Open Access
{"created":"2022-01-31T16:28:43.900961+00:00","id":"lit33136","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane","contributors":[{"name":"Witasek","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane 29: 142-144","fulltext":[{"file":"p0142.txt","language":"de","ocr_de":"142\nLitera turbericht.\nStellungen dadurch bei ihnen w\u00e4hrend einer Zeit von 20 Sec. leicht und ohne bewufste Anstrengung geweckt worden seien. Weitere Einschr\u00e4nkungen irgend welcher Art wurden nicht auferlegt, auch die Zeit des Auftretens der einzelnen Vorstellungen wurde nicht n\u00e4her bestimmt. Unter etwa 50 verschiedenen Reizworten befanden sich die 3 Zahlworte zwei, f\u00fcnf und sieben, und f\u00fcr diese stellt der Verf. seine Resultate zusammen. Die bei weitem zahlreichsten Reactionen (35%) bestanden in gel\u00e4ufigen kleinen S\u00e4tzen und Redensarten, die die jedesmal vorgezeigte Zahl enthielten, z. B. \u201edie 5 Sinne\u201c, \u201e7 gegen Theben\u201c, \u201e7 H\u00fcgel Roms\u201c. Ziemlich h\u00e4ufig (11%) waren auch die Zifferbilder der Zahlen in arabischer oder r\u00f6mischer Schrift, ferner auch (13%) den Zahlen entsprechende sonstige Gesichtsvorstellungen, wie die 5 Finger, eine Spielkarte mit 2 oder 5 Augen. Fast gar nicht dagegen (nur 2 mal unter 84 F\u00e4llen) kam vor, was bei den Untersuchungen von Thumb und Marbe das h\u00e4ufigste Resultat war, dafs n\u00e4mlich eine Zahl die Vorstellung einer anderen weckte.\nDie Versuche, deren Resultat ich bei einer Nachpr\u00fcfung mit einigen Studirenden vollkommen best\u00e4tigt fand, lehren deutlich, wie sehr es bei solchen Associationsexperimenten auf die jedesmaligen Bedingungen und die dadurch bewirkte ganz verschiedene Einstellung der Seele ankommt.\nEbbinghaus.\nJoh. Volkelt. Beitr\u00e4ge zur Analyse des Bewufstseins. 2. Die Erinnerungs-gewifsheit. Zeitschr. f. Philosophie u. phil. Kritik 118 (1), 1\u201442. 1901. Gust. St\u00f6rring. Zur Frage der Erinnerungs-Ueberzeugung. Ebenda 119 (1), 39\u201441. 1901.\nDer erste Theil von Volkelt\u2019s Beitr\u00e4gen zur Analyse des Bewufstseins hatte die Beschreibung der charakteristischen Eigenschaften der Empfindung zum Gegenst\u00e4nde. (Vgl. das Referat in dieser Zeitschr., 21, S. 459.) Der vorliegende zweite Theil stellt sich die gleiche Aufgabe f\u00fcr die Erinnerung und damit Verwandtes.\nDie Methode ist auch hier die introspectiv-analytische, deren Berechtigung, ja Unentbehrlichkeit der Verf. nachdr\u00fccklich betont. Bei manchem der Ergebnisse hat man f\u00fcrs Erste freilich den Eindruck, dafs es weniger aus den Thatsachen herausanalysirt als vielmehr in diese hineindeducirt ist, und es regt sich der Wunsch, dafs der Verf. die Anwendung seiner Methode durchsichtiger und in genauerem Anschlufs an das Einzelne des That-s\u00e4chlichen dargestellt haben m\u00f6chte.\nVerf. scheidet zun\u00e4chst Erinnerung gegen Reproduction \u00fcberhaupt und sucht dann, das Bewufstseins - Erl ebnifs der Erinnerung als solches mit R\u00fccksicht auf das ihm Eigenth\u00fcmliche zu zergliedern. Er gelangt dabei zu folgendem Ergebnifs: Die Erinnerung versetzt irgendwelche Vorstellungen in die Vergangenheit, ist aber zugleich mit der Gewifsheit verkn\u00fcpft, dafs diese Vorstellungen das Vergangene auch wirklich bedeuten. Jedoch nur, wenn man seine eigenen vergangenen Erfahrungen mit dem Gef\u00fchl der Gewifsheit vorstellt, ist Erinnerung vorhanden. Die Gewifsheit ist eine urspr\u00fcngliche, unvermittelte, intuitive; alle Versuche, sie als irgendwie abgeleitet darzustellen, schlagen fehl.\nDer Terminus Gewifsheit ist hier, wohl auch im Sinne des Verfassers,","page":142},{"file":"p0143.txt","language":"de","ocr_de":"Literaturbericht.\n143\nbesser durch Evidenz (= Ueberzeugungs - Berechtigung, und zwar psychisch-actuelle, nicht etwa logische) zu ersetzen. Denn der Gewifsheit steht nat\u00fcr-lichst gegen\u00fcber die Vermuthung, und man hat sicherlich ein Recht, von nur vermuthungsweise auftretenden Erinnerungen zu sprechen, die von Gewifsheit mehr oder weniger weit entfernt sind; ja, streng genommen wird das von allen Erinnerungen gelten m\u00fcssen. Evidenz dagegen, d. h. das \u201eGef\u00fchl'* der Berechtigung haftet ihnen allen an. Nun ist aber auch leicht einzusehen, dafs es mit dem blofsen Vorstellen dieser Gewifsheit, richtiger Evidenz, sein Bewenden nicht hat; dafs vielmehr die Evidenz selbst wirklich psychisch gegenw\u00e4rtig, actualisirt sein mufs. Das kann aber nur an einem Urtheil der Fall sein. Denn gerade so, wie es keine wahren Vorstellungen, sondern nur wahre Urtheile giebt, gerade so giebt es auch keine evidenten Vorstellungen, sondern nur evidente Urtheile. Damit ist gesagt, dafs im Thatbestande der Erinnerung ein Urtheil enthalten ist. Die Erinnerung unterscheidet sich von der blofsen \u201eReproduction\u201c dadurch, dafs mit den blofsen reproducirten Vorstellungen auch die Ueberzeugung, der Glaube verbunden ist, dafs das, was diese Vorstellungen zur Vorstellung bringen, stattgefunden hat. Darin liegt der Unterschied zwischen Erinnerung und blofser Reproduction, und das kann zugegeben werden, gleichg\u00fcltig, ob man sonst im Urtheil einen eigenen, elementaren psychischen Thatbestand erblicken zu m\u00fcssen meint, oder nicht.. Damit ist auch das meines Erachtens h\u00f6chst mifsliche \u201eVersetzen von Vorstellungen in die Vergangenheit\u201c, als wTas Volkelt die Erinnerung charak-terisirt, auf seinen psychologisch correcten Ausdruck gebracht, und die \u201eIrrationalit\u00e4t\u201c der Erinnerung, die er darin erblickt, dafs sie Gewifsheit \u00fcber nicht Gegenw\u00e4rtiges bedeute \u2014 analog der Irrationalit\u00e4t der Empfindung, welche Gewifsheit \u00fcber Transsubjectives gebe \u2014 zusammen mit dieser auf die letzte Thatsache der Transcendenz des Urtheils zur\u00fcckgef\u00fchrt. Volkelt hat die Evidenz der Erinnerung sowie deren Unmittelbarkeit richtig erkannt; die eben vorgebrachten kleinen Modificationen seiner Ergebnisse sind nur nothwendige Consequent aus ihnen und bringen seine Ansichten in eine Gestalt, in der sie v\u00f6llig zusammenfallen mit dem Hauptinhalte von Meinokg\u2019s Untersuchung \u201eZur erkenntnifstheoretischen W\u00fcrdigung des Ged\u00e4chtnisses\u201c (Vierteljahrsehr. f. iviss. Philos., 10, 1885).\nIm Weiteren behandelt der Verfasser das Wiedererkennen und die Bekanntheitsqualit\u00e4t. Die verschiedensten \u201eGewifsheiten\u201c spielen dabei eine Rolle. So soll die Bekanntheitsqualit\u00e4t bestehen aus der Gewifsheit der M\u00f6glichkeit, die Bedeutung des bekannten Gegenstandes jederzeit vorstellen zu k\u00f6nnen, ferner aus der Gewifsheit der Erinnerungs-M\u00f6glichkeit und schliefslich aus einer gef\u00fchlsm\u00e4fsigen Gleichheits-Gewifsheit ; und zwar aus allen diesen \u201eElementen\u201c in dichter, unterschiedsloser Verschmelzung ; nur f\u00fcr die Selbstbesinnung tr\u00e4ten sie auseinander. Ob diese Selbstbesinnung wirklich innere Wahrnehmung und Analyse des thats\u00e4chlich Gegebenen ist, m\u00f6chte ich freilich sehr dahingestellt sein lassen.\nZum Schl\u00fcsse bekommen wir noch Auseinandersetzungen \u00fcber die zeitliche Einheit des Bewufstseins, die in einem unaufh\u00f6rlichen Sich-selbst bekannt-erscheinen des Bewufstseins bestehe, \u00fcber \u201eStetigkeitsgef\u00fchl\u201c, \u201eZeitgef\u00fchl\u201c etc.","page":143},{"file":"p0144.txt","language":"de","ocr_de":"144\nLi ter a turbericht.\nIn der zn zweit genannten kleinen Bemerkung sucht St\u00f6kbing einige Mifsverst\u00e4ndnisse aufzukl\u00e4ren, die seinen in den Vorlesungen \u00fcber Psychopathologie in ihrer Bedeutung f\u00fcr die normale Psychologie\u201c enthaltenen Ausf\u00fchrungen \u00fcber die Erinnerungs-Ueberzeugung von Seiten Volkelt\u2019s widerfahren seien.\tWitasek (Graz).\nL. W. Stern. Zur Psychologie der Aussage. Experimentelle Untersuchungen \u00fcber Erinnerungstreue. Zeitschrift f\u00fcr die gesammte Strafrechtswissenschaft 22. Auch separat: Berlin, Guttentag. 1902. 56 S.\nEs ist bereits eine stattliche und mannigfaltige Reihe von Anregungen, die die Psychologie dem Verfasser der vorliegenden Abhandlung verdankt, unter anderen bekanntlich auch die zu psychologischer Arbeitsgemeinschaft. Seine j\u00fcngste Gabe soll ebenfalls zun\u00e4chst als Anregung genommen werden und hat, wie Ref. hinzuf\u00fcgen m\u00f6chte, allen Anspruch auf W\u00fcrdigung. Freilich, was sie an positiven Ergebnissen bietet, ist an sich noch d\u00fcrftig und durchaus l\u00fcckenhaft, h\u00e4lt sich eben im Rahmen einer vorl\u00e4ufigen Anregung, aber in dieser selbst bew\u00e4hrt sich wieder das Talent des Verfassers zum Auf sp\u00fcren neuer Fragestellungen und Nachweisen der erforderlichen Untersuchungswege. Mit den Aufgaben, die das vorliegende Heftchen stellt, k\u00f6nnte die ausgedehnteste Arbeitsgemeinschaft auf Jahre hinaus versorgt werden. Aber in einer anderen Beziehung scheint mir die vorliegende Publication Steen\u2019s noch erfreulicher. Sie ist einer von den wenigen bisher ernstlich in Betracht kommenden Versuchen, die psychologische Wissenschaft der Praxis des Lebens nutzbar zu machen, und die Psychologie bedarf dringend jener F\u00f6rderung von aufsen, die sich erfahrungsgem\u00e4fs bei jeder Wissenschaft auf ihre praktischen Anwendungen gr\u00fcndet.\nAls Anwendungsgebiet f\u00fcr die Ergebnisse der vorliegenden Abhandlung kommt in erster Linie die Rechtspflege, speciell die Bewertung der Zeugen-Aussagen in Betracht; und das psychologische Problem, um welches es sich handelt, ist die Feststellung des Grades der Zuverl\u00e4ssigkeit der Erinnerung, des Grades der Erinnerungstreue. Stern zeigt der Versuchsperson ein Bild vor, auf dem irgend eine Scene, etwa aus dem t\u00e4glichen Leben, dargestellt ist. Nach einer bestimmten Expositionszeit (3 4 Minuten) hat die Versuchsperson das wieder entfernte Bild so genau, als es ihr m\u00f6glich ist, zu beschreiben, und diese Beschreibungen werden nach gewissen Zeitabschnitten wiederholt. Die Beschreibungen mit dem thats\u00e4chlichen Best\u00e4nde des Bildes verglichen geben zun\u00e4chst ganz im Allgemeinen eine Charakteristik der Erinnerungstreue der Versuchsperson. Eine Erweiterung der Versuche ergab sich daraus, dafs in einem Theile derselben die Beschreibungen unter fingirtem Eide abzugeben, d. h. diejenigen Angaben zu bezeichnen waren, die sich der Erinnerung mit solcher Sicherheit darboten, dafs man allenfalls ohne Weiteres bereit w\u00e4re, sie zu beschw\u00f6ren.\nEs ist nat\u00fcrlich, dafs bei einem ersten Versuche die Methoden, wie ja der Verfasser selbst betont, verbesserungsbed\u00fcrftig und -f\u00e4hig sind; das Versuchsverfahren wird sich einerseits im Interesse der bezweckten Anwendung mehr noch den Vorg\u00e4ngen im wirklichen Leben anpassen, andererseits im Dienste theoretisch-psychologischer Fragen eine ziemliche Reihe k\u00fcnstlicher Ausgestaltungen gefallen lassen m\u00fcssen. Die Verwerthung","page":144}],"identifier":"lit33136","issued":"1902","language":"de","pages":"142-144","startpages":"142","title":"Joh. Volkelt: Beitr\u00e4ge zur Analyse des Bewu\u00dftseins. 2. Die Erinnerungsgewi\u00dfheit. Zeitschr. f. Philosphie u. phil. Kritik 118 (1), 1-42. 1901. / Gust St\u00f6rring: Zur Frage der Erinnerungs-Ueberzeugung. Ebenda 119 (1), 39-41, 1901","type":"Journal Article","volume":"29"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T16:28:43.900967+00:00"}