Open Access
{"created":"2022-01-31T16:23:58.526487+00:00","id":"lit32959","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane","contributors":[{"name":"Hielscher","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane 28: 142-144","fulltext":[{"file":"p0142.txt","language":"de","ocr_de":"142\nLitera turbericht.\nStreben von ungeordnetem Durcheinanderwogen der Kr\u00e4fte zu gesetz-m\u00e4fsigen Einordnungen in geordnete Systeme (zuerst physicalische, dann organische, dann bewufste) darstellt, will er nur so viel affective Erregung aufkommen lassen, als bei der Wahrung allgemein menschlicher Interessen unvermeidlich ist. \u201eWir m\u00fcssen danach streben, mehr und mehr Glieder einer Gemeinschaft zu wrerden, in welcher eine sittlich gel\u00e4uterte Causalit\u00e4t das Princip des gegenseitigen Wirkungsaustausches bildet\u201c.\nDen ethisch-praktischen Theil dieser Arbeit kritisch zu beleuchten, liegt nicht im Rahmen dieser Zeitschrift. Die psychologisch-theoretischen Ausf\u00fchrungen enthalten mancherlei Interessantes, namentlich in der Lehre vom Bewufstsein ; aber das Wesen der Affecte wird durch die Arbeit dem Verst\u00e4ndnifs nicht n\u00e4her gebracht. Denn neue Worte wie \u201eDiremptions-schwelle\u201c, \u201eUnterwille\u201c etc. ohne neue Thatsachen und Gesichtspunkte bringen dies nicht zu Stande. Auch finden sich zuweilen S\u00e4tze und terminologische Wendungen, die eine klare und scharfe Analyse vermissen lassen. Schon die Identifieirung von Leidenschaften und Affecten ist bedenklich. Sodann aber sind \u201einstinctive Veranstaltungen des Organismus, das ihm N\u00fctzliche zu geniefsen, das ihm Sch\u00e4dliche zur\u00fcckzustofsen\u201c (S. 6), kein Begehren oder Widerstreben? Auch der Einwand gegen Kant ist hinf\u00e4llig. Wenn ein Affect auch nicht mit einem Gef\u00fchl ausschliefslich verbunden zu sein braucht, so doch mit Gef\u00fchlen \u00fcberhaupt, wie die Beispiele des Verf.\u2019s auf S. 6 gerade zeigen. Das Gef\u00fchl einer bestehenden oder drohenden Beg\u00fcnstigung oder Sch\u00e4digung ist kein Urtheil, auch kein instinctives (S. 10). Die historische Uebersicht ist mehr vom Zufall als von umfassender Systematik dictirt. Sonst mufsten bei den physiologischen Theorien wenigstens auch M\u00fcnsterberg und Meynert, bei den psychologischen Lipps und Ziegler Erw\u00e4hnung finden ; auch Horwicz durfte nicht ganz aufser Acht bleiben. Mit welchem Rechte Verf. Nahlowsky zu den Psycho-Physiologen und Herbart zu den Psychologen z\u00e4hlt, ist schwer ersichtlich. Dies sind indefs alles nur mehr oder minder untergeordnete M\u00e4ngel angesichts der Thatsache, dafs nach neueren Untersuchungen, namentlich Alfred Lehmann\u2019s (Plethysmographische Untersuchungen), Wundt\u2019s u. a. die Analyse der Affecte viel tiefer gedrungen ist und feinere Formen angenommen hat, als es nach der vorliegenden Arbeit den Anschein hat.\tWreschner (Z\u00fcrich).\nP. Zoneef und E. Meumann. Ueber Begleiterscheinungen psychischer Vorg\u00e4nge in Athem und Puls. I. Wundt\u2019s Phil. Stud. 18 (1), 1\u2014113. 1901.\nMit einer kurzen Uebersicht \u00fcber fr\u00fchere Arbeiten verwandter Art leiten die Verff. ihre Untersuchungen ein. Sie erw\u00e4hnen F\u00fcr\u00e9, kommen dann auf Mosso, Delabarre, Lehmann, besonders auf Paul Mentz zu sprechen, um sich als eigentliches Thema eine Revision der von Meumann fest-gestellten Thatsachen zu w\u00e4hlen, dafs bei richtiger Behandlung der pneumo-graphischen Registrirapparate die Athemver\u00e4nderungen als sicherstes Kennzeichen aller Ver\u00e4nderungen des Gef\u00fchlslebens dienen k\u00f6nnen, und dafs die Vorg\u00e4nge der Aufmerksamkeit in engster Beziehung zu Athemver\u00e4nderungen stehen. Von der Voraussetzung ausgehend, dafs Aenderungen der Athembewegungen stets auch Aenderungen aller \u00fcbrigen mit ihnen in","page":142},{"file":"p0143.txt","language":"de","ocr_de":"Literaturbericht.\n145\nphysiologischen Zusammenh\u00e4nge stehenden Organe zur Folge haben, werden in den von den Verff. angestellten Versuchen die Wirkungen der Gef\u00fchle auf das Blutgef\u00e4fssystem, auf Puls und Herz einmal bei optischen, hierauf bei akustischen Reizen untersucht. Zwei weitere Kapitel sind dann der Aufmerksamkeit auf Tastreize und auf Vorstellungen gewidmet. Als sicheres Ergebnifs dieser Versuche finden die Verff., dafs die Schwankungen der Aufmerksamkeit von genau entsprechenden Schwankungen in den Athem- und Pulsver\u00e4nderungen begleitet sind, d. h. es treten in dem Maafse, als diu Concentration der Aufmerksamkeit unvermindert andauert, Hemmungen in Athem und Puls auf, w\u00e4hrend die Athemgr\u00f6fse und Pulsfrequenz wieder zunimmt, sobald die Concentration nachl\u00e4'st. \u2014 Weitere Versuche werden hierauf angestellt, um zu beobachten, wie sich Athem- und Pulswirkungen bei Lust- und Unlustgef\u00fchlen verhalten. Dazu werden nicht allein optische, akustische und Geschmacksreize verwandt, sondern es werden auch solche Gef\u00fchlszust\u00e4nde ausgel\u00f6st > die nicht durch Empfindungsreize veranlafst sind, die vielmehr durch reproducirte Vorstellungen, und zwar im einfachsten Falle durch Erinnerung an eine Empfindung entstehen, schliefslich werden noch einige Versuche mit eigentlichen h\u00f6heren Gef\u00fchlen angestellt. Als Ergebnifs zeigt sich, dafs alle Lustgef\u00fchle eine Verflachung und Beschleunigung der Athmung nebst einer Pulsverlangsamung bewirken, alle Unlustgef\u00fchle dagegen werden von einer Vertiefung und Verlangsamung der Athmung und einer Pulsbeschleunigung begleitet ; die thorakale Athmung wird bei Lust verflacht, die abdominale mehr vertieft und nur selten verflacht; alle Gef\u00fchlsreactionen aber bewirken in der thorakalen Athmung mehr Aenderungen. \u2014 Nach diesen Einzeluntersuchungen \u00fcber das Verhalten der Aufmerksamkeit wie der Gef\u00fchle zu den Athem- und Pulsver\u00e4nderungen wird nun auch das Verh\u00e4ltnifs der Aufmerksamkeit zu den Gef\u00fchlen experimentell gepr\u00fcft. Diese Experimente weisen nun nach, dafs alle Athem- und Pulswirkungen der Gef\u00fchle durch eine wirkliche Ablenkung der Aufmerksamkeit mittels eines anderen Reizes aufgehoben werden. Gelingt die Ablenkung der Aufmerksamkeit nicht, so kann in solchen F\u00e4llen ein neues Unlustgef\u00fchl entstehen, das sich sogleich in Athem und Puls auspr\u00e4gt. \u2014 Ein ganz besonderes Interesse nehmen die letzten Versuche in Anspruch, welche es auf eine Concentration der Aufmerksamkeit auf den Reiz und das Gef\u00fchl absehen ; bei dieser Art von Versuchen mufs sehr vorsichtig zu Werke gegangen werden, damit \u00fcberhaupt ein Ergebnifs bei denselben herauskommt, auch concentriren in ganz verschiedener Weise die Versuchspersonen ihre Aufmerksamkeit auf einen psychischen Prozefs. Entweder bringen sie sich das Gef\u00fchl nicht allein zum Bewufstsein, sondern analysiren es auch oder sie lassen das Gef\u00fchl gewissermaafsen nur in den Blickpunkt des Bewufstseins treten, ohne es zu analysiren. Im ersten Falle wird das Gef\u00fchl bedeutend geschw\u00e4cht, ja sogar ganz aufgehoben, wogegen bei der zweiten Art sich zu verhalten, das Gef\u00fchl verst\u00e4rkt wird. Daran ankn\u00fcpfend wird endlich fest-gestellt, dafs die durch die geistige Erm\u00fcdung verursachte Unlust dieselben Wirkungen auf Athem und Puls aus\u00fcbt wie das einfach sinnliche Unlustgef\u00fchl: Vertiefung der Athmung und Beschleunigung des Pulses. Mit der","page":143},{"file":"p0144.txt","language":"de","ocr_de":"144\nLiteraturbericht.\nErholung dagegen treten im Athem und Puls \u00e4hnliche Erscheinungen auf wie bei der Lust.\nDie Schrift enth\u00e4lt im Text eine Abbildung, wTelche die Versuchsanordnung veranschaulicht und als Beigabe f\u00fcnf Tafeln mit charakteristischen Curven.\tHielscher (Z\u00fcrich).\nHavelock Ellis. Geschlechtstrieb und Schamgef\u00fchl. Autorisirte Uebersetzung von Julia E. K\u00f6lscher. 2. Auflage XIV u. 364 S. m. 13 Tafeln. W\u00fcrzburg, A. Stuber\u2019s Verlag. 1901.\nDafs noch vor Jahresfrist eine zwTeite Auflage des von uns in dieser Zeitschrift 26, 286 ausf\u00fchrlich besprochenen Werkes erscheint, best\u00e4tigt das g\u00fcnstige Urtheil, welches wir damals \u00fcber das Buch f\u00e4llten. Da der Inhalt unver\u00e4ndert geblieben ist, so begn\u00fcgen w-ir uns jetzt mit diesem kurzen Hinweis auf die neue Auflage.\tArthur K\u00f6nig.\nE. Goblot. La musique descriptive. Rev. philos. 52 (7), 58\u201477. 1901.\nW\u00e4hrend Helmholtz in seiner physiologischen Musiktheorie von der Function des Ohres ausgehend die grundlegenden Gesetze der Musik zu erforschen bestrebt war, will Verf. untersuchen, auf welchen Vorg\u00e4ngen die emotionelle Wirkung der Musik beruht. Vielfach erweckt die Musik in uns Affectregungen und Gef\u00fchle, ohne dafs wfir uns \u00fcber den psychischen Zusammenhang zwischen diesen und den Tonempfindungen an sich Rechenschaft zu geben verm\u00f6chten. Verf. nennt diese Form \u201emusique \u00e9motive\u201c und unterscheidet hiervon die imitative Musik einerseits, die descriptive andererseits. Die imitative Musik, deren Zweck es ist, aus dem t\u00e4glichen Leben bekannte, charakteristische Ger\u00e4usche oder Kl\u00e4nge nachzuahmen, nimmt eine relativ untergeordnete Stellung in der Musik als Kunst ein. Der Inbegriff der musikalischen Kunstleistung ist die emotive Musik. Den eigentlichen Gegenstand der vorliegenden Abhandlung bildet jedoch die beschreibende Musik.\nDas Ausdrucksmittel derselben ist die Bewegung, die sich theils im Rhythmus, theils im Auf- und Absteigen innerhalb der Tonleiter kund thut. Sie erregt in uns mehr oder weniger lebhafte Bewegungsvorstellungen, wTelche die Br\u00fccke zu jenen weiteren Vorstellungen bilden, die der Com-ponist zu erwecken beabsichtigt hat. Eine Best\u00e4tigung dieser Auffassung orblickt Verf. namentlich in der Beziehung zwischen Musik und Tanz, aber auch darin, dafs die Schnecke und die Bogeng\u00e4nge des Ohres, die Organe des H\u00f6rsinns und des Gleichgewichtsinnes anatomisch so nahe verwandt sind. Der Zusammenhang zwischen Tonempfindungen, Bewregungs-\u25a0empfindungen und Farbenempfindungen ist noch dunkel, aber von fundamentaler Bedeutung f\u00fcr die musikalische Aesthetik.\nSchaefer (Gr.-Lichterfelde).","page":144}],"identifier":"lit32959","issued":"1902","language":"de","pages":"142-144","startpages":"142","title":"P. Zoneff und E. Meumann: Ueber Begleiterscheinungen psychischer Vorg\u00e4nge in Athem und Puls. I. Wundt's Phil. Stud. 18 (1), 1-113. 1901","type":"Journal Article","volume":"28"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T16:23:58.526492+00:00"}