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Buchholz: Ueber die Aufgaben des ärztlichen Sachverständigen bei der Beurtheilung Imbeciller. Allgemeine Zeitschrift für Psychiatrie und psych.-gerichtliche Med. 57 (2 u. 3), 340-396. 1901

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{"created":"2022-01-31T17:01:42.123295+00:00","id":"lit32987","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane","contributors":[{"name":"Schultze, Ernst","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane 28: 298-299","fulltext":[{"file":"p0298.txt","language":"de","ocr_de":"298\nLiteraturbericht.\nstimmten Fremdwerth gebunden. Der Hingabewille als solcher ist es vielmehr, den wir in den Acten des synthetischen Vorziehens billigen m\u00fcssen. Nicht nur das selbstlose Wollen altruister Fremdwerthe, sondern auch das selbstlose Wollen inaltruistischer (impersonaler) Fremdwerthe gilt f\u00fcr sittlich. Daher wird die Selbstent\u00e4ufserung in den F\u00e4llen der Hingabe an Gott, an Gemeinwesen und an die Menschheit sittlich hochgesch\u00e4tzt. Soviel aus dem ersten Hauptst\u00fcck dieses Theiles. Im folgenden Hauptst\u00fcck deckt der Verf. die verschiedenen Arten falscher Tugenden auf und zeigt, was wahre Tugend ist. Er untersucht hier eingehend das Wesen und die Bedeutung der sittlichen Hingabe und bespricht die sittlichen Aufgaben, die Tugenden der sittlichen R\u00fccksichtnahme und endlich die Tugenden der Pflichttreue und Humanit\u00e4t. Die Vorbedingung, dafs man das, w^as man selbstlos sittlich thue, als seine Aufgabe empfinde, ist das Erleben entsprechender nat\u00fcrlicher Antriebe. Schwarz widerlegt dann in ausf\u00fchrlicher Weise die Einwendungen, welche gegen die Lehre erhoben werden k\u00f6nnten, dafs wahrhafte Hingabesittlichkeit nur aus Neigungen hervorgehen k\u00f6nne. Das dritte Hauptst\u00fcck ist dem Problem der selbstlos sittlichen Gesinnung gewidmet. Der Kern der sittlichen Gesinnung ist unselbstisches Pflichtbewufstsein. Die sittliche Gesinnung besteht nicht darin, dafs man einem losgel\u00f6sten (transcendenten) Sittlichkeitsschema f\u00fcr sich folgt. Sie ist Liebe zu allen und den verschiedensten Aufgaben, zu denen uns das (immanente) synthetische Vorziehen ruft. Wir folgen dem synthetischen Vorziehen, das uns an der Hand unselbstischer Neigungen f\u00fchrt. Die Bereitwilligkeit zu jeglicher moralischen Aufgabe ist die eine Seite der selbstlos sittlichen Gesinnung. Die andere ist, dafs man unter den verschiedenen Aufgaben diejenige voranstellt, die sich bei sittlicher Ueberlegung als die h\u00f6chste erweist. Die h\u00f6chste sittliche Aufgabe f\u00fcr uns Menschen ist die Mitarbeit in einem Gemeinwesen. In sch\u00f6nen Worten \u00fcber den socialen Werth des Familienlebens und den sittlichen Begriff des Nationalstaates klingt das Werk aus.\nIm Anhang entwirft der Verf. mit kr\u00e4ftigen Strichen ein Bild von Nietzsche\u2019s Zarathustralehre.\tSaxingeb (Linz).\nBuchholz. Ueber die Aufgaben des \u00e4rztlichen Sachverst\u00e4ndigen bei der Beur-theilung Imbeciller. Allgemeine Zeitschrift f\u00fcr Psychiatrie und psych.-\ngerichtliche Med. 57 (2 u. 3), 340\u2014396. 1901.\nDie krankhafte geistige Schw\u00e4che ist von der als krankhaft noch nicht zu bezeichnenden mangelhaften Begabung nicht durch eine scharfe Grenze geschieden. Strafrechtlich kommt andererseits die Imbeeillit\u00e4t in Betracht, wenn die durch die geistige Schw\u00e4che gegebenen krankhaften Factoren geeignet sind, die Willens\u00e4ufserungen zu beeinflussen. Somit fallen die Grenzen zwischen Gesundheit und Krankheit im klinischen und strafrechtlichen Sinne nicht zusammen. Eine weitere Schwierigkeit. erw\u00e4chst dem Sachverst\u00e4ndigen daraus, dafs er mit seinem Gutachten Laien, Richter oder Geschworene \u00fcberzeugen will. Alle diese Schwierigkeiten werden sich besonders dann geltend machen, wenn die Schw\u00e4che weniger das intellectuelle als das ethische Gebiet betrifft, wenn das Individuum","page":298},{"file":"p0299.txt","language":"de","ocr_de":"Literaturberich t.\n299\nzwar viel weifs, aber nichts kann, wenn es nichts zu produciren und somit sein Wissen nicht f\u00fcr sein Handeln zu verwerthen vermag.\nDie Beurtheilung der Imbecillen, insbesondere der Grenzf\u00e4lle, mufs das gesammte Geistesleben des Exploranden in seiner Totalit\u00e4t ber\u00fccksichtigen, da es charakteristische Einzelsymptome nicht giebt.\nBeachtung verdient die Veranlagung, das Milieu, die Einwirkung fr\u00fcherer Krankheiten, der Einflufs der Schule, vor Allem in den h\u00f6heren Classen, das Gef\u00fchlsleben im Kindesalter, insbesondere zur Zeit der Pubert\u00e4t, im Berufsleben auf tretende M\u00e4ngel, die Reaction auf Alkohol, das Verhalten der Sexualsph\u00e4re, das strafrechtliche Vorleben.\nVon den Eigenschaften der Imbecillen seien erw\u00e4hnt und hervorgehoben Ungleichm\u00e4fsigkeit der geistigen Bildung in den verschiedenen Gebieten, Urtheilsunf\u00e4higkeit, Mangel des Unterscheidungsverm\u00f6gens f\u00fcr das Wesentliche und Unwesentliche, die Unf\u00e4higkeit der Bildung von Sammelbegriffen und abstracten Vorstellungen, Leichtgl\u00e4ubigkeit und Lenkbarkeit, die Neigung zum L\u00fcgen (besonders in der Form der sog. pseudologia phantastica), Mangel an Reproductionstreue, Arbeits- und Leistungsunf\u00e4higkeit, Vorwiegen des egocentrischen Standpunktes, der pathologische Egoismus mit Gem\u00fcthsstumpfheit, pathologische Reizbarkeit, erhebliche Schwankung der Stimmung und intellectuellen Leistungsf\u00e4higkeit.\nIn zutreffender und anschaulicher Weise wird geschildert, wie verschieden sich der Lebensweg der Imbecillen aus armen und aus reichen Kreisen gestaltet; gerade bei den letzteren wird erst, nachdem alle Versuche fehlgeschlagen sind, das Individuum zu erziehen und zu einer selbst\u00e4ndigen Lebensstellung zu bringen, nachdem es den Seinigen unendlich viel Sorgen und fast noch mehr Geldausgaben verursacht hat, an Krankheit gedacht. Das w^eifs der Irrenarzt nur zu wohl.\nZu ber\u00fccksichtigen ist auch das criminelle Vorleben. Nur zu h\u00e4ufig finden wir bei Imbecillen einmalige oder wiederholte Verurtheilung, die mit ihren Folgen nur noch zur Beschleunigung des gesellschaftlichen Niedergangs beitr\u00e4gt. Strafe vermag nichts weniger als bessernd zu wirken.\nAndere Imbecille fallen zum ersten Male in der Milit\u00e4rzeit mit deren so mannigfachen Anforderungen auf ; auch hier w\u2019erden sie nur zu oft verkannt.\nSchliefslich bespricht Verf. an der Hand der in Betracht zu ziehenden Paragraphen die straf- und civilrechtliche Beurtheilung Imbeciller.\nErnst Schultze (Andernach).\nH. Kielhorn. Die F\u00fcrsorge f\u00fcr geistig Minderwerthige. \u201eJugendf\u00fcrsorge\u201c\nHeft 7. 1901. 18 S.\nVerf., der sich seit 25 Jahren mit dem Unterricht schwachsinniger Kinder abgiebt, untersucht, wie die geistige Minderwerthigkeit mit ihren Folgen zu mildern ist.\nDie Hauptforderung, die er aufstellt, ist die, dafs die geistig minder-werthigen Kinder einer sorgf\u00e4ltigen, streng individualisirenden Erziehung bed\u00fcrfen, welche je nach dem Alter der Kinder und dem Grade der geistigen Schw\u00e4che in der Familie, in der Gemeindeschule, in der H\u00fclfs schule oder in der Anstalt zu geschehen hat.","page":299}],"identifier":"lit32987","issued":"1902","language":"de","pages":"298-299","startpages":"298","title":"Buchholz: Ueber die Aufgaben des \u00e4rztlichen Sachverst\u00e4ndigen bei der Beurtheilung Imbeciller. 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