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{"created":"2022-01-31T13:37:23.290695+00:00","id":"lit33013","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane","contributors":[{"name":"Nagel, W. A.","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane 33: 228-229","fulltext":[{"file":"p0228.txt","language":"de","ocr_de":"228\nLiteraturberich t.\nscheidet; eine gewisse Befangenheit k\u00f6nnte man jedoch vielleicht darin finden, dafs Verf. der \u201epsychologischen Analyse\u201c der Farbenempfindungen ein solches Gewicht beimifst, dafs daneben die Bedeutung physikalischer und physiologischer Gebiete verschwindet. Die subjektiven Eindr\u00fccke der Verf. m\u00f6gen f\u00fcr sie selbst sehr \u00fcberzeugend sein, f\u00fcr andere, z. B. den Referenten, reicht aber die \u00dcberzeugungskraft doch nicht aus, um die Fundamente der Dreifarbentheorie zu ersch\u00fcttern.\nDie wesentlichsten Folgerungen der Verf. sind folgende: Es ist festzuhalten, dafs es, auf Grund der psychologischen Analyse der Farbenempfindungen, vier, nicht drei, Grundfarben gibt : rot, gr\u00fcn, gelb und blau. Die farblose Lichtempfindung hat nicht als Misch-, sondern als Grundempfindung zu gelten. \u201eErkennt man dies als richtig an, so sind alle bez\u00fcglichen S\u00e4tze der Dreifarbentheorien von der Young - HELMHOLTzschen an zu verwerfen.\u201c\nUnzweifelhaft kann farblose Lichtempfindung, auch ohne dafs man farbige Reize mischt, erzielt werden. \u201eDiese Tatsache macht die Lehre der Young-HELMHOLTzschen Theorie, welche \u201efarblos\u201c als Mischung auffafst, auch physiologisch zu nichte.\u201c\nEine Mischung von rotem und gr\u00fcnem Lichte erzeugt nicht farblose Lichtempfindung. \u201eDieses Faktum ist unvereinbar mit der HEuiNGSchen Theorie und allen ihren Modifikationen.\u201c\nDie anatomische Struktur und die Netzhautverteilung der St\u00e4bchen spricht daf\u00fcr, dafs diese Gebilde nur farblose Lichtempfindung auszul\u00f6sen verm\u00f6gen.\nDer Umstand, dafs St\u00e4bchen und Zapfen urspr\u00fcnglich v\u00f6llig gleiche Gebilde sind, und dafs die Zapfen sich erst im Laufe der Entwicklung herausdifferenzieren, spricht mit gr\u00f6fster Wahrscheinlichkeit daf\u00fcr, dafs ein chemischer Prozefs, welcher sich in St\u00e4bchen und Zapfen in derselben Weise abspielt, farblose Lichtempfindung erzeugt; er spricht ferner daf\u00fcr, dafs verschiedenen Phasen oder Stadien dieses chemischen Prozesses in den Zapfen die Ursache f\u00fcr die Farbenempfindung abgeben. Die letzteren Annahmen bilden die wesentlichen Merkmale der Theorie der molekularen Dissoziationen von Mrs. Ladd - Franklin ; eine Farbentheorie von dieser Art scheint der Verf. \u201eam besten mit den Beobachtungen und den Ergebnissen der physiologischen Forschung in Einklang zu stehen und die gr\u00f6fste biologische Wahrscheinlichkeit zu besitzen.\u201c\tW. A. Nagel (Berlin).\nE. Wehrli. \u00dcber hochgradig herabgesetzten Farbensinn. Mitteil. d. Thurgauer Naturf. Gesellschaft (15). 1903.\nVerf. hat einen interessanten Fall hochgradiger Farbenschw\u00e4che bei einem jungen Postbeamten sorgf\u00e4ltig nach verschiedenen Methoden untersucht (Wollprobe, Stillings und des Ref. pseudoisochromatische Farbentafeln, Kontrastversuche, Farbenkreisel). Das Farbensystem zeigt starke Ann\u00e4herung an die Merkmale der Rotblinden (Protanopen) und zugleich auch der Blaublinden (Tritanopen), bei weniger genauer Pr\u00fcfung h\u00e4tte er als Totalfarbenblinder erscheinen k\u00f6nnen. D\u00e4mmerungssehen, Dunkeladaptationsverm\u00f6gen (\u201eLichtsinn\u201c) ist normal, und die Kennzeichen des D\u00e4mmerungssehens (starke Unterwertigkeit des Rot) treten anscheinend","page":228},{"file":"p0229.txt","language":"de","ocr_de":"*\nLiteraturbericht.\n229\nauch im Helladaptationszustand einigermafsen hervor. Von allen Farben werden nur ges\u00e4ttigtes Rot und Blau unter g\u00fcnstigen Umst\u00e4nden richtig erkannt, daneben bestehen aber die typischen Verwechslungen der Pro-tanopen und Tritanopen (Dunkelrot = Schwarz; Hellblau = Hellgr\u00fcn, == Gelb, etc.). Die Anomalie ist, soviel bekannt, eine angeborene. [Ref. hatte unl\u00e4ngst Gelegenheit zur Pr\u00fcfung eines sehr \u00e4hnlichen Falles extremer Farbenschw\u00e4che aus nicht genau bekannter Ursache. Der Patient war in einer Augenklinik als glaukomat\u00f6s behandelt und iridektomiert worden, w\u00e4hrend in einer anderen Augenklinik Nikotinvergiftung diagnostiziert wurde. Von Farben wurden im Spektrum nur Rot und Blau erkannt, ebenso an ges\u00e4ttigten Pigmentfarben. Die \u00fcbrigen Farben erschienen grau. Das D\u00e4mmerungssehen war normal, d. h. die Schwellenwerte fielen nach Dunkeladaptation mit dem des Gesunden zusammen. Die Helligkeitsverteilung im Spektrum war aber nicht, wie offenbar in Wehrlis Fall, die des Protanopen (Unterwertigkeit des Rot), sondern die des Deuteranopen ; eine Scheingleichung des Ref. (der Deuteranop ist), zwischen Rot und Gelb, stimmte in der Helligkeit f\u00fcr den Patienten.] W. A. Nagel (Berlin).\nE. Th. v. Br\u00fccke und A. Br\u00fcckner. \u00dcber ein scheinbares Organgef\u00fchl des Auges. Pfl\u00fcgers Archiv 91, 360\u2014372. 1902.\nVerff. stellten wmitere Untersuchungen \u00fcber das von ihnen beschriebene \u201eAbblendungsgef\u00fchl\u201c (vgl. Ref. diese Zeitschrift 81, 227\u2014228) an. Dieses stellt sich besonders stark im Halbdunkel nach einseitiger Dunkeladapdation am helladaptierten Auge ein und besteht f\u00fcr die meisten Beobachter in dem Gef\u00fchl, als ob das Lid des betreffenden Auges herabgesunken sei. Aus den mannigfach variierten Versuchen, welche des n\u00e4heren im Original zu verfolgen sind, geht hervor, dafs das Auftreten des Abblendungsgef\u00fchls von einer Minderwertigkeit des Bildes eines Auges abh\u00e4ngig ist. Auch an dem vom Sehakt ganz ausgeschlossenen Auge tritt das Gef\u00fchl ein. Bei geeignetem Wechsel ungleich starker Belichtung beider Augen konnte das Gef\u00fchl bald an dem einen, bald an dem anderen Auge hervorgerufen werden. Vorsetzen ungleich starker Konvexlinsen ergibt das Abblendungsgef\u00fchl auf dem Auge, welches undeutlicher sieht. Auch im v\u00f6llig verdunkelten Raum entsteht es am helladaptierten Auge bei Dunkeladaptation des anderen Auges. Die subjektiven Lichterscheinungen des letzteren scheinen es zu bedingen. Die verschiedenen Netzhautpartien erscheinen als ann\u00e4hernd gleichwertig in bezug auf Entstehen des Abblendungsgef\u00fchls. Dasselbe scheint zentral bedingt zu sein und wurde deshalb als scheinbares Organgef\u00fchl bezeichnet. W. Trendelenburg (Freiburg i. Br.).\nK. Grunert. \u00dcber angeborene totale Farbenblindheit, v. Graefes Archiv f. Ophthalmologie 56, 132. 1903.\nVerf. hat die Literatur \u00fcber totale Farbenblindheit um eine wertvolle Untersuchung bereichert, indem er zun\u00e4chst einen objektiv gehaltenen \u00dcberblick \u00fcber den Stand der Frage und ihre theoretischen Bedeutung f\u00fcr die Farbenlehre gibt, alsdann die wesentlichsten Tatsachen aus den Untersuchungsprotokollen der bisher bekannten F\u00e4lle von totaler Farbenblindheit (ca. 40) referiert und im Ansehlufs daran seine eigenen Unter-","page":229}],"identifier":"lit33013","issued":"1903","language":"de","pages":"228-229","startpages":"228","title":"E. Wehrli: \u00dcber hochgradig herabgesetzten Farbensinn. Mitteil. d. Thurgauer Naturf. Gesellschaft (15). 1903","type":"Journal Article","volume":"33"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T13:37:23.290701+00:00"}