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{"created":"2022-01-31T14:23:56.948109+00:00","id":"lit32965","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane","contributors":[{"name":"Fontana, Arthur","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane 28: 253-260","fulltext":[{"file":"p0253.txt","language":"de","ocr_de":"253\n(Aus der von Dr. Kiesow geleiteten Abtheilung f\u00fcr experimentelle Psychologie des physiologischen Instituts der Universit\u00e4t Turin.)\nHeber die Wirkung des Eucain B auf die\nGeschmacksorgane.1\nVon\nstud. med. Arthur Fontana.\nUeber die Wirkung, welche die in die Therapie eingef\u00fchrten an\u00e4sthetischen Mittel auf die Geschmacksorgane auszu\u00fcben verm\u00f6gen, ist bisher nur eine verh\u00e4ltnifsm\u00e4fsig geringe Anzahl von Arbeiten ver\u00f6ffentlicht worden. Haupts\u00e4chlich sind es wohl nur zwei Substanzen, die hieraufhin genauer untersucht wurden, das Cocain und die Gymnemas\u00e4ure. Den Einflufs der ersteren auf Geschmacksreize erkannten zuerst Knapp, sowie Aducco und U. Mosso, w\u00e4hrend der der letzteren von E. Edgeworth entdeckt wurde.2 Angeregt durch Dr. Kiesow\u2019s Vorlesungen habe ich mir die Aufgabe gestellt, einige andere Substanzen auf ihren etwaigen Einflufs auf Geschmacksreize zu pr\u00fcfen. Meine Wahl fiel zun\u00e4chst auf das zum Cocain in naher chemischer Beziehung stehende Eucain B. Ueber die mit dieser Substanz angestellten Versuche soll im Folgenden berichtet werden.\nDas Eucain B ist das salzsaure Salz des Benzoylvinyldiace-tonalkamins, dessen Constitution durch die Formel\nCH,\nH\nC6 Hd . COO\n\\\n\\\n\\\nCH,\n\\\t/\n\\ n/ /\u00b0\\\n/\t\\\n/ v\n\\ / \\ / \\/\nC\n\\\n\\\nNH. HC!\n/\nH\nCH\n_____/\nC\n/\\\n/ \\\nCH CH,\n1\tNach einer der R. Accademia di Medicina zu Turin in der Sitzung vom 14. Febr. 1902 gemachten Mittheilung.\n2\tN\u00e4here Angaben s. bei F. Kiesow, Ueber die Wirkung des Cocain","page":253},{"file":"p0254.txt","language":"de","ocr_de":"254\nArthur Fontana.\nausgedr\u00fcckt wird.1 W\u00e4hrend die an\u00e4sthetisirende Wirkung dieser Droge bei schmerzhaften Eindr\u00fccken von Silex, Vixci u. A. bereits in exacter Weise eindeutig nachgewiesen ist, ist der Einflufs, den sie auf Geschmacksreize aus\u00fcbt, soweit ich sehe, bisher nicht in Betracht gezogen worden. Da mich einige Vorversuche bald \u00fcberzeugten, dafs ein solcher Einflufs ebenfalls thats\u00e4chlich besteht, so schien mir eine n\u00e4here Untersuchung dieser Verh\u00e4ltnisse um so lohnender, als dieser K\u00f6rper (abgesehen von dem billigeren Preise) nach den vorliegenden Arbeiten vor dem Cocain nicht zu untersch\u00e4tzende Vortheile besitzt. Seine L\u00f6sungen lassen sich durch Kochen sterilisiren, ohne dafs Zersetzung eintritt, und lange Zeit aufbewahren. Aufserdem scheint das Eucain B nicht in dem Grade toxisch zu wirken wie das Cocain.2 3 4 *\nDen weitaus gr\u00f6fsten Theil der nachstehend beschriebenen Versuche habe ich an mir selber angestellt. Hierbei war das Verfahren nat\u00fcrlich ein wissentliches. Auf den mir von Herrn Dr. Kiesow7 ertheilten Rath hin habe ich aber die so erhaltenen Resultate noch an mehreren Personen, die sich mir freundlichst zur Verf\u00fcgung stellten und denen ich schon hier meinen Dank ausspreche, durch eine Reihe von Controllversuchen nachgepr\u00fcft. Die von mir befolgte Methode war, von geringen Modi-ficationen abgesehen, im Ganzen dieselbe, welche Kiesow bei seinen oben citirten Untersuchungen angewandt hat. Die Einzelheiten ergeben sich aus dem Folgenden.\nAls Geschmacksreize benutzte ich w\u00e4sserige L\u00f6sungen von schwefelsaurem Chinin, Rohrzucker, Kochsalz und\nund der Gymnemas\u00e4ure auf die Schleimhaut der Zunge und des Mund-\nraums, Philos. Stud. 0, 510, sowie in den betreffenden Literaturberichten.\n3\tG. Vinci, Sur l\u2019Euca\u00efne B. Arch, ital. de Biologie 31, 32.\nDerselbe, lieber das Eucain B. Virchow\u2019s Arch. 149, 217.\nP. Silex, lieber Eucain B in der praktischen Augenheilkunde. Deutsche Medic. Wochenschrift 1897 (6), Therapeutische Beilage Nr. 1, S. 1 ; sowie Therapeutische Monatshefte 1897 (Juni).\nVgl. ferner:\nLohmann, Das Beta-Eucain etc. Therap. Monatshefte 1897 (August).\nReclus, Euca\u00efne B. Le Bulletin M\u00e9dical 1898 (26).\nCipriani, lieber den an\u00e4sthet. Werth des Beta-Eucains. Therapeut. Monatshefte 1898 (Juni).\nBraun, Exper. Untersuch, etc. Arch. f. Min. Chirurgie D\u00e9 (2).\nBenson, Locale An\u00e4sthesie, The Hahnemannian Monthly. Philad. 1900 (Juli).\n4\tP. Silex, cit. Arbeit S. 1.\nG. Vinci, cit. Arbeit, Virchow\u2019s Archiv 149, 220.","page":254},{"file":"p0255.txt","language":"de","ocr_de":"Ueber die Wirkung des Eucain B auf die G-eschmacksorgane. 255\nWeins\u00e4ure, und zwar dienten mir als Maafsstab f\u00fcr die Wirkung der zu pr\u00fcfenden Substanz folgende L\u00f6sungsstufen:\nChininsulfat: 0,02 \u2014 0,04 \u2014 0,06 \u2014 0,08 \u2014 0,12 % Rohrzucker: 1 \u2014 2 \u2014 5 \u2014 10 \u2014 25 \u2014 50 %\nKochsalz: 0,5 \u2014 1 \u2014 2 \u2014 5 \u2014 10 \u2014 36%\nW ein s\u00e4ure: 0,5 \u2014 1 \u2014 2 \u2014 5 \u2014 10 %.\nAlle verwandten Stoffe waren thunlichst chemisch rein. Von diesen L\u00f6sungen wuirden bei 15\u201418 0 C. mittels eines zugespitzten Glasrohres drei Tropfen auf die Zungenspitze getr\u00e4ufelt, wobei die Zunge m\u00f6glichst vorgestreckt war.\nDas Eucain B verwandte ich in w\u00e4sserigen L\u00f6sungen von 0,5 \u2014 1 \u2014 2%, aufserdem noch in ges\u00e4ttigter L\u00f6sung.1 Mit diesen L\u00f6sungen wurden die Spitze und der vordere Theil der R\u00e4nder der Zunge, 1, 5 und 10 mal mittels eines Pinsels bestrichen, der gef\u00fcllt einen Durchmesser von ca. 6 mm besafs. Durch die mehrfache Pinselung suchte ich die Wirkung der Droge zu erh\u00f6hen.\nDie Pr\u00fcfung der Schmeckf\u00e4higkeit geschah in der angegebenen Weise in jedem Falle 3 Minuten nach der letzten Pinselung und wurde dann in Abst\u00e4nden von 5 zu 5 Minuten wiederholt, bis die Wirkung anscheinend verschwunden war.\nHervorgehoben sei noch, dafs ich, bevor ich die Pr\u00fcfungen an mir selber begann, die Empfindlichkeit der benutzten Schmeckfl\u00e4che ann\u00e4hernd zu bestimmen suchte. Hierbei erhielt ich unter den gleichen Bedingungen wie die oben angegebenen die folgenden Schwellenwerthe :\nChinin sulfat :\t0,012 %\nRohrzucker:\t1%\nKochsalz :\t0,2 %\nWeins\u00e4ure:\t0,25 \u00bb/\u201e.\nDiese Werthe sind die geringsten, bei denen ich die Geschmacksqualit\u00e4t ohne Zweifel zu hegen noch klar und deutlich erkennen konnte. Da sie nicht nach den von der Psychophysik\n1 Ueber die L\u00f6slichkeit des Eucain B in Wasser besteht unter den einzelnen Autoren keine v\u00f6llige Uebereinstimmung; ich vermeide daher, hier\u00fcber einen bestimmten Werth anzugeben.","page":255},{"file":"p0256.txt","language":"de","ocr_de":"256\nArthur Fontana.\nvorgeschriebenen exacten Methoden, sondern nach einem mehr unregelm\u00e4fsigen Ansprobiren gefunden wurden, so k\u00f6nnen sie auf eine allgemeine und absolute G\u00fcltigkeit nat\u00fcrlich keinen Anspruch erheben. Immerhin aber d\u00fcrften sie als Vergleichs-werthe f\u00fcr den vorliegenden Fall gen\u00fcgen.\nDie erhaltenen Resultate finden sich in den nachstehenden Tabellen \u00fcbersichtlich zusammengestellt. Die einzelnen Werthe sind hier somit die in Procents\u00e4tzen angegebenen oben aufgef\u00fchrten L\u00f6sungsstufen. Die Zeichen ^ in den Tabellen III und IV, sowie in der Zusammenstellung der aus den Controlversuchen resultirenden Ergebnisse soll hier wie bei Kiesow 1 anzeigen, dafs auch die h\u00f6chsten L\u00f6sungsstufen nicht mehr empfunden wurden.\nI. Versuche mit 0,5 \u00b0/0 Eucain B.\n1\t\t\tNach\t\t\n\t\t3\t5\t10\t15\n) 1\t\t\tMinuten\t\t\nEinmalige Pinselung ; |\tChin. suif. Rohrzucker Kochsalz Weins\u00e4ure\t0,04 2 0,5 0,5\t0,04 1\t0,02\t\nF\u00fcnfmalige Pinselung'\tChin. suif. Rohrzucker Kochsalz Weins\u00e4ure\t0,06 5 0,o 0,5 !\t0,04 2\t0,04 2\t0,02 1\nZehnmaligePinselung\tChin. suif, j Rohrzucker Kochsalz Weins\u00e4ure\t0,06 5 0,5 0,5\t0,06 5\t0,04 2\t0,02 1\nAus dieser Zusammenstellung geht sichtlich hervor, dafs das Eucain B in einer solchen Verd\u00fcnnung bereits, wenn auch nur schwach und f\u00fcr kurze Zeit, auf Bitter und S\u00fcfs wirkt, w\u00e4hrend f\u00fcr Salzig und Sauer noch kein Einflufs zu con-statiren ist.\n1 Cit. Arbeit S. 517.","page":256},{"file":"p0257.txt","language":"de","ocr_de":"lieber die Wirkung des Eucain B auf die Geschmacksorgane. 257\nII. Versuche mit 1 \u00b0/0 Eucain B.\n\tj 1\tNach\t\t\t\t\t\t\n\t\t3\t5\t10\t15\t20\t25\t30\n\t\tMinuten\t\t\t\t\t\t\nf\tChin. suif.\t0,06\t0,06\t0,04\t0,04\t0,02\t\t\nEinmalige j\tRohrzucker\t2\t5\t2\t1\t\t\t\nPinselung 1\tKochsalz\t0,5\t\t\t\t\t\t\nl\tWeins\u00e4ure\t0,5\t\t\t\t\t\t\nf\tChin. suif.\t0,08\t0,06\t0,06\t0,06\t0,04\t0,02\t\nF\u00fcnfmalige J\tRohrzucker\t5\t2\t2\t1\t\t\t\nPinselung\tKochsalz\t1\t1\t0,5\t\t\t\t\n{\tWeins\u00e4ure\t1\t0,5\t\t\t\t\t\n\\\tChin. suif.\t0,12\t0,12\t0,08\t0,06\t0,06\t0,04\t0,02\nZehnmalige j\tRohrzucker\t10\t5\t5\t2\t2\t1\t\nPinselung |\tKochsalz\t1\t1\t1\t0,5\t\t\t\n1 ,\tWeins\u00e4ure\t1\t1\t0,5\t\t\t\t\nAuch diese Tabelle bedarf keiner n\u00e4heren Interpretation. Bemerkenswert!! ist der Einflufs, der sich bei f\u00fcnfmaligem Auftr\u00e4gen der L\u00f6sung hier bereits auf Salzig und Sauer geltend macht. Ebenso l\u00e4fst die Tabelle deutlich erkennen, dafs die an\u00e4sthesirende Wirkung der Substanz bei vermehrter Pinselung durchweg l\u00e4ngere Zeit andauert.\nIII. Versuche mit 2 \u00b0/0 Eucain B.\n\t:\t\t\t\tNach\t\t\t\t-\n\t\t3\t5\t10\t15\t20\t25\t30\t35\n\t\t\t\t\tMinuten\t\t\t\t\nt!f 03 PP )\tChin. suif.\t0,08\t0,08\t0,06\t0,04\t0,02\t|\t\t\n\tRohrzucker\t5\t2\t1\t\t\t\t\t\n\u00a3 m ) \u00d6 \u00d6\tKochsalz\t1\t0,5\t\t\t\t\t\t\nW pH ^\tWeins\u00e4ure\t1\t1\t0,5\t\t\t\t\t\n0 b\u00df bc , PP \u00f6 f c5 2 | \u00a3 \u00a3 ?\tChin. suif.\too\t0,12\t0,12\t0,08\t0,06\t0,04\t0,02\t\n\tRohrzucker\t0\t5\t2\t1\t\t\t\t\n\u00ab+-t m \\ \u00a3 .\u00a3 i\tKochsalz\t2\t1\t0,5\t\t\t\t\t\nPr, PH 1\tWeins\u00e4ure !\t1\t1\t0,5\t\t\t\t\t\n0 &\u00df &J0 . =3 g\tChin. suif.\too\too\t0,12\t0,08\t0,06\t0,06\t0,04\t0,02\n\u00a3 o )\tRohrzucker\t25\t10\t5\t5\t2\t1\t\t\n\u00d6 \u00e6 | PP \u00d6\tKochsalz\t5\t2\t1\t0,5\t\t\t\t\nN Ph 1\tWeins\u00e4ure\t2\t1\t1\t1\t0,5\t\t\t\nZeitschrift f\u00fcr Psychologie 28.\n17","page":257},{"file":"p0258.txt","language":"de","ocr_de":"258\nArthur Fontana.\nDie Tabelle l\u00e4fst aufs Neue \u00fcberall deutlich eine Verst\u00e4rkung der Wirkung des Anaestheticum erkennen und zwar im Sinne eines bevorzugten Einflusses auf den Bitterstoff. Bei f\u00fcnfmaliger Pinselung tritt hierf\u00fcr nach 3 Minuten bereits eine vollst\u00e4ndige Ageusie ein, die bei zehnmaliger Pinselung noch verl\u00e4ngert ist. Im Uebrigen zeigt sich auch hier, wie in den vorigen Tabellen, in zweiter Linie ein verst\u00e4rkter Einflufs auf S\u00fcfs, in dritter auf Salz und in letzter auf Sauer. Die Wirkung auf Sauer steht aber gegen die auf die \u00fcbrigen Schmeckstoffe weit zur\u00fcck.\nIV. Versuche mit einer ges\u00e4ttigten L\u00f6sung von\nEucain B.\n1 1\t\tNach\t\t\t\t\t\t\t\t\t\t\n\u00bb\t\t3\t5\t10\t15\t20 ;\t25\t30\t35\t40\t45\t50\n\t\tMinuten\t\t\t\t\t\t\t\t\t\t\n\t1 Chin. suif.\toc\too\t0,12\t0,08\t0,08\t0,06\t0,04\t0,02\t\t\t\n\u00cf55 1\tRohrzucker j\t25\t10\t5\t5\t2\t1\t\t\t\t\t\nS g ) s a\tKochsalz Weins\u00e4ure\t2 2\t1 2\t1 1\to o V*\t\t\t\t\t\t\t\na> b\u00a3 &\u00df ( *2 \u00f6 I\tChin. suif.\toc\too\t0,12\t0,08\t0,08\t0,06\t0,06\t0,06\t0,04\t\t\ng 05 1\tRohrzucker\too\t50\t10\t10\t5\t2\t1\t\t\t\t\n'S g\tKochsalz\toc\t36\t10\t1\t1\t0,5\t\t\t\t\t\ngs 1\tWeins\u00e4ure |\t2\t2\t1\t0,5\t\t\t\t\t\t\t\n05 t\u00a3 i\u00df , a \u00d6 (\tChin. suif.\too\too\too\too\t0,12\t0,08\t0,08\t0,08\t0,08\t0,06\t0,04\nS'\u00a9 \u2018 \u00d6 QQ ) rSi \u00d6\tRohrzucker Kochsalz\too !oo\too oo\t10 oo\t5 10\t5 5\t5 1\t2 1\t1 1\t0,5\t\t\n05 JT1 ts;Pn V\tWeins\u00e4ure\t5\t2\t1\t0,5\t\t\t\t\t\t\t!\nBei Behandlung der Zungenspitze mit der ges\u00e4ttigten L\u00f6sung trat bei mir nach f\u00fcnfmaliger Pinselung auch f\u00fcr S\u00fcfs und Salzig Ageusie ein, die bei zehnmaligem Bestreichen l\u00e4ngere Zeit anh\u00e4lt. F\u00fcr Sauer weicht der Einflufs nicht betr\u00e4chtlich von dem in den fr\u00fcheren Versuchen mitgetheilten ab. Nur nach zehnmaliger Pinselung sinkt die Schmeckf\u00e4higkeit bis auf 5 % der W ein-s\u00e4urel\u00f6sung, doch ist die Wirkung nach 15 Minuten bereits wieder verschwunden.","page":258},{"file":"p0259.txt","language":"de","ocr_de":"TJeber die Wirkung des Eucain B auf die Geschmacksorgane. 259 V. Controlversuche mit der ges\u00e4ttigten L\u00f6sung.\n(F\u00fcnfmalige Pinselung.)\n\tDr. Kiesow\tFrl. Borkino\tHerr Chi\u00f6\tHerr Reano\tDr. Valobra\nChin. suif.\too\too\too\too\too\nRohrzucker\t25\too\too\too\t10\nKochsalz\t36\too\too\too\t5\nWeins\u00e4ure\t2\too\too\t2\u20145\t2\nWie man aus dieser Tabelle ersieht, sind hier individuelle Unterschiede vorhanden, indem die Wirkung nicht bei allen Personen f\u00fcr alle Substanzen die gleiche ist. Ueberein-stimmend sind die Angaben \u00fcber die v\u00f6llige Vernichtung der Bitterempfindung, im Uebrigen aber treten die mannigfachsten Verschiedenheiten auf. Bei zwei Personen trat eine Aufhebung aller vier Qualit\u00e4ten ein, bei einer waren, wie bei mir selber (Tabelle IV), die Bitter-, S\u00fcfs- und Salzempfindung vernichtet. Bei Dr. Kiesow war die Wirkung auf Kochsalz st\u00e4rker als auf Pohrzucker, w\u00e4hrend bei Dr. Valobra umgekehrt S\u00fcfs st\u00e4rker herabgesetzt war als Salzig, und beide Empfindungen im ersteren Fall mehr beeinflufst waren als im letzteren.\nNach diesem Ergebnifs schlug Dr. Kiesow mir vor, noch an ihm selber die folgenden Versuche anzustellen.\nEs wurde seine Zungenspitze mit der concentrirten L\u00f6sung in der angegebenen Weise 10 mal gepinselt und 3 Minuten sp\u00e4ter auf die Geschmacksempfindlichkeit mit fast concentrirter Kohrzuckerl\u00f6sung, concentrirter Kochsalz- und 10 proc. Weins\u00e4urel\u00f6sung nach einander gepr\u00fcft. Diese Pr\u00fcfungen ergaben folgendes Resultat:\nRohrzucker: Schwach s\u00fcfs.\nKochsalz:\tSchwach salzig, ein wenig st\u00e4rker als S\u00fcfs im\n>\tvorigen Versuch.\nWeins\u00e4ure:\tStark sauer, die Empfindung ist st\u00e4rker als hei den\nbeiden vorigen Versuchen.\nHierauf wurde die Zungenspitze abermals 10 mal mit der gleichen Eucainl\u00f6sung gepinselt und nach 3 Minuten wieder auf ihre Geschmacksempfindlichkeit untersucht, wobei als Bitterstoff das vielfach von Dr. Kiesow benutzte Quassin in ges\u00e4ttigter L\u00f6sung verwandt wurde. Hieraus ergaben sich folgende Resultate :\nKochsalz:\tIm ersten Moment indifferent, dann ein Geschmack,\nbei dem unsicher blieb, oh er salzig oder sauer war, erst als sich die Fl\u00fcssigkeit im Munde vertheilte, wurde der Stoff erkannt.\n17*","page":259},{"file":"p0260.txt","language":"de","ocr_de":"260\nArthur Fontana.\nZucker:\tSehr schwach s\u00fcfs, bedeutend schw\u00e4cher als oben.\nWeins\u00e4ure: Sofort erkannt mit unbestimmbarem Beigeschmack.\nQuassin:\tIndifferent.\nUnmittelbar nach Aufnahme dieser Versuchsreihen wurde die Zungenspitze nochmals f\u00fcnfmal mit der gleichen L\u00f6sung bestrichen und in gleicher Weise gepr\u00fcft. Die aus dieser Eucaini-sirung resultirende Herabsetzung der Empfindlichkeit zeigt die folgende Zusammenstellung :\nRohrzucker: Aeufserst schwach s\u00fcfs.\nKochsalz:\tKaum wahrnehmbar.\nWeins\u00e4ure:\tBrennende Empfindung. Geschmack fraglich.\nQuassin:\tAnfangs nicht erkannt, die L\u00f6sung tritt aber (wohl\nin Folge vermehrter Speichelsecretion) bald an andere Schmeckfl\u00e4chen und verursacht eine lang andauernde Kachempfindung.\nNach 15 Minuten wird \u00f6proc. Weins\u00e4ure sofort erkannt.\nWie dieses Protokoll ergiebt, l\u00e4fst sich die Wirkung durch v.ermehrtes Auftr\u00e4gen der L\u00f6sung auf die Schmeckfl\u00e4che betr\u00e4chtlich steigern. Die Wirkung ist hier \u00e4hnlich der, die Kiesow bei zehnmaligem Bestreichen mit f\u00fcnfprocentiger Cocainl\u00f6sung erhielt1, doch nicht v\u00f6llig gleich, indem die S\u00fcfsempfindung nicht absolut getilgt war.\nDas Gesammtergebnifs, zu dem diese Versuche gef\u00fchrt haben, d\u00fcrfte sich dahin zusammenfassen lassen, dafs die Wirkung des Eucain B wie beim Cocain auf Bitterstoffe am intensivsten ist.\nEs d\u00fcrfte sich zugleich ergeben haben, dafs wir in dieser Substanz ein neues Mittel besitzen, das f\u00fcr die Untersuchung der Geschmacksempfindungen nicht zu untersch\u00e4tzende Dienste leisten kann. Ist seine Wirkung der des Cocain (besonders wegen der geringeren Zeitdauer der Wirkung) vielleicht auch nicht v\u00f6llig gleich zu stellen, so d\u00fcrften die oben erw\u00e4hnten Vorz\u00fcge ebenfalls in Betracht zu ziehen sein. Von diesen sei nochmals die geringere Giftigkeit betont. Wo es sich bei der Untersuchung nicht um Bitterempfindungen, sondern um die \u00fcbrigen Geschmacksqualit\u00e4ten handelt, d\u00fcrfte nach dem Vorstehenden zun\u00e4chst der Wirkungsgrad in jedem einzelnen Falle zu ermitteln sein.\nHerrn Dr. Kiesow spreche ich zum Schl\u00fcsse f\u00fcr die mir ertheilten Rathschl\u00e4ge und seine freundliche H\u00fclfe meinen w\u00e4rmsten Dank aus.\n1 F. Kiesow, cit. Arbeit S. 518.\n(Eingegangen am 11. Februar 1902.)","page":260}],"identifier":"lit32965","issued":"1902","language":"de","pages":"253-260","startpages":"253","title":"Ueber die Wirkung des Eucain B auf die Geschmacksorgane","type":"Journal Article","volume":"28"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T14:23:56.948115+00:00"}