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{"created":"2022-01-31T16:17:24.835635+00:00","id":"lit33001","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane","contributors":[{"name":"Pf\u00e4nder, A.","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane 33: 149-153","fulltext":[{"file":"p0149.txt","language":"de","ocr_de":"Litera turberich t.\n149\n6.\tDie Resultate unterst\u00fctzen die Vermutung von K\u00fclpe, dafs die ebenmerklichen Unterschiede mit der Intensit\u00e4t der sie begrenzenden Empfindungen wachsen, und gestatten deren Erweiterung auf die Vergleichung von Zeiten. Der Unterschiedsschwelle entspricht somit auch bei Zeiten keine konstante psychologische Gr\u00f6fse.\n7.\tEin Analogon der Indifferenzzeit gibt es, wenigstens innerhalb der von uns untersuchten Grenzen bei Tonzeiten nicht. Der Sch\u00e4tzungsfehler ist vielmehr durchweg positiv und nimmt mit der Gr\u00f6fse der N.Z. ab. Damit h\u00e4ngt es wohl auch zusammen, dafs das WEBERSche Gesetz hier keine untere Abweichung hat. Die relative Sch\u00e4tzungsdifferenz ist bei Zeiten von ca. 800 a bezw. 1200 a ein Minimum.\n8.\tIm Gebiet des Zeitsinns scheint eine Tendenz zu bestehen, absolut gleiche Unterschiede f\u00fcr gleich grofs zu halten, da die gesch\u00e4tzten Mittelzeiten bei den sp\u00e4teren Reihen durchschnittlich ungef\u00e4hr dem arithmetischen Mittel aus den Grenzzeiten entsprechen und ein Einflufs der Lage der beurteilten Zeitunterschiede nicht hervorgetreten ist.\u201c\nDer Verf. bemerkt weiter, dafs er die Versuche mit kleineren und gr\u00f6fseren Zeiten, sowie mit gr\u00f6fseren Verh\u00e4ltnissen des\tfortsetzen\nund diese zugleich mit ausf\u00fchrlichen theoretischen Folgerungen ver\u00f6ffentlichen werde.\tKiesow (Turin).\nFr. Patjlhan. La volont\u00e9. Paris, Doin, 1903. 323 S.\nDas Buch ist interessant, sauber und gef\u00e4llig geschrieben. Es h\u00e4lt sich frei von den verbohrten Einseitigkeiten, die sich so h\u00e4ufig in der Psychologie des Willens finden. Es bietet uns ein reiches und im ganzen wohl richtiges Bild vom Wollen und seiner Rolle im psychischen Leben. Die Analyse des Tatbestandes des Wollens selbst k\u00f6nnte freilich noch weiter gef\u00fchrt, und die Definitionen k\u00f6nnten noch exakter formuliert werden. Aber es hat auch Wert, das Wollen einmal aus nicht zu grofser N\u00e4he zu betrachten, wenn man nur dabei nicht oberfl\u00e4chlich wird. Diese Gefahr hat der Verf. vermieden. Sein Buch geh\u00f6rt daher zu der kleinen Anzahl beachtenswerter Beitr\u00e4ge zur Psychologie des Willens.\nDer Inhalt des Buches, der f\u00fcr sich selbst sprechen m\u00f6ge, ist kurz folgender :\nDas in fortw\u00e4hrender Ver\u00e4nderung begriffene psychische Geschehen ist immer von der T\u00e4tigkeit der Pers\u00f6nlichkeit durchzogen. Eine besondere Form dieser psychischen T\u00e4tigkeit ist der Wille. Ihm stehen zwei andere Formen, n\u00e4mlich die automatische und die suggerierte psychische T\u00e4tigkeit gegen\u00fcber und nehmen den gr\u00f6fsten Raum und die gr\u00f6fste Bedeutung im psychischen Leben ein. Von diesen beiden Formen ist der Wille zun\u00e4chst zu unterscheiden.\nDie automatise he n T\u00e4tigkeiten sind die gewohnten T\u00e4tigkeiten des Denkens, F\u00fchlens und Handelns, die das Gepr\u00e4ge der Pers\u00f6nlichkeit tragen. Sie entsprechen also der fertigen Pers\u00f6nlichkeit, wie sie auf Grund urspr\u00fcnglicher Anlagen, \u00e4ufserer Einfl\u00fcsse und eigener fr\u00fcherer Arbeit geworden ist. Wie jedes psychische Ph\u00e4nomen, ist die automatische T\u00e4tigkeit eine Synthese von psychischen Elementen. Aber sie ist eine gewmhnte, keine neue, und eine aktive Synthese von pers\u00f6nlichem Charakter.","page":149},{"file":"p0150.txt","language":"de","ocr_de":"150\nLitera turbericht.\nSuggerierte T\u00e4tigkeit ist alles dasjenige im Verhalten des Menschen, das durch den Einflufs anderer Menschen, wie er fortw\u00e4hrend stattfindet, bestimmt ist. An und f\u00fcr sich ist sie keine gewohnte, sondern eine neue und eine aktive Synthese. Aber ihr fehlt der pers\u00f6nliche Charakter ; sie ist nicht der Ausdruck der eigenen fertigen Pers\u00f6nlichkeit.\nDer Wille dagegen ist eine neue, aktive Synthese von pers\u00f6nlichem Charakter. In diese Synthese gehen jedoch als Elemente immer eine gr\u00f6fsere oder geringere Anzahl automatischer und suggerierter T\u00e4tigkeiten ein, denn das Material wird dem Willen durch Automatismus und Suggestion geliefert. Andererseits bereitet jede Willenst\u00e4tigkeit eine neue und im allgemeinen h\u00f6here automatische T\u00e4tigkeit vor, da mit jeder Neubildung einer Synthese sogleich auch eine neue Gewohnheit beginnt.\nBei jeder automatischen und suggerierten T\u00e4tigkeit gibt es jedoch auch in gewissem Grade Neuheit und pers\u00f6nliche Aktivit\u00e4t, denn kein Akt des Menschen stimmt mit seinen fr\u00fcheren v\u00f6llig \u00fcberein, und niemals ist die Pers\u00f6nlichkeit v\u00f6llig passiv. Daher hat alle psychische T\u00e4tigkeit, wenn auch nur in geringerem Grade, zugleich den Charakter von Willenst\u00e4tigkeit.\nWillenst\u00e4tigkeit tritt ein, wenn durch die Ohnmacht oder den Konflikt automatischer T\u00e4tigkeiten oder durch den Konflikt suggerierter T\u00e4tigkeiten miteinander oder mit automatischer T\u00e4tigkeit eine Hemmung oder St\u00f6rung psychischer T\u00e4tigkeit bewirkt wird. Diese Hemmung oder St\u00f6rung f\u00fchrt selbst zur Heilung der Ohnmacht oder des Konfliktes der T\u00e4tigkeiten, indem sie eine Eeihe komplexer psychischer Ph\u00e4nomene entstehen l\u00e4fst, die bei normalen Verlauf mit einem Willensakt abschliefst.\nDie Hemmung oder St\u00f6rung der psychischen T\u00e4tigkeit f\u00fchrt zun\u00e4chst zur \u00dcberlegung. Diese besteht darin, dafs das Ich die sich gegen\u00fcberstehenden Projekte nacheinander provisorisch annimmt, sich \u00fcber die Tragweite und die Konsequenzen jedes einzelnen Eechenschaft gibt, dann die Projekte gegeneinander abw\u00e4gt, und schliefslich einem Projekt zur dirigierenden Herrschaft verhilft.\nDie Entscheidung beendigt und ersetzt die \u00dcberlegung. Im Moment des Entscheides tritt kein neues Element ein, sondern es entsteht nur eine neue Fixation schon vorhandener Elemente, eine neue Orientierung des Geistes. Die im Sinne der neuen Tendenz wirksamen Elemente haben sich systematisch assoziiert und zugleich sind die ihr widersprechenden Elemente entweder verschwunden oder ihrer dirigierenden Kraft beraubt und in den Hintergrund gedr\u00e4ngt. Es hat sich so nach dem Gesetz der systematischen Assoziation und Inhibition eine neue, aktive, pers\u00f6nliche Synthese hergestellt. Der Willensentscheid entspricht also nicht der schon fertigen, sondern der erst werdenden, sich gerade organisierenden Pers\u00f6nlichkeit.\nDie Ausf\u00fchrung ist eigentlich nur die Auseinanderlegung, die logische Konsequenz des Entscheides. Sie folgt entweder automatisch, oder, wenn der Automatismus unzureichend ist, mit Hilfe neuer Willensakte.\nVon den drei Phasen des Willensaktes ist die Entscheidung die wesentliche. Die \u00dcberlegung ist nur die Vorbereitung des Wollens. Mit dem Entscheid ist das eigentliche Wollen gegeben, wenn auch die Ausf\u00fchrung etwa durch Tod, Schlaganfall oder sonstwie unm\u00f6glich gemacht werden","page":150},{"file":"p0151.txt","language":"de","ocr_de":"Literaturbericht.\n151\nsollte. Jedoch kann die Ausf\u00fchrung meistens als Pr\u00fcfstein f\u00fcr das Vorhandensein eines wirklichen Wollens dienen. Denn man kann sich einbilden zu wollen, ohne dafs man wirklich will.\nDiese Selbstt\u00e4uschung ist m\u00f6glich, weil es kein Bewmfstsein gibt, das uns unsere psychischen Zust\u00e4nde und Akte ohne m\u00f6glichen Irrtum und unmittelbar enth\u00fcllte. Das Bewufstsein yom eigenen Wollen, das \u201eIch will\u201c kann ein irrt\u00fcmliches sein. Das \u201eIch will\u201c konstatiert durchaus nicht immer genau die Situation, wie es Bibot behauptet hat. Das \u201eIch will\u201c kann daher da sein, ohne dafs wirklich ein Wollen vorl\u00e4ge; und es kann umgekehrt ein wirkliches Wollen vorhanden sein, ohne dafs zugleich ein Wissen um dieses Wollen, also das \u201eIch will\u201c, da ist.\nDas Wollen ist also eine neue, aktive Synthese von psychischen Elementen. Diese Elemente sind im Wollen einem System eingeordnet. Sie streben aber immer nach unabh\u00e4ngiger, selbst\u00e4ndiger T\u00e4tigkeit. Sie erreichen diese selbst\u00e4ndige T\u00e4tigkeit, wenn die ihr Spiel regelnden h\u00f6heren Systeme entweder noch nicht gebildet oder schon wieder zerbr\u00f6ckelt sind.\nDie Hemmung oder St\u00f6rung der psychischen T\u00e4tigkeit, die zum Eintritt des Wollens f\u00fchrt, beruht auf einer in gewissem Grade unabh\u00e4ngigen T\u00e4tigkeit der psychischen Elemente. Diese selbst\u00e4ndige T\u00e4tigkeit dauert bis zum Entscheid. In der Entscheidung wird erst der einen Gruppe von psychischen Elementen die Unabh\u00e4ngigkeit, der anderen Gruppe ihre T\u00e4tigkeit genommen. Das Wollen bezeichnet also die \u00dcberwindung der selbst\u00e4ndigen T\u00e4tigkeit der Elemente.\nWenn alle unabh\u00e4ngige T\u00e4tigkeit aller psychischen Elemente \u00fcberhaupt aufgehoben, die Systematisation der psychischen T\u00e4tigkeiten also eine vollkommene w\u00e4re, so w\u00e4re ein vollkommener Automatismus entstanden. Zwischen den beiden Extremen der v\u00f6llig unabh\u00e4ngigen T\u00e4tigkeit der psychischen Elemente und dem vollkommenen Automatismus liegt die ungeheuere Mannigfaltigkeit von Formen des Willensaktes.\nDie niedrigste dieser Formen ist die Laune. Sie ist gleichsam die \u201eelementare\u201c Form des Willens. In ihr kommt nicht die ganze Pers\u00f6nlichkeit, sondern nur ein kleiner, relativ unabh\u00e4ngiger Teil derselben zum Ausdruck. Je gr\u00f6fser der Teil der Pers\u00f6nlichkeit ist, der in einem Wollen zum Ausdruck gelangt, um so h\u00f6her ist die Form des Wollens.\nDie Pers\u00f6nlichkeit, oder das Ich, ist die Gruppe der dauerhaften, systematisierten Tendenzen d. h. von psychischen Ph\u00e4nomenen jeder Art. Die Entwicklung des Ich beginnt mit den Launen, den mangelhaft koordinierten Ideen, W\u00fcnschen, Akten. Einige tiefere und z\u00e4here W\u00fcnsche harmonisieren sich miteinander und streben nun die anderen zu unterwerfen, umzuformen oder zu hindern. Durch jeden Willensentscheid erleidet das Ich selbst eine Transformation. Die Entwicklung w\u00e4re vollendet, wenn kein psychisches Element mehr unabh\u00e4ngig wdrkte, wenn jeder WTunsch, der die Harmonie des Ganzen st\u00f6ren w\u00fcrde, jede Laune, die sich auf Kosten der tiefen Tendenzen und festen Ansichten zu befriedigen strebt, angehalten oder sogar am Entstehen gehindert wT\u00fcrde. Dann w\u00e4re v\u00f6llige Harmonie der Tendenzen, die Einheit der Pers\u00f6nlichkeit erreicht. Das Ich w\u00e4re dann v\u00f6llig Herr seiner selbst und w\u00fcrde alle psychische T\u00e4tigkeit","page":151},{"file":"p0152.txt","language":"de","ocr_de":"152\nLiteraturberich t.\ndirigieren. Es w\u00e4re damit auf dem H\u00f6hepunkt der pers\u00f6nlichen Macht und der Selbstbeherrschung angelangt. Freilich wird dieses Ideal nie vollkommen erreicht. Und die psychische T\u00e4tigkeit w\u00fcrde dann nicht mehr Willenst\u00e4tigkeit, sondern automatische T\u00e4tigkeit sein.\nDie pers\u00f6nliche Macht in ihrer Willensform entspricht vielmehr der Entwicklungsstufe, auf welcher das Ich zwar Herr seiner selbst ist, aber diese Herrschaft noch nicht v\u00f6llig sicher und von selbst auszu\u00fcben vermag. Die pers\u00f6nliche Macht ist schliefslich nichts anderes als eine besondere Form der Finalit\u00e4t des Geistes.\nDas Herrschaftsgebiet des Willens hat seine Grenzen; es ist bei verschiedenen Individuen verschieden grofs und variiert bei demselben Individuum mit der Zeit und den Umst\u00e4nden. Es vermag sich zu erstrecken \u00fcber das Wahrnehmen, Erinnern, Vorstellen, Auf merken, Denken, \u00fcber die affektiven Ph\u00e4nomene und auch \u00fcber das Wollen selbst, \u00fcber die organischen Funktionen und die Aufsenwelt. Freilich kann der Wille selbst auch ein Hindernis f\u00fcr die psychische T\u00e4tigkeit werden, wenn er sich in gewisse gew\u00f6hnlich unwillk\u00fcrlich verlaufende T\u00e4tigkeiten mischt. \u00dcberhaupt verl\u00e4uft das psychische Geschehen im gew\u00f6hnlichen Leben meistens, und meistens besser, ohne eigentliches Wollen.\nDie Ausdehnung des Herrschaftsgebietes des Willens geschieht entweder von selbst oder willk\u00fcrlich, und entweder direkt oder auf indirekten Wegen. Mit der Ausdehnung der Willensdom\u00e4ne auf der einen Seite ist gew\u00f6hnlich eine Verengerung auf anderer Seite verbunden.\nZum vollst\u00e4ndigen Tatbestand des Wollens geh\u00f6rt immer eine ungeheuere Menge von physiologischen Vorg\u00e4ngen. F\u00fcr das Wollen am wichtigsten scheinen die Vorg\u00e4nge in der Hirnrinde zu sein.\nMit den individualpsychologischen Vorg\u00e4nge haben die sozialen Ph \u00e4nomene tiefgehende \u00c4hnlichkeiten, wenn auch die Einheit der Einzelpers\u00f6nlichkeit anderer Art ist als die Einheit eines sozialen Ganzen, und die Elemente der psychischen Ph\u00e4nomene nicht, wie die Elemente des sozialen Ganzen, relativ unabh\u00e4ngige Individuen sind. Unter den sozialen Ph\u00e4nomenen gibt es soziale Automatismen und soziale Willensakte. Und die sozialen Willensakte entstehen ebenfalls aus Ohnmacht oder Konflikt von Automatismen; sie bedienen sich sozialer Automatismen und bereiten neue automatische T\u00e4tigkeit vor. Weiterhin lassen sich im sozialen Leben soziale \u00dcberlegung, Entscheidung und Ausf\u00fchrung, Analoga der Laune, der Entwicklung der Pers\u00f6nlichkeit und der pers\u00f6nlichen Macht, der Ausdehnung der Willensdom\u00e4ne auf direktem oder indirektem Wege, u. s. w. konstatieren. So verm\u00f6gen sich \u00fcberhaupt Soziologie und Psychologie gegenseitig zu erhellen.\nDie Frage der Willensfreiheit hat mit der Psychologie des Willens eigentlich nichts zu tun. Sie wird daher hier nur anhangsweise kurz behandelt. Freiheit des menschlichen Willens bedeutet zun\u00e4chst, dafs das Verhalten des Menschen der Ausdruck seiner eigenen Pers\u00f6nlichkeit ist. Die Freiheit ist um so gr\u00f6fser, je mehr das Verhalten ausschliefs-lich durch die ganze Pers\u00f6nlichkeit bestimmt ist, je gr\u00f6fser also die pers\u00f6nliche Macht ist. In diesem Sinne ist jeder Mensch mehr oder weniger frei.\nDiese Freiheit ist Voraussetzung der Verantwortlichkeit. Der","page":152},{"file":"p0153.txt","language":"de","ocr_de":"Literaturbericht.\n153\nGrad der Verantwortlichkeit richtet sich nach dem Grade dieser Freiheit, also nach der Gr\u00f6fse des Umfanges der Pers\u00f6nlichkeit, der in dem Verhalten zum Ausdruck kommt.\nDie so verstandene Freiheit vertr\u00e4gt sich nicht nur mit dem Determinismus, sondern schliefst ihn in sich. Ein Akt, der nicht durch die Pers\u00f6nlichkeit determiniert w\u00e4re, w\u00e4re nicht frei.\nFreiheit im Sinne des totalen oder partiellen Indeterminismus hebt dagegen ganz oder teilweise die Verantwortlichkeit auf. F\u00fcr den Indeterminismus gibt es \u00fcberhaupt keine logischen, wissenschaftlichen oder moralischen Gr\u00fcnde. Freilich, so meint der Verf., ist auch der Determinismus nicht absolut gewifs, sondern blofs wahrscheinlich. Aber wie wir in der Physik den Determinismus als gewifs annehmen, so seien wir auch berechtigt, in der Psychologie die G\u00fcltigkeit desselben vorauszusetzen.\nA. Pf\u00e4nder (M\u00fcnchen).\nEdmund Husserl. Logische Untersuchungen. Erster Teil: Prolegomena zur reinen Logik. Halle, Memeyer, 1900. VIII u. 257 S. Mk. 6.\u2014. Zweiter Teil: Untersuchungen zur Ph\u00e4nomenologie und Theorie der Erkenntnis.\nHalle, Xiemeyer, 1901. XVI u. 718 S. Mk. 16.\u2014.\nMeine Berichterstattung \u00fcber das HussERLsche Werk wird von vornherein durch zwei Umst\u00e4nde notwendig eingeschr\u00e4nkt. Das Thema des Buches bilden, wie ja sein Titel auch schon zu erkennen gibt, in erster Linie logisch-erkenntnistheoretische Fragen; eine ausf\u00fchrliche Er\u00f6rterung der sich hierauf beziehenden Darlegungen des Verf. erscheint aber in einer der Psychologie und der Physiologie der Sinnesorgane gewidmeten Zeitschrift nicht recht am Platze. Und dann w\u00fcrde es im .Rahmen des mir hier zur Verf\u00fcgung stehenden Raumes \u00fcberhaupt nicht m\u00f6glich sein, auf die von H. auf nahezu 1000 Seiten er\u00f6rterten Fragen n\u00e4her einzugehen. Ich mufs mich daher auf die Hervorhebung einiger vom psychologischen Standpunkt aus besonders wichtigen Punkte beschr\u00e4nken.\nIn dieser Hinsicht ist nun vor allem hervorzuheben H.s Abschwenken vom Psychologismus, den er in seiner \u201ePhilosophie der Arithmetik\u201c vertreten hatte, zu einem Standpunkte, den man als Logismus oder als transzendentalphilosophischen bezeichnen kann. Logik und Erkenntnistheorie sind nicht auf die Psychologie zu basieren, sondern gr\u00fcnden in Voraussetzungen, deren Geltung unabh\u00e4ngig ist sowohl von der Psychologie als auch von der Metaphysik. Die Unabh\u00e4ngigkeit der Logik von der Psychologie ergibt sich aus der Evidenz und dem objektiven Geltungswert ihrer konstitutiven Elemente. Die Gesetze und Kategorien des Denkens w\u00fcrden ihren eigentlichen Charakter als g\u00fcltige Prinzipien aller Erkenntnis verlieren, wenn sich ihr Wesen darin ersch\u00f6pfte, bestimmte, durch die psychische Kausalit\u00e4t hervorgebrachte und durch unsere psychophysische Organisation bedingte psychische Zust\u00e4nde oder Aktionen zu sein. Der Psychologismus f\u00fchrt, in welcher Form er auch auftreten mag, unweigerlich zu einem Relativismus, Probabilismus und Subjektivismus, d. h. zum Skeptizismus. Um seiner Idealit\u00e4t, Apriorit\u00e4t und Objektivit\u00e4t willen kann also das Logische nicht psychologisch begr\u00fcndet werden. Die \u201ereine Logik\u201c, welche","page":153}],"identifier":"lit33001","issued":"1903","language":"de","pages":"149-153","startpages":"149","title":"Fr. Paulhan: La volont\u00e9. Paris, Doin, 1903. 323 S.","type":"Journal Article","volume":"33"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T16:17:24.835640+00:00"}