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{"created":"2022-01-31T16:24:46.332834+00:00","id":"lit33003","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane","contributors":[{"name":"Moskiewicz","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane 33: 157-158","fulltext":[{"file":"p0157.txt","language":"de","ocr_de":"Li ter a turberich t.\n157\nschm\u00e4ht, macht sich denn auch bei H. tats\u00e4chlich \u00fcberall geltend. Schon die Annahme, dafs es aufser dem eigenen Ich noch andere Subjekte des Erkennens gebe, f\u00fcr welche dieselben Denkgesetze verbindlich und mafs-gebend sind, ist eine auf H.s prinzipiellem Standpunkte unerlaubte dogmatisch-metaphysische Voraussetzung, durch die er den logischen Gesetzen bereits eine Art ontologischer G\u00fcltigkeit vindiziert. Es bedarf nur noch eines weiteren, nunmehr nicht mehr zu untersagenden Schrittes, um sie zu metaphysischen Weltgesetzen zu machen, eine Konsequenz, die auch bei H. gelegentlich zum Durchbruch kommt, z. B. wenn er die logischen Gesetze zur essenziellen Ausstattung des Seienden geh\u00f6ren l\u00e4fst (II, 670).\nAuf die logisch - erkenntnistheoretischen Einzelheiten (ich kann hier ungeachtet der prinzipiellen Verschiedenheit unserer Standpunkte H. doch in vielem beistimmen) kann ich, wie gesagt, nicht eingehen; die hier von H. verfochtenen Ansichten m\u00fcssen sich ohnehin in der Bearbeitung der Logik selbst, welche das vorliegende Werk vorbereiten will, erst bew\u00e4hren, ehe ein endg\u00fcltiges Urteil \u00fcber sie gef\u00e4llt werden kann. Zum Schlufs sei bemerkt, dais es H. dem Leser nicht eben leicht macht, in seine Ansichten und Absichten einzudringen. Eine bei allem \u2014 oft recht spintisierenden \u2014 Scharfsinn ziemlich schwerf\u00e4llige und bei aller Umst\u00e4ndlichkeit und Breite doch nicht selten recht undurchsichtige Darstellung, dazu eine zum Teil neue, vielfach nicht eben gl\u00fccklich gew\u00e4hlte Terminologie erh\u00f6ht die schon in der Natur der behandelten verwickelten Probleme selbst liegenden Schwierigkeiten des Verst\u00e4ndnisses betr\u00e4chtlich und stellt die Geduld des Lesers, der sich durch die zwei B\u00e4nde, namentlich durch den zweiten durchzuarbeiten bem\u00fcht, des \u00f6fteren auf eine harte Probe.\nL. Busse (K\u00f6nigsberg i. Pr.).\n0. M. Giessler. Die Grundtatsachen des Traumzustandes. Allgemeine Zeitschrift f\u00fcr Psychiatrie 58, 164\u2014182.\nDas Charakteristische im Seelenleben des Traumes ist der Zustand der Passivit\u00e4t, der den Willen des Tr\u00e4umenden bei den Szenen und Ereignissen des Traumes ausschaltet.\nEs f\u00e4llt uns zun\u00e4chst ein Zerfall und P\u00fcckgang aller komplizierten Gebilde im Traume auf; der Zerfall bei der Bildung einzelner Vorstellungen zeigt sich besonders darin, dafs bei der Reproduktion die Synthesis der Einheitlichkeit fehlt. W\u00e4hrend im wachen Zustande die wesentlichen Merkmale von Vorstellungen gegen\u00fcber den unwesentlichen in den Vordergrund treten, miteinander verschmelzen und so dem Vorstellungskomplex das charakteristische Gepr\u00e4ge geben, f\u00e4llt im Traume der Unterschied zwischen wesentlichen und unwesentlichen Merkmalen fort, oft treten letztere an die Stelle der ersteren, oft schwinden die Merkmale bis auf einige wenige ganz, unwesentliche Merkmale treten f\u00fcreinander ein und so bekommen die Vorstellungen ganz andere Bedeutungen.\nAuch der Traumleib unterscheidet sich wesentlich von dem Leibe im wachen Zustande. Die Grundlagen des Traumleibes bilden in abnormem Zustande befindliche Organe und kleine Komplexe merklich erregter, peripherer Organe. An diesen reduzierten Leib werden nun vom Tr\u00e4umen-","page":157},{"file":"p0158.txt","language":"de","ocr_de":"158\nLiteraturb er icht.\nden andere K\u00f6rperteile angegliedert, je nachdem dieser, um im Traume Bestimmtes zu erleben und zu vollf\u00fchren, auch bestimmte K\u00f6rperhaltungen annehmen mufs. Schliefslich kann der Zerfall des Traumleibes so weit gehen, dafs die wenigen in Erregung befindlichen Organe nicht als zueinander geh\u00f6rig, sondern als getrennt und unabh\u00e4ngig voneinander auf-gefafst werden, so dafs die abgetrennten Teile als selbst\u00e4ndige Gebilde vor dem Auge des Tr\u00e4umenden auftauchen.\n\u00c4hnlich zerf\u00e4llt auch die Vorstellung unserer eigenen Pers\u00f6nlichkeit. Da das Pers\u00f6nlichkeitsgef\u00fchl seine Quelle und dauernde Nahrung in den Beziehungen des Ich zur umgebenden Welt hat, so wird es sich auch ver\u00e4ndern, sobald diese Beziehungen f\u00fcr einige Zeit aufh\u00f6ren, wie dies im Schlafe der Fall ist. Und da der Tr\u00e4umende sich immer nur klar ist \u00fcber seine Beziehungen zu der im Traume gerade erlebten Situation, so wird diese das Pers\u00f6nlichkeitsgef\u00fchl bestimmen. Man f\u00fchlt sich daher als Knabe, wenn man von seiner Knabenzeit tr\u00e4umt, u. s. w.\nBeim Auftreten von Vorstellungsreihen spielt das Gef\u00fchl eine grofse Bolle, das oft den Zerfall auf h\u00e4lt. Daher zerfallen Vorstellungsreihen, die infolge ihres f\u00f6rdernden oder hemmenden Einflusses auf das Leben stark gef\u00fchlsbetont sind, nicht, w\u00e4hrend Vorstellungsreihen, denen dieser Gef\u00fchlston fehlt, nicht vollst\u00e4ndig reproduziert werden.\nBetrachten wir nun, wie das in Zerfall geratene Vorstellungsmaterial sich im Traume entwickelt, so ist folgendes hervorzuheben. Bei Verwertung von Beizen f\u00fcr den Traum im Gebiete der Tast-, Temperatur- und Bewegungsempfindungen ist je nach der Intensit\u00e4t des Beizes zu unterscheiden. Bleibt der Beiz unter der Schwelle, so wird er auf ein Substrat aufserhalb des Traumleibes bezogen. Erreicht ein Beiz diskontinuierlich die Schwelle, so resultieren dunkle Empfindungen. Wird die Schwelle dauernd \u00fcberschritten, so entstehen wirkliche Empfindungen im Traumleibe.\nWerden Empfindungen nicht nur perzipiert, sondern auch apperzipiert, so tritt meistens dabei eine Intensit\u00e4tserh\u00f6hung und Irradiation ein. So k\u00f6nnen Druckempfindungen zu Schmerzempfindungen werden, so ruft ein Druck auf den Hinterkopf auch das Gef\u00fchl eines Druckes auf Stirn und Gesicht hervor.\nEine \u00e4hnliche Potenzierung tritt bei der Apperzeption von Gef\u00fchlen ein, die zu Affekten gesteigert erscheinen. So werden Arger zu Hafs und Wut, leichte Unbehaglichkeit zu den heftigsten Schmerzen.\nMoskiewicz (Breslau).\nVaschide et Vuepas. La logique morbide. I. L\u2019Analyse mentale. Paris, de Budeval et Cie., 1903. 269 S.\nAus dem Laboratoire de Psychologie exp\u00e9rimentale des Asile de Ville-juif ist bereits eine stattliche Anzahl von Arbeiten der genannten Gelehrten hervorgegangen. Die Psychologie hat in den letzten Jahrzehnten dank der neuen Untersuchungsmethoden eine wesentliche Umgestaltung und Vertiefung erfahren, zu nicht geringem Teil durch die Mitarbeit der Psychiater, d. h. durch Verwendung der pathologischen Erscheinungen des Seelenlebens. Dagegen hat die Logik sich seit langer Zeit nicht weiter entwickelt, haupts\u00e4chlich, wie Bibot im Vorwort zum vorliegenden Werk mit Becht sagt,","page":158}],"identifier":"lit33003","issued":"1903","language":"de","pages":"157-158","startpages":"157","title":"C. M. Giessler: Die Grundtatsachen des Traumzustandes. Allgemeine Zeitschrift f\u00fcr Psychiatrie 58, 164-182","type":"Journal Article","volume":"33"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T16:24:46.332840+00:00"}