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{"created":"2022-01-31T17:00:37.598452+00:00","id":"lit32985","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane","contributors":[{"name":"M\u00fcller","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane 28: 295-296","fulltext":[{"file":"p0295.txt","language":"de","ocr_de":"Literaturbericht.\n295\ndefinitiv wird Eine Tendenz ist eine Kraft, welche nach dem Grade des Schmerzes gemessen werden kann, den ihre Unterdr\u00fcckung verursachen w\u00fcrde. Verf. findet, dafs unsere Entschl\u00fcsse geregelt werden je nach der Differenz der Energieen unserer W\u00fcnsche. Er kommt dabei auf logische\nEr\u00f6rterungen.\nEinen Abschnitt widmet Verf. der Auseinandersetzung \u00fcber den Unterschied von W\u00fcnschen und Wollen. Unser Wollen h\u00e4ngt oft von\n\u00e4ufseren Umst\u00e4nden ab, unser W\u00fcnschen nicht.\nDie Kraft des Entschlusses kann gemessen werden an der Gr\u00f6 se der besiegten W\u00fcnsche, an der Energie der hervorgerufenen Bewegungen, an der Dauer und Beharrlichkeit bei Krankheiten, welche das Denken schw\u00e4chen. Bestimmend f\u00fcr die Kraft sind die Ursachen, welche die bez\u00fcgliche Idee aufrecht erhalten, unter ihnen als wichtigste das Selbstvertrauen.\t\u201e\nDer Einflufs einer Tendenz auf die zur Ausf\u00fchrung nothwendige Bewegung h\u00e4ngt von mehreren Bedingungen ab : 1. von ihrer eigenen Energie, 2. von der nerv\u00f6sen Irritabilit\u00e4t der Person, 3. von der Masse der Muskeln des betreffenden Menschen, 4. von der mehr oder weniger vollst\u00e4ndigen Disposition der Knochen, Sehnen u. s. w. Die Tendenz macht die entsprechende Vorstellung beharren und facht ber\u00fchrende Vorstellungen an. Ihr Einflufs in dieser Beziehung h\u00e4ngt ab: 1. von ihrer eigenen Kiaft, 2. von der Abwesenheit entgegengesetzter Tendenzen, 3. von der Gewohnheit ber\u00fchrende Vorstellungen zu erzeugen. Der Wille hat keinen direkten Einflufs auf Lust und Unlust, auf Empfindung und Wunsch, aber einen indirekten, indem er die \u00e4ufseren physischen Bedingungen der Empfindung n\u00e4hert oder entfernt, und indem er angenehme und unangenehme Vorstellungen sucht und meidet.\tGiesslek (Erfurt).\nWilliam M. Bowack. Observations on Method in Moral Science. Edinburgh,\nJames Thin, 1900.\t103 S.\t#\nDer Verf. giebt in zehn lose aneinander gereihten Kapiteln Vorschl\u00e4ge und Anregungen zur Verbesserung der Untersuchungsmethoden in der Philosophie. Nach Bowack hat die Philosophie ihren Zusammenhang mit dem Leben verloren, und in ihr herrscht die gr\u00f6fste Zerfahrenheit. Nicht einmal die wichtigsten Grundbegriffe derselben sind klar und sicher est-gelegt. Die Ursache hievon ist die, dafs jeder Denker unter dem gleic en Ausdrucke einen ganz verschiedenen Gedanken meint, dafs es den Gr\u00fcn begriffen an Genauigkeit und Bestimmtheit mangelt im Gegens\u00e4tze zu den Naturwissenschaften, die mit genau umschriebenen, feststehenden Begn en arbeiten. Baleour hat zur Abh\u00fclfe einen Congrefs der Vertreter aller Geisteswissenschaften vorgeschlagen, der die gebr\u00e4uchlichen technischen Begriffe in diesen Wissenschaften authentisch interpretiren soll (Gap. I).\nDer Verf. verspricht sich noch mehr Erfolg von der Einf\u00fchrung einer eigenen Kunstsprache, \u00e4hnlich den chemischen Formeln, fur derlei technische Begriffe, welche Formeln dann in allen streng wissenschaftlichen Abhandlungen einheitlich zur Anwendung zu kommen h\u00e4tten. Durch derlei Formeln w\u00fcrde sich nicht nur unabh\u00e4ngig von dem Wortausdrucke, we c e der betreffende Begriff in den verschiedenen Sprachen findet, eine grofsere","page":295},{"file":"p0296.txt","language":"de","ocr_de":"296\nLiteraturbericht.\nGenauigkeit und Exactheit erreichen lassen, sondern es w\u00e4re auch Gelegenheit geboten, die quantitativen Beziehungen der einzelnen Urtheile in m\u00f6glichster K\u00fcrze zum Ausdrucke zu bringen, und das, was sonst weitl\u00e4ufige Erkl\u00e4rungen und Ausf\u00fchrungen verlangen w\u00fcrde, in wenigen Ziffern und Buchstaben zu sagen (Cap. II).\nDer Verf. w\u00fcnscht \u00fcberhaupt, dafs auch auf die Philosophie die streng exacte Methode, die in den Naturwissenschaften allgemein gilt, angewendet werde. Das schwankende, fliefsende in den geistigen Ph\u00e4nomenen w\u00fcrde dem nicht entgegen stehen; nur m\u00fcfsten zun\u00e4chst solche Gebiete durchforscht und bearbeitet werden, wo eine directe Beeinflussung der Seele durch materielle Vorg\u00e4nge sich nach weisen l\u00e4fst. So zum Beispiele der Einflufs der Musik auf das Gem\u00fcth, welchen der Verf. sodann des N\u00e4heren er\u00f6rtert (Cap. III). Einer der Hauptnachtheile der bisher in der Philosophie angewandten Forschungsmethoden gegen\u00fcber den in der Naturwissenschaften gebr\u00e4uchlichen ist der, dafs es ersteren an einer genauen Bezeichnung der quantitativen Beziehungen fehlt. Auch m\u00fcfste die Statistik der geistigen Ph\u00e4nomene mehr gepflegt und zur Untersuchung herangezogen werden (Cap. IV).\nAls Beispiel der Durchf\u00fchrung seiner Ideen liefert der Verf. nun eine Analyse des Begriffes Moralit\u00e4t. Er l\u00f6st denselben zun\u00e4chst in seine Bestandteile auf und versucht festzustellen, in welchem quantitativen Verh\u00e4ltnisse diese Bestandteile in dem Begriffe Moralit\u00e4t vertreten sind (Cap. V).\nAls weiteres wichtiges Mittel seiner Methode erkl\u00e4rt der Verf. die ausgiebige Verwendung der Durchschnittszahlen, indem er darauf hinweist, mit welchen Erfolge dieselben in der National\u00f6konomie, die einen \u00e4hnlichen, fl\u00fcssigen und viel gestaltigen Stoff wie die Philosophie zu behandeln habe, angewandt worden sind. Unter Ben\u00fctzung der Durchschnittszahlen stellt der Verf. sodann eine Tabelle auf \u00fcber das quantitative Verh\u00e4ltnis der Elemente des Begriffes Moralit\u00e4t, wie sich dasselbe nach Ansicht des Verf. s in den einzelnen Besch\u00e4ftigungsclassen des englischen Volkes stellt (Cap. VI u. VII).\nH\u00fclfe der Duichschnittszahlen w\u00e4re es nach dem Verf. m\u00f6glich, eine wirkliche Volkspsychologie zu schaffen, indem alle Kr\u00e4fte, welche die einzelnen Nationen bewegen zahlenm\u00e4fsig festgestellt, und aus diesen Zahlen die Durchschnittsnummer f\u00fcr jedes einzelne Volk gezogen w\u00fcrde. Nur auf diese Weise w\u00e4re es auch m\u00f6glich, unbestreitbar festzustellen, ob die Civilisation im Vor- oder R\u00fcckschreiten begriffen sei (Cap. VIII).\nEine Menge wichtiger Fragen auf dem Gebiete der Philosophie und Psychologie harren nach dem Verf. noch ihrer L\u00f6sung. Beispielsweise f\u00fchrt er an. Welchen Einflufs hat die Zunahme der Bev\u00f6lkerung auf die Kr\u00e4fte einer Nation ? Welchen Einflufs hat die enorme Zunahme des Reisens auf die Bev\u00f6lkerung in geistiger und physischer Hinsicht? Welchen Einflufs hatte die Emancipation der Juden, die sich vollziehende Emancipation der Frauen auf die Volksseele ? u. s. w. Alle diese Fragen und viele andere sind noch nicht oder nicht gen\u00fcgend untersucht. Der Reiz des B\u00fcchleins liegt vor Allem in der leichten und fl\u00fcssigen Darstellungsweise und den originellen Beispielen.\tM\u00fcller (Urfahr).","page":296}],"identifier":"lit32985","issued":"1902","language":"de","pages":"295-296","startpages":"295","title":"William M. Bowack: Observations on Method in Moral Science. Edinburgh, James Thin, 1900. 103 S.","type":"Journal Article","volume":"28"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T17:00:37.598462+00:00"}