402\nIL Ziuaardemaker.\nGrenzen l\u00e4fst sich jetzt nicht mehr aufrecht halten, denn van Schaik 1 hat seitdem dargetan, dafs so ausgiebige Schallschwingungen als hier erforderlich sind, notwendig zur Bildung von Obert\u00f6nen in der Luft Veranlassung geben auch dann, wenn die Schall erzeugende Lamelle, wie in unserem Falle, urspr\u00fcnglich reine Sinusschwingungen ausf\u00fchrt. Wahrscheinlich also ist nicht E~3 = 10 Schwingungen, sondern E 2 = 20 Schwingungen in unseren Versuchen der wirkliche Grenzton gewesen, was mit dem an reinen Xntermittenzt\u00f6nen erworbenen Resultaten Sch\u00e4fers \u00fcbereinstimmt.2\nDer obere Grenzton f7 ist wahrscheinlich richtig. Er ist wenigstens der h\u00f6chste Ton der praktisch mit reinen Schallquellen (Klangst\u00e4be, Stimmgabeln) erreicht worden ist. Zwar glaubt Edelmann 3 mit seiner Galtonpfeife noch h\u00f6here h\u00f6rbare T\u00f6ne hervorgebracht und damit sogar KuNDTsche Staubfiguren bekommen zu haben, aber jene Versuche haben der Kritik C. S. Myers\u2019 4 nicht standgehalten. Will man vollkommen sicher gehen, so hat man f1 als h\u00f6chst h\u00f6rbaren Grenzton anzunehmen.5\nWir wollen versuchen die Energiemenge, welche den Schallquellen dieser Grenzt\u00f6ne innewohnt, abzusch\u00e4tzen.\nUnterer Grenzten. Man denke sich einen Ton von 20 doppelten Schwingungen durch eine AppuNNsche Drahtgabel hervorgerufen. Das lauschende Ohr befinde sich in der Symmetrieebene auf 5 cm vom Rande der schwingenden Scheibe in einer Richtung normal auf die Schwingungsebene. Mittels eines angeklebten Schreibstiftes registriere die Gabel ihre Ausschl\u00e4ge auf dem horizontalen rotierenden Zylinder eines Kymographions. Unter diesen Umst\u00e4nden bestimmte ein mit normaler H\u00f6rsch\u00e4rfe begabter Arzt die seiner Reizschwelle entsprechende Doppelamplitude auf 1,3 cm, eine Sekunde sp\u00e4ter auf 1,1 cm (Mittel aus 11 Beobachtungen). Auf die wirkliche L\u00e4nge der Drahtgabel (Mitte der Scheiben) reduziert, ergab dies eine Doppelamplitude von 1 cm, resp. 0,85 cm. Ich bestimmte nun durch Volummessung die Mafse der Scheiben zusammen auf 87 g (der Gewichtsverlust in Wasser betrug 10,4 g, das Material, aus welchem\n1\ty. Schaik: Arch. N\u00e9erlandaises 29, S. 87.\n2\tK. L. Sch\u00e4ker findet 16 als Grenzton, diese Zeitschr. 21, S. 172.\n3\tEdelmann: Zeitschr. f. Ohrenheilkunde 36, S. 335.\n4\tG. G. Myers : Journal of Physiology 28, S. 407.\n5\tVgl. O. Stumpe u. M. Meyer: Ann. d. Physik u. Chemie N. F. 61, S. 770.","page":402},{"file":"p0403.txt","language":"de","ocr_de":"Die Empfindlichkeit des Ohres\n403\nsie gefertigt, war Gufsmessing, dessen spezifisches Gewicht auf 8,4 angegeben wird).\nDie potentielle Energie einer schwingenden Bewegung wird von den physikalischen Lehrb\u00fcchern (m = Mafse, a = Amplitude, T = Schwingsungsdauer) zu\nangegeben. F\u00fchrt man in diese Formel die obengenannten Gr\u00f6fsen ein, so findet man f\u00fcr die potentielle Energie der Gabel 85 782 Erg, eine Sekunde sp\u00e4ter 61 763 Erg. Der Verlust betr\u00e4gt also 24019 Erg.\nOberer Grenzten. Bei einer fr\u00fcheren Gelegenheit1 2 * fand ich die T\u00f6ne des kleinen K\u00f6xioschen Galtonpfeifchens bis zu folgenden Entfernungen h\u00f6rbar:\na6 bis auf 43 m W\t\u201e\t\u201e\t4,50\t\u201e\nc7\t\u201e\t\u201e\t3,00\t\u201e\nCIS7\t\u201e\t\u201e\t0,50\t\u201e\nd7\t\u201e\t\u201e\t0,10\t\u201e\ndis7\t\u201e\t\u201e\t0,01\t\u201e\nZu jeder Seite einen Halbton extra - polierend darf man also annehmen, dafs g6 ungef\u00e4hr bis auf 10000 mal weitere Entfernung als e1 h\u00f6rbar war.\nDie Beziehung zwischen Schallst\u00e4rke und Entfernung ist wiederholt Gegenstand physikalischer Untersuchungen gewesen. Theoretisch nimmt der Schall nat\u00fcrlich ab wie die 2. Potenz der Entfernung. Jedoch empirisch hat man das Gesetz nur im freien Felde und f\u00fcr gr\u00f6fsere Distanzen best\u00e4tigt gefunden. Innerhalb der R\u00e4umlichkeiten eines Wohnhauses, im Garten, Promenaden nsw. findet die Abnahme des Schalles gewifs nicht in dieser Weise, sondern wahrscheinlich wegen mannigfacher Reflexionen, ungef\u00e4hr proportional der 1. Potenz der Entfernungen, statt. Vierordt 2 hat hierf\u00fcr einige Zahlenbel\u00e4ge angef\u00fchrt und die t\u00e4gliche Erfahrung der Ohren\u00e4rzte stimmt mit dieser Vierordt-schen Angabe \u00fcberein. Wenn wir letztere vorl\u00e4ufig akzeptieren,\n1\tZwaakdemaker : Zeitsclir. f. Ohrenheilkunde 24, S. 303 ; 1893.\n2\tK. y. Vieroedt: Die Schall- und Tonst\u00e4rke und das Schallleitungs-\nverm\u00f6gen der K\u00f6rper. S. 235. 1885.\n26*","page":403},{"file":"p0404.txt","language":"de","ocr_de":"404\nH. Zivaardemaker.\nw\u00fcrde aus der Tatsache, dafs in unserem Falle g6 des K\u00f6nig-schen Galtonpfeifchens 10000 mal weiter h\u00f6rbar war als e7 desselben Pfeifchens, zu folgern sein, dafs damals g7 bei derselben physikalischen Intensit\u00e4t 10000 mal lauter als e7 geklungen hat, 10000 mal lauter, weil es in 10000 mal gr\u00f6fserer Entfernung wahrgenommen werden kann.\nDie zum H\u00f6rbarmachen von g6 erforderliche, der str\u00f6menden Luft entnommene, Energie haben Quix und ich1 fr\u00fcher auf 49000 Erg pro Sekunde berechnet. Die Bestimmungen geschahen damals nach einer von Rayleigh angegebenen Methode aus der bei g\u00fcnstigstem Lippenstand zum Anblasen der Pfeife verwendeten Luftmenge und aus dem Druck, unter welchem diese entstr\u00f6mte. Dabei wurde ersterer aus der mit Hilfe eines Anemometers aufgenommenen linearen Geschwindigkeit abgeleitet, was erlaubt schien, weil wir den gefundenen Zahlen vergleichenden Wert zukennen wollten. Nun haben sp\u00e4tere Versuche mir ergeben , dafs die lineare Stromgeschwindigkeit nicht in allen Punkten des Areals eines Anemometers die gleiche ist. Sie zeigt sich in den Randschichten bedeutend geringer als in den axialen Teilen des Stromes, so dafs die am Z\u00e4hlwerk abgelesene Geschwindigkeit auch nach Anbringung der vorgeschriebenen Korrektur nicht ohne weiteres der mittleren Geschwindigkeit entspricht. Ja wahrscheinlich, wie Kontrollversuche mit einer sorgf\u00e4ltig geeichten Gasuhr lehrten, ist unter den Bedingungen des Experiments (trichterf\u00f6rmige Zuleitung) nur 46 % der abgelesenen linearen Geschwindigkeit als die wirkliche mittlere Geschwindigkeit, die zur Berechnung der dislozierten Luftmenge zu dienen hat, anzusehen. Wir wollen also die Energie unserer Schallquelle auf 22 600 feststellen. Bei diesen Versuchen befand sich der Beobachter auf 20 m von der t\u00f6nenden Pfeife. H\u00e4tte er sich auf 5 cm Distanz befunden, so w\u00fcrde erstens wegen der wegfallenden f\u00fcr diese hohe Tonlage bedeutende Reibung der Luft diese Schallmenge um 5 \u00b0/o verringert werden k\u00f6nnen und zweitens w\u00fcrde nach Vieeobdts Distanzgesetz 1j\u00e900 gen\u00fcgt haben, also rund 54 Erg pro Sekunde. Da e7 nach Obenstehendem wenigstens 10 000 mal gr\u00f6fsere Energiemenge bedarf, beziffert sich die Energie, welche die Schallquelle des oberen Grenztons auch beim Belauschen aus unmittelbarer N\u00e4he zum H\u00f6rbarwerden mindestens abgeben mufs, auf 540000 Erg.\n1 Zwaardemaker u. Quix : Arch. f. Physiol. 1902, Suppl. S. 367.","page":404},{"file":"p0405.txt","language":"de","ocr_de":"Die Empfindlichkeit des Ohres.\n405\nWir brauchen nicht besonders hervorzuheben, dafs die hier befolgte Rechnungsweise nur zu einer \u00e4ufserst groben Absch\u00e4tzung f\u00fchrt. Es ist sehr gut m\u00f6glich, dafs die wirklichen Werte mehrere Male gr\u00f6fser oder kleiner sind. Namentlich die Sch\u00e4tzung der Energie der Schallquelle des oberen Grenztons- ist ungenau und die Einf\u00fchrung des Distanzgesetzes nach erster Potenz macht es wahrscheinlich, dafs wir zu einem zu hohen Werte gelangt sind. Als eine erste Orientierung wollen wir das Resultat jedoch beibehalten.\nMittelton. Eine analoge Rechnung f\u00fcr eine fis4 Pfeife, von Rayleigh 1 selber ausgef\u00fchrt, lieferte bei Belauschung auf 820 m Distanz 1847 000 Erg, also f\u00fcr die N\u00e4he nach unserer Sch\u00e4tzung 0,0138 Erg.\nZusammenfassung. F\u00fcr den unteren Grenzton finden wir also rund 24000 Erg, f\u00fcr den oberen Grenzton 540000 Erg und f\u00fcr einen Mittelton 0,0138 Erg. Diese Zahlen beanspruchen keine Genauigkeit, sondern bezwecken einfach, einen Einblick in die hier existierenden Verh\u00e4ltnisse zu geben. Dieselben beziehen sich auf eine Schallquelle, die aus unmittelbarer N\u00e4he ohne irgend eine Resonanzvorrichtung noch gerade geh\u00f6rt werden kann und geben das Energiequantum an, welches von der betreffenden zweckm\u00e4fsigen Schallquelle (Stimmgabel oder Orgelpfeife) pro Sekunde verbraucht wird, das Energiequantum also, welches man ihr pro Sekunde zuzuf\u00fchren hat, um sie mit der gleichen Intensit\u00e4t einige Zeit t\u00f6nend zu erhalten.\nDer Leser wird sich fortw\u00e4hrend klar zu machen haben, dafs in obenstehenden F\u00e4llen die Sch\u00e4tzungen f\u00fcr die Energie der Schallquellen im Momente, dafs sie noch gerade aus unmittelbarer N\u00e4he, sagen wir in 5 cm Entfernung, geh\u00f6rt werden, ausgef\u00fchrt gedacht worden sind, dafs wir jedoch keineswegs eine Kenntnis dar\u00fcber gewonnen haben, wie grofs die Energiemenge ist, die unter den angegebenen Versuchsbedingungen das Ohr erreicht. Es ist selbstredend, dafs diese Menge kleiner sein mufs. Bei \u00dcbertragungen von der Schallquelle einerseits auf die Luft andererseits findet ein nicht unbetr\u00e4glicher Verlust statt, es sei denn, dafs Energie zur\u00fcckgeworfen oder in W\u00e4rme \u00fcbergef\u00fchrt wird.\nDie wirkliche Energiemenge, welche unser Ohr reizt, wenn\n1 Rayleigh: Proc. Poy. Soc. 26, S. 248; 1877.","page":405},{"file":"p0406.txt","language":"de","ocr_de":"406\nH. Zwaardemaker.\nwir einen ganz leisen Schall h\u00f6ren, ist von mehreren Beobachtern l\u00e4ngs verschiedenen Wegen berechnet worden. Wir haben die Ergebnisse dieser Untersuchungen in einer Tabelle zusammen-gefafst und der bequemeren Vergleichbarkeit wegen die Schallenergie pro Sekunde und \u00fcber 1 qcm verbreitet, angegeben.\nWie der Leser ersieht, stimmen die Angaben der f\u00fcnf ersten horizontalen Reihen ziemlich gut unter sich \u00fcberein. Die Unterschiede, welche sich dartun, fallen durchaus unter den Bereich der Beobachtungsfehler. Die beiden letzten horizontalen Reihen gehen aber, namentlich in den h\u00f6heren Oktaven, erstaunlich auseinander. An anderer Stelle haben sowohl Max Wien 1 als mein Mitarbeiter Quix und ich1 2 uns \u00fcber die Ursache dieser Differenzen verbreitet. Wien glaubt sie unserer, nach seinem Urteil unrichtigen, Art des Berechnens zuschreiben zu m\u00fcssen, wir unsererseits seiner, nach unserem Daf\u00fcrhalten, unrichtigen Weise des Beobachtens. Wir wollen hier auf diese Controversia nicht zur\u00fcckkommen und nur kurz hervorheben, dafs unsere Berechnungen sich auf eine empirisch gefundene Proportionalit\u00e4t der Schallenergie in der Luft mit der 1, 2. Potenz des Gabelausschlages st\u00fctzte (Steeanini hatte fr\u00fcher Proportionalit\u00e4t mit der 1. Potenz gefunden, w\u00e4hrend Wien Proportionalit\u00e4t mit der 2. Potenz behauptet) und dafs die Resultate Wiens deswegen so aufserordentlich klein ausfallen, weil, wie wir glauben, noch ein mitgeh\u00f6rter aber nicht mitgerechneter, durch Knochenleitung zugeleiteter bezw. vom Telephongeh\u00e4use herr\u00fchrender, Anteil hinzugenommen werden mufs.\nWenn man unsere Berechnungsweise nach der 1, 2. Potenz des Gabelausschlags nicht auf alle Stimmgabeln ausdehnt, sondern auf diejenigen Amplitudines und Distanzen, f\u00fcr welche sie empirisch festgestellt ist, beschr\u00e4nkt, so lassen sich unter gewissen Voraussetzungen aus unseren Beobachtungen von den fr\u00fcher mitgeteilten etwas abweichende Resultate ableiten, welche den WiENschen einigermafsen n\u00e4her stehen, sei es auch, dafs sie von denselben noch sehr weit entfernt bleiben. F\u00fcr die eventuell anzugebende Begr\u00fcndung einer solchen Umarbeitung des Versuchsmaterials sei auf unsere fr\u00fchere Abhandlung hingewiesen. Wir betrachten unsere fr\u00fchere und diese neuere Methode der\n1\tM. Wien: Pfl\u00fcgers Arch. 97, S. 1.\n2\tZwaardemaker u. Quix : Arch. f. Phys. 1904.","page":406},{"file":"p0407.txt","language":"de","ocr_de":"Tabelle I.\nSchallenergie an der H\u00f6rgrenze pro Sekunde und pro Quadratzentimeter passierend in lO-SErg.\nDie Empfindlichkeit des Ohres.\n407\no\nO\nCO\n03\nco\nCO\nO\nO\no\nCO\nKO\n10\nCO\nO\nO\n03\nco\nfj \u2019dS0I f\u00df\nr*\nCO\nO\no\nCO\nes\n\u00f6i\nco\nCO\nO\nO\nCO\n<N\n\u00d65\nOl\nco\nO\nO\nxv 'dsor x\u00df\no\no\nIO\nO 1\u2014(\no*\no\n05\no\nco\no\no\nco\n03\nT\u2014I\nCO\no\nco\n03\nCO\nCO\nC0\nco\n03\nT\u2014i\n03\nCO\nco\nIO\nco\n03\nlO\nco\nco\nCO\nco\nco\nco\nT\u201dH\nco\nco\no\nco\nIO\n*0\nD-\n03\nt>\nCO\nCO\nO\nCO\n05\nCO\n05\nO\no\n00\no\no\no\n\u2022N\no\nio\n03\no\no\no\n\u00bbN\nO\nIO\n03\no\no\no\nco\no\no\no\nO\nCO\nrH\no\no\ncj\nO\no\n03\nV *ds91 \u00df\nC5\no\no\no\n05\no\n05\n03\no\nuO\n05\nD-\nN\nEH\nP\nO\nW\n'A A\no <\nPH \u00eb :0 ^\n\u00ab\nP\nP\n\u00a9\t\u25a0\u2014i\n\u00a9\n\u2022rH O\na\nW a 0 P\ng --0\nP OD t*\n<1\n-M\nP\no\nM\nS\np\n<\nP\n(3\t& \u00a3\n[>\nO\nL\u2014\n03\no\tD-\to\no\tLO\to\n05\tco\t05\n05\t\t05\n05\nCO\no\nPS \u2022\nP . M\n\u25c4 \u2022\nS jxj P M P P\n\u00ab a? g ri\ntsj\n03\nO\n'xH\nI\u2014I\nA\nm\n. M\nNB. Wir citieren Wead nach seinen Errata in Amer. Jonrn. of Science 41, S. 235.","page":407},{"file":"p0408.txt","language":"de","ocr_de":"408\nS. Zwaardemaker.\nBerechnung f\u00fcr physikalisch gleichberechtigt. In beiden werden Generalisierungen gemacht, die nicht vollkommen zutreffen, jedoch als ein erster Schritt in einer neuen Richtung zugelassen werden k\u00f6nnen. G\u00e4nzlich verfehlt sind sie gewifs nicht, weil beide zu einem befriedigenden Resultate f\u00fchren, insoweit als sie Werte ergeben, die mit jenen von anderen Autoren nach den verschiedensten Methoden gefunden, \u00fcbereinstimmen. Namentlich durch die nach unserer ersteren Rechnungsweise in der oben abgedruckten Tabelle enthaltenen Zahlen werden die vereinzelt dastehenden, \u00fcber die Skala verschiedentlich verteilten, Angaben der klassischen Physik zueinandergebracht.\nWir wollen also auch die wirklichen Schwellenwerte nebeneinander stellen und hiermit die von Wien in 1903 erhaltenen Zahlen vergleichen. Im Gegensatz zur vorigen Tabelle ist das minimale Energiequantum jetzt in allen Tonh\u00f6hen zu der gleichen\nTabelle II. Schwellenwerte.\nTonh\u00f6he\tSchwingungs- zahl\tZWAARDEMAKER u. Quix a1,2 d2\tZWAARDEMAKER u. Quix a2 d3\t\tWien 1903\t\nc\t128\t30,7 \u2022 10-s\t13\t10-8\t\t\n9\t192\t36,6\t36,6\t10-8\t3000\t. lO-ii\nc1\t256\t7,05\t13,4\t10-9\t\t\ng1\t384\t10,6\t13,8\t10-9\t30\t\u2022 10-14\nC2\t512\t1,7\t45\tlO-ii\t\t\n\t768\t3,2\t71\t10-10\t0,7\t- 10-14\nc3\t1024\t3,6\t59\tlO-ii\t\t\n93\t1536\t2,9\t47,4\tlO-ii\t0,1\t\u2022 10-14\nc4\t2 048\t1,14\t18,7\t10-11\t\t\ngl\t3 072\t0,79\t13\t10-11\t0,05\t\u2022 10-14\nC5\t4 096\t1,33\t22\t10-11\t\t\n95\t6144\t2,45\t39,6\t10\u2014U\t0,3\t\u2022 10-14\nc6\t8192\t9\t14,8\t10-11\t\t\n96\t12 228\t9,94\t16,3\t10-11\t5\t\u2022 M- O 1\nNB. In dieser Tabelle ist f\u00fcr c2 ein mit genauerem D\u00e4mpfungsfaktor als in der fr\u00fcheren Publikation berechneter Wert verzeichnet. Statt 0,7 \u2022 IO\u20148 Erg. steht in Spalte 3 jetzt 1,7 \u2022 10\u20148 Erg.","page":408},{"file":"p0409.txt","language":"de","ocr_de":"Die Empfindlichkeit des Ohres.\n409\nAnzahl Perioden (von c bis c5 zwei Schwingungen, von c5 bis g 6 zu 20 ansteigend) und zum Areal des Geh\u00f6rgangs zur\u00fcckgebracht. In dieser Weise vorgehend, enth\u00e4lt die Tabelle diejenigen Werthe, welche nach unserer resp. Wiens Meinung als die wirkliche Schwelle des Geh\u00f6rs zu betrachten sind.\nWie an anderer Stelle auseinandergesetzt und oben fl\u00fcchtig angedeutet worden ist, halten wir Spalte 3 und 4 f\u00fcr physikalisch gleichberechtigt, Spalte 5 wegen nicht mitgerechneter Schallmenge f\u00fcr zu klein ausgefallen. Es hat gewifs seine Bedeutung, auch schon bei der gegenw\u00e4rtigen Lage der Frage eine Wahl zu treffen, welche der Spalten, 3 oder 4, als richtig zu betrachten ist. Physikalische \u00dcberlegungen bringen uns vorl\u00e4ufig nicht weiter, denn Spalte 3 st\u00fctzt sich auf von uns als wahrscheinlich angenommene quantitative Beziehungen bei der Energie\u00fcbertragung, Spalte 4 auf eine von einigen und auch von Wien bevorzugte Hypothese, wobei die Stimmgabel als polarisierte Schallquelle betrachtet wird. In Ab Wartung, dafs weitere Untersuchungen diese rein physikalische Frage erledigt haben werden, ist die Physiologie berechtigt nachzusehen, welche der beiden in Spalte 3 und 4 verk\u00f6rperten Anschauungen am besten zu ihren \u00fcbrigen Fakta und Theorien pafst. Es scheint uns kein Zweifel dar\u00fcber zu existieren, dafs letzteres mit Spalte 3 der Fall ist und sowohl Spalte 4 als Spalte 5 bestimmt zu verwerfen sei.\nDas Sprachgebiet der Tonskala wird von den verschiedenen Autoren nicht \u00fcbereinstimmend angegeben, aber alle sind doch dar\u00fcber einig, dafs bei weitem die meisten Sprachlaute innerhalb der von unserer Tabelle umfafsten Breite liegen. Die Sprache findet also, nachdem sie vom Ohre analysiert worden ist, hierin gewifs ihren Platz. Nun haben f\u00fcr unser Ohr alle Laute der gew\u00f6hnlichen Sprache ungef\u00e4hr dieselbe physiologische Intensit\u00e4t. 0. Wole hat zwar einige Differenzen in der Tragweite der verschiedenen Vokale und Konsonanten gefunden, aber sehr grofs sind diese doch nicht. Die gr\u00f6fste Differenz ist um das f\u00fcnffache. In einer neueren Versuchsreihe hat mein Mitarbeiter Quix f\u00fcr holl\u00e4ndische Sprachlaute \u00e4hnliches gefunden. Die Fl\u00fcsterlaute r, m, n, ng, w, oe, o werden bis auf 10 \u00e0 12 m, daraus zusammengesetzte Fl\u00fcsterworte bis auf 6 m verstanden. Die Fl\u00fcsterlaute _p, t, A i, f tragen bis auf 20 \u00e0 25 und a, e, s bis auf 30 \u00e0 35 m. Die aus den beiden letzten Gruppen von","page":409},{"file":"p0410.txt","language":"de","ocr_de":"410\nH. Zwaardemaker.\nVokalen und Konsonanten gebildeten einsilbigen Fl\u00fcsterworte sind bis auf 20 \u00e0 25 m von einem normalen Ohr bequem analysierbar. Mehrsilbige Worte sind zu diesen Versuchen weniger geeignet, weil der Akzent Unregelm\u00e4fsigkeiten schafft. Wenn man solche vermeidet, sind die Sprachlaute alle leidlich aequi-intensiv. Dieses Verhalten stimmt ausgezeichnet mit Spalte 3. Wenn nun aber die Werte der 4. Spalte richtig w\u00e4ren, w\u00fcrde man aus dem gleichm\u00e4fsigen Charakter der menschlichen Sprache zu folgern haben, dafs die Vokale niederer Tonh\u00f6he m, n, ng, w, u mit tausendfach gr\u00f6fserem Auf w\u00e4nde von Energie ausgesprochen werden als die Vokale mittlerer und h\u00f6herer T\u00f6nh\u00f6he. Wir haben keinen einzigen Grund, etwas derartiges anzunehmen. Die Sprachlaute entnehmen ihre Energie der Str\u00f6mung der Exspirationsluft. Zu einem Teil hat letztere beim Herausstreichen aus dem Munde ihre Geschwindigkeit beibehalten \u2014 die sogenannte wilde Luft der S\u00e4nger \u2014 zu einem anderen Teil hat sie auf dem Wege durch die Sprachorgane davon eingeb\u00fcfst. Letzterer Anteil ist, soweit nicht in Reibung oder Wirbel aufgegangen, der Schallbildung zu gute gekommen. Gleichheit des Ausatmungsdruck vorausgesetzt, zeigt sich die Geschwindigkeit der aus dem Munde heraustretenden Luft bei w, dann bei o und oa gr\u00f6fser als bei a, e und i Wir d\u00fcrfen also annehmen, dafs die zur Schallbildung verwendete Energie des Luftstromes bei u keineswegs jene bei a, e, i \u00fcbertraf. Auch das subjektive Gef\u00fchl der Anspannung der Muskulatur beim Sprechen ist der Annahme eines gr\u00f6fseren Energieaufwandes bei Sprachlauten wie \u201euli nicht g\u00fcnstig. Ebensowenig spricht die objektive Beobachtung der Muskelbewegungen daf\u00fcr.1 Alles in allem bleibt es vom sprach-physiologischen Standpunkte aus unwahrscheinlich, dafs eine so grofse Unregelm\u00e4fsigkeit des Einsatzes als die 4. oder 5. Spalte erfordern w\u00fcrde, existieren konnte, denn in diesem Falle m\u00fcfste die Geschwindigkeit des Luftstromes oder die Ausnutzung desselben mitten im Worte tausend-, resp. millionenfach wechseln. Umgekehrt, wenn wir auf Grund sprachphysiologischer Erfahrungen die physikalische Energie der\nSprachlaute nicht allzu verschieden annehmen m\u00fcssen, w\u00e4re aus\n\u2022 *\nSpalte 4 und mit sogar monstr\u00f6ser \u00dcbertreibung aus Spalte 5 zu folgern, dafs das normale menschliche Ohr sich ungef\u00e4hr in\n1 Vgl. z. B. L. P. H. Eykman: Onderz. Physiol. Lab. Utrecht (5) 4, S. 359.","page":410},{"file":"p0411.txt","language":"de","ocr_de":"Die Empfindlichkeit des Ohres.\n411\neiner Lage befindet, die vereinzelt f\u00fcr pathologische Zust\u00e4nde zutrifft, in welchen die Vokale und Konsonanten mit hohen Formanten unvergleichlich viel kr\u00e4ftiger klingen als jene mit niederen. Dieser Zustand ist in den mittleren Graden der Sklerosis aurium realisiert und f\u00fchrt zu sehr auffallenden, von den Kranken h\u00f6chst peinlich empfundenen Abnormit\u00e4ten im H\u00f6ren,1 welche das Erraten der Sprache ungemein erschweren. Sie ist normaliter, wie Wolf und Quix lehren, gewifs nicht vorhanden und schliefst, die Pr\u00e4misse zugegeben, die M\u00f6glichkeit des Verhaltens nach Spalte 4 und 5 direkt aus.\nAuch vom sinnesphysiologischen Standpunkte aus l\u00e4fst sich die geringere Wahrscheinlichkeit der 4. und 5. Spalte der 3. gegen\u00fcber dartun. Die in denselben angegebenen Werte beziehen sich auf die Energiemengen, welche eine minimale Schallempfindung hervorrufen. Bekennen wdr uns dabei zu der klassischen Resonanztheorie, so m\u00fcssen wir annehmen, dafs f\u00fcr alle diese Tonh\u00f6hen ein, sei es auch minimales, wahrnehmbares Mitschwingen der Transversalfasern bestimmter CoRTischen Membran zustande kommt. Es l\u00e4fst sich nicht einsehen, warum die langen Fasern hierzu eine tausend- resp. millionenfach gr\u00f6fsere Energiemenge wie die k\u00fcrzeren brauchen w\u00fcrden und letztere dann in vollkommener Ruhe bleiben. Die einzige noch weiter diskutierbare und einigermafsen ausgebildete H\u00f6rtheorie ist die Schallbildertheorie Ewalds.2 3 Aber auch f\u00fcr diese gilt \u00e4hnliches. Weshalb w\u00e4re f\u00fcr die Entstehung von Schallbildern gr\u00f6fserer Wellenl\u00e4nge eine tausend-, resp. millionenfach gr\u00f6fsere Energiemenge n\u00f6tig als f\u00fcr die Entstehung der Schallbilder k\u00fcrzerer Wellenl\u00e4nge. Wie Wien 3 selber hervorhebt, hat man, wenn man die Richtigkeit seiner Werte annimmt, die HELMHOLTzsche Theorie aufzugeben. Ich f\u00fcge hinzu, nicht nur die HELMHOLTzsche, sondern auch die EwALDsche Theorie h\u00e4tte man zur\u00fcckzuweisen und wieder in das Chaos der unzusammenh\u00e4ngenden Tatsachen zur\u00fcckzutreten wie in vorhelmholtzscher Zeit.\nNoch einen dritten Grund weshalb ich den Werten der dritten Spalte den Vorzug gebe, wollen wir der Klinik entnehmen. Zusammen mit F. H. Quix habe ich 75 F\u00e4lle von Labyrinth-\n1\tZwaardemaker : Ein. Initialsymptom der Sklerose. Zeitschr. f. Ohrenheilkunde 28, S. 119.\n2\tJ. R. Ewald: Pfl\u00fcgers Archiv 76, S. 147; 1899.\n3\tM. Wien: Pfl\u00fcgers Arch. 97, S. 30.","page":411},{"file":"p0412.txt","language":"de","ocr_de":"412\nIL Zwaardemaker.\nleiden welche ich in den letzten 10 Jahren nach einem gemeinschaftlichen Plan pers\u00f6nlich untersuchen konnte nach der in der fr\u00fcheren Abhandlung beschriebenen Methode bearbeitet. Zuerst wurde die untere und die obere Grenze der Tonleiter festgestellt, dann f\u00fcr drei sorgf\u00e4ltig gew\u00e4hlte Tonh\u00f6hen (7, c2 und fis4 die Reizschwelle berechnet. Letzteres geschah, indem wir die vom Patienten angegebene H\u00f6rzeit mittels der konstanten, durch einen LucAEschen Hammer gesicherten Anfangsamplitude mit dem D\u00e4mpfungsfaktor in Verbindung brachten und die Schwellenamplitude berechneten. Eine f\u00fcr allemal angelegte Tabelle setzte uns in Stand, die entsprechende relative Energiemenge zu finden. Weil wir aber f\u00fcr jedes untersuchte Organ eine Graphik anzulegen w\u00fcnschten, ver-zeichneten wir nicht die H\u00f6rschwelle, sondern ihren reziproken Wert, die sogenannte H\u00f6rsch\u00e4rfe. Hierdurch erreichten wfir, dafs der graphisch herzustellende Wert jenseits des Grenztons Null und nicht unendlich grofs wurde, wie es der Fall gewesen w\u00e4re, wenn wir statt der H\u00f6rsch\u00e4rfe den Energiewert der Schwelle h\u00e4tten verzeichnen wollen. Manchmal zeigte sich in jenen pathologischen F\u00e4llen die H\u00f6rsch\u00e4rfe 0, c~ und fis\u00e9 so aufser-ordentlich verschieden, dafs nicht daran zu denken war, die -Graphiken in gew\u00f6hnlicher Weise anzufertigen. Man w\u00fcrde doch keinen \u00dcberblick bekommen haben, weil die einen Ordinaten \u201eungew\u00f6hnlich lang und die anderen verschwindend kurz gewesen w\u00e4ren. Unterschiede bis zum millionenfachen wurden oft f\u00fcr ein und dasselbe Organ gefunden. Wir stellten daher lieber in die angegebenen Punkte (7, c2 und fis4 je einen Kubus, dessen Inhalt die H\u00f6rsch\u00e4rfe vorzustellen hat. Dann gen\u00fcgt es, sich den Inhalt oder Schwere der Kuben zu denken, um in Verbindung mit den zu Null herabgehenden Endpunkten der Skala sich ein lebendiges Bild der H\u00f6rsch\u00e4rfen und ihrer Verteilung \u00fcber die Tonleiter bilden zu k\u00f6nnen.\nIn den meisten der in dieser Weise untersuchten und von uns in Graphik gebrachten 75 F\u00e4llen von Labyrinthkrankheit fehlte, als die Skala in allen F\u00e4llen an einem Harmonium durchgenommen wurde, jeder Hiatus oder Delle. Man darf also die Geh\u00f6rssch\u00e4rfe als kontinuell, nicht sprungweise sich \u00e4ndernd, betrachten. Wo wir auf etwas derartiges stiefsen, wurde es im Protokolle und in der Graphik sorgf\u00e4ltig verzeichnet. Dort wo diese Diskontinuit\u00e4ten nicht gefunden wurden, d. h. in weitaus","page":412},{"file":"p0413.txt","language":"de","ocr_de":"Die Empfindlichkeit des Ohres.\n413\nder Mehrzahl der F\u00e4lle, ist es erlaubt aus den H\u00f6rsch\u00e4rfen f\u00fcr C und c2 bezw. c2 und fis4 die mittlere Geh\u00f6rssch\u00e4rfe des Tongeh\u00f6rs f\u00fcr den Skalenteil C und c2 bezw. c2 bis zu fis4 zu berechnen. Beide Mittelwerte zusammennehmend, nat\u00fcrlich darauf achtend, dafs der erste auf 3 Oktaven, der zweite auf 21l2 Oktave Bezug nimmt, kommt man zu einem generellen Mittelwerte f\u00fcr den ganzen Skalenteil von C bis fis\\\nDer genannte Teil der menschlichen Tonleiter C bis fis4 um-fafst die grofse Mehrzahl der Formanten oder die dominierenden T\u00f6ne der Sprachlaute. Nur das r und das 5 in seiner allersch\u00e4rfsten Form fallen aufserhalb dieses Gebietes. Es lohnt also der M\u00fche, das generelle Tongeh\u00f6r des Skalenteils C bis fis4 zu vergleichen mit dem Sprachgeh\u00f6r der Patienten. Letzteres wird bekanntlich nach der Methode von Oscab, Wolf, mittels Fl\u00fcstersprache gepr\u00fcft. Die normale Distanz bis zu welcher fl\u00fcsternd gesprochene Worte im Mittel verstanden werden, ist nach 0. Wolf 18 m. Hecht viele Fl\u00fcsterworte durcheinander pr\u00fcfend trifft dieses auch nach Quix f\u00fcr das Holl\u00e4ndische zu. Nach dem Vorschl\u00e4ge von Knapp gibt man die H\u00f6rsch\u00e4rfe eines Patienten in der Weise an, dafs man die Distanz auf welcher die Fl\u00fcstersprache noch faktisch geh\u00f6rt wurde im Z\u00e4hler, die normale Distanz 18 m im Nenner stellt. Man nimmt also stillschweigend eine Proportionalit\u00e4t zwischen Sprachgeh\u00f6r und Distanz an und kann sich dabei auf Untersuchungen des Physiologen Viebobdt st\u00fctzen, der wirklich innerhalb des gew\u00f6hnlichen Untersuchungsraumes eine Abnahme des Schalles proportional mit der Distanz fand, offenbar wegen Reflexionen an Boden, Dach und W\u00e4nden. Wenn wir nun in jedem konkreten Fall in dieser Weise generelles Tongeh\u00f6r f\u00fcr den Skalenteil C bis fis4 verglichen, zeigte sich zwar eine ziemlich grofse individuelle Verschiedenheit aber die Mittelzahlen ergaben eine sehr befriedigende \u00dcbereinstimmung. Unter Ausschlufs der F\u00e4lle, in welchen das Geh\u00f6r f\u00fcr Fl\u00fcstersprache verloren gegangen war, konnte die Vergleichung f\u00fcr 106 Geh\u00f6rorgane stattfinden. Das generelle Tongeh\u00f6r zeigte sich im Mittel 14,7 \u00b0/0, das Sprachgeh\u00f6r im Mittel 11,4 \u00b0/0. Von diesem Resultate \u00fcberrascht, dehnten w\u00fcr die gleiche Untersuchung auf 28 F\u00e4lle von Sclerosis aurium aus. F\u00fcr die Kranken mit erhaltenem Geh\u00f6r f\u00fcr Fl\u00fcstersprache wrar das generelle Tongeh\u00f6r im Mittel 2,9 \u00b0/0, das Sprachgeh\u00f6r im Mittel 2,7 \u00b0/0. Dann zogen wir 45 F\u00e4lle von Trommel-","page":413},{"file":"p0414.txt","language":"de","ocr_de":"414\nH. Zwaardemaker.\nfelldefekt und zikatriziellem Trommelfell herbei. Das generelle Tongeh\u00f6r ergab im Mittel 11,5%, das Spraehgeh\u00f6r im Mittel 2,5 %. Endlich untersuchten wir 22 F\u00e4lle von seniler Sklerose und fanden, wo das Geh\u00f6r f\u00fcr Fl\u00fcstersprache erhalten geblieben, ein generelles Tongeh\u00f6r von im Mittel 11,6 \u00b0/0, ein Spraehgeh\u00f6r von im Mittel 2,6 %.\nAlle diese Erkrankungsf\u00e4lle sind, wir wiederholen es, in den letzten 10 Jahren nach demselben Plan mit denselben Stimmgabeln, denen mit LucAEschem Hammer eine konstante Anfangsamplitude erteilt wurde, untersucht worden. Nachdem in 1901 und 1902 von Quix und mir die H\u00f6rschwellebestimmungen f\u00fcr die gesonderten T\u00f6ne der ganzen Tonleiter durchgef\u00fchrt worden, wurde die zur klinischen Untersuchung verwendete Stimmgabel noch an anderer Stelle beschriebener Methode geeicht. Erst jetzt wurde das generelle Tongeh\u00f6r berechnet und mit dem Spraehgeh\u00f6r verglichen. Dann zeigte sich die wunderbare \u00dcbereinstimmung der Mittelwerte. Wie mir scheint, darf sie als eine Best\u00e4tigung der unserer Berechnung zugrunde liegenden Anschauungen angesehen werden, denn diese \u00dcbereinstimmung kann nicht zuf\u00e4llig sein. Sie zeigt sich f\u00fcr vier voneinander ganz getrennte Kategorien von Krankheitsf\u00e4llen. Die Anschauungen, auf welche unsere Berechnung sich st\u00fctzt, sind jene die auch Spalte 3 zugrunde liegen, nimmt es dann Wunder, dafs wir an ihre Richtigkeit glauben? Wenn nicht nach\na\n1 2\n\u00e42\nsondern\na\u2018\nd3\nwie Wien behauptet, gerechnet werden soll,\nso kann von \u00dcbereinstimmung zwischen Tongeh\u00f6r und Sprach-geh\u00f6r nicht mehr die Rede sein. Dann sinken die Werte, welche die pathologische H\u00f6rsch\u00e4rfe vorzustellen haben, bis zu verschwindend kleinen Zahlen herab und das generelle Tongeh\u00f6r wird 1000 fach kleiner als die nach dem Usus der Ohren\u00e4rzte berechneten H\u00f6rsch\u00e4rfe f\u00fcr die Sprache. Und sogar diejenigen, welche geneigt sein m\u00f6chten, dem genannten ohren\u00e4rztlichen Usus nicht beizupflichten und f\u00fcr die Untersuchungslokale eine Schallabnahme wie im Freien zu postulieren, auch diese w\u00fcrden sich entt\u00e4uscht finden, denn auch dann bliebe das generelle Tongeh\u00f6r unendlich viel niedriger als das Spraehgeh\u00f6r der betreffenden Patienten. Die Erfahrung erhebt ihr Veto gegen jenes Ergebnis mathematischer Synthese, welches nicht in den reellen Beziehungen, sondern in theoretisch postulierten, wurzelt. In","page":414},{"file":"p0415.txt","language":"de","ocr_de":"Die Empfindlichkeit des Ohres.\n415\nder Sprache der Menschen klingen nur T\u00f6ne und Ger\u00e4usche, die aus gesonderten einfachen Schallschwingungen aufgebaut sind und keine anderen. Das generelle Tongeh\u00f6r mufs also mit dem Sprachgeh\u00f6r \u00fcbereinstimmen oder jedenfalls derselben Ordnung sein. In konkreten F\u00e4llen d\u00fcrften vielleicht durch Beobachtungsfehler oder Unge\u00fcbtheit der Patienten Differenzen entstehen; bei der statistischen Bearbeitung gr\u00f6fserer Beobachtungsreihen verschwinden diese Unregelm\u00e4isigkeiten und tritt das wahre Verh\u00e4ltnis rein hervor und dieses richtige Verh\u00e4ltnis kann nie anders als eine ann\u00e4hernde Gleichheit sein. Die Wahl ist f\u00fcr die Physiologie nicht schwer. Die dritte Spalte, die von uns in unserer urspr\u00fcnglichen Abhandlung gegebenen Werte, sind die richtigen. Nur wenn die Physik sp\u00e4ter einmal unwiderlegbar bewies, dafs die Schallenergie in der Luft wirklich proportional der zweiten Potenz des Gabelausschlags angenommen werden m\u00fcfste und mithin die Stimmgabel wirklich als eine polarisierte Schallquelle zu betrachten sei, so w\u00fcrde sich die Sache \u00e4ndern. Dann w\u00e4ren wir gen\u00f6tigt, uns damit zurecht zu finden und unsere Theorien hieran zu schmiegen. Aber bevor dies geschehen, sind wir berechtigt an den oben auseinandergesetzten Anschauungen fest zu halten. Wir wollen deshalb unsere jetzt mit mehreren Erfahrungstatsachen in Zusammenhang gebrachte Schwellenkurve des Geh\u00f6rs hier noch einmal vorf\u00fchren. Auf der Achse der Abszissen sind die Tonh\u00f6hen, auf der Achse der Ordinaten die dem Ohre zugehenden Energiewerte in 100 millionstel eines Ergs angegeben.\n-8 i\u00e4\t\t\t\t1\t\t\t\t\t\t\t\t\n\u00c70\u20144\t\t\t\t\t\t\t\t\t\t\t\t\n\t\t\tl\tV\t\t\t\t\t\t\t\t\n30 \u25a0\t\t\t\tr\t\t\t\t\t\t\t\t\n\t\t\t\t\t\t\t\t\t\t\t\t\n\t\t\t\t\t\t\t\t\t\t\t\t\nXu\u2014\t\t\t\t\t\t\t\t\t\t\t\t\n\t\t\t\t\t\t\t\t\t\t\t\t\niO \u25a0\t\t\t\t\t\t\t\t\t\t\t\t\n\t\t\t\t\t\t\t\t\t\t\t\t\n\t\t\t\t\t\t\t\t\t\t\t\t\nC\t*\u00bb-/\tc\tc\tc1\t\tCi\t\tcJ\tc*\tCi\t\tC+1","page":415},{"file":"p0416.txt","language":"de","ocr_de":"416\nH. Zwaardemaker.\nWir haben uns nach obenstehenden Ausf\u00fchrungen die Schwellenwerte des Geh\u00f6rs in dem der Sprache und der Musik gewidmetem Teile der Tonskala nicht allzu verschieden zu denken. W\u00e4hrend einer kurzen, gerade zum H\u00f6ren ausreichenden Zeit fliefsen dem Ohre beim Minimum perzeptibile ganz kleine Schallmengen zu die in 100 millionstel eines Ergs bemessen werden. Der Ton f\u00fcr welchen das Ohr am empfindlichsten ist, ist fis*, ann\u00e4hernd damit \u00fcbereinstimmend c2; eine sehr ausreichende Empfindlichkeit wird zwischen c1 und gefunden.\nWir kennen also die kleinste noch h\u00f6rbare Schallwelle im Momente, dafs dieselbe in den Geh\u00f6rgang hineinkommt. Was ist nun ihr weiteres Schicksal?\n\u2022 \u2022\nMan denke allererst an die \u00dcbertragung des Schalles auf das Trommelfell. Dieselbe geschieht gr\u00f6fstenteils aus der Luft, denn es ist nicht anzunehmen, dafs von der Margo tympanica aus ein nennenswertes Quantum Schallenergie in die Membran eindringt, oder falls es hineinkommt, wird es sich doch bald durch Interferenz anihilieren und keinesfalls in der Form einer Schallenergie wahrnehmbar sein.1 Die hin und her pendelnde Luft des Geh\u00f6rgangs und der Paukenh\u00f6hle aber, welche die leichten Membrana tympani einschliefst, nimmt sie bei ihren Bewegungen mit und f\u00fchrt ihr Energie zu. An sich selbst \u00fcberlassen, w\u00fcrde die Membran die ihr geschenkte kinetische Energie zu Eigenschwingungen verwerten. Durch die starke D\u00e4mpfung, welche die Kette der Geh\u00f6rkn\u00f6chelchen aus\u00fcbt, wird sie hierin gehindert und sie klingt fast unmittelbar aus, d. h. tr\u00e4gt den gr\u00f6fsten Teil des angenommenen Energiequantums an die d\u00e4mpfende Kette ab. Aus den Berechnungen Helmholtzs im Jahre 1870 geht hervor, wie bedeutend die der Kette \u00fcbertragene Energiemenge ist im Vergleich zur Amplitude der Schwingung der Kn\u00f6chelchen. Die neuere Energetik erlaubt von diesem Geschehen eine sehr einfache Vorstellung zu geben. Sie sagt aus, dafs, obgleich der Intensit\u00e4tsfaktor bei der \u00dcbertragung erst von Luft auf Membran, dann von Membran auf die Knochen der Kette unzweifelhaft abnimmt, der Energieverlust nicht so besonders grofs zu sein\n1 Bei kranio- tympaneller Leitung ist es wahrscheinlich, dafs der Schall erst in die Luft des Geh\u00f6rgangs und der Paukenh\u00f6hle \u00dcbertritt und von dieser in das Trommelfell. Mader (Wiener Sitzungsberichte 109 (3), S. 73;\n1900) h\u00e4lt auf Grund von Mikrophonversuchen den Weg via das Stapes-ringband f\u00fcr den wichtigeren.","page":416},{"file":"p0417.txt","language":"de","ocr_de":"Die Empfindlichkeit des Ohres.\n417\nbraucht, weil im selben Augenblicke der Quantit\u00e4tsfaktor zunimmt. Mechanisch betrachtet reguliert die besondere Form der Membran in sehr auffallender Weise die Abnahme der Amplitude der Schwingungen. Zwar w\u00e4re, wenn diese besondere Form nicht vorhanden gewesen, der Intensit\u00e4tsfaktor nicht weniger gewifs bedeutend abgefallen. Denn man bedenke, dafs das Produkt der beiden Faktoren sich unm\u00f6glich vergr\u00f6fsern kann und also eine Zunahme des Quantit\u00e4tsfaktors notwendig eine Abnahme des Intensit\u00e4tsfaktors einschliefst. Aber durch die eingezogene Form ist das Trommelfell diesen Verh\u00e4ltnissen angepafst und die Verringerung der Amplitude findet in vorgeschriebener, geordneter, und nicht in sich zuf\u00e4llig ergebender Weise statt. Man kann sich vorstellen, dafs infolgedessen die Energie\u00fcbertragung regelm\u00e4fsiger stattfindet und weniger Energie in ungeordnete Form d. h. in W\u00e4rme \u00fcbergeht.\nWegen der starken D\u00e4mpfung des Trommelfells ist es \u00fcberaus unwahrscheinlich, dafs es einen gr\u00f6fseren Teil der ihm aufgedrungenen Energie wieder der Luft \u00fcbertragen k\u00f6nne. Im Gegenteil, die ganze Einrichtung l\u00e4fst erwarten, dafs der \u00fcber-grofse Anteil der d\u00e4mpfenden Knochenkette zugeleitet werden mufs. Von aufsen hineinkommende Schallwellen werden daher ihre kinetische Energie dem Trommelfelle, und von diesem aus der Kette der Geh\u00f6rkn\u00f6chelchen \u00fcbertragen. Was sich in der Paukenh\u00f6hle fortsetzt, ist nur ein Rest der von der Luft getragenen Schallwelle. Sie verfolgt den urspr\u00fcnglichen Weg, nachdem der gr\u00f6fste Teil der Energie der ihr quer in der Bahn liegenden Membran abgegeben ist.\nEs w\u00e4re interessant zu wissen, welcher Teil der urspr\u00fcnglichen Energie dem Trommelfell und der tympanalen Kette, welcher der hinter der Membran gelegenen Luft zukommt. Leider ist das Verh\u00e4ltnis beider Teile g\u00e4nzlich unbekannt. Weil der letztere der beiden Teile sp\u00e4ter jedoch \u00fcber das ganze Promontorium sich zu verbreiten hat und in weiteren Bahnen durch Interferenzen bedeutend abgeschw\u00e4cht wird, erscheint sie uns in der Norm akustisch als ein Verlust.\nDen anatomischen Anordnungen entspringen noch weitere Vorteile. Unter diesen ist die Tatsache, dafs die Schallenergie statt im Felsenbein zerstreut zu werden, wie geschieht, wenn das Trommelfell fehlt, in einem kleinen Rayon, in jenem des\nZeitschrift f\u00fcr Psychologie 33.\t27","page":417},{"file":"p0418.txt","language":"de","ocr_de":"418\nH. Zwaardemaker.\novalen Fensters konzentriert wird1, gewifs nicht gering zu veranschlagen. Wir wollen nun einige Eigent\u00fcmlichkeiten der hier stattfindenden Energie\u00fcbertragung auf die Spur zu kommen versuchen.\nDie Fortpflanzung des Schalles innerhalb der Labyrinthfl\u00fcssigkeit des Ohres ist in den letzten Jahren Gegenstand vielfacher Kontroversen gewesen. W\u00e4hrend die eine Gruppe sogenannte Massenbewegung der ganzen Perilymphekolonne annimmt, wollen andere nur Molekularschwingungen zulassen. Wie mir scheint, beruht die Divergenz der Meinungen auf den verschiedenen Definitionen, die von dem Begriff Massenbewegung und Molekularschwingung gegeben werden. In Helmholtzs ber\u00fchmter Abhandlung \u00fcber die Mechanik des Trommelfells u. s. w. wird darunter nur ein scheinbar gleichzeitiges Hin-und Herpendeln der Teile eines K\u00f6rpers verstanden, so dafs es den Anschein hat, als ob der K\u00f6rper als eine Masse hin- und herschwingt und die verschiedenen Molek\u00fcle gegenseitig scheinbar in derselben Lage bleiben. Das Ph\u00e4nomen tritt nur dann auf, wenn die Wellenl\u00e4nge sehr grofs ist im Vergleich zu den Abmessungen des schwingenden K\u00f6rpers (trifft f\u00fcr das Trommelfell und Geh\u00f6rkn\u00f6chelchen zu). Also dann ist gar kein Unterschied zwischen diesen Massenschwingungen und den Molekularseh wingungen vorhanden, erstere sind nur Komplexe einiger gleichzeitiger, dem Orte nach nebeneinander stattfindenden, Molekularschwingungen.\nEs gibt jedoch noch eine andere Art von Massenschwingungen, die gar kein Schall sind, nur gleichzeitig mit ihm entstehen, ich meine die Wirbel, die sich in der Luft oder in der Fl\u00fcssigkeit \u00fcberall bilden, wo eine Schallquelle ihre Schwingungen ausf\u00fchrt. Um eine elektrisch getriebene Stimmgabel herum, welcher man einen etwas gr\u00f6fseren Ausschlag erteilt, kann man sie f\u00f6rmlich f\u00fchlen und ihre Richtung und Verteilung mit einem kleinen Anemometer von Davis demonstrieren.2 Dvorak hat zu ihrem\n1\tVgl. die Begr\u00fcndung von Madee 1. c. S. 37 f.\n2\tWenn man sich auf energetische Betrachtungen st\u00fctzt und sich \u00fcberlegt, dafs die Luft ungef\u00e4hr eine 6260 mal geringere Dichte besitzt als der Stahl, aus welchem eine Stimmgabel verfertigt ist, so folgt aus der von uns f\u00fcr die \u00dcbertragung berechneten Herabsetzung der Schwingungsenergie bis auf V\u201827 (Wead nahm 1/11 an), dafs die von der Gabel in f\u00fchl-","page":418},{"file":"p0419.txt","language":"de","ocr_de":"Die Empfindlichkeit des Ohres.\n419\nStudium besondere Apparate hergestellt und Hensen hat einige bemerkenswerte Beobachtungen \u00fcber sie ver\u00f6ffentlicht.1\nMan kann sich die Wirbel nun als eine Folge der Inertie des Mediums oder mit Lareoque2 als die Folge der Pseudoviskosit\u00e4t der vibrierenden Luft denken, jedenfalls zeigen sie sich faktisch \u00fcberall dort wo Schallschwingungen von einigermafsen ausgiebiger Amplitude, es sei in der Luft oder in einer Fl\u00fcssigkeit, vorhanden sind. Sie unterscheiden sich von den wirklichen Schallschwingungen dadurch, dafs es sich nicht um ein Hin- und Herpendeln, sondern um wirkliche Verschiebung handelt. Letztere hat eine ganz bestimmte Stromrichtung und einen festen Mittelpunkt.\nSelbstverst\u00e4ndlich wird man diese Wirbelung nur wahrnehmen k\u00f6nnen, wenn die Amplitude der Schallquelle recht bedeutend ist. Bei ganz kleinen Amplitudines werden die Wirbel wahrscheinlich verschwindend gering sein, obgleich der hervorgerufene Schall noch bedeutende Intensit\u00e4t haben kann. Nun, auch in der Perilymphe werden die Wirbel nicht fehlen, wenn die schwingende Stapesplatte ihre Schallwellen in die Fl\u00fcssigkeit hineintreibt, aber wahrscheinlich sind sie unendlich klein. Nach unserem Daf\u00fcrhalten kommen sie beim H\u00f6ren gar nicht in Betracht, wenigstens nicht beim H\u00f6ren der S\u00e4ugetiere und der V\u00f6gel. Es bleibt immerhin m\u00f6glich, dafs bei niederen Vertebraten gerade diese Fl\u00fcssigkeitswirbel eine Rolle spielen und weil sie sich gewifs wohl in die statischen Teile des\nbaren Schwingungen gehaltene Luftmasse ungef\u00e4hr 232 mal gr\u00f6fser sein mufs als die Gabelmasse selber. Die linearen Abmessungen dieser hin-und herpendelnden Luftmassen w\u00fcrden nach diesen Anschauungen 6 mal gr\u00f6fser sein als die linearen Abmessungen der Gabel. Ihre Amplitude sei dabei jener der Gabel genau gleich (was jedenfalls nur ein Extrem ist, denn die Amplitude der Luft kann nie gr\u00f6fser, sehr wohl kleiner sein). Wenn die Luft in der Umgebung einer anhaltend elektrisch getriebenen Stimmgabel mittlerer Tonh\u00f6he wie oben angegeben mit dem Finger untersucht wird, f\u00fchlt man in diesem ganzen Bezirk deutlich die kalte Wirbelung und kann man dieselbe mit dem DAvisschen Apparat auch objektiv dartun. Eine sehr ausgedehnte, die Gabel ringsum umgebende Luftmasse ist hier also in fortw\u00e4hrender Bewegung. Eigentlich enth\u00e4lt dies nichts Wunderbares, denn man f\u00fchlt den F\u00e4cher auch in einer gr\u00f6fseren Distanz, als die Ausschl\u00e4ge w\u00fcrden erwarten lassen.\n1\tV. Hensen: U. d. akust. Bewegung in dem Labyrinthwasser. M\u00fcnchener Med. Wochenschr. (14); 1899.\n2\tLarkoque (C. B. 132 S. 1182) deutet die Wirbel als eine Folge der Quasi-Viskosit\u00e4t der vibrierenden Luft.\n27*","page":419},{"file":"p0420.txt","language":"de","ocr_de":"420\nII. Zw aardemaker.\nLabyrinths hinein fortpflanzen, den Schein eines H\u00f6rens hervor-rnfen k\u00f6nnen.1 2\nDie wirklichen Schallwellen, die von der schwingenden Luftplatte in der Labyrinthfl\u00fcssigkeit hervorgerufen werden, bewegen sich nach akustischen Gesetzen, von der harten Knochenwand der Labyrinthkapsei reflektiert, in bestimmten Schallstrahlen durch die Labyrinthfl\u00fcssigkeit. Der Verlauf dieser Schallstrahlen ist von Gau 2 gezeichnet worden und ich kann mir kaum anderes denken als dafs es sich dabei um Molekularschwingungen handelt. Diese Molekularschwingungen werden von den zarten B\u00e4ndern des membran\u00f6sen Labyrinths nicht reflektiert, sondern sie durchsetzen sie wahrscheinlich ohne nennenswerten Energieverlust. Peri- und Endolymphe werden als eine Fl\u00fcssigkeit zu betrachten sein, deren Bewegungen der zart ausgespannenen Membrana basilaris ohne M\u00fche folgt. Es wiederholt sich das vom teleologischen Standpunkte so bewundernswerte Verhalten, welches wir im Mittelohr kennen gelernt haben. Dort im Mittelohr flottierte das ausgespannte Trommelfell in der den Geh\u00f6rgang und die Paukenh\u00f6hle ausf\u00fcllenden Luft, hier flottiert die Membrana basilaris in der die Skalae und den Duktus ausf\u00fcllenden Fl\u00fcssigkeit. Dort wie hier Molekularschwingungen, welche die Membran in ihrem Hin- und Herpendeln mitnehmen. Der HELMHOLTZschen Definition gem\u00e4fs, f\u00fchrt die Membran Massenschwingungen aus, weil ihre Dicke unendlich klein ist der Wellenl\u00e4nge des sie mitf\u00fchrenden Schalles gegen\u00fcber. Dort wie hier eine Energie\u00fcbertragung die zu Eigenschwingungen f\u00fchren w\u00fcrde, wenn keine starke D\u00e4mpfung vorhanden w\u00e4re, dort von Geh\u00f6rkn\u00f6chelchen, hier von dem Corti-schen Organ herr\u00fchrend. Diesem d\u00e4mpfenden Apparate \u00fcbertr\u00e4gt die schwingende Membran den gr\u00f6fsten Teil ihrer Energie. Er ist also der weiterleitende Weg.\nIn diesem Gedankengang ist es klar, dafs wir uns die von der Membrana basilaris analysierte, nach ihrer Periode geordnete, Schallmenge dem CoRTischen Organ und dem sie belastenden Teil \u00fcbertragen zu denken haben (siehe das zu vollkommen demselben Resultate f\u00fchrende, nicht energetische, sondern rein mechanische Raisonnement ter Kuiles 3). Hier zuletzt befindet\n1\tVgl. hier\u00fcber H. Deetjen: Akustische Str\u00f6mungen der Perilymphe. Zeitschr. f. Biol. 39, S. 159.\n2\tSchwaktzes Hdb. d. Ohrenheilk. I.\n3\tE. ter Kuile: Pf l\u00fcg er s Arch. 79, S. 146; 1900.","page":420},{"file":"p0421.txt","language":"de","ocr_de":"Die Empfindlichkeit des Ohres.\n421\nsich das Endorgan, die Haarzellen, welche durch die sie ber\u00fchrende Bewegung in Erregung gesetzt werden und ihre Erregung den sich an sie anschmiegenden Nerven \u00fcbertragen. Hier tritt auch die Verwandtschaft mit dem Tastsinn hervor, wo namentlich f\u00fcr die Tasthaare derselbe Mechanismus vorgebildet ist.\nWenn wir in dieser Weise die winzig kleine Schallmenge, welche als Minimum perzeptibile in den Geh\u00f6rgang eingedrungen ist, auf ihrem Weg verfolgen, so finden wir rekapitulierend drei Energie\u00fcbertragungen, ehe sie das Tasthaar erreicht.\n1.\tDie Energie\u00fcbertragung von Luft auf Trommelfell und tympanale Kette ;\n2.\tvon der Stapesplatte auf die Labyrinthfl\u00fcssigkeit;\n3.\tvon der Labyrinthfl\u00fcssigkeit auf die Membrana basilaris und die auf ihr ruhenden d\u00e4mpfenden Apparate.\nDie erste Energie\u00fcbertragung geschieht nach geordnetem, von der Organisation genau vorgeschriebenem Weg, sie findet mit nicht sehr grofsem. Energie Verluste statt. Die zweite Energie\u00fcbertragung findet statt von einem festen knochenharten K\u00f6rper auf eine w\u00e4sserige Fl\u00fcssigkeit. Besonders g\u00fcnstig ist dieses Verhalten nicht, es gleicht der Energie\u00fcbertragung von einer Stimmgabel oder Telephonplatte auf mit ihr in Ber\u00fchrung seiendem Wasser. Sie wurde fr\u00fcher von Dennert 3, neuerdings von KayseeN studiert. Die dritte Energie\u00fcbertragung geschieht von einer Fl\u00fcssigkeit auf eine zarte Membran, sie ist wahrscheinlich die g\u00fcnstigste von allen. Ein derartiges Verhalten wurde vor kurzem von Hens en und Klein mit ihrer Wasserzunge gepr\u00fcft.\nAllem in allem wird unsere ins Ohr hineingetretene Schallmenge sich noch bedeutend verringert haben, wenn sie zum Tasthaar herankommt.\nFr\u00fcher hat Wead die von einer Stimmgabel an die Luft \u00fcbertragene Energiemenge auf 3/15 des urspr\u00fcnglichen Betrages berechnet, wir nach anderer Methode auf 1j21. Nehmen wir an, dafs bei den anderen Energie\u00fcbertragungen \u00e4hnliche Werte in Betracht kommen, so w\u00fcrde der Gesamtverlust der drei oben beschriebenen \u00dcbertragungen die Schallenergie so ungef\u00e4hr auf J/ioooo herabsetzen. Diese Energiemenge war von der Ordnung 10~8 Erg. An die Haarzellen herankommend, w\u00fcrde sie also\n1\tDennert: Arch. f. Ohrenheilk. 45, S. 20; 1898.\n2\tKayser: Zeitschr. f. Ohrenheilk. 37, S. 217; 1900.","page":421},{"file":"p0422.txt","language":"de","ocr_de":"422\nH. Zwaardemaker.\nvon der Ordnung 1CM2 herabgesunken sein. Es ist aber sehr wohl m\u00f6glich, dafs die in der Organisation vorgebildeten Energie\u00fcbertragungen sich aufserordentlich viel g\u00fcnstiger gestalten als die in unseren Laboratorien artifiziell hervorgerufenen. Ganz ohne Verlust werden die nat\u00fcrlichen Organe aber gewifs nicht arbeiten und k\u00f6nnen wir es also f\u00fcr sicher halten, dafs die den Haarzellen mitgeteilte Energiemenge, wenn die Schwelle der Erregung \u00fcberschritten werden soll, zwischen 10~8 und 10-12 Erg zu betragen hat.\nDie von fast allen Autoren supponierte, hier weiter ausgef\u00fchrte, Analogie mit einem Tastorgan macht es erw\u00fcnscht die akustischen Schwellenwerte, die wir jetzt kennen gelernt haben, mit den taktilen zu vergleichen. Nach von Frey und Kiesow mifst die Projektion eines Tastk\u00f6rperchens auf die Haut 0,0015 qmm und ist das Minimum perzeptibile eines solchen kleinen Organs auf L/o mm Hg zu stellen. Der auf das Tastk\u00f6rperchen im Momente der Schwellenempfindung ausge\u00fcbte Druck berechnet sich auf 0,03 mg. Die kleinste Verschiebung welcher ein die Haut ber\u00fchrender K\u00f6rper unterworfen sein mufs, damit er f\u00fchlbar werde, betr\u00e4gt nach der Rum pf-Suroi sehen Methode 0,103 mm. Ich f\u00fchle eine mit Tuch umkleidete C-Gabel bei noch geringerem Ausschlag, nach einer Sch\u00e4tzung 0,030 mm. Legen wir letzteren Wert als den kleinsten unser Berechnung zugrunde, so w\u00e4re, wenn es erlaubt ist beide Minima zu kombinieren, die bei der Aus\u00fcbung eines wahrnehmbaren Drucks herzugebende Arbeit auf 0,03 mg X 30 q = 1 q mg = 10 4 Erg zu veranschlagen.\nZiehen 1 kommt f\u00fcr Stofsreize mit seinem Pendel\u00e4sthesiometer zu 30 mg mm = 3 Erg, will diesen Wert jedoch nur als einen vorl\u00e4ufigen betrachtet wissen, v. Frey kommt zu einem mit dem meinigen \u00fcbereinstimmenden Wert; 6*10~2 Erg pro m m2 oder 1 \u2022 10~4 Erg pro Tastk\u00f6rperchen. F\u00fcr immerfort sich wiederholende Druckreize ist der Schwellenwert also vielleicht von der Ordnung IO-4 Erg, f\u00fcr Stofsreize von derselben Gr\u00f6fse oder von der Ordnung eines Ergs. Lassen wir im allgemeinen beide Zahlen wieder als Extreme zu, so liefse sich die taktile Schwelle auf IO\u201c4 bis 1 Erg veranschlagen.\nDie beiden nebeneinander zu stellenden Schwellenwerte der Taktilen von der Ordnung 10\u20141 bis 1 Erg und der inneren Akustischen von der Ordnung 10\u201c12 bis IO-8 Erg gehen ziemlich\n1 Leitfaden der phys. Psych. 6. AufL, S. 61.","page":422},{"file":"p0423.txt","language":"de","ocr_de":"Die Empfindlichkeit des Ohres.\nweit auseinander, aber wenn man sich \u00fcberlegt, dafs der erste gr\u00f6fsere Wert sich auf ein oberfl\u00e4chlich gelegenes an vielseitige Funktionen anzupassendes Sinnesorgan bezieht und letzterer kleinere Wert f\u00fcr ein in tief gesch\u00fctzter Lage sehr speziell differenziertes gilt, kann dieser Unterschied an und f\u00fcr sich uns nicht so besonders wundern.\n\u00dcber die bei der Reizung im Inneren des Tastk\u00f6rperchens sich abspielenden Vorg\u00e4nge ist meines Wissens nur einmal in der Literatur eine Hypothese auf gestellt worden. Es ist jene von Freys ], nach welcher der hydrostatische Druck zu einer minimalen Erh\u00f6hung des osmotischen Drucks in der mit dem Tasthaar in Ber\u00fchrung stehenden Zellen f\u00fchrt und dieser erh\u00f6hte osmotische Druck f\u00fcr sich wieder einen Reiz f\u00fcr den anliegenden Nerven sein soll. Es ist unm\u00f6glich irgend eine Vermutung zu hegen \u00fcber die Zeit, in welcher ein solcher Vorgang abspielt; nur l\u00e4fst sich sagen, dafs sie ungemein kurz sein mufs und dasselbe l\u00e4fst sich behaupten f\u00fcr den Vorgang in den Haarzellen des Geh\u00f6rorgans, denn die Reaktionszeit ist hier k\u00fcrzer als f\u00fcr irgend ein anderes Sinnesorgan. Man kann sich nun fragen, was wirkt als Reiz : der im Moment des Maximumausschlags erreichte Druckwert oder die kontinuierliche Wirkung des allm\u00e4hlich zunehmenden, sp\u00e4ter in der zweiten H\u00e4lfte der Periode wieder abnehmenden Drucks ? F. H. Qmx1 2 hat diese Frage vor kurzem diskutiert, ohne jedoch zu einem Abschlufs zu kommen. Im Lichte der v. FREYschen Hypothese w\u00e4re eine intregale Wirkung anzunehmen, welche vielleicht im Nerven zu einer summierten Erregung f\u00fchrt. Es existiert von diesem Gesichtspunkte auch gar kein Widerspruch zwischen den erstaunlich hohen Schwingungszahlen, welche noch h\u00f6rbar sind, und der verh\u00e4ltnism\u00e4fsig viel niedrigem, zur Nervenerregung noch zul\u00e4ssigen Unterbrechungszahl eines elektrischen Stromes. Im ersten Falle ist der Reiz gar nicht intermittierend; er schwillt nur an und ab, seine Wirkung innerhalb der von der Eigenart des Nerven gestellten Grenzen summierend.\n1\tM. v. Fbey: Unters, \u00fcb. d. Sinnesfunktionen d. menschl. Haut. Abh. d. k. s\u00e4chs. Ges. d. FRss., math.-phys. Kl., 23, S. 259.\n2\tF. H. Quix : Zeitschr. f. Ohrenheilk. 45, S. 5.\n(Eingegangen am 20. September 1903.)","page":423}],"identifier":"lit32916","issued":"1903","language":"de","pages":"401-423","startpages":"401","title":"Die Empfindlichkeit des Ohres","type":"Journal Article","volume":"33"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T15:00:10.480014+00:00"}