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{"created":"2022-01-31T16:36:55.609523+00:00","id":"lit32927","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane","contributors":[{"name":"Piper, H.","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane 32: 161-176","fulltext":[{"file":"p0161.txt","language":"de","ocr_de":"161\n(Aus der physikalischen Abteilung des physiologischen Instituts\nder Universit\u00e4t Berlin.)\n\u00dcber das Helligkeitsverh\u00e4ltnis monokular u. binokular ausgel\u00f6ster Lichtempfindungen.\n(Fortsetzung der Untersuchungen \u00fcber Dunkeladaptation\ndes Sehorganes.)\nVon\nDr. med. H. Piper,\nAssistenten am physiologischen Institut der Universit\u00e4t.\n(Mit 2 Fig.)\nF\u00fcr die Vorstellung, welche wir uns \u00fcber den Mechanismus\nder Vereinigung beider Sehfelder zu einem Bilde zu machen\nhaben, ist die Frage von wesentlicher Bedeutung, ob sich die\nbeiden monokularen Netzhauterregungen zur Ausl\u00f6sung einer\neinzigen st\u00e4rkeren Helligkeitsempfindung summieren oder ob\ndies nicht erfolgt, d. h. also, ob wir mit zwei Augen die Dinge\nheller sehen als mit einem oder ebenso hell. Man sollte meinen,\ndie Antwort w\u00e4re durch einen einfachen Versuch gegeben: man\n\u2022\u2022\nh\u00e4tte nur zu beobachten, ob bei Schliefsung und \u00d6ffnung eines Auges eine abwechselnde Verdunklung und Erhellung des Gesichtsfeldes zu konstatieren ist.\nIn dieser Weise stellte Fechner 1 Versuche an sich selbst und einer Anzahl anderer Personen an und kam zu dem Ergebnis, dafs wohl die meisten, wenn sie den Himmel oder eine andere gleiehm\u00e4fsig weifse oder graue Fl\u00e4che betrachteten und nun ein Auge schlossen oder verdeckten, einen ganz leichten Schatten \u00fcber die Fl\u00e4che sich legen sahen, dafs dagegen einige\n1 Fechnek: \u00dcber einige Verh\u00e4ltnisse des binokularen Sehens. Abhdl. d. S\u00e4chs. Gesellsch. d. Wissenschaften 7, 1860, S. 423.\nZeitschrift f\u00fcr Psychologie 32.\n11","page":161},{"file":"p0162.txt","language":"de","ocr_de":"162\nII. Piper.\nbei Verdeckung eines Auges absolut keine Verdunklung des Gesichtsfeldes wahrnehmen konnten; diese sahen vielmehr die Objekte mit einem Auge genau so hell, wie mit beiden. Sofern nicht bei der einen oder anderen Versuchsperson von vornherein ein deutlich nachweisbarer Unterschied der Lichtempfindlichkeit zwischen beiden Augen bestand, gaben alle, welche bei Verdeckung eines Auges Verdunklung sehen konnten, \u00fcbereinstimmend an, dafs diese \u00e4ufserst gering sei, so gering, dafs sie bei nicht besonders darauf gerichteter Aufmerksamkeit leicht \u00fcbersehen w\u00fcrde. In \u00e4hnlicher Weise fand Fechner einen ganz minimalen Helligkeitsunterschied zwischen einer binokular einfach gesehenen weifsen oder grauen Fl\u00e4che und jedem einzelnen monokularen Doppelbild derselben, welches durch willk\u00fcrliche Kreuzung der Sehachsen erzeugt wurde.\nAuch Aubert1 sah, dafs bei Verdeckung eines Auges ein sehr zarter Schatten sich \u00fcber das Gesichtsfeld ausbreitete, jedoch nur wenn er bei nicht zu hellem Tageslicht ein weifses Papier betrachtete, nicht wenn der helle Himmel beobachtet wurde.\nHelmholtz2 sagt in seiner Physiologischen Optik: \u201eWenn man also zum Beispiel ein Auge schliefst und mit dem anderen das bedruckte Blatt ansieht, so sieht man die Buchstaben und das weifse Papier im Sehfelde, ohne das Dunkel des anderen Sehfeldes zu bemerken. Dabei ist zu beachten, dafs das Papier dabei nicht gerade entschieden dunkler aussieht, als wenn man es mit beiden Augen betrachtet. Das Schwarz des einen Feldes mischt sich also nicht mit dem Weifs des anderen, sondern hat eben weiter gar keinen Einflufs auf die Erscheinung des anderen Bildes.\u201c Etwas anders lauten die Bemerkungen, welche wenige Seiten3 weiter der Besprechung von Fechners paradoxen Versuchen vorausgeschickt werden. \u201eMan blicke nach einer weifsen Fl\u00e4che, schliefse und \u00f6ffne abwechselnd das rechte Auge, so wird man finden, dafs im Moment des Schlusses die weifse Fl\u00e4che, welche nur noch vom linken Auge gesehen wird, ein wenig dunkler erscheint, als w\u00e4hrend der \u00d6ffnung beider Augen. Der Ausschlufs des Lichtes von dem einen Auge bringt also, wie\n1\tAubert: Physiologie der Netzhaut, S. 282.\n2\tHelmholtz : Physiologische Optik, 2. Aufl., S. 916.\n3\t1. c. S. 941.","page":162},{"file":"p0163.txt","language":"de","ocr_de":"Helligkeitsverh\u00e4ltnis monokular u. binokular ausgel\u00f6ster Lichtempfindungen. 103\nman erwarten mufste, eine Verdunklung des Bildes hervor, freilich eine verh\u00e4ltnism\u00e4fsig aufserordentlich schwache, f\u00fcr manche Augen kaum wahrnehmbare.\u201c\nDie Beobachtungen Herings 1 beziehen sich in erster Linie auf die Helligkeitsverh\u00e4ltnisse binokularer Farbenmischungen. \u201eBei der unokularen Mischung handelt es sich um eine Art Summierung oder Superposition der Reize, und die resultierende Empfindung ist stets bedeutend heller, als jede der beiden Empfindungen, welche nur durch eine Komponente des Lichtgemisches erzeugt werden. Mischt man aber die beiden Farben binokular, so ist die resultierende Mischfarbe nur ungef\u00e4hr gleich hell, wie die Einzelfarbe.\u201c \u201eEs ist, als ob beim Binokularsehen beide Netzh\u00e4ute sich im gemeinsamen Sehfelde gleichsam nur mit einem Bruchteile der ihnen zugeh\u00f6rigen Empfindung geltend machen k\u00f6nuten und zwar so, dafs diese Bruchteile sich immer zu 1 erg\u00e4nzen. Hering nannte dies den Satz vom komplement\u00e4ren Anteil der beiden Netzh\u00e4ute am Sehfelde.\u201c \u201eMan sieht im allgemeinen die Dinge mit beiden Augen nicht heller, als mit einem. Ist n\u00e4mlich das eine Auge geschlossen, so hat es fast gar keinen Anteil an dem gemeinsamen Mittelst\u00fccke des Sehfeldes. Sind beide Augen ge\u00f6ffnet, so partizipiert jedes Auge gleichsam nur mit der H\u00e4lfte seiner Empfindung am Sehfelde, so dafs das Ergebnis dasselbe ist, als wenn das eine Auge ganz unbeteiligt ist.\u201c\nAuch Schenck1 2 citiert, sich Hering anschliefsend, das \u201ebekannte Gesetz, dafs man im allgemeinen die Dinge mit beiden Augen nicht heller sieht als mit einem\u201c und findet, dafs die Helligkeit einer Mischfarbe bei binokularer Mischung ungef\u00e4hr gleich dem arithmetischen Mittel der Helligkeiten der Komponenten sei, betont jedoch, dafs er die Frage nach der Helligkeit der binokularen Mischfarbe noch nicht als endg\u00fcltig entschieden ansehen k\u00f6nne. In der Tat ist hier Einschr\u00e4nkung und Zur\u00fcckhaltung des Urteils wohl geboten, denn bei den Helligkeitsverh\u00e4ltnissen binokularer Farbenmischungen spielen sicherlich dieselben Faktoren eine wesentliche Rolle, welche bei der binokularen Mischung zweier verschiedener farbloser Hellig-\n1\tHebing: Der Raumsinn und die Bewegungen des Auges. In: Hebmanns Handbuch, Bd. Ill, S. 596 u. 597.\n2\tSchenck: Einiges \u00fcber binokulare Farbenmischung. Marburg 1901.\n11*","page":163},{"file":"p0164.txt","language":"de","ocr_de":"164\nH. Piper.\nkeiten, also bei Fechnebs paradoxem Versuch, in Betracht kommen; und \u00fcber die Ergebnisse dieser letzteren Versuche ist noch keineswegs eine allgemein befriedigende Erkl\u00e4rung angebahnt.\nBei meinen eigenen Untersuchungen \u00fcber Dunkeladaptation des Sehapparates 1 ergab sich die bemerkenswerte Tatsache, dafs bei vorgeschrittener Dunkeladaptation die Empfindlichkeit beider Augen zusammen, gemessen an der Intensit\u00e4t des Schwellenlichtreizes, einen erheblich h\u00f6heren Wert auf wies, als die jedes einzelnen Auges und zwar betrug der binokulare Empfindlichkeitswert stets ann\u00e4hernd das Doppelte des monokularen. Bei Beobachtung mit beiden Augen im Zustande der Dunkeladaptation summierten sich also allem Anscheine nach die beiden jedes einzelne Auge treffenden Erregungen. Ich betonte damals, dafs diese Erscheinung erst nach l\u00e4ngerem Dunkelaufenthalt (10\u201415 Min.) deutlich hervortritt, und dafs die Schwellenmessungen am helladaptierten Auge zeigten, dafs f\u00fcr diesen Zustand des Sehorganes der Satz von der additiven Binokularmischung der beiden Netzhauterregungen nicht gilt. Ich wies dann bei der Besprechung dieser Verh\u00e4ltnisse sogleich darauf hin, dafs die Ergebnisse der Schwellenmessungen bei Dunkeladaptation im Widerspruch stehen mit dem sonst ziemlich allgemein angenommenen und von den verschiedenen, oben genannten Forschern citierten Gesetz, dafs man mit beiden Augen die Objekte nicht heller sieht als mit einem, und hob hervor, dafs die besprochenen Tatsachen mir sehr eindringlich darauf hinzuweisen schienen, dafs mit dem Wechsel des Adaptationszustandes auch ein prinzipiell wichtiger und interessanter Wechsel im Modus der Sehfeldvereinigung verkn\u00fcpft sei.\nMeine damaligen Feststellungen erstreckten sich nur auf Schwellenmessungen und ich mufste den Nachweis schuldig bleiben, ob und wie weit der Satz von der additiven Mischung beider Monokularerregungen auch bei Lichtwerten G\u00fcltigkeit hat, welche von der Schwelle mehr oder weniger weit abliegen. Diese L\u00fccke in meinen Versuchsreihen auszuf\u00fcllen, bezwecken die im folgenden mitzuteilenden Untersuchungen.\n1 H. Piper: \u00dcber Dunkeladaptation. Zeitschr. f. Psychol. 31.","page":164},{"file":"p0165.txt","language":"de","ocr_de":"Helligkeitsverh\u00e4ltnis monokular u. binokular ausgel\u00f6ster Lichtempfindungen. 105\nVor versuche, Methodik.\nBeobachte ich mit gut helladaptierten Augen eine mehr oder weniger stark lichtreflektierende Fl\u00e4che, etwa den hellen Tageshimmel,\" eine weifse oder grauweifse Wand oder ein weifses Blatt Papier und schliefse und \u00f6ffne jetzt abwechselnd das rechte Auge, so sehe ich im Moment des Lidschlusses einen ganz zarten Schatten sich \u00fcber die Fl\u00e4che legen, der im Moment des \u00d6ffnens verschwindet und einer ebenso minimalen Erhellung Platz macht. Versuche ich jetzt in der gleichen Weise, ob sich bei Verdeckung und Wiederfreigabe des linken Auges ebenfalls Verdunklung und Wiederaufhellung des Sehfeldes bemerkbar macht, so zeigt sich bei mir keine Spur einer derartigen Erscheinung: ich sehe die Objekte mit dem rechten Auge allein genau so hell, als wie mit beiden Augen. Die mit meinen Augen an-gestellten Versuche beweisen also ausschliefslich, dafs ich mit dem rechten Auge heller sehe, als mit dem linken ; sie beweisen aber keineswegs, dafs ich mit beiden Augen heller sehe als mit jedem einzelnen; w\u00e4re dieses der Fall, so m\u00fcfsten die Objekte nat\u00fcrlich stets beim Sehen mit einem Auge, sei es mit dem rechten oder mit dem linken, dunkler erscheinen als beim Binokularsehen, was f\u00fcr mich, wie gesagt, nicht zutrifft.\nIch weifs nicht, ob die oben eitierten Beobachter, welche Verdunklung des Sehfeldes bei Ausschliefsung eines Auges vom Sehakte konstatierten, sich davon \u00fcberzeugt haben, ob diese Erscheinung sich einstellt, gleichg\u00fcltig, welches Auge geschlossen wird, oder ob sie etwa, wie bei mir, nur bei Verdeckung eines bestimmten Auges konstant auftritt, nicht bei Ausschaltung des anderen. Aber mag dem sein, wie es will, so viel geht aus den \u00fcbereinstimmenden Angaben aller genannten Autoren und auch der von mir untersuchten Personen mit Sicherheit hervor, dafs, wenn \u00fcberhaupt bei Beobachtung heller Fl\u00e4chen die Verdeckung eines Auges eine Verdunklung bewirkt, diese ganz aufserordent-lich gering ist und deshalb, selbst wenn tats\u00e4chlich vorhanden, bei unzureichender Aufmerksamkeit dem Beobachter leicht entgeht.\nGanz anders fallen die Versuche aus, wenn man mit dunkeladaptierten Augen eine leuchtende Fl\u00e4che von geeigneter Helligkeit beobachtet, d. h. von einer solchen, welche sicher unter der Schwelle des helladaptierten Sehorgans liegt","page":165},{"file":"p0166.txt","language":"de","ocr_de":"166\nH. Piper.\nund bei guter Dunkeladaptation grau oder grauweifs erscheint. Schliefst oder verdeckt man unter diesen Bedingungen ein Auge, gleichg\u00fcltig, welches von beiden, so sieht man sogleich, dafs das Objekt sich auff\u00e4llig verdunkelt, \u00f6ffnet man das Auge wieder, so erfolgt ebenso prompt eine wesentliche Erhellung d\u00ebr Lichtfl\u00e4che.\nSchon diese leicht zu wiederholenden Versuche \u00fcberzeugen\njeden Beobachter leicht, dafs die Erscheinungen bei Hell- und\nbei Dunkeladaptation auffallend differieren : im ersten Fall beim * \u2022\n\u00dcbergang vom binokularen zum monokularen Sehen keine oder eine ganz minimale, im zweiten eine stets auff\u00e4llige Helligkeits-abnahme, \u00fcber deren Auftreten auch bei unge\u00fcbten Beobachtern nie der geringste Zweifel besteht.\nDeuten also schon die Ergebnisse dieser qualitativen und ganz rohen Orientierungsversuche wiederum, wie die Resultate meiner oben angef\u00fchrten Schwellenmessungen, darauf hin, dafs bei Dunkeladaptation eine additive Superposition der beiden Monokularerregungen stattfindet, bei Helladaptation dagegen nicht, so erschien es jetzt w\u00fcnschenswert, diesen theoretisch interessanten Differenzen durch quantitative Messungen weiter nachzugehen. Der gegebene Weg hierf\u00fcr war der, Gleichungen zwischen einer monokular und einer binokular gesehenen Helligkeit einstellen zu lassen und dann die objektiven Lichtintensit\u00e4ten der beiden Felder zahlenm\u00e4fsig zu vergleichen.\nBei solchen Messungen bediente ich mich folgender Versuchs-anordnung (Fig. 1) : Ein nach einer Seite offener Kasten ist durch eine Querwand (ff) in einen vorderen (geschlossenen) und einen hinteren (offenen) Raum aufgeteilt; sowohl der vordere, wie der hintere Raum sind durch L\u00e4ngsscheidew\u00e4nde (TFn W2) wiederum in eine rechte und eine linke Abteilung zerlegt. In die vordere Wand des Kastens sind, je einer vorderen Abteilung zugeh\u00f6rig, zwei genau gleiche Irisblenden (J) eingesetzt, deren Durchmesserweite an einer Graduierung in Millimetern abgelesen werden kann. Unmittelbar vor den Blenden und denselben anliegend sind rundgeschliffene Milchglasscheibchen (S) in die Blendenfassung eingelassen und befestigt. Beide Scheibchen sind aus derselben Glasplatte geschnitten und erweisen sich in Versuchen als genau gleich lichtdurchl\u00e4ssig.\nAus der rechten, wie aus der linken H\u00e4lfte der Querscheidewand (Q) sind Fenster (F) von der Form eines Quadrates von 8 cm","page":166},{"file":"p0167.txt","language":"de","ocr_de":"Helligkeitsverh\u00e4ltnis monokular u. binokular ausgel\u00f6ster Lichtempfindungen. I\u00df7\nSeite ausgeschnitten; die mittleren R\u00e4nder der beiden Fenster sind durch einen 1J/2 cm breiten senkrechten Streifen der Querwand voneinander getrennt. Beide Fenster sind durch je eine Milchglasscheibe verschlossen, welche der dem vorderen Kastenraum zugekehrten Fl\u00e4che der Querscheidewand anliegt; die beiden Scheiben sind wiederum aus demselben St\u00fcck geschnitten und von gleicher Transparenz.\nGz\nFig. 1.\nDer Kasten wurde nun zwischen zwei Zimmern derart aufgestellt, dafs der vordere Teil, an welchem die Blenden montiert sind, durch einen T\u00fcrausschnitt geschoben wurde ; damit geh\u00f6rte dieser Teil dem einen Raum (Lichtraum), der hintere offene Kastenteil aber dem zweiten Raum (Beobachtungsraum) an. Im Lichtraum wurde in geeignetem Abstande von den Blenden eine","page":167},{"file":"p0168.txt","language":"de","ocr_de":"168\nH. Piper.\nGl\u00fch* oder Bogenlampe (L) aufgestellt, und ein Gehilfe besorgte hier die Einstellung der Blenden und die Ablesung der Blendendurchmesser. Im sonst dunklen Beobachtungsraum verglich die Versuchsperson die Helligkeiten der beiden quadratischen Milchglasfelder {F\\ welche, wie oben gesagt, an der Querscheidewand des Kastens angebracht sind. Als Beleuchtungsquelle f\u00fcr jedes dieser Felder ist nun nat\u00fcrlich das dem gleichen Kastenabteil angeh\u00f6rige runde Milchglasscheibchen (\u00df) zu betrachten, welches unmittelbar vor der Irisblende in deren Fassung eingesetzt ist. Hie Intensit\u00e4t der Beleuchtung ver\u00e4ndert sich proportional dem Fl\u00e4cheninhalt des nach dem Kasteninneren hin leuchtenden Areals des Scheibchens, d. h. proportional dem Quadrat des Blendendurchmessers. Vorausgesetzt, dafs auf beide Blendenscheibchen gleich viel Licht f\u00e4llt, was bei gleicher Gr\u00f6fse derselben und gleichem Abstand von ein und derselben Lichtquelle der Fall ist, vorausgesetzt ferner, dafs beide Scheibchen (S) sowohl wie die beiden Milchglasplatten (F), welche vor die Fenster der Querwand des Kastens gesetzt sind, gleich viel Licht durchlassen, so verhalten sich die Lichtintensit\u00e4ten, welche von je einem Felde zum Beobachter ausgestrahlt werden, zueinander wie die Quadrate der Blendendurchmesser.\nHie Voraussetzungen dieser Rechnungsmethode mufsten nat\u00fcrlich gepr\u00fcft werden, ehe die eigentlichen Versuche begonnen werden konnten. Zu diesem Zweck wurde die L\u00e4ngsscheidewand (W2) aus dem hinteren offenen Kastenabschnitt zun\u00e4chst entfernt und es wurden nunmehr Gleichungen zwischen den Feldern, welche jetzt beide binokular gesehen wurden, durch Ver\u00e4nderung der Blendendurchmesser eingestellt. Bei diesen Versuchen zeigte sich erstens, dafs die obigen Voraussetzungen zutreffend sind, dafs also jedesmal, wenn die Felder dem Beobachter vollst\u00e4ndig gleich erschienen, auch die beiden Blenden genau in gleicher Weite eingestellt waren; zweitens ergab sich, dafs die Einstellungen mit grofser Genauigkeit gemacht werden konnten, und dafs minimale Hifferenzen der Blendenweiten gen\u00fcgten, um das eine Feld als zu hell, das andere als zu dunkel erscheinen zu lassen. Hie Unterschiedsempfindlichkeit gegen Helligkeitsdifferenzen erwies sich demnach als recht betr\u00e4chtlich und zwar ebensowohl bei Hell- wie bei Hunkeladaptation. Hieses Ergebnis ist f\u00fcr die W\u00fcrdigung der jetzt zu er\u00f6rternden Versuchsreihen von wesentlicher Bedeutung und wohl zu beachten.","page":168},{"file":"p0169.txt","language":"de","ocr_de":"Helligkeitsverh\u00e4ltnis monokular u. binokular ausgel\u00f6ster Lichtempfindungen. 109\nF\u00fcr die eigentlichen Versuche wurde nunmehr die L\u00e4ngs* Scheidewand (W2) in den hinteren offenen Kastenraum wieder ein* geschoben und die Versuchsperson brachte den Kopf derart vor die Kasten\u00f6ffnung, dafs das eine Auge, etwa das rechte, gerade der Kante der L\u00e4ngsscheidewand gegen\u00fcber stand (Figur 1, Stellung I; f\u00fcr diese Stellung sind die Umrisse der Augen in der Figur schematisch ausgezeichnet). In dementsprechender Lage wurde der Kopf durch Kinn- und Wangenst\u00fctze festgehalten.\nUnter solchen Umst\u00e4nden sieht nun der Beobachter das linke Feld binokular, das rechte aber monokular, n\u00e4mlich nur mit dem rechten Auge; f\u00fcr das linke Auge ist das rechte Feld durch die L\u00e4ngsscheidewand des Kastens (W2) verdeckt. Der Beobachter hatte nun die Helligkeiten des binokular und des monokular gesehenen Feldes miteinander zu vergleichen und die Lichtintensit\u00e4t des ein\u00e4ugig gesehenen solange durch Versteh lung der diesem zugeh\u00f6rigen Irisblende \u00e4ndern zu lassen, bis beide Felder gleich hell erschienen. Ist dieses erreicht, so verhalten sich die Lichtintensit\u00e4ten beider Felder zueinander wie die Quadrate der zugeh\u00f6rigen Blendendurchmesser ; die Empfindlichkeit des einen Auges verh\u00e4lt sich aber zu der beider Augen zusammen umgekehrt proportional den Lichtintensit\u00e4ten, welche von dem von einem und dem von beiden Augen beobachteten Feldern nach Gleichungseinstellung ausgestrahlt werden.\nEhe ich \u00fcber die Ergebnisse der Versuche berichte, sind noch wenige weitere Worte \u00fcber die Methodik der Beobachtung vorauszuschicken. Die Felder wurden aus 35 cm Abstand beobachtet; die lineare Winkelgr\u00f6fse jedes einzelnen betrug somit in der Diagonalen 18 \u00b0, in der Seite 13 \u00b0. Beim Helligkeitsvergleich wurde zuerst das eine, dann das andere direkt betrachtet; der Blick wanderte also zwischen beiden abwechselnd hin und her und es handelte sich demnach bei den Einstellungen um Sukzessivvergleiche, bei welchen immer nur die Helligkeitsempfindung f\u00fcr das Urteil Verwendung fand, die beim Beobachten jedes Feldes mit zentralen und parazentralen Netzhautabschnitten ausgel\u00f6st wurde. Nat\u00fcrlich konnte die Beobachtung des einen Feldes mit sehr geringer Pause der des ersten folgen, n\u00e4mlich entsprechend der Geschwindigkeit der Augenbewegung, und dieser minimale Zeitverlust kam der Genauigkeit des Vergleiches sehr zu statten. \u2014-Gegen die gleichzeitige Beurteilung beider Felder unter Fest-","page":169},{"file":"p0170.txt","language":"de","ocr_de":"170\nH. Piper.\nhaltimg einer bestimmten Blickrichtung sind so gewichtige Bedenken vorzubringen, dafs von einem solchen Verfahren Abstand genommen werden mufste. Fixiert man n\u00e4mlich einen zwischen beiden Feldern gelegenen Punkt, so hegen die Bilder auf symmetrischen Netzhautteilen; aber man darf kaum vorraussetzen, dafs diese als gleich empfindlich anzusehen sind. Auch ist ein solches Verfahren unzweckm\u00e4fsig, weil die Empfindlichkeit f\u00fcr Helligkeitsunterschiede an den peripheren Netzhautteilen zweifellos geringer als auf den zentralen und parazentralen Partien entwickelt ist und somit der Vergleich unn\u00f6tig erschwert und unsicher wird. Ganz unzul\u00e4ssig w\u00e4re es nat\u00fcrlich, einen Punkt des einen Feldes zu fixieren und zugleich die vom anderen Feld herr\u00fchrende Helligkeitsempfindung zum Vergleich zu verwerten ; alsdann w\u00fcrde das fixierte Feld auf zentralen und parazentralen Partien der Retina abgebildet, das zweite aber auf weit peripheren. Bafs diese verschiedenen Netzhautteile aber nicht auch nur als ann\u00e4hernd gleich empfindlich betrachtet werden d\u00fcrfen, ist eine l\u00e4ngst bekannte Tatsache, deren Nichtber\u00fccksichtigung die Brauchbarkeit der Gleichungen illusorisch machen w\u00fcrde. Der schnelle Sukzessivvergleich mit wanderndem Blick brachte also den doppelten Vorteil, dafs die Beobachtung jedes Feldes beim Binokularsehen mit denselben resp. korrespondierenden Netzhautteilen erfolgen konnte, welche beim Monokularsehen Verwendung finden, und dafs diese, zentral und parazentral gelegen, das Optimum an Unterschiedsempfindlichkeit f\u00fcr den Helligkeitsvergleich aufwiesen.\nNoch einem Einwand gegen die Versuchsmethodik sei hier von vornherein entgegengetreten. Man k\u00f6nnte sagen, bei Beobachtung des monokular gesehenen Feldes l\u00e4gen die Bedingungen des bekannten \u201eparadoxen Versuches\u201c vor, welche nach Fechnek etwa folgendermafsen liegen: H\u00e4lt man bei Beobachtung eines weifsen Feldes vor ein Auge ein graues Glas oder bringt man ein weifses dem einen und ein graues dem anderen Auge sichtbares Feld etwa durch Prismen binokular zur Deckung, so ist die resultierende Helligkeit geringer als die des von einem Auge gesehenen helleren Feldes. Es tritt also nichts weniger als Summation der beiden Monokularerregungen ein, sondern im Gegenteil eine Beeintr\u00e4chtigung der vom einen Auge vermittelten gr\u00f6fseren Helligkeitsempfindung durch die geringere des anderen. Nach Analogie dieses Versuches k\u00f6nnte man ver-","page":170},{"file":"p0171.txt","language":"de","ocr_de":"Helligkeit&verhaltnis monokular u. binokular ausgel\u00f6sier Lichtempfindungen. 171\nmuten, die Helligkeit des monokular gesehenen Feldes in dem von mir benutzten Apparate erscheine deshalb unter Umst\u00e4nden geringer, als die des binokular gesehenen, weil die korrespondierenden Stellen des anderen Auges gleichzeitig auf das Dunkel der Scheidewand gerichtet sind. Indessen dieser Einwand ist nicht stichhaltig, wie ein einfacher Versuch zeigt: l\u00e4gen die Bedingungen des paradoxen Versuches vor, so m\u00fcfste bei Beobachtung des monokular sichtbaren Feldes Verschlufs oder Verdeckung des anderen Auges eine scheinbare Aufhellung im Gefolge haben, was nicht der Fall ist. In der Tat l\u00e4fst sich auch aus den von Fechneb, selbst angegebenen speziellen Bedingungen, welche f\u00fcr das Zustandekommen seines paradoxen Versuches wesentlich sind, ableiten, dafs derselbe bei der von mir getroffenen Versuchsauordnung nicht in Frage kommt. Fechneb zeigte n\u00e4mlich, dafs eine Verminderung der von einem Sehfeld ausgel\u00f6sten Helligkeitsempfindung durch Beizung der korrespondierenden Stellen der anderen Netzhaut mit dunklerem Licht nur dann eintritt, wenn die Dunkelheit des anderen Sehfeldes eine gewisse untere Grenze nicht \u00fcberschreitet. Ist diese passiert oder schliefst man von den korrespondierenden Stellen des anderen Auges gar das Licht ganz aus, so tritt der paradoxe Erfolg nicht ein. Und diese letzteren Umst\u00e4nde treffen f\u00fcr die Beobachtungen an meinem Apparat in der Tat zu. Bei Beobachtung des monokular sichtbaren Feldes sehen die korrespondierenden Stellen des anderen Auges das tiefe Dunkel der mit schwarzem Wollpapier beklebten Scheidewand des Kastens, eine Dunkelheit, die sicherlich weit unter dem f\u00fcr das Zustandekommen der paradaxen Erscheinung mafsgeblichen Helligkeitsminimum liegt.\nNach diesen Er\u00f6rterungen d\u00fcrften wohl alle Zweifel \u00fcber die Vergleichbarkeit der monokular und binokular gesehenen Helligkeiten an meinem Apparat behoben sein.\nVersuche.\nStelle ich zun\u00e4chst beide Blenden auf gleiche Weite ein, gebe also damit beiden Feldern gleiche, ziemlich grofse Lichtintensit\u00e4t und beobachte mit helladaptierten Augen derart, dafs das linke Feld binokular, das rechte aber nur vom rechten Auge gesehen werden kann (Fig. 1 Augenstellung I), so erscheinen mir beide gleich hell. Wird die eine Blende beliebig verstellt, so","page":171},{"file":"p0172.txt","language":"de","ocr_de":"172\nH. Piper.\ndafs beide Felder ungleich erscheinen und wird nunmehr die Blendenweite wieder aufgesucht, hei welcher Helligkeitsgleichung zwischen beiden Feldern erzielt ist, so ergiebt die Ablesung der Blendendurchmesser, dafs beide den gleichen Wert haben, und dafs mithin beide Felder die gleiche Lichtintensit\u00e4t ausstrahlen. \u00c4ndere ich nunmehr die Stellung des Kopfes, so dafs jetzt das rechte Feld binokular, das linke aber monokular gesehen wird (Fig. 1 Augenstellung II in der Figur durch die Verbindungslinie der Knotenpunkte beider Augen l r angedeutet), so erscheint mir bei objektiver Gleichheit der Lichtintensit\u00e4ten beider Felder, das linke monokular beobachtete ganz wenig dunkler, als das rechte ; indessen gen\u00fcgt eine ganz minimale, kaum zahlenm\u00e4fsig angebbare Erweiterung der linken Blende um Helligkeitsgleichheit beider Felder zu bewirken. Die Ursache f\u00fcr die Erscheinung, dafs ein mit dem linken Auge allein beobachtetes Objekt mir etwas dunkler erscheint, als wenn ich es binokular (oder mit dem rechten Auge allein) betrachte, ist, wie schon oben bemerkt, darin gegeben,, dafs mein linkes Auge, gleiche Helladaptation vorausgesetzt, stets ein wenig dunkler sieht als mein rechtes. Diese Tatsache ist aber keineswegs in dem Sinne zu verwerten, dafs zu folgen w\u00e4re, ich s\u00e4he mit dem linken Auge dunkler als mit beiden, weil die additive Beimischung der Erregung des rechten Auges ausbliebe. Sollte diese Folgerung als berechtigt anzuerkennen sein, so w\u00e4re zu verlangen, dafs ich auch mit dem rechten Auge allein dunkler sehe, als mit beiden, was, wie ich zeigte, f\u00fcr mich nicht zutrifft. Ich schliefse demnach aus den bisher angef\u00fchrten Versuchen, dafs bei Helladaptation der Augen eine additive Superposition der beiden Monokularerregungen nicht stattfindet, und dafs man unter diesen Umst\u00e4nden die Dinge mit zwei Augen nicht heller sieht als mit einem. Die von Fechner, Helmholtz, Hering u. a. in gleichem Sinne formulierte Regel erweist sich demnach auch in diesen Versuchen f\u00fcr die helladaptierten Augen als durchaus zutreffend.\nAnders fallen dagegen die Versuche aus, wenn sie bei guter Dunkeladaptation (nach etwa 20 Minuten dauerndem Dunkelaufenthalt) angestellt werden; nat\u00fcrlich mufs die Lichtintensit\u00e4t der Felder jetzt erheblich herabgesetzt werden, so dafs sie f\u00fcr das helladaptierte Auge gut unterschwellig sein w\u00fcrden. Der subjektive Helligkeitseindruck kann indessen so grofs sein, wie der war, welcher bei den Versuchen mit helladaptiertem Auge","page":172},{"file":"p0173.txt","language":"de","ocr_de":"Helligkeitsverh\u00e4ltnis monokular u. binokular ausgel\u00f6ster Lichtempfindungen. 173\nerzielt wurde. Bei meinen Versuchen wurde die Verminderung der Lichtintensit\u00e4t dadurch bewirkt, dafs an Stelle der Bogenlampe, welche bei den Versuchen am helladaptierten Auge Verwendung fand, eine 25kerzige Gl\u00fchlampe als Lichtquelle benutzt wurde (Fig. 1 L).\nSind jetzt wiederum beide Felder auf gleiche Lichtintensit\u00e4t gebracht, so erscheint stets das monokular beobachtete betr\u00e4chtlich dunkler als das binokular gesehene; diese Erscheinung tritt ein, gleichg\u00fcltig, ob das rechte oder das linke Auge das monokular beobachtende ist. Geht man mit dem Kopfe hin und her, so dafs abwechselnd das rechte und das linke Auge der Kante der L\u00e4ngsscheidewand (Rr2) des Kastens gerade gegen\u00fcbersteht (Fig. 1 zwischen Augenstellung I und II), so sieht man, dafs entsprechend jedem Wechsel der Kopf Stellung bald das rechte, bald das linke Feld als das hellere erscheint, und zwar stets dasjenige, wTelches gerade binokular gesehen wird.\nEs wurden jetzt wiederum Gleichungen zwischen der monokular und der binokular gesehenen Helligkeit eingestellt, indem die zum dunkleren (ein\u00e4ugig beobachteten) Felde zugeh\u00f6rige Blende nach Bedarf erweitert wurde. Die Empfindlichkeit des Einzelauges und die beider Augen zusammen verhielten sich dann zueinander wie die reziproken Werte der Lichtintensit\u00e4ten des zugeordneten Feldes, d. h. wie die reziproken Werte der Blendendurchmesserquadrate. Solche Gleichungen wurden hei verschiedenen absoluten Lichtintensit\u00e4ten eingestellt, bald war das rechte, bald das linke Auge das monokular beobachtende. Trotz aller dieser Variationen ergab sich ein ganz konstantes Resultat, das auch f\u00fcr andere Beobachter, Prof. Nagel, Dr. Guttmann, Dr. Sch\u00e4eer, Herrn Bleckwenn etc. G\u00fcltigkeit hatte; und dieses ist dahin zu formulieren, dafs man bei Dunkeladaptation die Objekte mit zwei Augen durchschnittlich um das 1,6 \u20141,7fache heller sieht als mit einem. Bei ganz geringen absoluten Lichtwerten \u00fcbertrifft die binokulare Empfindlichkeit die monokulare annn\u00e4hernd um das Doppelte, was ja bereits meine fr\u00fcher ver\u00f6ffentlichten Schwellenmessungen ergeben haben. Hat man eine Gleichung eingestellt und entfernt dann die L\u00e4ngsscheidewand (IF2) aus dem hinteren Kastenraum, so dafs beide Felder binokular gesehen werden k\u00f6nnen, so \u00fcberzeugt man sich leicht, dafs jetzt von G\u00fcltigkeit der Gleichung nicht mehr die Rede sein kann, und dafs das vorher monokular","page":173},{"file":"p0174.txt","language":"de","ocr_de":"174\nH. Piper.\nbeobachtete Feld das andere ganz erheblich an Helligkeit \u00fcbertrifft.\nMan kann beim qualitativen Versuch auch eine Art der Beobachtunng w\u00e4hlen, die in gewisser Beziehung die fraglichen Verh\u00e4ltnisse besonders gut zur Anschauung zu bringen geeignet ist. Man stelle beide Felder auf gleiche Lichtintensit\u00e4t ein, indem man beide Blenden auf gleiche Weite bringt und beobachte, gut dunkeladaptiert, zun\u00e4chst so, dafs etwa das linke Feld binokular, das rechte monokular gesehen wird. Jetzt ver\u00e4ndere man die Kopflage und gehe langsam in die Stellung f\u00fcr linksmonokulare Beobachtung \u00fcber (Fig. 1 aus Stellung I in II).\nMan wird dann sehen, dafs in demselben Mafse, wie das rechte Feld dem linken Auge sichtbar wird, also hinter der der Kante der L\u00e4ngsscheidewand (W2) hervorkommt, sich ein mit senkrechter verwaschener Linie begrenzter Schatten vom Aufsen- zum Innenrande des Feldes zur\u00fcckzieht und einer deutlichen Aufhellung Platz macht; in demselben Tempo aber, in welchem dieser Schatten vom rechten Felde zur\u00fcck weicht, schiebt sich ein ebensolcher \u00fcber das linke Feld, welches nach und nach nur monokular (links\u00e4ugig) gesehen werden kann, vom Innen- zum Aufsenrande, dasselbe um einen gewissen Betrag verdunkelnd, hin\u00fcber.\nMacht man mit der Kopfbewegung in einer mittleren Lage Halt, so dafs die Symmetrielinie des Gesichts gerade der Kante der L\u00e4ngsscheidewand des Kastens (Fig. 1 Stellung III) gegen\u00fcber steht, so erscheinen die beiden inneren H\u00e4lften der Felder beschattet, die beiden \u00e4ufseren aber heller: die ersteren k\u00f6nnen nur monokular gesehen werden, n\u00e4mlich die des linken Feldes nur vom linken, die des rechten nur vom rechten Auge ; die beiden \u00e4ufseren Feldh\u00e4lften aber sind binokular sichtbar. Durch Kopfbewegungen kann man die Schatten nat\u00fcrlich beliebig nach rechts oder links wandern machen.\nDie Grenze zwischen dem hellen und dem beschatteten Teil jedes Feldes ist durch einen besonders dunklen senkrechten Streifen markiert (Fig. 2 I). Dafs dieser noch erheblich dunkler erscheint als die dunkle Feldh\u00e4lfte, d\u00fcrfte zum Teil als Wirkung des Kontrastes zur Helligkeit des angrenzenden \u00e4ufseren Feldabschnittes zu erkl\u00e4ren sein; indessen wichtiger f\u00fcr die Deutung dieser Erscheinung ist wohl der Umstand, dafs sich an der Stelle des dunklen Streifens die vom einen Auge gesehene Helligkeit des Feldes mit","page":174},{"file":"p0175.txt","language":"de","ocr_de":"Helligkeitsverh\u00e4ltnis monokular u. binokular ausgel\u00f6ster Lichtempfindungen. 175\ndem vom anderen gesehenen Grau, welches die in Zerstreuungskreisen auf der Netzhaut abgebildete Kante der L\u00e4ngsscheidewand (W) des Kastens erzeugt, nach den Regeln des paradoxen FECHXERschen Versuches mischt. Hier liegt in der Tat die einzige Gelegenheit vor, bei der sich die paradoxe binokulare Helligkeitsmischung komplizierend bei der Benutzung meines Apparates geltend machen mufs : bei allen vorher beschriebenen Versuchen dagegen liegt das graue, nicht schwarze Bild der Scheidewandkante aufserhalb desjenigen der hellen Felder und ist unsichtber, da es auf das Schwarz der seitlichen Kastenw\u00e4nde\nII (Helladaptation).\nDer dunkle Streifen zwischen binokular und monokular gesehenen Feldh\u00e4lften (bei Augen Stellung III Fig. 1) mufs nach dem Gesagten nat\u00fcrlich auch sichtbar sein, wenn beide Feld h\u00e4lften gleich hell erscheinen, was ja bei Beobachtung unter den Bedingungen der Helladaptation der Fall ist. Tats\u00e4chlich konstatiert man ihn auch unter diesen Umst\u00e4nden leicht und kann ihn \u00fcber das Feld bei Bewegungen des Kopfes von rechts nach links oder von links nach rechts wandern sehen; aber er erscheint nicht in so dunklem Kontrast zum Hell des Feldgrundes und vor allen Dingen : die monokular gesehene Feldpartie schliefst sich nicht mit reduzierter Helligkeit an den Streifen an, sondern erscheint so leuchtend, wie die binokular beobachtete Feldh\u00e4lfte (Fig. 2 II). Der Unterschied zwischen den","page":175},{"file":"p0176.txt","language":"de","ocr_de":"176\nH. Piper.\nErscheinungen bei Hell- und bei Dunkeladaptation ist aus der angef\u00fcgten Figur wohl einigermafsen deutlich zu ersehen.\nS c h 1 u f s.\nWenn ich die Ergebnisse dieser Untersuchung jetzt ab-schliefsen kurz zusammenfasse, so m\u00f6chte ich das Hauptgewicht auf die Resultate legen, welche sich bei Einstellung von Gleichungen zwischen monokular und binokular gesehenen Helligkeiten ergaben. Es zeigte sich, dafs f\u00fcr helladaptierte Augen bei Gleichheit der monokular und binokular beobachteten Lichtintensit\u00e4ten in der Regel auch Gleichheit der Helligkeitsempfindung eintrat, dafs dagegen bei Dunkeladaptation die monokular beobachtete Lichtintensit\u00e4t die binokular gesehene erheblich an Wert \u00fcbertreffen mufste, um dieser letzteren gleich zu erscheinen. Diese Beobachtungen best\u00e4tigen also den schon fr\u00fcher aus den Resultaten der Schwellenmessungen abgeleiteten Satz, dafs man bei Helladaptation mit zwei Augen nicht oder nur ganz aufserordentlich wenig heller sieht als mit einem, dafs aber bei Dunkeladaptation die Helligkeitsempfindung zweier Augen die eines erheblich an Intensit\u00e4t \u00fcbertrifft.\n(Eingegangen am 1. Mai 1903.)","page":176}],"identifier":"lit32927","issued":"1903","language":"de","pages":"161-176","startpages":"161","title":"\u00dcber das Helligkeitsverh\u00e4ltnis monokular u. binokular ausgel\u00f6ster Lichtempfindungen (Fortsetzung der Untersuchungen \u00fcber Dunkeladaptation des Sehorgans)","type":"Journal Article","volume":"32"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T16:36:55.609529+00:00"}