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{"created":"2022-01-31T16:26:23.444748+00:00","id":"lit33031","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane","contributors":[{"name":"Krueger, F.","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane 33: 311-313","fulltext":[{"file":"p0311.txt","language":"de","ocr_de":"Literaturberich t.\n311\nscheinung verlegt der Verl in die Schnecke. Er denkt an eine Verstimmung einzelner Fasern der Basilarmembran durch eine exsudative Tr\u00fcbung der Labyrinthfl\u00fcssigkeit oder durch eine leichte Schwellung der Membran selbst. Es k\u00f6nne aber der Ort solcher Erkrankungen auch in den Gehirnzentren liegen.\nEin Teil des Aufsatzes geht \u00fcber das spezielle Thema hinaus und versucht, an der Resonatorentheorie des H\u00f6rens festhaltend, die Tonunterscheidung \u00fcberhaupt in Einklang zu bringen mit den neueren mikro^ skopischen Befunden Helds u. a., wonach die im Ganglion cochleare entspringenden und zur Basilarmembran ziehenden Nerven je an ihrem Ende sich mannigfach verzweigen, so dafs jede einzelne mit mehreren Haarzellen in Verbindung steht. In einleuchtender Weise schreibt Beethold die Perzeption der unterscheidbaren T\u00f6ne bestimmten Kombinationen von verschiedenen Nervenzweigen zu. Er fafst die fragliche Nervenverzweigung als eine \u00f6konomische Einrichtung derart auf, wie sie Bethe f\u00fcr die Nerven der Froschzunge angenommen hat. Durch Kombinationsrechnungen erl\u00e4utert er, wie die Natur es k\u00f6nne eingerichtet haben, um mit einer m\u00f6glichst geringen Anzahl Nervenfasern und Endverzweigungen auszukommen.\nAm Schl\u00fcsse wird auf das monokulare Doppelsehen hingewiesen und damit der Skeptizismus zu entkr\u00e4ften versucht, der an ein monaurales Doppelh\u00f6ren \u00fcberhaupt nicht glauben will. \u2014 \u00dcberzeugender w\u00e4re der Nachweis, dafs bei den beobachteten Erscheinungen ein binaurales Doppelh\u00f6ren, durch Knochenleitung, nicht Vorgelegen habe. Auch m\u00fcfsten zur Sicherheit die Obert\u00f6ne durch Interferenz ausgeschlossen werden. Verf. untersuchte die tieferen Tonlagen an der Violine. Wenn der Patient hier a2 neben dem objektiven a1, und neben a1 oder cl1 die h\u00f6here Quinte h\u00f6rte, so liegt der Einwand nahe, dafs im ersten Falle der 1. Oberton, in den beiden anderen eine Oktavent\u00e4uschung f\u00fcr den 2. Oberton mitgewirkt habe.\tF. Krueger (Leipzig).\nEschweiler. Unzul\u00e4ngliche St\u00fctzen von Zimmermanns Theorie der Mechanik des H\u00f6rens und ihrer St\u00f6rungen. Arch. f. Ohrenheilk. 55 (1902), 59\u201466.\nGustav Zimmermann. Unzureichende Einw\u00e4nde gegen neue Gesichtspunkte in\nder Mechanik des H\u00f6rens. Ebenda 56 (1902), 40\u201446.\nIn seinem Buche \u201eDie Mechanik des H\u00f6rens und ihre St\u00f6rungen\u201c (Wiesbaden 1900) hatte Zimmermann die Lehren HELMHOLTzens und Bezolds \u00fcber die Mechanik des Geh\u00f6rorganes kritisch betrachtet und daf\u00fcr eigene, stark abweichende Ansichten vorgetragen, die inzwischen mehrfach Zustimmung gefunden haben. Die Grundgedanken der neuen Theorie sind folgende: Das Trommelfell ger\u00e4t bei normalem H\u00f6ren nicht in Massen-, sondern in longitudinale Molekularschwingungen. Diese teilen sich dem Promontorium und der kn\u00f6chernen Schnecke mit und versetzen die Fasern der Basilarmembran von ihrer Anheftungsstelle aus unmittelbar in stehende Schwingungen. Das Labyrinthwasser ger\u00e4t erst sekund\u00e4r in Mitschwingung. Das runde Fenster dient den Wasserbewegungen als Ausweichstelle. Der bisher sog. schallleitende Apparat dient nur zur \u201eAkkommodation\u201c, d. h.","page":311},{"file":"p0312.txt","language":"de","ocr_de":"312\nLiteraturbericht.\nzur D\u00e4mpfung extensiver Schwingungen, zur Abk\u00fcrzung des Nachschwingens und zur Regulierung des Druckes im Labyrinth.\nGegen diese Anschauungen richtet Eschweiler eine im wesentlichen immanente Kritik, indem er die Hauptargumente Zimmermanns einzeln zu widerlegen sucht. Dieser bem\u00fcht sich, alle Einw\u00e4nde des Gegners zu entkr\u00e4ften und die angegriffenen Vorstellungen zu verteidigen. Ich beschr\u00e4nke mich auf diejenigen wichtigeren Streitpunkte, die mir auch nach der Antikritik noch unerledigt zu sein scheinen.\n1.\tZum Beweise, dafs das Trommelfell und die Geh\u00f6rkn\u00f6chel, wie es Helmholtz will, in toto und in der Phase des erregenden Tones schwingen, beruft sich Eschweiler auf die bekannten Versuche Politzers. Zimmermann erwidert, dieser habe mit extremen Schallst\u00e4rken gearbeitet. Auch habe neuerdings Mader den experimentellen Nachweis geliefert, \u201edafs eine Schall\u00fcbertragung durch die Kn\u00f6chelchenkette wesentlich zur\u00fccksteht gegen\u00fcber der direkten Schalleinwirkung auf den festen Knochen der Schneckenkapsel\u201c. (Aber die mikrophonischen Beobachtungen Maders zeigen doch unzweideutig, dafs auch bei gew\u00f6hnlicher Schallst\u00e4rke Trommelfell und Ossicula als Schallleiter im strengen Sinne dienen. Dafs daneben eine unmittelbare Knochenleitung existiert und unter Umst\u00e4nden \u00fcberwiegt, bezweifelt wohl niemand. Z. h\u00e4tte nachzuweisen, dafs diese reine Knochenleitung normalerweise allein in Betracht komme. D. Ref.)\n2.\tEschweiler: Nach der neuen Theorie erf\u00e4hrt das Labvrinthwasser keinerlei Volumschwankungen; sondern die stehenden Wellen der Basilar-fasern, vom Knochen aus unmittelbar erregt, bewirken nur Lage\u00e4nderungen der umgebenden Wassermolekeln. Eine Ausweichstelle f\u00fcr das Labyrinthwasser, wie sie Z. in das Schneckenfenster verlegt, ist daher \u00fcberfl\u00fcssig und bedeutet einen inneren Widerspruch der Theorie. \u2014 Zimmermann: Die M\u00f6glichkeit einer solchen Ausweichung erleichtert den pr\u00e4zisen Ablauf rascher und schwacher Schwingungen. (Jedenfalls w\u00e4re nach Zimmermanns Grundanschauung und entgegen seiner eigenen Formulierung das runde Fenster f\u00fcr die H\u00f6rfunktion selbst nicht notwendig. Dem widersprechen aber sowohl pathologische Erfahrungen als physiologische Versuche.)\n3.\tZ. hatte in seinem Buche erkl\u00e4rt, \u201ereine Schallleitungshindernisse im Ohr machen . . . keine oder nur geringe St\u00f6rungen der H\u00f6rf\u00e4higkeit.\u201c So verursachten grofse Ceruminalpfr\u00f6pfe im Geh\u00f6rgange keine ihrem Tr\u00e4ger auffallende Geh\u00f6rsverschlechterung, solange sie nicht das Trommelfell fixierten und dessen Akkommodationswirkung beeintr\u00e4chtigten. Demgegen\u00fcber erinnert E. an die starke Herabsetzung der H\u00f6rsch\u00e4rfe durch blofsen Verschlufs der Ohren. Auch brauchten cerumin\u00f6se Massen keineswegs das Trommelfell zu ber\u00fchren, sondern nur den Geh\u00f6rgang ganz zu verlegen, damit bedeutende Schwerh\u00f6rigkeit zustande komme. Z. begn\u00fcgt sich zu betonen, dafs all dergleichen die H\u00f6rf\u00e4higkeit nicht ganz aufhebe, dafs das subjektive Urteil dar\u00fcber meist g\u00fcnstig laute, und dafs langsam entstandene Leitungshindernisse im Geh\u00f6rgange erst dann subjektiv l\u00e4stig zu werden pflegten, wenn sie das Trommelfell belasteten. (Die subjektive Auffassung unterliegt nat\u00fcrlich vielen, auch rein zentralen Bedingungen. Es kommt lediglich auf den Unterschied an zwischen dem in Frage stehenden objektiven Tatbest\u00e4nde und dem normalen Anfangszustand. Aus der","page":312},{"file":"p0313.txt","language":"de","ocr_de":"Literaturbericht,\n313\nalten, HELMHOLTzischen Theorie folgt aber keineswegs, dafs ein luftdichter Yerschlufs des Geh\u00f6rganges tanh machen m\u00fcfste, \u2014 was ja tats\u00e4chlich nicht der Fall ist. Denn abgesehen von der unbehinderten nat\u00fcrlichen Knochenleitung, kann der Schall die \u201everschliefsende\u201c feste Masse so gut durchsetzen wie andere Medien.)\n4. In Konsequenz seiner Ansicht von der \u201eakkommodierenden\u201c und d\u00e4mpfenden Funktion des Mittelohrapparates hatte Z. erkl\u00e4rt, dafs bei Unterbrechung oder Unbeweglichkeit dieses Apparates stets subjektive Ger\u00e4usche auftr\u00e4ten. E. behauptet im Gegenteil, selbst Patienten, denen Hammer und Ambofs oder gar der Steigb\u00fcgel fehlt, h\u00e4tten \u201enur selten\u201c subjektive Ger\u00e4usche. Der Angegriffene entgegnet, viele Kranke seien zu indolent, um subjektive Ger\u00e4usche zu bemerken, oder energisch genug, sie \u2022willk\u00fcrlich zu unterdr\u00fccken. (Es besteht also an diesem Punkte ein rein tats\u00e4chlicher Widerspruch zwischen den beiden Gegnern, der sich durch Experiment und genauere Beobachtung pathologischer F\u00e4lle m\u00fcfste entscheiden lassen.)\nSo anregend und wohldurchdacht Zimmermanns Lehren sind, so ist es doch, auch abgesehen von den hier wiedergegebenen Bedenken, unwahrscheinlich, dafs der komplizierte und feine Bau des Mittelohrapparates nur die von Z. ihm zugeschriebenen Aufgaben des Schutzes und der D\u00e4mpfung haben sollte, Aufgaben, f\u00fcr die ja noch andere Einrichtungen im Geh\u00f6rorgane nachgewiesen sind; ich erinnere an die Tuba, den Aquaeductus vestibuli, die CoRTischen B\u00f6gen, das Labyrinthwasser selbst. Dagegen ist es h\u00f6chst wahrscheinlich, und f\u00fcr den Tensor tympani jetzt ziemlich erwiesen, dafs dem Mittelohrapparate neben seiner schallleitenden auch eine im eigentlichen Sinne akkommodierende Funktion zukommt, w\u00e4hrend das Hammer-Ambofsgelenk und die mehrfachen Bandverfestigungen ja allgemein als Schutzvorrichtungen angesehen werden. Die unmittelbare Knochenleitung zum Labyrinth ist keineswegs zu vernachl\u00e4ssigen ; ihr mufs vielmehr nach den neueren Befunden ohne Zweifel eine h\u00f6here Bedeutung zugeschrieben werden, als das von seiten der klassischen Geh\u00f6rphysiologie geschah. Aber diese \u2014 dem Arzte besonders naheliegenden \u2014 Erfahrungen zwingen uns keineswegs, die mathematisch wie experimentell begr\u00fcndeten \u00e4lteren Anschauungen \u00fcber die Hauptfunktion des Paukenh\u00f6hlenapparates \u00fcber Bord zu werfen und, im Widerspruche mit zahlreichen Erfahrungstatsachen, die reine Knochenleitung als den einzigen normalen Weg der Schallbewegung zum nerv\u00f6sen Endorgane zu betrachten.\nF. Krueger (Leipzig).\nE. v. Cyon. Nochmals die Physiologie des Raumsinns. Pfl\u00fcgers Archiv 96, 486\u2014497. 1903.\nYerf. bespricht die Arbeiten von v. Marikovszky (vgl. diese Zeitschrift 30, S. 233) und Urbantschitsch, in welchen er interessante Best\u00e4tigungen seiner Kaumsinnlehre erblickt. Der Zickzackgang der Tauben M.s gleicht dem vom Yerf. beschriebenen der japanischen Tanzm\u00e4use und beruht darauf, dafs den Tieren durch Zerst\u00f6rung des Ohrlabyrinths die Kenntnis der geraden Dichtung verloren ging. Die v\u00f6llig fehlende Orientierungs-","page":313}],"identifier":"lit33031","issued":"1903","language":"de","pages":"311-313","startpages":"311","title":"Eschweiler: Unzul\u00e4ngliche St\u00fctzen von Zimmermanns Theorie der Mechanik des H\u00f6rens und ihrer St\u00f6rungen. Arch. f. Ohrenheilk. 55 (1902), 59-66 / Gustav Zimmermann: Unzureichende Einw\u00e4nde gegen neue Gesichtspunkte in der Mechanik des H\u00f6rens. Ebenda 56 (1902), 40- 46","type":"Journal Article","volume":"33"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T16:26:23.444754+00:00"}