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{"created":"2022-01-31T16:26:25.429642+00:00","id":"lit32991","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane","contributors":[{"name":"Halben","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane 33: 131-137","fulltext":[{"file":"p0131.txt","language":"de","ocr_de":"Literaturbericht.\n131\nin der Verschiedenheit der angewandten Methode (Exner arbeitete nur mit weifsem, Kunkel nur mit farbigem Licht) sieht der Verf. den Grund f\u00fcr die hervorgehobene Differenz in dem Umstande, dafs diese beiden Forscher m\u00f6gliche Fehlerquellen, wie die Wirkung des Simultankontrastes, Irradiationserscheinungen u. a. nicht hinreichend ber\u00fccksichtigt haben. Indem er durch Einzelstudien alle jene st\u00f6renden Faktoren auszuschalten suchte, gelangte er schliefslich zu Ergebnissen, die weder mit denen Exners, noch mit denen Kunkels \u00fcbereinstimmen.\nDer Verf. arbeitete mit farblosen wie mit farbigen Lichtreizen bei Hellund Dunkeladaptation. Aus den Versuchsanordnungen sei im allgemeinen hervorgehoben, dafs als Lichtquellen elektrische Gl\u00fchlampen dienten, denen bei den Versuchen mit farbigem Licht Gelatinepl\u00e4ttchen nach der Kirsch-MANXschen Methode (unter Benutzung des LiPPiCHSchen Strahlenfilters bei Gelb) vorgeschoben wurden, wie dafs f\u00fcr die Helligkeitsabstufungen zwischen Normal- und Vergleichsreiz Auberts Episkotister, wie verschiedene Schichten von transparentem Papier in Anwendung kamen.\nAls Hauptergebnis gibt der Verf. an, \u201edafs jeder qualitativ bestimmte Lichtreiz ohne R\u00fccksicht auf seine Intensit\u00e4t und die Adaptationsverh\u00e4ltnisse des Beobachters eine h\u00f6chstens innerhalb enger Grenzen variierende Expositionszeit besitzt, bei welcher er das Maximum der Empfindung erregt,\u201c \u2014 dafs \u201edie einzelnen Farbenempfindungen ihr Intensit\u00e4tsmaximum bei ungef\u00e4hr der gleichen Expositionszeit des Reizes erreichten,\u201c \u2014 dafs dieses Maximum im letzteren Falle nach 520\u2014560(J Expositionszeit (166 ff nach Kunkel), bei der Weifsempfindung jedoch fr\u00fcher (nach der beigegebenen Tabelle nach 269 ff im Mittel) eintritt.\nDie einzelnen Ergebnisse finden sich in besonderen Tabellen sorgf\u00e4ltig zusammengestellt.\tKiesow (Turin).\nSt. Bernheimer. Die Wurzelgebiete der \u00c4ugennerven, ihre Verbindungen und ihr Anschlufs an die Gehirnrinde. Graefe-Saemisch, Handb. d. gesamten Augenheilkunde, II. Aufl., I. Teil, I. Bd., VI. Kapitel. Leipzig 1900.\nDies Buch, vorwiegend f\u00fcr den Augenarzt geschrieben, bietet auch dem Physiologen viel Interessantes. B. will darin eine zusammenfassende Darstellung alles dessen geben, was bisher \u00fcber dieses Gebiet positiv bekannt ist. Vielfach sind ihm dabei seine eigenen zahlreichen Arbeiten auf umstrittenem Terrain ausschlaggebend.\nDie Hauptmasse der Optikus fasern entspringt in der Ganglienschicht der Retina und leitet direkt und isoliert zu den prim\u00e4ren Optikuszentren (Corp. genic, lat., Thalamus u. vord. Vierh\u00fcgel), um dort mit den Dendriten der Ganglienzellen dieser Zentren in Kontakt zu treten. Diese Zellen senden ihrerseits ihre Achsenzylinder zu den Okzipitalrindenpyramidenzellen, die als Sitz der bewufsten Sehempfindung gelten.\nZentrifugal verlaufende Optikusfasern sind bei V\u00f6geln sichergestellt (Ramon, Dogiel), beim Menschen wahrscheinlich (v. Monakow, Bernheimer). Bei V\u00f6geln entspringen sie in Zellen des Lobus opticus und enden frei in der Netzhaut. Ihre physiologische Bedeutung ist unbekannt. Bei allen\n9*","page":131},{"file":"p0132.txt","language":"de","ocr_de":"132\nLitera turbericht.\nSehnervenfasern, auch den zentripetalen entwickelt sich die Markscheide vom Zentrum zur Peripherie, beim Menschen in den letzten Embryonalwochen (Bernheimer, durch Westphal und v. Hippel best\u00e4tigt).\nNach Ram\u00f6n betragen die ungekreuzten Fasern im Optikus ein Drittel bis mehr als ein Drittel der gekreuzten. Nach Bernheimer ist Zahl und Masse ann\u00e4hernd gleich, vielleicht sogar genau gleich. Ganz nahe am Bulbus liegen die ungekreuzten Fasern in zwei kr\u00e4ftigen B\u00fcndeln ventral und dorsal lateral, um auf dem Wege durch die Orbita nach r\u00fcckw\u00e4rts an der lateralen Seite zusammen zu fliefsen. Im Foramen opticum nehmen sie noch ungef\u00e4hr die laterale H\u00e4lfte ein, schieben sich auf dem h\u00f6chstens 1 cm langen Wege zum Chiasm a aber auf die obere (dorsale) Fl\u00e4che, auf der sie auch im Anfangsteil des Traktus bleiben.\nW\u00e4hrend sie im Nerven als kompaktes B\u00fcndel, von den gekreuzten durch Bindegewebssepten ziemlich scharf getrennt verlaufen, beginnt im Chiasma schon partielle Untermischung, die zentripetal zunimmt, bis sie nahe den Zentralganglien einen so hohen Grad erreicht hat, dafs im ganzen Querschnitt gekreuzte und ungekreuzte Fasern nahezu alternierend liegen. Die im Sehnerven und zum Teil noch im Chiasma b\u00fcndelweise Ordnung der Fasern verwischt sich im Traktus v\u00f6llig, die Fasern laufen alle fast genau parallel, ohne durch Bindegewebssepten abgeteilt zu werden. Neben d\u00fcnneren Fasern kommen dickere vor. Die im Nervus opt. sicher vorkommende Anastomosenbildung fehlt absolut.\nNahe der basalen Chiasmafl\u00e4che verlaufen also nur gekreuzte, nahe der dorsalen ausschliefslich ungekreuzte Sehfasern. Der \u00dcbertritt der sich kreuzenden geschieht in stark ausgezogener S-Form. Die Makulagegend ist doppelt versorgt, gekreuzt und ungekreuzt. Im Sehnerven liegen die Makulafasern ziemlich axial, und zwar die gekreuzten medial, die ungekreuzten lateral ; im distalsten Drittel des orbitalen Abschnitts treten sie an die temporale Seite, wobei die gekreuzten sich als kompaktes B\u00fcndel zwischen die ungekreuzten dr\u00e4ngen, die dann zur H\u00e4lfte an der oberen, zur H\u00e4lfte an der unteren Wand dieses Makulafasernkeiles liegen.\nIm Chiasma liegen sie in der Mitte, die ungekreuzten dorsal, die gekreuzten ventral, und es beginnt bereits Untermischung, die im Traktus so vollst\u00e4ndig wird, dafs weder gekreuzte und ungekreuzte, noch makulare und periphere gesondert sind.\nDie weitaus gr\u00f6fste Zahl der Traktusfasern endet f\u00e4cherf\u00f6rmig im Corp. gen. lat., mindestens 70% aller Sehfasern, gekreuzte und ungekreuzte in ann\u00e4hernd gleicher Zahl, vielleicht sogar paarweise, und zwar befinden sich unter diesen 70% alle Makulafasern. Es ist nicht ausdr\u00fccklich gesagt, wie das Mengenverh\u00e4ltnis der eintretenden Fasern zu dem der Zellen hier ist, und ob jede Faser mit einer oder mit mehreren Zellen in Kontakt tritt.\nVom Best der Traktusfasern strahlt ein feines schmales B\u00fcndel in den vorderen Vierh\u00fcgel, um in der Umgebung des Aqu\u00e4dukts zu enden, und wahrscheinlich mit Zellen des Okulomotoriuskernes in Kontakt zu treten. Nach v. Monakow liegen in diesem B\u00fcndel auch zentrifugale Fasern, die aus Zellen im vorderen Vierh\u00fcgel stammen sollen.","page":132},{"file":"p0133.txt","language":"de","ocr_de":"Literaturbericht.\n133\nIn den Thalamus strahlen zwei kleine B\u00fcndel aus dem Traktusrest ein, und zwar ein gr\u00f6fseres, das aussehliefslich zentripetale Fasern enth\u00e4lt, die im Stratum zonale an der Oberfl\u00e4che enden und dort mit grofsen Ganglienzellen \u2014 und zwar jede mit mehreren Zellen \u2014 in Verbindung treten, und ein kleineres, welches durch und um das Corp. gen. med. in die Tiefe des Pulvinar zieht, dort mit kleinen Ganglienzellen in Verbindung tritt, und jedenfalls z. T. zentrifugal leitet.\nDer innere Knieh\u00f6cker selbst ist weder Ursprungs- noch Endst\u00e4tte von Sehfasern.\nEine Anzahl Fasern aus dem Traktus l\u00e4uft durch und \u00fcber den Hirnschenkelf ufs in den LuYSschen Kern (Nucleus hypothalamicus). Ob sie dort enden oder entspringen, ist nicht klar. Nach B. geh\u00f6ren sie zum Sehnerven, w\u00e4hrend v. Koelliker sie als Wurzeln der G\u00fcDDENSchen Kommissur auffafst, deren Ende dann im hinteren Vierh\u00fcgel der Gegenseite l\u00e4ge und die also eine Kommissur zwischen Corpus Luysii und den Kernen des III \u2014VII. Nerven der Gegenseite vorstellte.\nNach B. (und v. K\u00f6lliker) verl\u00e4uft die GuDDENSche Kommissur als starkes B\u00fcndel vom inneren Knieh\u00f6cker und dem angrenzenden Teil des hinteren Vierh\u00fcgels in der medialen Wand des Traktus durch das Chiasma zur anderen Seite, sie wird von B. als Verbindungsbahn der inneren Knieh\u00f6cker und damit als Geh\u00f6rkommissur gedeutet, und soll mit Sehnerv und Sehen nichts zu tun haben.\nDie MEYNERTSche Kommissur liegt ganz nahe dem hinteren Chiasma-winkel, ist aber durch einen schmalen Streifen grauer Substanz vom Chiasma und damit von der GuDDENSchen getrennt, geh\u00f6rt also selbst anatomisch eigentlich nicht zum Chiasma. Ihr Verlauf und ihre physiologische Bedeutung ist unbekannt, v. Koelliker l\u00e4fst sie ins Corpus Luysii einstrahlen.\nDie HANNOVERSche Commissura ansata kommt aus der Lamina termi-nalis, liegt dem Chiasma an der Vorder- und Hinterfl\u00e4che nur oberfl\u00e4chlich auf und hat nach B. mit den Sehbahnen nichts zu schaffen. Die vordere Bogenkommissur (Hannover, Stilling) existiert nicht, ist durch die totale Kreuzung der Optikush\u00e4lften vorget\u00e4uscht.\nDas MEYNERTSche basale paarige Optikusganglion, jederseits vom Tuber cinereum hat weder mit Sehnerv noch Sehstiel zu tun, tr\u00e4gt also seinen Namen mit Unrecht.\nDie Ursprungszellen der Okulomotoriusfasern liegen s\u00e4mtlich im Bereich des vorderen Vierh\u00fcgelpaars unter dem Aquaeductus Sylvii und zwar liegt die Hauptmasse (mittelgrofser multipolarer Ganglienzellen) in den \u201epaarigen Seitenhauptkernen\u201c, die in nach aufsen konkavem Bogen, im Frontalschnitt dreieckig mit nach unten konvergierenden zugesch\u00e4rften Kanten, nach oben divergierend und abgerundet, dorsal und medial vom hinteren L\u00e4ngsb\u00fcndel gelagert sind. Die vielfach beschriebene Gliederung dieser Kerne in den einzelnen Muskeln entsprechende Abteilungen beruht auf Irrtum. Die Seitenhauptkerne fassen im vorderen Abschnitt zwischen sich die \u00e4hnlich geformten, aber viel kleineren und aus kleineren, aber \u00e4hnlichen Ganglienzellen gebildeten \u201epaarigen, kleinzelligen Medialkerne\u201c, und in der Mittellinie unter diesen,","page":133},{"file":"p0134.txt","language":"de","ocr_de":"134\nLitera turbericht.\nmit seinem ventralen Ende das L\u00e4ngsb\u00fcndel fast ber\u00fchrend den kleinen spindelf\u00f6rmigen \u201eunpaarigen kleinzelligen Mediankern\u201c, dessen Zellen denen des Seitenhauptkerns gleichen. Der DAKKSCHEwiTSCHSche obere laterale Zellhaufen hat mit dem Okulomotorius nichts zu tun, sondern ist tiefer Kern der hinteren Kommissur.\nAus der vorderen H\u00e4lfte des Seitenhauptkerns entspringen - fast nur ungekreuzte Okulomotoriusfasern, je weiter nach hinten, um so mehr gekreuzte. Beide Sorten treten durch die B\u00fcndel des L\u00e4ngsb\u00fcndels hindurch an die Hirnbasis, und zwar bilden die ungekreuzten dort den medialsten Teil des Nerv en stamms. Ihnen schliefsen sich an die gleichfalls s\u00e4mtlich ungekreuzten Fasern aus den paarigen kleinzelligen Medialkernen und dem unpaarigen grofszelligen Mediankern. Die gekreuzten Fasern verlaufen auf ihrem ganzen faszikul\u00e4ren Wege deutlich abgetrennt lateral von diesen medialen ungekreuzten, mit denen sie sich erst an der Hirnbasis zum Nerven vereinen.\nDie Nebenkerne versorgen die Binnenmuskulatur, und zwar der kleinzellige paarige nur gleichseitige, und zwar wahrscheinlich den Sphincter iridis, der grofszellige mediane beide Augen und zwar den Akkomodationsmuskel. Der anatomisch kompakte Seitenhauptkern versorgt die \u00e4ufseren Augenmuskeln. Physiologisch l\u00e4fst er sich in den Einzelmuskeln ent sprechende Abschnitte gliedern, und zwar liegt am weitesten nach hinten, dem Nervus IV direkt sich anschliefsend der Reet, inf., dem nach vorn der Reihe nach Obliq. inf., R. int., R. sup. und Levator folgen. Die beiden letzten entsenden ausschliefslich ungekreuzte Fasern, der Internus mehr ungekreuzte als gekreuzte, umgekehrt der Obliq. inf. mehr gekreuzte, R. inf. und Troch-\u00eeearis nur gekreuzte Fasern. Physiologische Synergie und anatomische innige Aneinanderlagerung gehen parallel einmal bei Konvergenz, Akkommodation und Pupillenspiel, dann bei Levator, Reet. sup. mit Obliq. inf. und schliefslich bei Reet. inf. und Trochlearis. Es gelang B., beim narkotisierten Affen durch elektrische Reizung gerade der Gegend des kleinzelligen Medialkerns Kontraktion der gleichseitigen Pupille zu erzielen.\nDer Trochleariskern schliefst sich unmittelbar dem hintersten Ende des Seitenhauptkerns an, bildet quasi den kaudalsten Abschnitt des Okulomotoriushauptkerns, mit dessen Zellen die seinen im Typus durchaus \u00fcbereinstimmen. Er liegt unter dem vordersten Abschnitt des hinteren Vierh\u00fcgels in einer dorsal konkaven Ausbuchtung des hinteren L\u00e4ngsb\u00fcndels.\nDie aus diesem Kern entspringenden Wurzelfasern verlaufen ziemlich verstreut in lateral gerichtetem Bogen nach hinten um den sich schon erweiternden Aqu\u00e4dukt herum, kreuzen sich v\u00f6llig in der Medianlinie im Velum medull\u00e4re anterius, treten dicht hinter dem hinteren Vierh\u00fcgelpaar etwas lateralw\u00e4rts aus und umgreifen als feste Str\u00e4nge den Hirnfufs auf ihrem Wege zur Hirnbasis.\nViel weiter spinalw\u00e4rts, dicht vor der Mitte der Rautengrube liegt beiderseits nahe unter dem Ependym der kuglige Abduzenskern, fast allseitig von Wurzelst\u00fcckchen des Fazialis umdeckt. Seine Fasern verlaufen ungekreuzt dorsoventral durch Corpus trapez. und Pons, um lateral von den Pyramiden auszutreten. In zarten F\u00e4serchen zur kleinen Olive,","page":134},{"file":"p0135.txt","language":"de","ocr_de":"Literaturbericht.\n135\ndie mit dem Akustikus in Beziehung steht, vermutet Koelliker die anatomische Grundlage f\u00fcr reflektorische Augenbewegung auf Schalleindr\u00fccke.\nDer ganze Fazialis, auch der Augenfazialis, entspringt im Fazialis kern, der, wie bekannt, hinten lateral unten vom Abducenskern gelegen, seine Fasern in nach aufw\u00e4rts gerichtetem haarnadelartigem Bogen ungekreuzt um den Abduzenskern herum und an der Basis dicht hinter dem Abduzens hinaustreten l\u00e4fst. Der Nerv erh\u00e4lt sicher weder Fasern aus dem Okulomotorius- noch Abducenskern. Die physiologisch - pathologische Sonderstellung des Stirn- und Augenfazialis liefse sich nach B. wohl aus der allerdings undeutlichen Gliederung des Kerns in zwei Abschnitte erkl\u00e4ren, dessen einer dann ausschliefslich die Fasern zum Frontalis und Orbicularis oculi entsenden w\u00fcrde.\nDie Fasern f\u00fcr Dilatator pup., M\u00fcLLE\u00dfschen Lidmuskel und die glatten Muskelfasern in der Fissura orbit, inf. entstammen dem obersten Halsganglion, das durch Kami communicantes aus der H\u00f6he des VII. Haisund I. Brustwirbels beeinflufst wird.\nDer Kern des sensiblen Trigeminus streckt sich sehr lang von der Gegend des V-Austritts in der Br\u00fccke, wo vor Fazialis- und Abduzenskern sein angeschwollenes Kopfende liegt bis in die Gegend des I. Zervikalnerven, wo die Subst. gelatin, seine direkte Fortsetzung im R.-M. \u00fcbernimmt. Seine Zellen sind klein. Auf dem Wege zu diesen Zellen geben die Wurzelfasern ganz wie die Spinal wurzelfasern Kollateralen ab und zwar teils zu den proximalen Abschnitten des Kerns, teils zu den motorischen Kernen von Nervus XII, VII und V.\nDie Kerne der verschiedenen Augenmuskeln sind untereinander durch Fasern des hinteren L\u00e4ngsb\u00fcndels verbunden. Dieses bildet die direkte zerebrale Fortsetzung des Vorderstranggrundb\u00fcndels des R.-M., ist nach allgemeiner Anschauung eine zentripetale Bahn II. Ordnung, f\u00fchrt aber nach B. auch zentrifugale (absteigende) Fasern.\nEs erm\u00f6glicht das Seitw\u00e4rtsblicken durch Herstellung der Synergie zwischen Abduzens und gleichseitigem Internuskern, der mittels seines gekreuzten Faseranteils den Reet. int. der Gegenseite innerviert. Aulserdem besteht eine Querverbindung zwischen allen Augenmuskelkernen der einen Seite zu den gleichen der anderen. Anatomisch hat B. an Golgipr\u00e4paraten f\u00fcr alle mit Ausnahme des Abduzenskerns den Nachweis erbracht, wie die Ganglienzellforts\u00e4tze mit langen Dendriten die Medianebene \u00fcberschreiten und sich tief in den gegen\u00fcberliegenden korrespondierenden Kern einsenken.\nPhysiologisch hat er f\u00fcr alle A.-M.-Kerne diese zentralen Querverbindungen am Affen (Rhesusart) sicher gestellt durch den Nachweis des Erhaltenbleibens exakt synergischer spontaner und reflektorischer Blickbewegungen auch nach v\u00f6lliger Abtragung des Hinterhauptlappens und der Vierh\u00fcgel, ihres sofortigen Ausfalls bei medianer Durchschneidung der Kernregion.\nAm selben Tier hat er die zentrale Verbindung beider Sphinkterkerne und die partielle Kreuzung der Pupillarfasern des Optikus dadurch nachgewiesen, dafs sowohl nach median sagittaler Durchschneidung des Chiasma (temporale Hemianopsie) als nach Durchschneidung eines Traktus (homo-","page":135},{"file":"p0136.txt","language":"de","ocr_de":"136\nLi ter a turberich t.\nnyme Hemianopsie) die Pnpillarreaktion bei zentraler Beleuchtung auf beiden Augen sowohl direkt als konsensuell bestehen bleibt.\nDie partiell gekreuzten Pupillarfasern erreichen in etwa beiderseits gleicher Zahl den vorderen Vierh\u00fcgel, treten in Kontakt mit im zentralen H\u00f6hlengrau des Aqu\u00e4dukts gelegenen Schaltzellen, welche die erhaltenen Beize auf die kleinzelligen Medialkerne (Sphinkterkerne) \u00fcbertragen.\nDie Pasern der Sehstrahlung beginnen in den von den Auffaserungen der Optikusfasern umsponnenen Zellen der Zentralganglien (\u00e4ufserer Knieh\u00f6cker, Pulvinar, vorderer Vierh\u00fcgel) laufen um den hinteren Teil des Streifenh\u00fcgels und die Lamina semieircularis herum und dann l\u00e4ngs des Hinterhorns ins Mark des Okzipitallappens, nur den zentralen Teil der sogenannten GaATioLETSchen Sehstrahlung bildend, divergieren dort b\u00fcschelf\u00f6rmig und verteilen sich auf die sechs Windungen des Hinterhauptlappens, und zwar vorwiegend an die mediale Seite in Ouneus, Fissura calcarina, Lobus lingualis und Gyrus descendens, dort in der vierten und dritten Schicht endend, wahrscheinlich s\u00e4mtlich in der vierten Schicht, deren Zellen dann als Schaltzellen aufzufassen w\u00e4ren. Aufserdem verlaufen in der Sehstrahlung Zentrifugalfasern von den grofsen Pyramidenzellen der Binde zum vorderen Vierh\u00fcgel und enden im zentralen H\u00f6hlengrau, um dort vermutlich durch Schaltzellen auf die Augenmuskelzentren zu wirken. Vielleicht bilden die Zentrifugalfasern des Sehnerven ihre indirekte Fortsetzung. Die vier obengenannten medialen Windungen bilden das Rindenprojektionsfeld der im \u00e4ufseren Knieh\u00f6cker endenden 70% Sehfasern (inkl. Makulafasern), w\u00e4hrend der dem Thalamus und vorderen Vierh\u00fcgel zugeh\u00f6rige Anteil in die lateralen Bindenabschnitte geht bis hart an den Gyrus angularis, wo der Fasciculus longitudinalis inferior, ein m\u00e4chtiges Assoziationsystem aus dem Schl\u00e4fenlappen, und zahlreiche kurze Assoziationsbahnen enden, und wo ein Bindenzentrum f\u00fcr die Augenmuskelkerne liegt. Dadurch erh\u00e4lt dieser Anteil der Sehfaserung hohe Bedeutung f\u00fcr zum Zweck oder infolge des Sehens ausgel\u00f6ste Bewegungen, speziell synergische Augen-, Arm- und Sprachbewegungen. Nach B. und von Monakow ist die Annahme eines besonderen Makulaprojektionsfeldes in der Binde unberechtigt. Die Makulafasern sind so vollst\u00e4ndig \u00fcber alle Punkte des Corp. gen. lat. verteilt und treten durch ihre weitverzweigten Endb\u00e4umchen mit so zahlreichen zur Binde gerichteten Fasern in Kontakt, deren Ausbreitungsgebiet vielleicht noch wieder durch mehrfache Schaltzellen an Ausdehnung und Mannigfaltigkeit gewinnt, dafs selbst eine teilweise oder v\u00f6llige Unterbrechung der gew\u00f6hnlich befahrenen Sehstrahlung die Leitung der Lichtimpulse vom Knieh\u00f6cker zur Binde nur wenig oder gar nicht schw\u00e4chen wird.\nAnatomische Befunde f\u00fcr die Augenbewegungsrindenzentren und deren Verbindungen mit den Zentralganglien fehlen. B. glaubt nach seinen physiologischen Experimenten (elektrische Rindenreizung vor und nach Abtragung der Vierh\u00fcgel und vor und nach medianer Durchschneidung der Gegend zwischen Aqu\u00e4dukt und Augenmuskelkernen) bestimmt erkl\u00e4ren zu k\u00f6nnen, dafs das einzige motorische Rindenfeld f\u00fcr das Auge der Gyrus angularis, und zwar vorwiegend das mittlere Drittel seiner beiden Schenkel ist, und dafs das Feld f\u00fcr den Augenfazialis in n\u00e4chster N\u00e4he davon liegen","page":136},{"file":"p0137.txt","language":"de","ocr_de":"Li te ra turberich t.\n137\nmufs, dafs die Fasern von diesen Feldern nicht durch die Vierh\u00fcgel, sondern unter dem Aqu\u00e4dukt, zwischen ihm und den Augenmuskelkernen median gekreuzt zu diesen Kernen verlaufen, h\u00f6chst wahrscheinlich nicht direkt, sondern erst durch Zellen im zentralen H\u00f6hlengrau des Aqu\u00e4dukts umgeschaltet werden, und dort infolge der partiellen Kreuzung des Okulo-motorius und der totalen des Trochlearis und der Universalverbindung der Augenmuskelkerne durch das dorsale L\u00e4ngsb\u00fcndel auf synergische Muskeln beider Augen gleichm\u00e4fsig wirken k\u00f6nnen. Reizung des rechten Gyrus angularis lenkt beide Augen nach links, Reizung des linken umgekehrt.\nVom sensiblen Trigeminuskern gehen die Fasern gekreuzt als innere Bogenfasern durch die Haube zum Grofshirn.\nAuf Hypothesen l\u00e4fst B. sich in diesem Buch m\u00f6glichst wenig ein. F\u00fcr die Makulagegend bestreitet er ausdr\u00fccklich ein zirkumskriptes Rindenprojektionsfeld ; ob aber auch f\u00fcr die \u00fcbrige Netzhaut die herk\u00f6mmliche Anschauung, dafs bestimmten Retinapartien bestimmte zirkumskripte Rindenfelder entsprechen, auch zu verlassen ist, sagt er nirgends ausdr\u00fccklich. Ebensowenig spricht er ausdr\u00fccklich f\u00fcr oder gegen die Annahme der Einschaltung der Rinde untergeordneter zirkumskripter Zentren f\u00fcr die assoziierten Augenbewegungen, wenn man auch aus seinen Darlegungen \u00fcber die Schaltzellen im zentralen H\u00f6hlengrau und die mannigfachen Quer- und L\u00e4ngsverbindungen der Augenmuskelkerne untereinander den Eindruck gewinnt, dafs er ein derartiges besonderes Blickzentrum f\u00fcr entbehrlich h\u00e4lt.\nHalben.\nR. Dodge. The Act of Vision. Harpers Magazine 937\u2014941. 1902.\n\u2014 Five Types of Eye Movement in the Horizontal Meridian Plane of the Field\nof Regard. Am. Journ. of Physiol. 8, 307\u2014329. 1903.\nDie hohe Bedeutung einer genauen Analyse der Augenbewegungen f\u00fcr die richtige Erkenntnis der physiologischen und psychologischen Vorg\u00e4nge beim Lesen hat den Verf. zu einer Reihe von Untersuchungen ver-anlafst, die die Ergebnisse von Ebdmann und Dodge \u00fcber diesen Gegenstand best\u00e4tigen und erweitern. Dafs in der Tat \u201eVisual Perception during Eye Movement\u201c beim Lesen unm\u00f6glich ist, hat Dodge in der so betitelten Abhandlung [Psych. Rev. 7, 454\u2014465 ; siehe diese Zeitschr. 25, 254) von neuem erwiesen und auf Grund einer genauen Bestimmung der \u201eReaction-Time of the Eye\u201c [Psych. Rev. 6, 477\u20144b'3, 1899; siehe diese Zeitschr. 23, 138) die Anwendung von 100(7 als Expositionszeit f\u00fcr tachistoskopische Versuche gegen\u00fcber anderen Angaben als normal gerechtfertigt. Endlich zeigten auch die Resultate von Dodge und Cline f\u00fcr \u201eThe Angle Velocity of Eye Movements\u201c [Psych. Rev. 8, 145\u2014157, 1901 ; siehe diese Zeitschr. 27, 119) eine \u00fcberraschende \u00dcbereinstimmung mit den in den \u201eUntersuchungen \u00fcber das Lesen\u201c verwerteten Zahlen f\u00fcr die Dauer der Augenbewegungen. Dodge photographierte die horizontalen Bewegungen eines Lichtreflexes der Cornea auf eine genau gleichm\u00e4fsig fallende hoch empfindliche Platte eines entsprechend eingerichteten photographischen Apparates. Dadurch entstanden Kurven, die durch Vergleichung mit gleichzeitig aufgezeichneten Pendel-und Stimmgabelkurven die Dauer, und unter Ber\u00fccksichtigung der Entfernung der beiden Fixationspunkte auch die Geschwindigkeit der","page":137}],"identifier":"lit32991","issued":"1903","language":"de","pages":"131-137","startpages":"131","title":"St. Bernheimer: Die Wurzelgebiete der Augennerven, ihre Verbindungen und ihr Anschlu\u00df an die Gehirnrinde. Graefe-Saemisch, Handb. d. gesamten Augenheilkunde, II. Aufl., I. Teil, I. Bd., VI. Kapitel. 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