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{"created":"2022-01-31T16:57:29.736265+00:00","id":"lit33015","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane","contributors":[{"name":"Nagel, W. A.","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane 33: 229-232","fulltext":[{"file":"p0229.txt","language":"de","ocr_de":"*\nLiteraturbericht.\n229\nauch im Helladaptationszustand einigermafsen hervor. Von allen Farben werden nur ges\u00e4ttigtes Rot und Blau unter g\u00fcnstigen Umst\u00e4nden richtig erkannt, daneben bestehen aber die typischen Verwechslungen der Pro-tanopen und Tritanopen (Dunkelrot = Schwarz; Hellblau = Hellgr\u00fcn, == Gelb, etc.). Die Anomalie ist, soviel bekannt, eine angeborene. [Ref. hatte unl\u00e4ngst Gelegenheit zur Pr\u00fcfung eines sehr \u00e4hnlichen Falles extremer Farbenschw\u00e4che aus nicht genau bekannter Ursache. Der Patient war in einer Augenklinik als glaukomat\u00f6s behandelt und iridektomiert worden, w\u00e4hrend in einer anderen Augenklinik Nikotinvergiftung diagnostiziert wurde. Von Farben wurden im Spektrum nur Rot und Blau erkannt, ebenso an ges\u00e4ttigten Pigmentfarben. Die \u00fcbrigen Farben erschienen grau. Das D\u00e4mmerungssehen war normal, d. h. die Schwellenwerte fielen nach Dunkeladaptation mit dem des Gesunden zusammen. Die Helligkeitsverteilung im Spektrum war aber nicht, wie offenbar in Wehrlis Fall, die des Protanopen (Unterwertigkeit des Rot), sondern die des Deuteranopen ; eine Scheingleichung des Ref. (der Deuteranop ist), zwischen Rot und Gelb, stimmte in der Helligkeit f\u00fcr den Patienten.] W. A. Nagel (Berlin).\nE. Th. v. Br\u00fccke und A. Br\u00fcckner. \u00dcber ein scheinbares Organgef\u00fchl des Auges. Pfl\u00fcgers Archiv 91, 360\u2014372. 1902.\nVerff. stellten wmitere Untersuchungen \u00fcber das von ihnen beschriebene \u201eAbblendungsgef\u00fchl\u201c (vgl. Ref. diese Zeitschrift 81, 227\u2014228) an. Dieses stellt sich besonders stark im Halbdunkel nach einseitiger Dunkeladapdation am helladaptierten Auge ein und besteht f\u00fcr die meisten Beobachter in dem Gef\u00fchl, als ob das Lid des betreffenden Auges herabgesunken sei. Aus den mannigfach variierten Versuchen, welche des n\u00e4heren im Original zu verfolgen sind, geht hervor, dafs das Auftreten des Abblendungsgef\u00fchls von einer Minderwertigkeit des Bildes eines Auges abh\u00e4ngig ist. Auch an dem vom Sehakt ganz ausgeschlossenen Auge tritt das Gef\u00fchl ein. Bei geeignetem Wechsel ungleich starker Belichtung beider Augen konnte das Gef\u00fchl bald an dem einen, bald an dem anderen Auge hervorgerufen werden. Vorsetzen ungleich starker Konvexlinsen ergibt das Abblendungsgef\u00fchl auf dem Auge, welches undeutlicher sieht. Auch im v\u00f6llig verdunkelten Raum entsteht es am helladaptierten Auge bei Dunkeladaptation des anderen Auges. Die subjektiven Lichterscheinungen des letzteren scheinen es zu bedingen. Die verschiedenen Netzhautpartien erscheinen als ann\u00e4hernd gleichwertig in bezug auf Entstehen des Abblendungsgef\u00fchls. Dasselbe scheint zentral bedingt zu sein und wurde deshalb als scheinbares Organgef\u00fchl bezeichnet. W. Trendelenburg (Freiburg i. Br.).\nK. Grunert. \u00dcber angeborene totale Farbenblindheit, v. Graefes Archiv f. Ophthalmologie 56, 132. 1903.\nVerf. hat die Literatur \u00fcber totale Farbenblindheit um eine wertvolle Untersuchung bereichert, indem er zun\u00e4chst einen objektiv gehaltenen \u00dcberblick \u00fcber den Stand der Frage und ihre theoretischen Bedeutung f\u00fcr die Farbenlehre gibt, alsdann die wesentlichsten Tatsachen aus den Untersuchungsprotokollen der bisher bekannten F\u00e4lle von totaler Farbenblindheit (ca. 40) referiert und im Ansehlufs daran seine eigenen Unter-","page":229},{"file":"p0230.txt","language":"de","ocr_de":"Li teraturbericht.\nsuehungsergebnisse bei f\u00fcnf F\u00e4llen echter Achromatopie ausf\u00fchrlich mitteilt.\nAbgesehen von dem Inhalt dieser letzteren Mitteilungen, von dem sogleich noch zu sprechen sein wird, liegt der Hauptwert der G.\u2019sehen Arbeit in dem deutlich erkennbaren und erfolgreichen Bestreben, in der theoretischen Diskussion \u00fcber das Wesen und die Symptomatologie der totalen Farbenblindheit den verschiedenen, zum Teil sehr scharf aufeinander stofsenden Richtungen in gleicher Weise gerecht zu werden und die Verdienste der einzelnen Autoren gleichm\u00e4fsig zu w\u00fcrdigen. Um so mehr mufs es dem Ref. zur Freude gereichten, den Verf. zu einem Standpunkte gelangen zu sehen, den auch er f\u00fcr den richtigen h\u00e4lt, dem aber die Ophthalmologen bisher, Hering - HESSScher Autorit\u00e4t folgend, ferner gestanden haben. Gerade eine solche ausf\u00fchrliche Zusammenstellung zahlreicher F\u00e4lle, wie sie Grunert gibt, zeigt aufs deutlichste, wie zwanglos sich das Symptomenbild der totalen Farbenblindheit, das sich nun immer klarer und charakteristischer herausbildet, in das Ganze der \u201eSt\u00e4bchentheorie\u201c einf\u00fcgt, wie wenig es andererseits zur Gegenfarbentheorie Herings stimmen will, ungeachtet der Tatsache, dafs dieser Forscher einen erheblichen Teil der wesentlichen Eigenschaften achromatischer Sehorgane festgestellt, ja teilweise sogar theoretisch vorausgesagt hatte. Zur Abrundung des Gesamtbildes geh\u00f6ren eben noch einige Symptome, die Hering weder Voraussagen, noch auch mit seiner Theorie in Einklang finden konnte, und die dann auch von ihm und Hess aufs energischste bestritten wmrden. Diese Symptome (vor allem das Vorkommen zentraler Skotome, dann auch der Nystagmus und Strabismus) erkl\u00e4ren sich dagegen leicht nach der St\u00e4bchentheorie.\nWas G.s tats\u00e4chliche Feststellungen betrifft, so zeigen sie zun\u00e4chst, dafs es sich bei seinen F\u00e4llen um typische totale Farbenblindheit handelt, mit der bekannten Helligkeitsverteilung im Spektrum, ausgepr\u00e4gter Lichtscheu, Nystagmus und Strabismus verschiedener Form, sowie der regel-m\u00e4fsig vorhandenen Amblyopie. In drei von f\u00fcnf F\u00e4llen liefs sich ein zentrales Skotom nachweisen, und zwar ein absolutes Skotom, das wesentlich kleiner ist, als der bekannten KosTERschen Angabe \u00fcber den \u201est\u00e4bchenfreien\u201c Netzhautbezirk entsprechen w\u00fcrde, dagegen sehr gut mit den Messungen von v. Kries und Ref. \u00fcber den durch den Adaptationsmangel gekennzeichneten zentralen Netzhautbezirk stimmt (um 1\u00b0). Von den F\u00e4llen, in denen zentrales Skotom nicht nachzuweisen war, ist der eine der schon von v. Kries untersuchte. Wie Ref. fand auch Verf. die Untersuchung auf Skotom durch den Nystagmus sehr erschwert, der in einem Falle sogar die genaue Bestimmung des MARiOTTischen blinden Fleckes fast unm\u00f6glich machte.\nDas Fehlen zentraler Fixation kam in den verschiedenen F\u00e4llen in wechselnder Form zum Ausdruck; interessante Angaben hier\u00fcber sind im Original zu finden.\nW\u00e4hrend die letzten Mitteilungen Uhthoees die Zahl der F\u00e4lle mit abnormem ophthalmoskopischem Befund vermehrt hatten, verschieben Grunerts Beobachtungen die Sachlage im umgekehrten Sinne. Die Makular-","page":230},{"file":"p0231.txt","language":"de","ocr_de":"Literaturbericht,\nregionen waren normal, soweit sieh beobachten liefs ; nur in einem Falle zeigte sich ein parazentraler Herd.\nR\u00f6ntgenstrahlen konnten die Patienten nicht wahrnehmen, zweifelsohne wegen ungen\u00fcgender Qualit\u00e4t der R\u00f6hre, da mit guten R\u00f6hren jeder Mensch mit gutem Lichtsinn die Strahlen aufs deutlichste wahrnimmt.\nZum Schlufs gibt Verf. eine ausf\u00fchrliche Epikrise der gesamten gut untersuchten F\u00e4lle.\nIn der K\u00f6rperkonstitution der total Farbenblinden liegt nichts Charakteristisches; Erblichkeit ist entschieden vorhanden, 11 mal sind Geschwister ebenfalls total farbenblind. Das Verh\u00e4ltnis der M\u00e4nner zu den Frauen ist 2 :1.\nDer optische Bau der Augen ist sehr wechselnd, es kommt Em-metropie, Hyperopie und Myopie vor, letztere am h\u00e4ufigsten.\nDie Helligkeitsverteilung im Spektrum ist mit Ausnahme des ganz seltsamen R\u00c4HLMANNSchen Falles anscheinend \u00fcberall dieselbe ; in vereinzelten F\u00e4llen lag das Helligkeitsmaximum im Gelb (wof\u00fcr wohl unzweck-m\u00e4fsige Untersuchung den Grund bildete, Ref.).\nDie zentrale Sehsch\u00e4rfe bewegt sich zwischen Vio und Vs der Norm, nur vereinzelt wird Vi bis Vs angegeben. Eine Ursache der Amblyopie ist nur selten erkennbar, makulare pathologische Befunde kommen aber doch in mehreren F\u00e4llen vor.\nDie Lichtscheu ist ein fast konstantes Symptom; Verf. findet sie, nach eingehender Erw\u00e4gung der verschiedenen Gesichtspunkte mit der St\u00e4bchentheorie in Einklang, unter der Annahme, dafs der Sehpurpur ein optischer Sensibilisator ist.\nNystagmus ist h\u00e4ufig angegeben und erkl\u00e4rt sich aus der Minderwertigkeit des Netzhautzentrums und der leichten Erm\u00fcdbarkeit der St\u00e4bchen.\nDie peripheren Gesichtsfeldgrenzen sind fast stets normal, die periphere Sehsch\u00e4rfe, wo gemessen, nicht wesentlich von der Norm abweichend. In dem einen Falle des Verf. sind besonders interessante Gesichtsfeldbefunde vorhanden, parazentrale und Ringskotome ; trotzdem fehlte hier ein anomaler Gesichtsfeldbefund.\nDie Frage nach einem zentralen Skotom ist, wie auch v. Kries und Ref. betont haben, nicht so wichtig, dafs mit ihrer Beantwortung die St\u00e4bchentheorie stehen oder fallen m\u00fcfste. Die hochgradige Amblyopie der zentralen Partien weist nach Verf. entschieden auf einen Ausfall der Zapfenfunktion hin. Ausfall der Zapfenfunktion mufs in gewissem Mafse freilich auch auf die periphere Sehsch\u00e4rfe von Einflufs sein, doch liegt diese Sch\u00e4digung der Peripherie vermutlich unterhalb der Grenze des f\u00fcr uns nachweisbaren.\nIm ganzen sind jetzt 19 F\u00e4lle auf zentrales Skotom untersucht W'orden, darunter acht mit positivem Erfolg. \u00dcberall war die Untersuchung durch den Nystagmus erschwert.\nDer Frage, ob es sich bei den F\u00e4llen von Zapfenblindheit um eine sog. \u201ephysiologische Anomalie\u201c handelt, \u00e4hnlich der partiellen Farbenblindheit, oder ob krankhafte St\u00f6rungen im Uterinleben anzunehmen sind, l\u00e4fst Verf. vorl\u00e4ufig in suspenso.","page":231},{"file":"p0232.txt","language":"de","ocr_de":"232\nLiteraturbericht.\nDie gesamten Tatsachen zwingen jedenfalls dazu, die totale Farbenblindheit typischer Form als Zapfenblindheit aufzufassen, unabh\u00e4ngig davon, welcher Farbentheorie man sonst den Vorzug geben will.\nW. A. Nagel (Berlin).\nOstmann. Die Beeinflussung des Rinneschen Versuches durch Schallleitungsst\u00f6rung des anderen Ohres. Archiv f\u00fcr Ohrenheilk. 57 (3/4), 193.\nEs wurde an 32 Normalh\u00f6renden der WEBERsche Versuch, die H\u00f6rleistung f\u00fcr c = Perzeptionsdauer durch Luftleitung in Sekunden bei maximalem Anschlag der Gabel, sowie der RiNNESche Versuch einmal bei linkem offenem, dann bei linkem durch festes Verstopfen mit Watte schwerh\u00f6rig gemachtem Ohr gepr\u00fcpft. Es zeigte sich zwar stets positiver Ausfall des RiNNESchen Versuches, jedoch grofse Zahlenschwankungen sowohl f\u00fcr die Perzeptionsdauer per os, wie f\u00fcr den positiven Wert der Luftleitung, Unterschiede, welche Verf. von der physiologischen Breite der normalen H\u00f6rleistung abh\u00e4ngig denkt.\nDie durch Verstopfung des linken Ohres hervorgerufene verst\u00e4rkte Knochenleitung \u00fcbte insofern einen Einflufs auf den Ausfall des Rinne-schen Versuches rechts aus, als dadurch eine Verl\u00e4ngerung der Knochenleitung und Herabsetzung des Wertes f\u00fcr Luftleitung sich konstatieren liefs.\nH. Beyer (Berlin).\n\u00c0. Lucae. \u00fcber den diagnostischen Wert der Tonuntersuchungen mit besonderer Ber\u00fccksichtigung der Bezoldschen \u201ekontinuierlichen Tonreihe\u201c und der von mir ge\u00fcbten Untersuchungsmethode. Archiv f\u00fcr Ohrenheilk. 57 (3/4), 205.\nZun\u00e4chst wendet sich Verf. gegen die Bezeichnung \u201ekontinuierliche Tonreihe\u201c, da sie nur f\u00fcr die chromatische Tonleiter aufgestellt sei, bei der die Stufenfolge der T\u00f6ne einen halben Ton betrage, w\u00e4hrend doch noch Tonunterschiede bis zu 3750 eines halben Tones wahrgenommen worden seien. Auch mit der Auswahl der Instrumente ist er nicht einverstanden, da nach den QuiNCKESchen und des Verf.s eigenen Untersuchungen die Stimmgabeln nicht obert\u00f6nefrei seien, sondern jederzeit die Oktave des Grundtones mitt\u00f6ne, was allerdings mit der H\u00f6he der T\u00f6ne abnimmt. Da nun die Intensit\u00e4t der T\u00f6ne mit der H\u00f6he derselben gesteigert sei, \u201ein der verschiedenen Qualit\u00e4t der T\u00f6ne eine verschiedene Quantit\u00e4t\u201c enthalten sei, so beanstandet Verf. die Wahl Bezolds, der f\u00fcr die tiefen T\u00f6ne Stimmgabeln und f\u00fcr die hohen T\u00f6ne gedackte Pfeifen angewandt hat, und h\u00e4lt die umgekehrte Anordnung f\u00fcr. zweckm\u00e4fsiger, f\u00fcr die hohen T\u00f6ne von c3 \u2014 c5 Stimmgabeln, die durch Anstreichen mit dem Cellobogen zum T\u00f6nen zu bringen sind, und f\u00fcr die tiefen T\u00f6ne von c\u2014c2 gedackte Pfeifen zu verwenden oder in Ermangelung derselben wenigstens den Stimmgabelton durch Resonatoren zu verst\u00e4rken. Im Gegensatz zu Bezold h\u00e4lt er auch die musikalischen Instrumente zur Ermittlung von Tondefekten sehr geeignet und bei negativem Ausfall der Stimmgabeluntersuchung die Anwendung von Resonatoren f\u00fcr n\u00f6tig. Er glaubt, dafs der Ausfall besonders der T\u00f6ne der unteren und mittleren Skala, trotz Verst\u00e4rkung durch","page":232}],"identifier":"lit33015","issued":"1903","language":"de","pages":"229-232","startpages":"229","title":"K. Grunert: \u00dcber angeborene totale Farbenblindheit. v. Graefes Archiv f. Ophthalmologie 56, 132. 1903","type":"Journal Article","volume":"33"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T16:57:29.736271+00:00"}