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{"created":"2022-01-31T16:32:53.203704+00:00","id":"lit33075","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane","contributors":[{"name":"Merzbacher","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane 33: 469-470","fulltext":[{"file":"p0469.txt","language":"de","ocr_de":"Literaturbericht.\n469\nlinks, so scheint er mit der transversalen Achse des Beobachters einen nach links offnen Winkel zn bilden, nach rechts bei Ann\u00e4herung von rechts. Bei senkrechter Ann\u00e4herung ist die T\u00e4uschung nur gering. Die Stellung des Kopfes ist f\u00fcr die T\u00e4uschung entscheidend. Wegen geringer Abweichungen von der intendierten Bewegungsrichtung im Dunklen gelangt man meist etwas schr\u00e4g vor den Gegenstand, z. B. die Tischkante, glaubt aber, die beabsichtigte Parallelstellung zu derselben einzunehmen; da die Tastempfindungen lehren, dafs die Kante der K\u00f6rpertransversalen nicht parallel ist, wird geschlossen, dafs der Tisch verschoben sei. Die Empfindung des Parallelismus wird bezogen auf den sagittalen Bogengang der einen, und den vertikalen der anderen Seite, welche einen sehr vollkommenen Parallelismus aufweisen. \u2014 Verf. f\u00fchrt die im dunklen Raum bei Kopfdrehungen entstehenden Richtungst\u00e4uschungen auf die Verstellung der Ebenen der drei Bogengangpaare zur\u00fcck. Die konstantesten Richtungst\u00e4uschungen erscheinen bei Drehung des Kopfes um seine sagittale Achse (st\u00e4rkste Verstellung). Die T\u00e4uschungen in der horizontalen Richtung sind am h\u00e4ufigsten. Die Verst\u00e4rkung der Richtungst\u00e4uschungen durch Schallerregungen des Ohrlabyrinths weisen darauf, hin, dafs Schallwellen die normalen Erreger der Nervenenden der Bogeng\u00e4nge sind. Die Richtungst\u00e4uschungen bei ver\u00e4nderter Kopflage sind entgegengesetzt der Neigung der Bogengangsebenen. L\u00e4ge ein rein physikalisches Koordinatensystem vor, so w\u00e4ren die T\u00e4uschungen aus einer einfachen Umwandlung der vertikalen Ebenen in horizontale und umgekehrt erkl\u00e4rt. Die Berechtigung der Annahme, dafs eine Umwandlung auch im physiologischen Koordinatensystem statthabe, derart, dafs der horizontale Bogengang die Funktionen des vertikalen \u00fcbern\u00e4hme und umgekehrt, erscheint fraglich (Gesetz der spezifischen Energien). Wohl aber ist diese Annahme der Umwertung zul\u00e4ssig f\u00fcr das ideale Koordinatensystem, dessen Vorstellung sich nach Verf. in unserem Gehirne aus der Kongruenz der Empfindungen der beiden Bogengangapparate bildet. \u2014 Der Grund des abweichenden Verhaltens der Versuchsperson G., welche Linksh\u00e4nder ist, war nicht v\u00f6llig aufzukl\u00e4ren.\tW. Trendelenburg (Freiburg i. Br.).\nR. Gaupp. \u00dcber die Grenzen psychiatrischer Erkenntnis. Vortrag. Zentralbl. f. Nervenheilk. u. Psychiatrie XXVI. Jahrg. Januar 1903.\nDer Titel sollte richtiger lauten: welche Mittel stehen einer psychiatrischen Erkenntnis zur Verf\u00fcgung? Indem aber Verf. die einzelnen Wege kritisch begeht, die sich der Erschliefsung des Gebietes darbieten, und hier fr\u00fcher, dort sp\u00e4ter auf un\u00fcberwindbare Hindernisse st\u00f6fst, vermag er so die Grenzen unserer Erkenntnis zu bestimmen. Freilich der Gang ist wenig erfreulich.\nDie Methoden der naturwissenschaftlichen Medizin f\u00fchren nicht weit: \u201edas Reich der Erscheinungen, deren Studium hier erforderlich ist, f\u00e4llt grofsenteils in ein anderes Arbeitsgebiet, mit dem sich der Naturforscher nicht befafst.\u201c Die Erkenntnis materieller Gehirnvorg\u00e4nge sagt wenig oder noch gar nichts aus \u00fcber psychisches Geschehen; daher k\u00f6nnen alle anatomis ch-pathologis chen Untersuchungen, alle physiologi-","page":469},{"file":"p0470.txt","language":"de","ocr_de":"470\nLiteraturbericht.\nsclien Versuche, alle chemischen Analysen nur wenig das Kausalbed\u00fcrfnis des Psychiaters im Grunde befriedigen. Am Seziertische und beim Aufbau von Systemen m\u00f6gen sie ein Kraftwort mitsprechen; bei Bestimmung der \u00c4tiologie sind sie auch ziemlich wertlos, da wir immer vor der Schwierigkeit stehen: erkennbare materielle Vorg\u00e4nge mit unbekannten psychischen Erscheinungen in Zusammenhang bringen zu m\u00fcssen. Begriffe wie \u201eEntartung, Degeneration, psychopathische Belastung\u201c sind nur Schlagworte, hinter denen sich wieder ganz un\u00fcbersichtliche Tatsachen verstecken.\nWenn es gilt abzusch\u00e4tzen, inwieweit die Wissenschaft der Psychologie die Erkenntnis in der Psychiatrie bef\u00f6rdern kann, so mufs zuerst entschieden werden, ob im normalen menschlichen Leben eine psychische Kausalit\u00e4t besteht, die wissenschaftlicher Erkenntnis zug\u00e4nglich ist. Sollten wir hier dann bestimmte Gesetze finden, so ergibt sich als weitere Frage, ob diese Gesetze auch auf den \u201eGeisteskranken\u201c anwendbar sind. Wenn es auch sicher ist, dafs die experimentelle Psychologie im Vereine mit Selbstbeobachtung und vielleicht auch mit V\u00f6lkerpsychologie uns gesetzm\u00e4fsige Vorg\u00e4nge, bestimmte Verkn\u00fcpfungen und Abh\u00e4ngigkeiten auch im geistigen Geschehen geoffenbart hat, so erscheint doch die theoretische M\u00f6glichkeit der Erkenntnis psychischer Kausalit\u00e4t gering. Wohl k\u00f6nnen die Bewufstseinserscheinungen einer wissenschaftlichen Erforschung zug\u00e4nglich sein, damit aber noch nicht einer Erkenntnis.\nWenn wir die sp\u00e4rlichen Kenntnisse, die wir am normalen Menschen gesammelt haben, in der Psychiatrie verwerten wollen, so stofsen wir einstweilen noch auf grofse Schwierigkeiten. Die abnormen \u00c4ufserungen psychischer Vorg\u00e4nge bed\u00fcrfen erst noch einer weitgehendsten Zusammenfassung und Analyse, um dem Verst\u00e4ndnis und Untersuchung zug\u00e4nglich zu sein.\nUm es kurz zusammenzufassen : alle Wege, die sich darbieten, f\u00fchren gar nicht weit und die Aussicht, eines weiteren Ausbaues, ist auch nicht grofs. Die pessimistisch gef\u00e4rbte Zusammenfassung veranlafst Verf. zur Mahnung, nicht unn\u00fctz -\u2014 um im Bilde zu bleiben -\u2014 sich auf \u201eHolzwegen\u201c abzum\u00fchen. In der objektiven Sammlung und Ordnung von Tatsachen soll die Psychiatrie einstweilen ihr Hauptziel erblicken und engeren An-schlufs, als wie bisher geschehen, an die wissenschaftliche Psychologie suchen.\tMerzbacher (Freiburg i. B.).\nG. H. Parker. Hearing and Allied Senses in Fislies. Contributions from the Biological Laboratory of the U. 8. Fish - Commission, Woods Hole, Massachusetts. U. S. Fish Commision Bulletin 1902, 45\u201464.\nDurch eine Reihe sorgf\u00e4ltiger und vielfach variierter Experimente, bei welchen Fundulus heteroclitus als Versuchstier diente, wurde \u00fcber den Geh\u00f6rssinn der Fische und \u00fcber die Funktion der Seitenlinienorgane Auf-schlufs gesucht, bekanntlich Probleme, welche zu einer grofsen Zahl von Untersuchungen bereits Anlafs gegeben und eine fast ebenso grofse Zahl sich widersprechender Antworten gefunden haben. Da die Schallwellen aus der Luft gar nicht oder in \u00e4ufserstem Mafse geschw\u00e4cht ins Wasser","page":470}],"identifier":"lit33075","issued":"1903","language":"de","pages":"469-470","startpages":"469","title":"R. Gaupp: \u00dcber die Grenzen psychiatrischer Erkenntnis. Vortrag. Zentralbl. f. Nervenheilk. u. Psychiatrie XXVI. Jahrg. Januar 1903","type":"Journal Article","volume":"33"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T16:32:53.203709+00:00"}