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{"created":"2022-01-31T16:30:59.668485+00:00","id":"lit33074","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane","contributors":[{"name":"Trendelenburg, W.","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane 33: 466-469","fulltext":[{"file":"p0466.txt","language":"de","ocr_de":"466\nLiteraturb er id it.\nder einen oder der anderen handeln. Auch bei der gew\u00f6hnlichen Schallzuf\u00fchrung, durch die Luft, schwingen die Sch\u00e4delknochen, mehr oder weniger energisch, mit. Leisee versteht unter Knochenleitung nur die (von Schaefee sog.) k\u00fcnstliche, wobei der t\u00f6nende K\u00f6rper auf den Knochen aufgesetzt wird. Aber jede L\u00f6sung dieses unmittelbaren Kontaktes, jede noch so d\u00fcnne Zwischenschicht aus Luft \u00e4ndert alle Verh\u00e4ltnisse zugunsten der normalen Luftleitung, d. h. derjenigen, wobei die Tonquelle ann\u00e4hernd in der Richtung des Geh\u00f6rganges liegt. \u2014 Die Erscheinung des WEBEsschen Versuches: dafs eine an den Sch\u00e4del gesetzte Gabel mit verstopftem Ohre besser geh\u00f6rt wird, erkl\u00e4rt der Verf. (wie Lucae) durch Resonanz des verschlossenen Geh\u00f6rganges; eine solche kann allerdings nur f\u00fcr bestimmte (tiefere) Tonh\u00f6hen herangezogen werden. Bei gewissen Mittelohrerkrankungen vernimmt das erkrankte Ohr tiefe, durch Knochen zugeleifete T\u00f6ne auch dann verst\u00e4rkt, wenn der Geh\u00f6rgang offen bleibt. F\u00fcr diese F\u00e4lle nimmt Verf. eine Hyper\u00e4mie und erh\u00f6hte Reizbarkeit des Labyrinthes an. Dafs gleichzeitig die Luftleitung behindert ist, erkl\u00e4rt er durch die krankhaften D\u00e4mpfungen im Mittelohre.\nF. Kruegee (Leipzig).\nJ. Zenneck. Reagieren die Fische auf T\u00f6ne? Pfl\u00fcgers Archiv 95, 346\u2014356. 1903.\nVon fr\u00fcheren Untersuchungen sind diejenigen als nicht beweisend aus-zuschliefsen, bei denen sich der tongebende K\u00f6rper ganz aufser Wasser befand, da die hierbei in das Wasser \u00fcbergehenden Tonwellen nur minimale Intensit\u00e4t besitzen. Da die \u00fcbrigbleibenden Versuche, welche negativ ausfielen, unter ung\u00fcnstigen Bedingungen angestellt wurden, schien eine Nachpr\u00fcfung erforderlich. Als Tonquelle diente eine elektromagnetisch betriebene Glocke, die im Wasser befindlich von einem Eimer zur Verhinderung der Verbreitung von mechanischen Schwingungen umgeben war. Die Versuche, welche an freilebenden Flufsfischen (Leuciscus rutilus und dobula, Alburnus lucidus) angestellt wurden, zeigten, dafs die Tiere, welche von der Glocke bis zu 8 m entfernt waren, beim L\u00e4uten fortschwammen die n\u00e4heren schneller wie die entfernteren. W\u00fcrde die Glocke an der Stelle, an welcher der Kl\u00f6ppel auftrifft, mit einem Lederlappen belegt, so dafs die Tonschwingungen wegfielen und nur etwaige mechanische Schwingungen vorhanden sein konnten, so fehlte die Reaktion. Der Einflufs von etwa vorhandenen \u201eStofsschwingungen\u201c, welche bei Stimmgabeln anf\u00e4nglich auftreten, konnte an der Glocke nicht direkt untersucht werden, da nicht hinreichend deutliche Schwingungskurven erhalten wurden. Da aber hei ged\u00e4mpften Stimmgabeln die Stofsschwingungen gleiche Form und Amplitude haben, wie bei unged\u00e4mpften, so ist unter der Voraussetzung, dafs die Verh\u00e4ltnisse bei der Glocke ebenso liegen, anzunehmen, dafs die Stofsschwingungen nicht die Ursache der Reaktion sind.\nW. Tbendelenbubg (Freiburg i. Br).\nE. v. Cyon. Beitr\u00e4ge zur Physiologie des Raumsmns. III. Teil: T\u00e4uschungen in der Wahrnehmung der Richtungen durch das Ohrlabyrinth. Pfl\u00fcgers Archiv 94, 139\u2014250. 1903.\nIn vorliegender Abhandlung ist die ausf\u00fchrliche Mitteilung der schon","page":466},{"file":"p0467.txt","language":"de","ocr_de":"Literaturbericht.\n467\nfr\u00fcher in ihren wichtigsten Ergebnissen beschriebenen Untersuchungen (Ref. s. diese Zeitschrift Bl, 301) niedergelegt. Im folgenden sei versucht, die haupts\u00e4chlichsten Punkte der inhaltreichen Arbeit wiederzugeben, wobei zur Erg\u00e4nzung auf erw\u00e4hntes Referat hingewiesen sei. Die verwendete graphische Methode bestand in der Aufzeichnung von Linien mittels Bleistift und Lineal auf vertikal- resp. horizontal befestigte Papierbl\u00e4tter. Sinn und Gr\u00f6fse der T\u00e4uschungen in den Grundrichtungen, sowie die Beziehung der T\u00e4uschung in der einen Grundrichtung zu denen in den anderen liefsen sich so feststellen. Die Versuche wurden bei verbundenen Augen der Versuchsperson im v\u00f6llig dunklen Raum angestellt. Bei aufrechter Kopf-und K\u00f6rperhaltung treten zweierlei T\u00e4uschungen auf (pers\u00f6nliche Fehler): entweder wejphen beide Richtungen von der normalen ab, ihre Kreuzungswinkel sind aber kaum von 90\u00b0 verschieden, oder die Kreuzungswinkel weichen von der Norm ab, w\u00e4hrend eine Richtung genau wiedergegeben wird. Es liegen hierbei individuelle Verschiedenheiten vor, unge\u00fcbte Zeichner zeigen den ersten Typus, ge\u00fcbte den zweiten. W\u00e4hrend bei ersteren die Differenzen in den Winkelgr\u00f6fsen \u201ewirklich als Anzeichen \u00fcber die Natur der individuellen anatomischen Abweichungen in dem Baue der beiden Bogengangapparate\u201c gelten k\u00f6nnen, sind ge\u00fcbte Zeichner gewohnt, durch den Gesichtssinn diese Fehler zu korrigieren ; bei Ausschlufs desselben gelingt ihnen die Korrektion f\u00fcr die Vertikale, bei der Horizontalen tritt hingegen durch das Bestreben der Korrektion sogar eine Verst\u00e4rkung des Fehlers auf. Bei Untersuchung der T\u00e4uschungen in der Wahrnehmung der vertikalen und horizontalen Richtungen bei Drehungen des Kopfes um seine sagittale Achse wurde zur Wahrung der Unbefangenheit der Versuchsperson auf eine Messung der Kopfdrehung verzichtet. Auch hat der Grad der Kopfdrehung keinen Ein-fiufs auf den Sinn, nur einen geringen auf die Intensit\u00e4t der T\u00e4uschung. Die Vertikale erscheint entgegengesetzt der vertikalen, die Horizontale entgegengesetzt der transversalen Kopfachse geneigt. Der Kreuzungswinkel weicht nur wenig von 90\u00b0 ab, worin sich wieder das Bestreben zur Einhaltung des rechten Winkels zeigt. Bei einer Versuchsperson (G.) war der Sinn der T\u00e4uschung in der Vertikalrichtung immer entgegengesetzt, wie oben angegeben, in der Horizontalrichtung wie bei den anderen. Die gleiche Abweichung zeigte G. bei Beobachtung des AuBEBTschen Ph\u00e4nomens, der Bestimmung der Herkunft des Schalles etc. (s. u.). Drehungen des Kopfes um seine vertikale und horizontale Achse: Bei ersterer weichen die vertikalen Linien nur wenig von der normalen Richtung ab. Die Horizontale weicht bei Linksdrehung in demselben Sinne ab, wie bei aufrechter Kopf- und K\u00f6rperhaltung, bei Rechtsdrehung entgegengesetzt. Dies beruht aber zum Teil auf dem \u201epers\u00f6nlichen Fehler\u201c, zum Teil auf unbequemer Linealf\u00fchrung, so dafs die T\u00e4uschung in der horizontalen Richtung, wenn \u00fcberhaupt vorhanden, nur gering ist. Auch bei Drehungen um die transversale Achse sind kaum T\u00e4uschungen vorhanden. T\u00e4uschungen in den sagittalen und transversalen Richtungen (Zeichnung auf horizontal befestigtem Papierblatt): W\u00e4hrend bei m\u00e4fsigen Kopfdrehungen um die sagittale Achse (bis 45\u00b0) der bei aufrechter Kopf-","page":467},{"file":"p0468.txt","language":"de","ocr_de":"468\nLiteratur bericht.\nhaltung vorhandene Fehler nur wenig gesteigert wird, scheint bei st\u00e4rkeren Kopfdrehungen die T\u00e4uschung in der Sagittalrichtung dem Sinne nach gleich derjenigen in der Vertikalrichtung zu sein, welche bei Drehung des Kopfes um die gleiche Achse auftritt. Bei den ausgiebigen Kopf- (und Rumpf-)Keigungen ist aber nicht ausgeschlossen, dafs die Versuchsperson unwillk\u00fcrlich die vertikale Richtung auf zeichnet. Einflufs der Augenstellungen auf die T\u00e4uschungen der Richtungswahrnehmung : zwei Augenstellungen wurden gepr\u00fcft, Wendung der Augen nach unten zur gleichen Seite wie der Kopf, und die nach oben zur entgegengesetzten Seite. Der Sinn der T\u00e4uschung wird nicht ge\u00e4ndert, die St\u00e4rke nur bei der horizontalen (transversalen) Richtung; die Abweichung war st\u00e4rker hei der zweiten wie bei der ersten Augenstellung. Auf die anderen Richtungen scheint kein Einflufs der Augenstellungen vorhanden zu sein. Auf Einflufs von Schallerregungen liefsen sich die grofsen Schwankungen der T\u00e4uschungen bei der Versuchsperson G. zur\u00fcckf\u00fchren, indem dieselben nach l\u00e4ngerem Violinspielen abnorm intensiv waren, dabei unver\u00e4ndert dem Sinne nach; haupts\u00e4chlich weicht die Horizontale ab. Auch nach Anh\u00f6ren eines l\u00e4ngeren Konzertes treten die Ver\u00e4nderungen auf, welche, wenn auch weniger stark, an anderen Personen ebenfalls konstatiert wurden. Die Versuche zeigen, \u201edafs die Vestibularnerven, welche die Richtungsempfindungen erzeugen, durch Schallwellen erregt werden k\u00f6nnen.\u201c Auch die Wahrnehmung der Schallrichtungen unterliegt T\u00e4uschungen bei Kopfdrehungen. Erfolgen diese um die sagittale Achse, so schien sich die Tonquelle (schwingende Stimmgabel) in einer der Kopfdrehung entgegengesetzten Richtung zu bewegen. Kur bei Versuchsperson G. trat wieder das erw\u00e4hnte abweichende Verhalten ein. Bei Kopfdrehung um die vertikale Achse entsteht eine analoge T\u00e4uschung geringeren Grades. Die T\u00e4uschung der Schallrichtungsempfindung unterliegt ebenfalls dem Einflufs l\u00e4ngerer Schallerregungen. In diesen Befunden sieht Verf. eine Best\u00e4tigung, dafs die T\u00e4uschungen in der Wahrnehmung der Richtungen im dunklen Raume geradeso wie unzweifelhaft die T\u00e4uschungen in der Schallrichtung auch vom Ohrlabyrinth abh\u00e4ngen. Die T\u00e4uschungen der Richtungswahrnehmung der entotischen Ger\u00e4usche sind bei Kopfdrehungen analog wie bei den Versuchen mit der schwingenden Stimmgabel. Zu Versuchen \u00fcber die AuBEETSche T\u00e4uschung f\u00fchrte weiterhin die Analogie zwischen diesen und den vom Verf. untersuchten T\u00e4uschungen. W\u00e4hrend bei Verf. und einer anderen Versuchsperson die vertikale Linie in der gew\u00f6hnlichen Weise der Kopfneigung entgegengesetzt erschien, war bei G. die Schiefstellung der vertikalen Linie der Kopfstellung gleich gerichtet. Die AuBEETsche T\u00e4uschung fehlt, wenn der Kopf zwar zur vertikalen Linie um 90\u00b0 geneigt ist, aber gleichzeitig der Gesamtk\u00f6rper mit ihm gleichgerichtet ist; sie tritt sofort wieder auf, wenn bei unver\u00e4nderter Kopflage die L\u00e4ngsachse des Rumpfes senkrecht zur Kopfachse gebracht wird. Auch die AuBEETsche T\u00e4uschung kann durch vorhergehende Schallerregung verst\u00e4rkt werden. T\u00e4uschungen in der Wahrnehmung der Parallelrichtung (bei Vorw\u00e4rtsbewegung des K\u00f6rpers): Beim Gehen im dunklen Raum erscheinen feste Gegenst\u00e4nde, deren Stellung zur Richtung der Bewegung bekannt ist, verstellt. R\u00e4hert man sich z. B. einem Tisch von","page":468},{"file":"p0469.txt","language":"de","ocr_de":"Literaturbericht.\n469\nlinks, so scheint er mit der transversalen Achse des Beobachters einen nach links offnen Winkel zn bilden, nach rechts bei Ann\u00e4herung von rechts. Bei senkrechter Ann\u00e4herung ist die T\u00e4uschung nur gering. Die Stellung des Kopfes ist f\u00fcr die T\u00e4uschung entscheidend. Wegen geringer Abweichungen von der intendierten Bewegungsrichtung im Dunklen gelangt man meist etwas schr\u00e4g vor den Gegenstand, z. B. die Tischkante, glaubt aber, die beabsichtigte Parallelstellung zu derselben einzunehmen; da die Tastempfindungen lehren, dafs die Kante der K\u00f6rpertransversalen nicht parallel ist, wird geschlossen, dafs der Tisch verschoben sei. Die Empfindung des Parallelismus wird bezogen auf den sagittalen Bogengang der einen, und den vertikalen der anderen Seite, welche einen sehr vollkommenen Parallelismus aufweisen. \u2014 Verf. f\u00fchrt die im dunklen Raum bei Kopfdrehungen entstehenden Richtungst\u00e4uschungen auf die Verstellung der Ebenen der drei Bogengangpaare zur\u00fcck. Die konstantesten Richtungst\u00e4uschungen erscheinen bei Drehung des Kopfes um seine sagittale Achse (st\u00e4rkste Verstellung). Die T\u00e4uschungen in der horizontalen Richtung sind am h\u00e4ufigsten. Die Verst\u00e4rkung der Richtungst\u00e4uschungen durch Schallerregungen des Ohrlabyrinths weisen darauf, hin, dafs Schallwellen die normalen Erreger der Nervenenden der Bogeng\u00e4nge sind. Die Richtungst\u00e4uschungen bei ver\u00e4nderter Kopflage sind entgegengesetzt der Neigung der Bogengangsebenen. L\u00e4ge ein rein physikalisches Koordinatensystem vor, so w\u00e4ren die T\u00e4uschungen aus einer einfachen Umwandlung der vertikalen Ebenen in horizontale und umgekehrt erkl\u00e4rt. Die Berechtigung der Annahme, dafs eine Umwandlung auch im physiologischen Koordinatensystem statthabe, derart, dafs der horizontale Bogengang die Funktionen des vertikalen \u00fcbern\u00e4hme und umgekehrt, erscheint fraglich (Gesetz der spezifischen Energien). Wohl aber ist diese Annahme der Umwertung zul\u00e4ssig f\u00fcr das ideale Koordinatensystem, dessen Vorstellung sich nach Verf. in unserem Gehirne aus der Kongruenz der Empfindungen der beiden Bogengangapparate bildet. \u2014 Der Grund des abweichenden Verhaltens der Versuchsperson G., welche Linksh\u00e4nder ist, war nicht v\u00f6llig aufzukl\u00e4ren.\tW. Trendelenburg (Freiburg i. Br.).\nR. Gaupp. \u00dcber die Grenzen psychiatrischer Erkenntnis. Vortrag. Zentralbl. f. Nervenheilk. u. Psychiatrie XXVI. Jahrg. Januar 1903.\nDer Titel sollte richtiger lauten: welche Mittel stehen einer psychiatrischen Erkenntnis zur Verf\u00fcgung? Indem aber Verf. die einzelnen Wege kritisch begeht, die sich der Erschliefsung des Gebietes darbieten, und hier fr\u00fcher, dort sp\u00e4ter auf un\u00fcberwindbare Hindernisse st\u00f6fst, vermag er so die Grenzen unserer Erkenntnis zu bestimmen. Freilich der Gang ist wenig erfreulich.\nDie Methoden der naturwissenschaftlichen Medizin f\u00fchren nicht weit: \u201edas Reich der Erscheinungen, deren Studium hier erforderlich ist, f\u00e4llt grofsenteils in ein anderes Arbeitsgebiet, mit dem sich der Naturforscher nicht befafst.\u201c Die Erkenntnis materieller Gehirnvorg\u00e4nge sagt wenig oder noch gar nichts aus \u00fcber psychisches Geschehen; daher k\u00f6nnen alle anatomis ch-pathologis chen Untersuchungen, alle physiologi-","page":469}],"identifier":"lit33074","issued":"1903","language":"de","pages":"466-469","startpages":"466","title":"E. v. Cyon: Beitr\u00e4ge zur Physiologie des Raumsinns. III. Teil: T\u00e4uschungen in der Wahrnehmung der Richtungen durch das Ohrlabyrinth. Pfl\u00fcgers Archiv 94. 139-250. 1903","type":"Journal Article","volume":"33"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T16:30:59.668491+00:00"}