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{"created":"2022-01-31T16:09:16.563740+00:00","id":"lit33047","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane","contributors":[{"name":"D\u00fcrr","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane 33: 370-372","fulltext":[{"file":"p0370.txt","language":"de","ocr_de":"370\nLiteraturbericht.\nteressanterweise liefs sich vom Normalen eine fast identische Kurve gewinnen, wenn das Auge vor den Messungen stark erm\u00fcdet war. Aber auch diese Argumente f\u00fcr die Existenz einer den Farbenempfindungen zugrunde liegenden weifsen Helligkeitsempfindung verlieren ihre Beweiskraft im Hinblick auf die wohlbegr\u00fcndete und durch zahlreiche Experimente bewiesene, wie es scheint aber von Allen nicht gen\u00fcgend gew\u00fcrdigte Theorie, welche die farblose Helligkeitsempfindung im D\u00e4mmerungssehen des Normalen und das Sehen des Total-Farbenblinden als eine Funktion des St\u00e4bchenapparates betrachtet und die Farbenempfindungen und die aus diesen gemischte, nicht aber dazu addierte Weifsempfindung beim Sehen im Hellen als Zapfenfunktion auffafst. Im Lichte dieser Theorie w\u00fcrden sich die Ergebnisse Allens in manchen Punkten wesentlich anders ausnehmen und vielfach zu anderer theoretischer Verwertung gelangen; vor allen Dingen aber w\u00e4re zu verlangen, dafs bei Flimmerwertmessungen ganz feste Bedingungen bez\u00fcglich des Adaptationszustandes des Auges eingehalten w\u00fcrden und dafs \u00fcber diesen Punkt bestimmte Angaben bei Beschreibung der Versuche angef\u00fcgt w\u00fcrden: denn nach den Untersuchungen Polimantis, welche Allen unbekannt zu sein scheinen, wechseln die Flimmerwerte nicht nur mit der Intensit\u00e4t des Reizlichtes, dem von Allen ber\u00fccksichtigten Faktor, sondern auch in typischer Weise mit der Adaptation des Auges. Bei dem Fehlen bez\u00fcglicher Angaben mufs der Wert der ALLENsehen Ergebnisse eine erhebliche Einschr\u00e4nkung erfahren. H. Pipeb (Berlin).\nH. J. Pearce, \u00fcber den Einflufs von Nebenreizen auf die Raumwahrnelmmng.\nDiss. W\u00fcrzburg 1903. 81 S. Auch : Arch. f. d. ges. Psychol. 1 (1), 31\u2014109. 1903.\nDas Hauptproblem der vorliegenden Arbeit l\u00e4fst sich allgemein dahin formulieren: Welchen Einflufs auf die normale r\u00e4umliche Auffassung eines gegebenen Hauptreizes oder einer durch eine Anzahl solcher Reize be-zeichneten Strecke haben andere gleichzeitig damit gegebene, gleichartige Reize, sogenannte Nebenreize? Die Methode zur Bestimmung dieses Einflusses ist die der Vergleichung: Zun\u00e4chst wird ohne Einwirkung von Nebenreizen die gegenseitige Lage zweier in bestimmter Entfernung voneinander sukzessiv applizierter Druckreize bzw. das Gr\u00f6fsenverh\u00e4ltnis zweier nacheinander gegebener Strecken von bestimmter Ausdehnung beurteilt. Dann erfolgt die Wiederholung des Versuchs unter Anwendung von gleichzeitig mit dem zweiten Eindruck einwirkenden Nebenreizen. Die Ver\u00e4nderung des Urteils ergibt den gesuchten Einflufs. Der Apparat, welcher zun\u00e4chst gebraucht wird, um die Reize zu geben, ist nach den Angaben von Prof. K\u00fclpe konstruiert und besteht aus zwei Zirkeln, so verbunden, dafs der eine um den anderen gedreht werden kann.\nDie wichtigsten Resultate der mit diesem Apparat ausgef\u00fchrten Versuchsreihen sind folgende: W\u00e4hrend an den ben\u00fctzten Hautstellen (der Volarseite des Unterarms) ohne Einwirkung von Nebenreizen eine Distanz zweier Druckreize von mindestens 1 cm mit Sicherheit richtig beurteilt wird, zeigt sich der Einflufs von Nebenreizen in einer derartigen F\u00e4lschung des Urteils, dafs namentlich in dem besonderen Fall, wo der Vergleichsreiz unter dem Normalreiz (d. h. nach dem Handgelenk zu), der Nebenreiz oberhalb des Normalreizes ein wirkt, noch bei einer Entfernung der Haupt-","page":370},{"file":"p0371.txt","language":"de","ocr_de":"Literaturbericht.\n371\nreize von 3 cm \u00fcberwiegend eine Umkehrung ihres Lageverh\u00e4ltnisses stattfindet. In den Versuchen \u00fcber Vergleichung zweier Entfernungen tritt ein analoger Einflufs darin hervor, dafs von zwei gleichen Strecken, von denen die zweite in den Versuchen ohne Nebenreize meist als kleiner beurteilt wurde, die mit einem Nebenreiz an zwreiter Stelle gebotene immer h\u00e4ufiger als gr\u00f6fser bezeichnet wird, je mehr die Entfernung des Nebenreizes vom Endpunkt derselben w\u00e4chst.\nDiese Resultate geben Veranlassung zu der Vermutung, dafs man eine T\u00e4uschung bei Beurteilung von Hautstrecken demonstrieren k\u00f6nne, \u00e4hnlich der von M\u00fcller-Lyer angegebenen bekannten optischen T\u00e4uschung. Versuche mittels eines Modells der M\u00fcLLER-LYERschen Figur best\u00e4tigen diese Vermutung. Das Modell stellt die Strecke, an der die T\u00e4uschung beobachtet werden soll, durch ein mit der schmalen L\u00e4ngsseite auf die Haut aufzusetzendes Messingblech, die Schenkel durch Zapfen dar, welche in vier um die Endpunkte jener Strecke drehbaren Armen in variabler Anzahl und in verschiedener Entfernung vom Scheitel des durch sie bezeichneten Winkels angebracht werden k\u00f6nnen. Nachdem eine Versuchsreihe, bei welcher die beiden Typen der M\u00fcLLER-LYERschen Figur miteinander verglichen wurden, bereits ann\u00e4hernde Resultate ergeben hat, werden genauere Bestimmungen mittels einer geeigneteren Methode gewonnen. Es wird n\u00e4mlich eine einfache (schenkellose) Linie von variabler L\u00e4nge mit einer Form der T\u00e4uschungsfigur verglichen und nach der Methode der Minimal\u00e4nderungen diejenige Gr\u00f6fse jener Linie bestimmt, bei welcher Normalreiz (die Strecke der M.-L. Figur) und Vergleichsreiz gleich erscheinen. Dabei zeigt sich, entsprechend der bekannten optischen T\u00e4uschung, eine \u00dcbersch\u00e4tzung des Normalreizes bei ausw\u00e4rts gekehrten Schenkeln der T\u00e4uschungsfigur, eine Untersch\u00e4tzung im entgegengesetzten Fall. Die \u00dcbersch\u00e4tzung nimmt mit wachsender Gr\u00f6fse des Normalreizes ab, die Untersch\u00e4tzung nimmt unter gleichen Umst\u00e4nden, wenn auch nur in geringem Mafse, zu. Mit zunehmender Gr\u00f6fse des von den Schenkeln gebildeten Winkels nimmt bei beiden Typen der M.-L. Figur die T\u00e4uschung ab. Mit der Zahl der die Schenkel bezeichnenden punktuellen Druckreize w\u00e4chst die T\u00e4uschung wenigstens bei ausw\u00e4rts gekehrten Schenkeln. Das abweichende Verhalten bei einw\u00e4rts gerichteten Schenkeln r\u00fchrt m\u00f6glicherweise von st\u00f6renden Nebeneinfl\u00fcssen her. Mit der L\u00e4nge der Schenkel endlich nimmt die T\u00e4uschung ebenfalls, wenn auch nicht proportional der Verl\u00e4ngerung, zu.\nDiese experimentellen Resultate stellen ein wertvolles Material dar, welches namentlich zur Beurteilung und zum Ausbau der Theorie der optischen T\u00e4uschungen herangezogen zu werden verdient. Der Verf. der vorliegenden Arbeit freilich sieht in ihnen nicht sowohl die Grundlage einer Theorie als vielmehr Erscheinungen, welche ihrerseits der theoretischen Ableitung bed\u00fcrftig sind. Anstatt es als letzte Tatsache zu betrachten, dafs die Apperzeption eines Eindrucks durch den Einflufs von Nebenreizen in bestimmter Richtung modifiziert wird, will er seine Resultate dadurch erkl\u00e4ren, dafs er zwischen die Einwirkung des Reizes und die Lokalisation desselben, welche in den Urteilen \u201eoben\u201c, \u201eunten\u201c\n24*","page":371},{"file":"p0372.txt","language":"de","ocr_de":"372\nLiteraturbericht.\n\u201egr\u00f6fser\u201c, \u201ekleiner\u201c usw. ihren Ausdruck findet, komplizierte Prozesse einschiebt: Hand- und Armbewegungen oder doch die Bilder derselben sowie die motorischen Impulse zu den W\u00f6rtern \u201eoben\u201c, \u201eunten\u201c etc. sollen erst die Lokalisation erm\u00f6glichen. Als ob eine Bewegung oder der Impuls zu einer solchen oder gar der Antrieb zur Wortartikulation die Raumauffassung mit sich f\u00fchrte! Auch den Begriff Suggestion, den Verf. f\u00fcr die von ihm vorausgesetzte Erweckung sensorisch-motorischer Vorstellungen durch Reiz und Nebenreiz einf\u00fchrt, w\u00fcrde Referent lieber vermeiden, und die Versuche, welche Peaece \u00fcber den Zusammenhang zwischen Intelligenz und Neigung zu den beschriebenen Lokalisationst\u00e4uschungen an Schulkindern angestellt hat, d\u00fcrften sein allgemeines Urteil \u00fcber die Beziehung der Intelligenz zur Suggestibilit\u00e4t kaum rechtfertigen.\nD\u00fcee (W\u00fcrzburg).\nB. Bouedon. La perception visuelle de l\u2019espace. 442 S. 143 Fig, Biblioth\u00e8que de p\u00e9dagogie et de psychologie, publi\u00e9 sous la direction de Alfeed Binet, 4. Paris, Schleicher fr\u00e8res, 1902.\nDas Buch ist zweifellos als eine literarische Erscheinung von hervorragender Bedeutung auf dem Gebiete der Gesichtswahrnehmungen zu betrachten: es ist zun\u00e4chst ein aufserordentlich verdienstliches Werk, das verwickelte und in zahllosen Einzelarbeiten zerstreute Literaturmaterial \u00fcber die visuelle Raumwahrnehmung einer kritischen Bearbeitung und monographischen Darstellung unterzogen zu haben, und das um so mehr, als diese Darstellung an Klarheit der Auffassung und Eleganz des Stiles nichts zu w\u00fcnschen \u00fcbrig l\u00e4fst; dann aber bedeutet das Buch in allen m\u00f6glichen Einzelfragen des behandelten Gebietes einen sehr wesentlichen Fortschritt, sei es dafs die Fragestellung klarer als bisher geschehen pr\u00e4zisiert und Anregung zu neuen Untersuchungen gegeben wurde, sei es dafs durch Ausf\u00fchrung ausgedehnter Reihen eigener Experimentaluntersuchungen wertvolle Ergebnisse erzielt oder L\u00f6sungen alter Probleme angebahnt wurden. Und das letztere ist in jedem Kapitel, ja fast in jedem Abschnitt des Buches des Fall. Es wird also, wie ich annehme, den Lesern dieser Zeitschrift, welche auf gleichem Gebiete arbeiten oder sich interessieren, willkommen sein, das Buch B.s hier durch eingehende Besprechung ber\u00fccksichtigt zu finden.\nIm einleitenden Kapitel werden zun\u00e4chst in aller K\u00fcrze die wichtigsten Tatsachen aus der Anatomie des Auges und die Grundbegriffe der physiologischen Dioptrik rekapituliert; nachdem die Gesetze der Lichtbrechung in den brechenden Medien des Auges, die Berechnung des Strahlenganges mit Hilfe der optischen Kardinalpunkte nach Gauss, die Bestimmung der optischen Konstanten des Auges, die Funktion der Iris, die Entwicklung der von Helmholtz eingef\u00fchrten Begriffe der optischen Achse, der Gesichtslinie, der Visierlinien und der Richtungslinien, die sph\u00e4rische und chromatische Aberration des Lichtes im Sehorgan und endlich die Refraktions anomalien mit Einschlufs des physiologischen und pathologischen Kornealund Linsenastigmatismus in knappster Darstellung gestreift und durch Anf\u00fchrung weniger pr\u00e4gnanter Versuche illustriert sind, nachdem dann kurz die Berechnung der Gr\u00f6fse der Netzha\u00fctbilder an Listings reduziertem","page":372}],"identifier":"lit33047","issued":"1903","language":"de","pages":"370-372","startpages":"370","title":"H. J. Pearce: \u00dcber den Einflu\u00df von Nebenreizen auf die Raumwahrnehmung. Diss. W\u00fcrzburg 1903. 81 S. Auch: Arch. f. d. ges. Psychol. 1 (1), 31-109. 1903","type":"Journal Article","volume":"33"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T16:09:16.563745+00:00"}