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{"created":"2022-01-31T16:30:39.116498+00:00","id":"lit33137","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane","contributors":[{"name":"Witasek","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane 29: 144-146","fulltext":[{"file":"p0144.txt","language":"de","ocr_de":"144\nLi ter a turbericht.\nIn der zn zweit genannten kleinen Bemerkung sucht St\u00f6kbing einige Mifsverst\u00e4ndnisse aufzukl\u00e4ren, die seinen in den Vorlesungen \u00fcber Psychopathologie in ihrer Bedeutung f\u00fcr die normale Psychologie\u201c enthaltenen Ausf\u00fchrungen \u00fcber die Erinnerungs-Ueberzeugung von Seiten Volkelt\u2019s widerfahren seien.\tWitasek (Graz).\nL. W. Stern. Zur Psychologie der Aussage. Experimentelle Untersuchungen \u00fcber Erinnerungstreue. Zeitschrift f\u00fcr die gesammte Strafrechtswissenschaft 22. Auch separat: Berlin, Guttentag. 1902. 56 S.\nEs ist bereits eine stattliche und mannigfaltige Reihe von Anregungen, die die Psychologie dem Verfasser der vorliegenden Abhandlung verdankt, unter anderen bekanntlich auch die zu psychologischer Arbeitsgemeinschaft. Seine j\u00fcngste Gabe soll ebenfalls zun\u00e4chst als Anregung genommen werden und hat, wie Ref. hinzuf\u00fcgen m\u00f6chte, allen Anspruch auf W\u00fcrdigung. Freilich, was sie an positiven Ergebnissen bietet, ist an sich noch d\u00fcrftig und durchaus l\u00fcckenhaft, h\u00e4lt sich eben im Rahmen einer vorl\u00e4ufigen Anregung, aber in dieser selbst bew\u00e4hrt sich wieder das Talent des Verfassers zum Auf sp\u00fcren neuer Fragestellungen und Nachweisen der erforderlichen Untersuchungswege. Mit den Aufgaben, die das vorliegende Heftchen stellt, k\u00f6nnte die ausgedehnteste Arbeitsgemeinschaft auf Jahre hinaus versorgt werden. Aber in einer anderen Beziehung scheint mir die vorliegende Publication Steen\u2019s noch erfreulicher. Sie ist einer von den wenigen bisher ernstlich in Betracht kommenden Versuchen, die psychologische Wissenschaft der Praxis des Lebens nutzbar zu machen, und die Psychologie bedarf dringend jener F\u00f6rderung von aufsen, die sich erfahrungsgem\u00e4fs bei jeder Wissenschaft auf ihre praktischen Anwendungen gr\u00fcndet.\nAls Anwendungsgebiet f\u00fcr die Ergebnisse der vorliegenden Abhandlung kommt in erster Linie die Rechtspflege, speciell die Bewertung der Zeugen-Aussagen in Betracht; und das psychologische Problem, um welches es sich handelt, ist die Feststellung des Grades der Zuverl\u00e4ssigkeit der Erinnerung, des Grades der Erinnerungstreue. Stern zeigt der Versuchsperson ein Bild vor, auf dem irgend eine Scene, etwa aus dem t\u00e4glichen Leben, dargestellt ist. Nach einer bestimmten Expositionszeit (3 4 Minuten) hat die Versuchsperson das wieder entfernte Bild so genau, als es ihr m\u00f6glich ist, zu beschreiben, und diese Beschreibungen werden nach gewissen Zeitabschnitten wiederholt. Die Beschreibungen mit dem thats\u00e4chlichen Best\u00e4nde des Bildes verglichen geben zun\u00e4chst ganz im Allgemeinen eine Charakteristik der Erinnerungstreue der Versuchsperson. Eine Erweiterung der Versuche ergab sich daraus, dafs in einem Theile derselben die Beschreibungen unter fingirtem Eide abzugeben, d. h. diejenigen Angaben zu bezeichnen waren, die sich der Erinnerung mit solcher Sicherheit darboten, dafs man allenfalls ohne Weiteres bereit w\u00e4re, sie zu beschw\u00f6ren.\nEs ist nat\u00fcrlich, dafs bei einem ersten Versuche die Methoden, wie ja der Verfasser selbst betont, verbesserungsbed\u00fcrftig und -f\u00e4hig sind; das Versuchsverfahren wird sich einerseits im Interesse der bezweckten Anwendung mehr noch den Vorg\u00e4ngen im wirklichen Leben anpassen, andererseits im Dienste theoretisch-psychologischer Fragen eine ziemliche Reihe k\u00fcnstlicher Ausgestaltungen gefallen lassen m\u00fcssen. Die Verwerthung","page":144},{"file":"p0145.txt","language":"de","ocr_de":"Li ter a turberich t.\n145\nund Deutung der Versuche hinwiederum st\u00f6fst auf mannigfache und durchaus nicht geringf\u00fcgige Schwierigkeiten der qualitativen und statistischen Fehler-Charakteristik. Auf all das an dieser Stelle im Einzelnen einzugehen, w\u00e4re schon Angesichts der F\u00fclle des zu Besprechenden unthunlich Was aber die Ergebnisse anlangt, so kann man sie in den Hauptpunkten trotzdem schon nach den vorliegenden Versuchen als hinreichend gesichert und bedeutsam bezeichnen. Stern fafst sie in folgenden S\u00e4tzen zusammen: \u201eAufser den beiden bisher vorwiegend beachteten Sph\u00e4ren der Erinnerungsf\u00e4lschung \u2014 der schuldhaften (L\u00fcge, bzw. grobe Fahrl\u00e4ssigkeit) und der pathologischen St\u00f6rung - giebt es ein breites Gebiet der normalen psychologischen Erinnerungsfehler, das nach Umfang und Bedeutung bisher betr\u00e4chtlich untersch\u00e4tzt wurde. Diese normalen T\u00e4uschungen sind nicht etwa allein auf Rechnung affectiver Betheiligung oder suggestiver Beeinflussung zu setzen; vielmehr ist ein bestimmter Grad der Fehlerhaftigkeit von vornherein als normales Merkmal auch der n\u00fcchternen und ruhigen, selbst\u00e4ndigen und unbeeinflufsten Durchschnittserinnerung zuzuschreiben. Die fehlerlose Erinnerung ist nicht die Regel, sondern die Ausnahme. Und selbst der Eid ist kein Schutz gegen Erinnerungst\u00e4uschungen.\u201c (S. 13.) Auch Einiges von den Nebenresultaten, unter denen sich allerdings manche ziemlich selbstverst\u00e4ndliche oder doch wenigstens l\u00e4ngst allgemein bekannte Wahrheit findet, w\u00e4hrend Anderes noch auf recht schwanken F\u00fcfsen steht, sei mitgetheilt: Die Vergefslichkeit der Frauen verh\u00e4lt sich zu der der M\u00e4nner wie 2 : 3, die Unzuverl\u00e4ssigkeit ihrer Aussagen wie 4 : 3. Dem h\u00f6chsten Grade subjectiver Sicherheit steht ein hoher Grad objectiver\nUnrichtigkeit gegen\u00fcber. Der neunte Theil des beeidigten Inhaltes einer Aussage ist falsch.\nIn dei Ermittelung und geh\u00f6rigen Beleuchtung dieser f\u00fcr die praktische Rechtspflege bereits beachtenswerthen Versuchsergebnisse liegt WT>hl der Hauptwerth der vorliegenden Arbeit. Die sich daran schliefsenden Er-\u00f6rterungen \u00fcber die Fehlerarten und die Fehlerquellen f\u00fchren bereits auf das Gebiet theoretisch-analytischer Special-Untersuchung. Es sind erste Ausblicke auf eine so zu nennende Mechanik des Ged\u00e4chtnisses, was hier versucht wird. Gleichwohl geht das Gebotene \u00fcber bereits vorwissenschaftlicher Psychologie ziemlich naheliegende Erkenntnisse nur wenig hinaus und w\u00fcrde in einer psychologischen Fachzeitschrift zum Theil den Eindruck des Dilettantenhaften machen. Ausdr\u00fccklich erw\u00e4hnenswrerth scheint mii folgendes Discussions-Ergebnifs: \u201eDer jeweilige Stand unserer Erinnerung ist die Resultante aus zwei entgegengesetzten Str\u00f6mungen, indem das Durchschnittliche und Normale dem Nullpunkt der Vergessenheit entgegenzieht oder von dem allgemeinen indifferenten Bewufstseinsbestande unseres Alltagsdaseins unwiederbringlich absorbirt wird \u2014 w\u00e4hrend das Abweichende, Auffallende, Abnorme in seinem Widerstand gegen das Vergessen- und Verschiungenwerden sich immer weiter von der Normalit\u00e4t entfernt.\u201c (S. 40f.)\n# ^jn^ei dem Titel \u201eAusblicke\u201c wird mit Recht darauf hingewdesen, dafs es sich zur Besserung der Erinnerungs-Aussagen mehr um eine Willens-als um Ged\u00e4chtnifs-Erziehung handelt, da sie vor Allem eine strenger aus-Zeitschrift f\u00fcr Psychologie 29.\tin","page":145},{"file":"p0146.txt","language":"de","ocr_de":"146\nLitera turberich t.\ngebildete innere Selbstcontrolle verlangt. Anregungen ergeben sich dabei wieder in schwerer Menge. Ein Anhang f\u00fchrt in einem \u201eexperimentellen Ger\u00fcchte\u201c eine h\u00fcbsche Best\u00e4tigung des Satzes \u201efama crescit eundo\u201c vor, und ein zweiter berichtet \u00fcber Binet\u2019s Versuche, betreffend die Beeinflussung von Kinderaussagen durch Fragen.\nDie analytischen Ausf\u00fchrungen halten sich in betreff ihrer Exactheit und Sch\u00e4rfe, sowohl bei der Begr\u00fcndung als auch der Verwerthung der Versuche durchwegs innerhalb jener bescheidenen Grenzen, die bei einer zun\u00e4chst auf aufserfachliche Kreise berechneten Publication geboten erscheint. Das thut aber ihrem Werthe keinen Eintrag; denn dieser liegt eben, wie bereits betont, anderswo. Es ist vielmehr zu w\u00fcnschen, dafs die Fortf\u00fchrung und Erweiterung der Versuche, die der Verfasser betreibt, einen m\u00f6glichst ungest\u00f6rten und g\u00fcnstigen Fortgang nehmen m\u00f6ge.\nWitasek (Graz).\nGuiseppe Bellei. lntorno alla capacit\u00e0 intellettuale di ragazzi e ragazze, che frequentano la 5 a classe elementare. Bivista sperimentale di fren. 27, S. 446\u2014455. 1901.\nDie EBBixGHAus\u2019sche Combinationsmethode, die Ausf\u00fcllung freigelassener Silben und Worte in zusammenh\u00e4ngenden Erz\u00e4hlungen, hat sich f\u00fcr den zuerst beabsichtigten Zweck, ein Maafs der Erm\u00fcdung durch den Schulunterricht zu geben, nicht bew\u00e4hrt. Dagegen konnte Bellei die Ansicht Ebbinghaus\u2019 best\u00e4tigen, dafs sie einen Einblick in die geistige Leistungsf\u00e4higkeit gew\u00e4hre. Er untersuchte im Ganzen 340 Knaben und 140 M\u00e4dchen der 5. Elementarclasse im durchschnittlichen Alter von 11 Jahren und 10 Monaten. Jede Classe theilte er nach den Angaben der Lehrer in eine bessere und schlechtere Abtheilung. Vach 10 Minuten wurden die Aufgaben eingesammelt, denen in einem Theile der Versuche eine kurze Wiedergabe des wesentlichsten Inhaltes der Erz\u00e4hlung vorausgeschickt wurde. Dabei zeigten sich nun nicht nur deutliche Unterschiede zwischen den besseren und schlechteren Sch\u00fclern, sondern vor Allem eine erhebliche bessere Leistung der Sch\u00fclerinnen, die durchweg richtiger arbeiteten. Ebbinghaus hatte bekanntlich gefunden, dafs die Knaben die Aufgabe besser l\u00f6sen als die M\u00e4dchen, je j\u00fcnger sie sind, dafs aber vom 15. Jahr etwa die Menge des Geleisteten bei Beiden gleich wird, die Qualit\u00e4t der Arbeit aber bei den M\u00e4dchen besser wird. Vor dem naheliegenden Schl\u00fcsse einer gr\u00f6fseren Fr\u00fchreife bei den Italienern hat sich der Verf. geh\u00fctet.\nAschaffenburg (Halle).\nSokolow. L\u2019individuation color\u00e9e. Bev. philos. 51 (1), 36\u201446. 1901.\nVerf. berichtet \u00fcber ein eigenartiges Ph\u00e4nomen, welches bisher noch wenig studirt ist. Es handelt sich um Personen, namentlich Damen, bei denen die Vorstellung von abstracten und complicirten Dingen wie z. B. von menschlichen Pers\u00f6nlichkeiten, Charakteren, intellectuellen und moralischen Eigenschaften mit Farbenvorstellungen eng verkn\u00fcpft ist.\nVerf. erw\u00e4hnt eine Dame, bei welcher ein Mann von Geist, Talent und W\u00fcrde die Vorstellung einer blauen mit rothem Purpur eingerahmten Wolke erweckt, ein intelligenter Mann, der seinen Principien nicht treu","page":146}],"identifier":"lit33137","issued":"1902","language":"de","pages":"144-146","startpages":"144","title":"L. W. Stern: Zur Psychologie der Aussage. Experimentelle Untersuchungen \u00fcber Erinnerungstreue. Zeitschrift f\u00fcr die gesammte Strafrechtswissenschaft 22. 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