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{"created":"2022-01-31T16:22:24.583537+00:00","id":"lit32943","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane","contributors":[{"name":"Ladd-Franklin, Chr.","role":"author"},{"name":"A. Guttmann","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane 31: 248-265","fulltext":[{"file":"p0248.txt","language":"de","ocr_de":"248\n(Aus der physikalischen Abteilung des physiologischen Instituts\nder Universit\u00e4t zu Berlin.)\n\u2022 \u2022\nUber das Sehen durch Schleier.\nVon\nChr. Ladd - Franklin und * Dr. A. Guttmann. (Baltimore)\t(Berlin)\n(Mit 6 Kurven.)\nBei gewissen Augenerkrankungen klagt der Patient \"dem Arzte, er s\u00e4he \u201ealles wie durch einen Schleier.\u201c Er will damit sagen, dafs er undeutlicher als gew\u00f6hnlich sieht und speziell den Eindruck hat, als ob sich zwischen seine Augen und die betrachteten Gegenst\u00e4nde etwas St\u00f6rendes, teilweise Verdunkelndes, einsch\u00f6be.\nWenn hiermit auf der einen Seite der Schleier als ein Hemmnis f\u00fcr das deutliche Sehen hingestellt wird, so scheint andererseits die Tatsache in einem gewissen Widerspruch damit zu stehen, dafs die Damen doch sehr h\u00e4ufig Schleier tragen und sich durch dieselben beim Sehen nicht merklich beeintr\u00e4chtigt f\u00fchlen. Wenn auch nicht zu leugnen ist, dafs die schleiertragenden Damen eine geringe Sehst\u00f6rung durch den Schleier wohl ertragen w\u00fcrden, um daf\u00fcr gewisse andere Vorteile des Schleiers ausnutzen zu k\u00f6nnen, so ist es immerhin zweifelhaft, ob die Sitte des Schleiertragens sich andauernd halten w\u00fcrde, wenn der Schleier das Sehen erheblich st\u00f6rte. In der Tat konstatiert man leicht, dafs ein Schleier, der unmittelbar vor dem Auge sich befindet, das Sehen sehr wenig beeintr\u00e4chtigt, vorausgesetzt, dafs der Schleier d\u00fcnn und von gleichm\u00e4fsigem Bau, d. h. ungemustert, ist.","page":248},{"file":"p0249.txt","language":"de","ocr_de":"\u00dcber das Sehen durch Schleier.\n249\nDie Sache l\u00e4fst sich aber auch von der anderen Seite betrachten. Unter den Gr\u00fcnden, die die Damen zum Schleiertragen veranlassen, ist h\u00e4ufig einer der wichtigsten der, dafs der Schleier vor dem Gesicht dieses f\u00fcr einen anderen Beschauer undeutlicher macht, dafs er Unreinheiten des Teints verdeckt, ja sogar die Gesichtsz\u00fcge weniger kenntlich macht. Daraus entnehmen wir, dafs ein Schleiergewebe, das sich dem betrachteten Objekt n\u00e4her befindet, als dem Auge des Beobachters, die Genauigkeit des Sehens wesentlich st\u00e4rker beeintr\u00e4chtigt, als in jenem ersten Falle. Von dieser Tatsache wird auch ein anderer sehr bekannter Gebrauch gemacht: die Verschleierung von Vorg\u00e4ngen auf der B\u00fchne und die Verschleierung gewisser feinster Details bei der Darbietung lebender Bilder.\nDavon dafs die Stellung eines Schleiers zwischen beobachtendem Auge und beobachtetem Objekt, bezw. seine Abst\u00e4nde vom Auge und Objekt f\u00fcr das Mafs der bewirkten Sehst\u00f6rung von entscheidendem Einfl\u00fcsse ist, \u00fcberzeugt man sich leicht auch im systematischen Experiment. Hierbei ergibt sich auch alsbald die bemerkenswerte Tatsache, dafs eine mittlere Stellung des Schleiers, bei der also der Schleier weder dem Auge noch dem Objekt ganz nahe ist, am st\u00e4rksten die Deutlichkeit des Sehens st\u00f6rt.\nDas l\u00e4fst sich wohl verstehen : Befindet sich ein Schleier nahe von dem Auge, das auf ein fernes Objekt akkommodiert ist, so m\u00fcssen sich die einzelnen Punkte des Schleiergewebes in grofsen Zerstreuungskreisen auf der Netzhaut abbilden. Die Zerstreuungsbilder der einzelnen F\u00e4den m\u00fcssen sich untereinander ber\u00fchren, oder auch teilweise \u00fcberdecken. Man wird also von den F\u00e4den selbst nichts sehen, sondern es wird einfach eine mehr oder wenige gleichm\u00e4fsige Verdunklung des Gesamtgesichtsfeldes resultieren, der Schleier wird nicht anders wirken, wie ein bestimmtes graues durchsichtiges Glas.\nAndererseits, wenn der Schleier nahe vor einem beobachteten Objekt sich befindet, und mit diesem zusammen vom Auge mehr oder weniger weit entfernt ist, werden die Bedingungen wesentlich andere sein : ist die Entfernung nur so grofs, dafs die einzelnen Schleierf\u00e4den noch als solche sichtbar sind, so werden sie in merklicher Weise einzelne Konturen der dahinter befindlichen Gegenst\u00e4nde verdecken. Das wird umso auffallender sein, je mehr subtile Einzelheiten das Bild jener dahinter befindlichen","page":249},{"file":"p0250.txt","language":"de","ocr_de":"250\nChr. Ladd-Franklin und A. Gtuttmann.\nGegenst\u00e4nde darbietet. Dieser Fall ist z. B. verwirklicht, wenn wir ein vor uns befindliches verschleiertes Gesicht betrachten.1\nIst die Entfernung zwischen Beobachter und Schleier schon so grofs, dafs die einzelnen Schleierf\u00e4den nicht mehr unterschieden werden k\u00f6nnen, so wird die oben erw\u00e4hnte Konturenverdeckung sich zwar ebenfalls noch geltend machen; es wird aber noch ein anderes Moment mitspielen, und zwar ein verschiedenes, je nachdem es sich um einen schwarzen oder einen wmifsen, beleuchteten Schleier handelt : der schwarze Schleier wird das Bild im ganzen einfach verdunkeln, \u00e4hnlich wie der Schleier vor dem Auge des Beobachters ; es fhefsen wiederum die Bilder der einzelne F\u00e4den ineinander. Der weifse beleuchtete Schleier, wie er auf dem Theater zur Darstellung des Nebels dient, wird \u00fcber das gesamte sichtbare Bild ein gleichm\u00e4fsiges Licht ausgiefsen, das dessen Feinheiten, die Unterschiede zwischen hell und dunkel verwischen wird, gerade so wie das Bild auf der Mattscheibe der photographischen Kamera undeutlich wird, wenn auf die Platte aufser den regul\u00e4r durch das Objektiv gebrochenen Strahlen diffuses Licht f\u00e4llt.\nDiese Faktoren wirken also, wTie gesagt, mit dem erw\u00e4hnten Faktor der Konturenverdeckung zusammen, um das Bild undeutlich zu machen.\nVerh\u00e4ltnism\u00e4fsig am kompliziertesten aber liegen die Dinge in folgendem Falle: das Auge ist auf einen fernen Gegenstand gerichtet und f\u00fcr diesen akkommodiert ; vor demselben aber befindet sich ein Schleier, dessen Maschen zwar in Zerstreuungsbildern, aber doch deutlich voneinander unterscheidbar sich auf der Netzhaut abbilden. Nehmen wir den Schleier als schwarz an, so wird das Bild jedes Fadens auf der Netzhaut die Eigenschaften eines verschwommenen Schattens zeigen : einen zentralen Kernschatten, umgeben von bl\u00e4sseren Kandstreifen (Halbschatten). Die einzelnen Punkte des fernen Objektes nun k\u00f6nnen entweder 1. durch die L\u00fccken zwischen je zwei F\u00e4den hindurch vollkommen frei und ungehindert gesehen werden, oder 2. ihr Bild f\u00e4llt in den Halbschatten, oder endlich 3. ihr Bild w\u00fcrde in den Kernschatten fallen, d. h. ist vollst\u00e4ndig unsichtbar. Hieraus ergibt sich also eine ungleichm\u00e4fsige Konturenverdeckung,\n1 Hier kommt noch die beschattende Wirkung des Schleiers auf das beobachtete Objekt hinzu.","page":250},{"file":"p0251.txt","language":"de","ocr_de":"\u00dcber das Sehen durch Schleier.\n251\ndie je nach der Dicke der Schleierf\u00e4den, bezw. dem Gesichtswinkel, unter dem der einzelne Faden erscheint, sich auf verschieden grofse Partien des Gesichtsfeldes erstrecken mufs. Kleine ferne Objekte werden bald durch den einzelnen Schleierfaden v\u00f6llig verdeckt sein, bald durch eine Masche hindurch frei sichtbar sein.1 Verschiebung des beobachteten Objektes, des Auges oder des Schleiers in seitlicher Richtung mufs also einen Wechsel in der Deutlichkeit der einzelnen Objektpartien bedingen.\nSchon von vorneherein l\u00e4fst sich vermuten, dafs es bei Beobachtungen der letztbeschriebenen Art nicht ganz leicht sein mufs, die Akkommodation stets fest auf das ferne Objekt einzustellen. Sowie dieses durch den Vorgesetzten Schleier undeutlich gemacht wird, mufs sich eine Unsicherheit in der akkommodativen Einstellung geltend machen. Dazu k\u00f6nnen Schwankungen der Aufmerksamkeit zwischen dem fernen Objekt und dem nahe gelegenen Schleiergewebe treten, die ebenfalls die Versuche komplizieren.\nSystematisch messende Versuche von anderer Seite \u00fcber die Beeintr\u00e4chtigung des Sehens durch Schleier und \u00e4hnliche zwischen Auge und Objekt angebrachte diskontinuierliche Hindernisse sind uns nicht bekannt. Wir unternahmen es daher auf Anregung des Herrn Professor Nagel gern, eine derartige Versuchsreihe anzustellen, wobei uns die sehr dankenswerte Mitwirkung einer Anzahl Herren zur Seite stand, die in der physikalischen Abteilung des physiologischen Instituts zu Berlin arbeiteten. F\u00fcr die Bereitwilligkeit, mit der sie sich uns f\u00fcr unsere Beobachtungen als Versuchspersonen zur Verf\u00fcgung stellten, sei ihnen an dieser Stelle bestens gedankt.\nAufser \u00e4ufseren Gr\u00fcnden mufsten wir unsere gemeinsamen Untersuchungen in einem Stadium abbrechen, in welchem noch mancherlei interessante Fragen der Entscheidung harrten. Ihre experimentelle Bearbeitung mufs weiteren Untersuchungen Vorbehalten bleiben. Wir teilen im folgenden das bisher erreichte mit, ohne zu verkennen, dafs unsere Versuchsreihen noch in mehr als einer Hinsicht l\u00fcckenhaft sind.\n1 Von Beugungserscheinungen, die unter diesen Umst\u00e4nden auftreten m\u00fcssen, sehen wir ab, da sie an Bedeutung hinter den anderen angef\u00fchrten Momenten zur\u00fccktreten.","page":251},{"file":"p0252.txt","language":"de","ocr_de":"252\ndir. Ladd-Franklin und A. Guttmann.\nUnsere Versuchsanordnung war folgende: In einem ca. 14 m langen, sehwarzwandigen Kellerraum des physiologischen Universit\u00e4tsinstituts wurden in 10 m Entfernung vom Beobachter die Sehproben aufgeh\u00e4ngt. Als solche dienten die bekannten PEL\u00dcGERschen Optotypen, Winkelhaken von verschiedener Gr\u00f6fse, die s\u00e4mtlich die Form eines E hatten. Wir benutzten 20 verschiedene Gr\u00f6fsen, die auf 10 m Entfernung berechnet, einer Sehleistung von 0,1\u20143 entsprachen.1\nDiese Zeichen waren auf weifsen Pappquadraten aufgeklebt, die mittels einer einfachen Vorrichtung so aufgeh\u00e4ngt werden konnten, dafs die offene Seite des E-f\u00f6rmigen Hakens nach rechts oder links, oben oder unten wies. Die Beleuchtung der auf weifsem, mattem Grund aufgeh\u00e4ngten Pappdeckel war stets gleichm\u00e4fsig ; sie erfolgte durch eine gr\u00f6fsere Anzahl gleichm\u00e4fsig verteilter Gl\u00fchlampen, welche in einem quadratischen, die zu beleuchtende Fl\u00e4che einschliefsenden Hohlrahmen derartig verteilt waren, dafs sie dem Auge des Beobachters unsichtbar blieben. Es fiel also nur das von der Objekttafel reflektierte Licht ins Auge. Um die Verh\u00e4ltnisse m\u00f6glichst einfach zu gestalten, liefsen wir die Versuchspersonen stets mit nur einem Auge beobachten. Zu diesem Zweck mufsten sie ein Brillengestell tragen, dessen eine Seite eine undurchsichtige Scheibe trug, auf der anderen Seite wurde ein Diaphragma angebracht, dessen kreisrunde \u00d6ffnung 5 mm Durchmesser hatte und dahinter eventuell ein, die Ametropie korrigierendes Brillenglas. Das Diaphragma hatte den Zweck, den st\u00f6renden Einfiufs wechselnder Pupillenweite auszuschalten.\nEs stellte sich bald heraus, dafs die Resultate verschieden ausfielen, je nachdem der Kopf w\u00e4hrend der Beobachtung frei oder durch Gebifshalter fixiert war. Bei Beobachtung mit frei beweglichem Kopfe erwies sich im allgemeinen die Sehst\u00f6rung durch den Schleier als wesentlich geringer; aufserdem waren die Ergebnisse weniger konstant. Wir verzichteten daher bald auf eingehendere Untersuchungen nach dieser Methode und stellten den Kopf f\u00fcr jede einzelne Beobachtung durch Einbeifsen in ein Beifsbrettchen fest.\nWir verwendeten bei unseren Versuchen vier verschiedene\n1 Einige Zwischengr\u00f6fsen, deren wir f\u00fcr unsere Untersuchungen bedurften, haben wir durch Zeichnung selbst hergestellt.","page":252},{"file":"p0253.txt","language":"de","ocr_de":"\u00dcber das Sehen durch Schleier.\n253\nSorten schleierartiger Gewebe, deren Eigenschaften aus den folgenden Tabellen ersichtlich sind :\nNummer des Schleiers\tMaterial des Schleiers\tFadendicke in mm\tMaschenweite in qmm\tBemerkungen\nI.\tGaze (Damenschleier)\t0,13\t0,57\tSehr unregelm\u00e4fsiges Gewebe. Zwischen den einzelnen F\u00e4den manchmal noch feinere F\u00e4den von 0,02 mm Dicke.\nII.\tEisendraht\t0,3\t1,0\t\nIII.\tMessingdraht\t0,16\t0,27\tSehr regelm\u00e4fsiges Gewebe.\nIV.\tMessingdraht\t0,7\t4,0\t\nDie einzelnen Versuche wurden in der Weise ausgef\u00fchrt, dafs zun\u00e4chst der Experimentator die Sehsch\u00e4rfe der mit der oben beschriebenen Brille versehenen Versuchsperson feststellte. Dann wurde der auf einen quadratischen Holzrahmen faltenlos gespannte Schleier dicht vor dem Auge des Beobachters durch ein Stativ fixiert, die Versuchsperson bifs sich nun an einem in richtiger H\u00f6he fixierten Beifsbrett fest und gab dann durch eine verabredete Klopfsignalsprache ihr Urteil \u00fcber die Stellung der Sehprobe ab, ehe sie die Z\u00e4hne vom Beifsbrett entfernte. Dann wechselte der Experimentator die Richtung des E und die Versuchsperson, die das Umh\u00e4ngen nicht beobachten konnte, bifs sich unterdessen an einer anderen Stelle ihres Beifsbrettes fest, um nun von neuem zu beobachten, bis sie ihr Urteil abgeben konnte. Dies wurde f\u00fcr jede Entfernung mindestens zehnmal wiederholt. Durch den fortw\u00e4hrenden Positionswechsel von Objekttafel und Kopf wurde verhindert, dafs etwa stets eine und dieselbe Stelle des Schleiers zur Deckung mit dem Objekt gebracht wurde und somit eine etwaige Fehlerquelle ausgeschaltet.\nKamen auf 10 Versuche nicht mindestens 7 richtige Antworten, so wurde der n\u00e4chstgr\u00f6fsere Haken aufgeh\u00e4ngt und der Versuch von neuem begonnen. Den Spielraum von 3 falschen Angaben auf 10 mufsten wir gew\u00e4hren, weil, wie sich im Laufe der Untersuchungen herausstellte, unberechenbare, kleine Zuf\u00e4lligkeiten die Versuchspersonen gelegentlich t\u00e4uschten. So kam es manchmal vor, dafs die Konturen des Hakens dieselbe schein-","page":253},{"file":"p0254.txt","language":"de","ocr_de":"254\nChr. Ladd-Franldin und A. Guttmann.\nbare Gr\u00f6fse hatten, wie 3 Seiten eines oder mehrerer Maschenquadrate. Deckten sie sich dann zuf\u00e4lligerweise mit den Linien dieses Quadrates, so war ein Urteil \u00fcber die Stellung des Hakens absolut unm\u00f6glich. Die geringste Verschiebung des den Haken tragenden Pappquadrates gen\u00fcgte dann, um ein promptes, richtiges Urteil zu erm\u00f6glichen. Auch gelegentliche Schwankungen der Aufmerksamkeit und andere Fehlerquellen psychischer Art, wie sie bei derartig erm\u00fcdenden Versuchen h\u00e4ufig 'Vorkommen, verlangen Ber\u00fccksichtigung. Die Zahl von 10 Einzelversuchen bei der betreffenden Stellung des Schleier war das Minimum; sowie sich die geringste Unklarheit herausstellte, wurden erheblich mehr Versuche angestellt, bis sich ein klares Resultat ergab.\nBei der Stellung des Schleiers dicht vor dem Auge sind, wie erw\u00e4hnt, die Zerstreuungsbilder der Schleierf\u00e4den so diffus, dafs sie nichts anderes als eine geringe Verdunkelung des Gesamtgesichtsfeldes bewirken. Diese erweist sich als einfiufslos f\u00fcr die zu erzielende Sehleistung, genauer genommen, sie blieb unterhalb desjenigen Mafses an beeintr\u00e4chtigender Wirkung, das wir mit unseren Verfahren nachzuweisen imstande waren.\nWir begannen daher, nachdem dies sich in einer vorl\u00e4ufigen Versuchsreihe bestimmt ergeben hatte, unsere weiteren Versuche stets erst mit einem Abstand von 10 cm zwischen Schleier und Auge. Nach Feststellung der Sehleistung bei dieser Entfernung wurde der Schleier um 10 cm auf das Objekt zu weiterger\u00fcckt und die Sehleistung wiederum bestimmt und so fort immer um 10 cm weiter bis zu 1 m Entfernung vom Auge. Von dort an meist in den Etappen 1,20 m, 1,50 m, 3 m und schliefslich 10 m, d. h. dicht vor dem Objekt. Das sprungweise Vorgehen in dieser Gegend rechtfertigt sich aus der von dort an ziemlich gleich-m\u00e4fsigen St\u00f6rung der Sehleistung. (Vgl. die Tabellen und Kurven, die der Einfachheit wegen nur bis 3 m notiert sind.) Bevor wir zu dieser kursorischen Behandlung der betr. Strecke \u00fcbergingen, hatten wir selbstverst\u00e4ndlich durch eine grofse Reihe von Einzelversuchen festgestellt, dafs auf diesem Gebiet die Sehleistung ziemlich konstant blieb. Wenn sich bei einer Untersuchung auf dieser Strecke Unregelm\u00e4fsigkeiten zeigten, so wurden nat\u00fcrlich auch Sehpr\u00fcfungen in kleineren Abst\u00e4nden gemacht. (Dies ist bei den betr. Tabellen und Kurven besonders vermerkt.) Am Schlufs fast jeder Untersuchungsreihe wurden zur Kontrolle der Ergebnisse noch einige Stichproben vorgenommen.","page":254},{"file":"p0255.txt","language":"de","ocr_de":"Tiber das Sehen durch Schleier.\n255\nWir geben nun im folgenden in tabellarischer Form die Ergebnisse dieser Untersuchungen wieder. Die verschiedenen Versuchspersonen, zum gr\u00f6fsten Teil in der physikalischen Abteilung des Instituts arbeitende Herren, zeigen gegeneinander erhebliche Unterschiede, wenn man die absoluten Werte vergleicht. Dies beruht darauf, dafs die Sehsch\u00e4rfen der einzelnen Beobachter untereinander von 1\u20143 S differierten. Jede Versuchsreihe ist also zun\u00e4chst nur in sich vergleichbar und auf die immer angegebene Sehsch\u00e4rfe der betr. Person beziehbar. Dann aber zeigen die verschiedenen Schleier bei einer und derselben Person verschiedene Grade und Arten der Sehst\u00f6rung von ganz geringen Beeintr\u00e4chtigungen an bis zur Herabsetzung der Sehleistung auf ein F\u00fcnftel, ja sogar gelegentlich bis auf ein Zehntel und Zwanzigstel des urspr\u00fcnglichen Wertes. Im ersten Stab der Tabellen sind, in Centimetern angegeben, die Entfernungen des Schleiers vom Auge notiert, daneben die Sehleistung bei diesem Abstand des Schleiers.\nEine andere, gr\u00f6fsere Reihe von Beobachtungen fand unter einer, in einem wesentlichen Punkte ver\u00e4nderten Bedingung statt. Bei einem Teil der Versuchspersonen waren die subjektiven Schwierigkeiten, wenn sie durch den Schleier hindurch das Objekt fixieren sollten, recht erheblich; der Akkommodationszustand schwankt wider Willen. So wurde dieses Moment ausgeschaltet und bei 3 Versuchspersonen (Prof. Nagel, Dr. Feilchenfeld, Dr. Guttmann) durch Eintr\u00e4ufeln vom Homatropin, resp. Atropin die Akkommodation f\u00fcr die Zeit der Versuche gel\u00e4hmt Die Resultate dieser nach Akkommodationsl\u00e4hmung angestellten Versuche fielen recht verschiedenartig aus. Zum Teil differierten sie gar nicht von den ohne Atropinisierung unter sonst gleichen Versuchsbedingungen gewonnenen Resultaten (z. B. bei einigen mit Prof. Nagel angestellten Versuchen). In diesem Fall wird man wohl annehmen k\u00f6nnen, dafs die subjektiv lebhaft empfundene St\u00f6rung, dafs der Schleier als das auff\u00e4lligere der gesehenen Objekte ihn zu fixieren veranlafste, durch die willk\u00fcrliche Beherrschung der Akkommodation doch \u00fcberwunden wurde. Der andere Fall, dafs also die mit Atropinisierung gewonnene Sehleistung besser war, als ohne Atropinisierung, zeigt, dafs es den Versuchspersonen z. T. eben nicht m\u00f6glich war, dieso Schwierigkeit in der Beherrschung der Akkommodation zu \u00fcberwinden.","page":255},{"file":"p0256.txt","language":"de","ocr_de":"256\ndir. Ladd-Franklin und A. Guttmann.\nAm Schlufs dieser Angaben \u00fcber unsere Yersuchsbedingungen und die erzielten Resultate m\u00fcssen wir noch in K\u00fcrze einiger Modifikationen gedenken, wrelche wir im Laufe der Untersuchungen gelegentlich einrichteten. Wir untersuchten die Sehst\u00f6rung im allgemeinen bei einer Stellung des Schleiers, in der die F\u00e4den senkrecht und wagerecht verliefen ebenso wie die Linien der E. Wenn wir nun den Schleier so stellten, dafs die F\u00e4den schr\u00e4g durch das Gesichtsfeld liefen, dafs sich also ihre Abbildungen auf dem Augenhintergrunde mit den Abbildungen der Linien der E im Winkel von 45 0 kreuzten, so fiel die St\u00f6rung zwar nicht wesentlich anders aus, aber sie trat doch im ganzen in geringerem Mafse auf.\nFerner wmrde noch untersucht, ob die Resultate beeinflufst wurden, wenn der Schleier, dessen F\u00e4den bei der bisher beschriebenen Versuchsanordnung vollkommen schwarz auf dem hellen Hintergrund erschienen, selbst Licht reflektierte. Der Drahtschleier wurde zu diesen Versuchen durch Ber\u00e4ucherung mit Magnesiumoxyd geweifst und durch eine Gl\u00fchlampe, welche zwischen Beobachter und Schleier, in konstantem Abstand von letzterem angebracht war, beleuchtet. Das Auge des Beobachters war durch einen Schirm vor dem direkten Licht der Lampe gesch\u00fctzt, so dafs also (neben dem vom Objekt her durchfallenden Licht) nur noch das von den Schleierf\u00e4den reflektierte Licht ins Auge fiel. Das Ergebnis war, dafs sich nur geringe objektiv erkennbare Unterschiede gegen\u00fcber der St\u00f6rung der Sehleistung durch den schwarzen Schleier zeigten ; der w^eifse Schleier setzte die Sehleistung mehr herab als der schwarze. Auffallenderweise war der subjektive Eindruck der eines viel st\u00e4rkeren Unterschiedes (im gleichen Sinne).\nInwieweit das Verh\u00e4ltnis zwischen Fadendicke und Maschenweite die Art der Sehst\u00f6rungen beeinflufst, l\u00e4fst sich nach unseren bisherigen Untersuchungen noch nicht endg\u00fcltig beantworten. Es scheint, nach einer Anzahl von Versuchsreihen, die nach dieser Richtung angestellt wurden, dafs sich bei feinf\u00e4digen, engmaschigen Schleiern geringere Sehst\u00f6rungen einstellen, die sich dann aber \u00fcber eine gr\u00f6fsere Strecke hinziehen, w\u00e4hrend bei grobem, weitmaschigem Gewebe die St\u00f6rung auf einer kleineren Strecke sich bemerkbar macht, hier aber um so st\u00e4rker. Im ersten Falle verursachen offenbar die zarten, engen Gewebe eine sich lange gleichbleibende allgemeine Verdunklung des Gesichts-","page":256},{"file":"p0257.txt","language":"de","ocr_de":"\u00dcber das Sehen durch Schleier.\n257\nfelcles, im zweiten dagegen verdecken zuerst die grofsen Zerstreuungsbilder der groben F\u00e4den oft das ganze Objekt; bei einiger Entfernung vom Auge kann aber der Beobachter durch die weiten Maschen hindurch die Stellung des relativ kleinen E erkennen. Genauere Aufkl\u00e4rung erwarten wir von einer weiteren in Aussicht genommenen Untersuchung. Die subjektiven Beobachtungen der Versuchspersonen sind in mancher Beziehung wichtig; in erster Linie, was die bereits oben erw\u00e4hnte St\u00f6rung von seiten der Akkommodation betrifft. Wie dort bereits ausgef\u00fchrt, l\u00e4fst sich die objektive Sehst\u00f6rung durch Ausschaltung dieses Moments teilweise herabsetzen. Auch die unangenehmen, subjektiven Sensationen, welche mit dieser Akkommodationsschwierigkeit verbunden sind, fallen nach Atropinisierung vollkommen fort. Diese St\u00f6rungen werden meist so empfunden, dafs sich der Schleier bei geringem Abstand vom Auge wie ein Nebel dazwischenlegt, der nur mit Anstrengung zu durchdringen ist; w\u00e4chst die Entfernung des Schleiers vom Auge, so dr\u00e4ngen sich seine Konturen so stark auf, dafs es sehr schwer h\u00e4lt, das Auge nicht auf den Schleier, sondern auf das entfernte, viel weniger auff\u00e4llige Objekt zu akkommodieren. Subjektiv am\nwenigsten st\u00f6rend ist die Stellung des Schleiers dicht am Objekt.\n\u2022 \u2022\nDurch Konzentration der Aufmerksamkeit und \u00dcbung besserte sich bei allen Versuchspersonen, manchmal sogar im Verlauf einer einzigen Untersuchungsreihe, die Sehleistung, bei physikalisch immer gleichen Versuchsbedingungen. (Nebenbei sei hier noch erw\u00e4hnt, dafs geringe Schwankungen in den absoluten, d. h. also ohne Schleier festgestellten Sehleistungen der einzelnen Beobachter zweifellos nur von der verschiedenen Disposition abhingen, da die vorz\u00fcgliche Beleuchtung der Objekte stets vollkommen gleich war.) Wir geben nun die f\u00fcr die einzelnen Versuchspersonen unter den beschriebenen Versuchsbedingungen gewonnenen Resultate in Tabellenform wieder.\nZeitschrift f\u00fcr Psychologie 31.\n17","page":257},{"file":"p0258.txt","language":"de","ocr_de":"258\nChr. Ladd-Franklin und A. Guttmann.\nBeobachter Prof. Dr. Nagel. S = 1,75.\ncm\tvert ohne Homa\tS chie ikal mit tropin\tier II diagonal I ohne\tmit # Homatropin\t\tSchleier III vertikal ohne | mit Homatropin\t\tSchleier IV vertikal mit Homatropin\n10\t0,5\t0,8\t1,0\t1,0\t1,0\t1,25\t1,62\n20\t0,5\t0,6\t1,0\t0,9\t1,0\t1,12\t1,50\n30\t0,4\t0,5\t0,7\t0,7\t1,0\t1,12\t1,0\n40\t0,3\t0,4\t0,5\t0,6\t1,25\t1,25\t1,25\n50\t0,4\t0,4\t0,5\t0,5\t1,25\t\u2014\t0,9\n60\t0,4\t0,4\t!\t0,4\t0,4\t1,25\t1,50\t1,0\n70\t0,4\t0,4\t0,4\t0,4\t1,25\t1,50\t1,0\n80\t0,4\t0,4\t0,4\t0,4\t1,25\t1,50\t\u2014\n90\t0,5\t0,4\t0,5\t0,4\t1,50\t1,50\t0,9\n100\t0,6\t0,6\t0,5\t0,5\t1,75\t1,25\t0,9\n120\t0,6\t0,5\t\t0,7\t1,50\t1,50\t\u2014\n150\t0,7\t0,5\t0,7\t0,7\t\u2022\u2014\t\u2014-\t1,0\n300\t\u2014\t0,7\t\u2014\t1,25\t1,50\t1,75\t1,12\nBeobachter Dr. Guttmak\u00eft. S = 2 %\u20143.\n\tSchleier I\t\tSchleier II\t\t\tSchleier III\t\t\tSchleier\n\tvertikal\t\tvertikal i\t\tdiagonal\tvertikal\t\tdiagonal\tIV\n\t\t\t\t\tohne\t\t\tohne\tvertikal\n\tohne\tmit\tohne\tmit\tHorn-\tohne\tmit 1\tHorn-\tmit Hoin-\ncm\tHomatropin\t\tHomatropin\t\tatropin\tHomatropin i !\t\tatropin\tatropin\n10\t0,5\t0,9\t1,75\ti 1,75 j\t1,75\t1,50\t2,5\t2-\t0,7\n20\t0,3\t0,8\t1-\t1,75\t1,75\t1,25\t2-\t2-\t0,7\n30\t0,1\t0,5\t1-\t1,50\t1,75\t1,50\t2-\t2,25\t0,6\n40\t0,1\t0,4\ti.-\t1,50\t1,50\t1,50\t2,12\t2,25\t0,6\n50\t0,2\t0,4\t0,9\t1,35\t1,75\t1,50\t2-\t2-\t0,7\n60\t0,2\t0,4\t1-\t1,35\t1,75\t1,75\t2 - ;\t1,75\t0,6\n70\t0,2\t0,4\t0,9\t1,25\t1,75\t1,75\t2,25 j\t\t0,6\n80\t0,25\t0,4\t0,9\t1,50\t1,75\t1,75\t2,25\t2,-\t0,6\n90\t0,25\t0,4\t0,8\t1,50\t1,50\t2-\t2,25 |\t2,25\t0,6\n100\t0,25\t0,5\t0,9\t1,75\t1,50\t2,25\t2,25 !\t2-\t0,6\n120\t0,35\t0,6\t0,9\t1,75\t1,75\t\u2014\t1\t\u2014\t\u2014\n150\t0,6\t0,7\t1-\t1,75\t1,75\t2,25\t2,25\t2 \u2014\t0,6\n300\t\u2014\t0,7\t1,25\t1,75\t:\t2,\u2014 i i\t2-\t2,25\t2,25\t0,7","page":258},{"file":"p0259.txt","language":"de","ocr_de":"\u00dcber das Sehen durch Schleier.\n259\nBeobachter Mrs. Ladd - Fbanklin. 8 \u2014 1,50.\ncm\tSchleier I vertikal\tSchle vertikal\tier II diagonal\tSchlei vertikal\ter III diagonal\tSchleier IV vertikal (weifsberulst, reflekt. Licht)\n10\t1-\t1,20\t1,25\t1-\t1,25\t0,9\n20\t0,9\t1,20\th-\t1-\t0,9\t0,9\n30\t0,7\t0,9\t1-\t0,9\t0,9\t0,8\n40\t0,6\t0,7\t1-\t0,8\t0,9\t0,8\n50\t0,5\t0,7\t0,9\t0,8\t0,9\t0,8\n60\t0,4\t0,6\t0,9\t0,9\t0,9\t0,8\n70\t0,4\t0,6\t0,9\t0,9\t0,9\t0,8\n80\t0,4\t0,6\t0,9\t1-\t0,9\t0,7\n90\t0,4\t0,7\t0,9\t1-\t0,9\t\u2014\n100\t0,5\t0,7\t0,8\t1-\t0,9\t0,8\n120\t\u2014\t\u2014\t0,8\t1-\t1-\t\u2014\n150\t0,7\t0,9\t1-\t1-\t1-\t1-\n300 !\t1,25\t1,50\t1,50\t1,25\t1,\u2014\t1-\nBeobachter Dr. Feilcheneeld. 8 = 1,50 \u2014 2.\n!\tSchleier II\tsenkrecht\tSchleier II diagonal\t\n! j\tohne\tmit\tohne\tmit\ncm\tAtropin\t\tAtropin\t\n10 ,\t0,9\t0,9\t1,50\t1,25\n20\t0,5\t0,9\t1,25\t1,25\n30\t0,4\t0,8\t1,25\t1,25\n40\t0,4\t0,8\t1-\t1-\n50\t,\t0,3\t0,7\t0,9\t1-\n60 |\t0,4\t0,7\t0,8\t1-\n70 1\t0,4\t0,7\t0,8\t1-\n80\t0,5\t0,7\t0,8\t1-\n90\t0,7\t0,7\t0,9\t1-\n100\t0,9\t0,7\t1-\t1-\n150\t0,9\t1-\t1,25\t1,25\n300\t1-\t1,25\t1,25\t1,25\n17*","page":259},{"file":"p0260.txt","language":"de","ocr_de":"260\nChr. Ladd-Franldin und A. Guttmann.\n\tBeobachter Dr. Piper\tI l | Beobachter Dr. Crzellitzer\tBeobachter Dr. Ebstein ; 8 = 2 % - 3\tI ! Beobachter Frl. Franklin !\tS = 2\t\n\tSchleier I\tSchleier III\tSchleier II\tSchleier II\t\ncm\tvertikal\tdiagonal\t,\tvertikal\tvertikal\tdiagonal\n10\t1-\t0,8\t2,25\t1,12\t1,75\n20\t0,9\t0,7\t\u00cf\t2,25\ti-\t1,50\n30\t0,4\t0,6\t2,25\t0,9\t1,25\n40\t0,4\t0,5\t1,87\t0,9\t1,25\n50\t0,25\t0,5\t1,75\t0,8\t1-\n60\t0,25\t0,6\t1,75\t0,8\t1-\n70\t0,2\t0,7\t1,50\t0,8\t1-\n80\t0,2\t0,8\t1\t1,50\t0,7\t0,8\n90\t0,3\t0,9\t;\t1,50\t0,7\t0,75\n100\t0,3\t0,9\t1,75\t0,7\tb-\n120\t0,35\t\u2014\t1,75\t1\t\u2014\t1,50 (2 m)\n150\t0,6\t0,9\t2,-\t0,8\t\n300\t0,9 (2 m) 1 I\t0,9\t2,25\t1-\t1,75\nIn den folgenden Kurven geben wir die charakteristischsten Resultate in graphischer Darstellung wieder. Als Abszissen sind die Abst\u00e4nde des Schleiers vom Auge aufgetragen, als Ordinaten die entsprechenden Sehleistungen. Bei der Betrachtung der Kurven ist zu ber\u00fccksichtigen, dafs die uns zur Verf\u00fcgung-stehenden Sehproben bis zu 1 S steigend immer um 110 S voneinander differierten, dafs wir aber von 1\u20142 8/4 S immer nur 1I\u00b1 S Differenz zwischen den einzelnen Sehproben hatten. Infolgedessen entspricht eine \u201eum eine Nummer\u201c bessere Sehleistung oberhalb von 1 S sofort einem Steigen der Kurve um 21 ._> H\u00f6heneinheiten, unterhalb von 1 S nur 1 H\u00f6heneinheit (das Sinken der Kurve ist nat\u00fcrlich ebenfalls mit dieser Ber\u00fccksichtigung zu betrachten).","page":260},{"file":"p0261.txt","language":"de","ocr_de":"\u00dcber das Sehen durch Schleier.\n261\nFigur I.\n10 20 30 \u00a5) 50 6 0 70 SO 90100\nEinflufs der \u00dcbung: Die untere Kurve nur bis 1,50 m vom ersten Versuchstage (Schleier I), die mittlere einige Wochen sp\u00e4ter (Schleier II), die obere am letzten Tage (wieder Schleier I!). [Dr. Guttmann.]\nFigur II.\n10 20 30 iO 50 SO 70 80 90100\nEinflufs der \u00dcbung: Die untere Kurve die erste (von Mrs. Fbanklin) auf genommene Kurve (Schleier II diagonal), die zweite einige Wochen sp\u00e4ter (unter denselben Bedingungen).","page":261},{"file":"p0262.txt","language":"de","ocr_de":"262\nChr. Ladd-Franklin und A. Guttmann.\nZwei Kurven von der. selben Versuchsperson (Dr. Feilchenfeld) am selben Tage mit atropi-nisiertem Auge von demselben Schleier aufgenommen; die obere zeigt den Verlauf bei diagonal, die untere bei vertikal gestelltem Schleier II.\n10 20 30 40 50 60 10 80 90100\nZwei Kurven von derselben Versuchsperson (Prof. Dr. Nagel), einmal mit homatropinisiertem Auge von diagonalem Schleier II aufgenommen, das zweite Mal (punktiert) mit nicht homatropinisiertem Auge bei demselben Schleierstand.\nFigur III.\n10 20 30 4-0 50 60 70 80 90100\nFigur IV.\nFigur V.\n10 20304-050 \u00d6U 708090100\nVier Kurven von derselben Versuchsperson (Dr. Guttmann), alle bei homatropinisiertem Auge und vier verschiedenen senkrecht gestellten Schleiern (Schleier I zu unterst, in der Mitte Nr. II, oben Schleier III, punktiert Schleier IV).","page":262},{"file":"p0263.txt","language":"de","ocr_de":"\u00dcber das Sehen durch Schleier.\n263\nFigur VI.\n190 \u25a0\n120 -6\n\\ ' \u00bb\nW 20 30 'tO 50 60 1030 90100\nZehn Kurven, jede unter einer anderen Versuchsbedingung bei einer anderen Versuchsperson :\nKurve 1. Dr. Guttmann. Schleier III vertikal (Homatropin).\n\u201e\t2. Dr. Ebstein. Schleier II vertikal.\n\u201e\t3. Dr. Guttmann. Schleier II vertikal (Homatropin).\n\u201e\t4. Frl. Franklin. Schleier II diagonal.\n\u201e\t5. Prof. Nagel. Schleier IV vertikal (Homatropin).\n\u201e\t6. Frau Franklin. Schleier II diagonal.\n\u201e\t7. Dr. Piper. Schleier I vertikal.\n\u201e\t8. Dr. Feilcheneeld. Schleier II diagonal (Atropin).\n\u201e\t9. Dr. Crzellitzer. Schleier III diagonal.\n\u201e\t10. Prof. Nagel. Schleier II vertikal (nur bis 1,50 m untersucht).\n(Die mit Atropin- resp. Homatropin - L\u00e4hmung gewonnenen Kurven sind\npunktiert gezeichnet.)\nDie angef\u00fchrten Tabellen bed\u00fcrfen wohl keines weiteren Kommentars. Wir haben nicht s\u00e4mtliche Ergebnisse der vielen einzelnen Untersuchungsreihen, die besonders mit den ersten drei Versuchspersonen angestellt waren, buchen zu sollen geglaubt. Diese Ergebnisse stimmten, nachdem erst ein gewisser Grad der \u00dcbung erreicht war und wir gelernt hatten, die Fehlerquellen m\u00f6glichst zu verringern, im allgemeinen so gut miteinander \u00fcberein, dafs wir uns darauf beschr\u00e4nken konnten, nur die besonders charakteristischen Ergebnisse in tabellarischer \u00dcbersicht darzubieten. Einiger Erl\u00e4uterungen dagegen bedarf die graphische Darstellung : Die Figur I zeigt den Einflufs der \u00dcbung bei einer des Schleiers ungewohnten Versuchsperson.","page":263},{"file":"p0264.txt","language":"de","ocr_de":"264\ndir. Ladd-Franklin und A. Guttmann.\nDie unterste Linie zeigt das Ergebnis der ersten mit ihr vor-genommenen Untersuchung. Die Sehsch\u00e4rfe betrug 210\u20143. Den subjektiven Beschwerden, die anfangs aufserordentlich stark waren, entspricht der grofse Tiefstand der Kurve, die auf etwa 1!o0 der vollen Sehsch\u00e4rfe sinkt. (Die mittlere Linie zeigt das Resultat einer Untersuchung mit einem anderen Schleier etwa aus der Mitte der Beobachtungszeit.) Eine in den letzten Tagen nochmals mit dem ersten Schleier vorgenommene Untersuchung zeigt eine, durch die monatelange \u00dcbung auf ein Minimum reduzierte Beeintr\u00e4chtigung der Sehleistung. Die zweite Figur zeigt das Ergebnis zweier Untersuchungen von Erl. Franklin (S \u2014 2). Wie die punktierte Linie zeigt, war die St\u00f6rung durch den, doch nicht ganz ungewohnten Schleier, ziemlich erheblich. Die obere Kurve, unter genau denselben Bedingungen aufgenommen, zeigt, wie sich nach einigen Versuchen die St\u00f6rung verringert hat.\nDie n\u00e4chste Figur III zeigt zwei einander sehr \u00e4hnlich verlaufende Linien, die um ca. 1ji S von einander entfernt liegen. Beide sind, und zwar an einem Tage, von Dr. Feilcheneeld gewonnen, dessen Auge atropinisiert war. Die durch Akkommodationsschwankungen gegebene Schwierigkeit war also bei beiden Versuchen beseitigt. Die beiden Linien zeigen daher sehr deutlich die trotzdem bestehende, durch die physikalischen Verh\u00e4ltnisse bedingte Herabsetzung der Sehleistung. Dabei demonstriert die obere Kurve die geringere, durch die Diagonalstellung des Schleiers bedingte St\u00f6rung, die untere entspricht dem vertikal gestellten Schleier. Inwieweit diese Differenz von unserer Versuchsanordnung abh\u00e4ngt, bei der die Linien des Winkelhakens immer horizontal und vertikal, nie diagonal gerichtet waren, ist weiter oben ausgef\u00fchrt.\nDafs unter Umst\u00e4nden kein irgendwie erheblicher Unterschied besteht, ob das Auge akkommodationslos ist oder nicht, zeigt (bei diagonal gestelltem Schleier) Figur IV. Figur V bietet einen Vergleich aller vier von uns benutzten Schleier, alle vier Kurven sind mit senkrechter Stellung von derselben Versuchsperson mit akkommodationslosem Auge an verschiedenen\nTagen gewonnen; die \u00c4hnlichkeit bei aller Verschiedenheit liegt\n\u2022 \u2022\nklar zu Tage. Noch pr\u00e4gnanter ist die letzte Ubersichtszeichnung. Wir geben darauf zehn verschiedene Kurven, jede repr\u00e4sentiert \u201eeine von den anderen verschiedene Versuchsanordnung. Alle","page":264},{"file":"p0265.txt","language":"de","ocr_de":"\u00dcber das Sehen durch Schleier.\n265\nVersuchspersonen, alle Schleierarten und -Stellungen, sowie Akkommodationsintegrit\u00e4t und -l\u00e4hmung sind somit in einem Bilde vereinigt (der letzteren entsprechen die punktierten Linien).\nEin Blick auf dieses Bild zeigt nun, dafs trotz aller individuellen, wie tats\u00e4chlich bedingten Verschiedenheiten alle Kurven denselben typischen Verlauf zeigen, n\u00e4mlich: Absinken der Sehleistung bis zu einem relativen Minimum, das fr\u00fchestens bei 30 cm, sp\u00e4testens bei 90 cm erreicht ist und dann nach einiger Zeit ein Ansteigen der Sehleistung, das fr\u00fchestens bei 40 cm, sp\u00e4testens bei 90 cm einsetzt.\nWir glauben durch unsere Versuche eine Best\u00e4tigung der anfangs theoretisch deduzierten Annahmen erbracht zu haben. Die gefundenen Sehst\u00f6rungen lassen sich wohl aus den angef\u00fchrten Gesichtspunkten ausreichend erkl\u00e4ren. Genauere Untersuchungen \u00fcber verschiedene, der Aufkl\u00e4rung noch bed\u00fcrftige Punkte, wie Wirkung farbiger Schleier, resp. farbigen Lichtes, gr\u00fcndliche Trennung der physikalischen und der physiologischen Komponente der Sehst\u00f6rung haben wir nicht mehr gemeinsam vornehmen k\u00f6nnen. Sie bleiben einer sp\u00e4teren Einzelpublikation Vorbehalten.\n(Eingegangen am 20. Dezember 1902.)","page":265}],"identifier":"lit32943","issued":"1903","language":"de","pages":"248-265","startpages":"248","title":"\u00dcber das Sehen durch Schleier","type":"Journal Article","volume":"31"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T16:22:24.583543+00:00"}