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{"created":"2022-01-31T16:31:20.806450+00:00","id":"lit33154","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane","contributors":[{"name":"Schultze, Ernst","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane 32: 78-79","fulltext":[{"file":"p0078.txt","language":"de","ocr_de":"78\nLitera turberich t.\nInteressant ist noch in dem Nachwort die Notiz, dafs die spiritistische Rundschau in einer Kritik der vorliegenden Arbeit darauf hinweist, dafs es sich in einem Teile der ver\u00f6ffentlichten F\u00e4lle f\u00fcr jeden erfahrenen Spiritisten ganz entschieden nicht um Irrsinn, sondern um Besessenheit handle !\tErnst Schultze (Andernach).\nH. Charlton Bastian. \u00dcber Aphasie und andere Sprachst\u00f6rungen. \u00dcbersetzt von Moritz Urstein. Leipzig, Engelmann, 1902. 511 S. Mk. 12.\nSo interessant auch die Sprachst\u00f6rungen sind, so sind wir in deren Wesen noch wenig eingedrungen, und unter der Menge von Material, das den anziehenden Stoff behandelt, fehlt es keineswegs an Arbeiten, die eine w\u00fcnschenswerte Kritik vermissen lassen. Daher werden wir Verf. Dank wissen, dafs er seine einschl\u00e4gigen Erfahrungen, die er zum Teil fr\u00fcher schon an verschiedenen Orten ver\u00f6ffentlicht hat, in dem vorliegenden stattlichen Bande uns mitteilt.\nDie ersten Kapitel geben physiologische und psychologische Erw\u00e4gungen wieder. Verf. er\u00f6rtert, wie das Kind sprechen, lesen und schreiben lernt, und hebt hervor, dafs hierf\u00fcr akustische und optische Bilder viel wichtiger sind als die kin\u00e4stlietischen Eindr\u00fccke, deren Reproduzierbarkeit er im Vergleich zu jenen kaum eine Rolle beimifst.\nEr unterscheidet vier Zentren, weniger wegen ihrer scharfen topographischen Abgrenzung als wregen der funktionellen Einheitlichkeit und zwar ein akustisches, ein optisches, ein glosso-kin\u00e4sthetisches und schliefs-lich ein cheiro-kin\u00e4sthetisches Zentrum. Das erstere lokalisiert er in das hintere 2/3 der oberen Schl\u00e4fenwindung, das optische in den Gyrus angularis und einen Teil des Lobulus supramarginalis, das glosso-kin\u00e4sthetische Zentrum verlegt er in die BROCASche Gegend, w\u00e4hrend sich das cheiro-kin\u00e4sthetische Zentrum zur Zeit noch nicht mit Sicherheit unterbringen l\u00e4fst. Die beiden letzten Zentren sind nicht motorischer, sondern psycho-sensorischer Natur; die eigentlichen motorischen Zentren liegen in den Bulb\u00e4rkernen und den Vorderh\u00f6rnern des R\u00fcckenmarks.\nDiese vier Zentren sind durch Bahnen untereinander verbunden, die doppelsinnig leitend gedacht sind; nur in einer Richtung leitet die Verbindung vom optischen Wortzentrum zum glosso-kin\u00e4sthetischen.\nVergleicht man dieses Schema mit dem bekannten und viel angewandten von Lichtheim, so unterscheidet es sich vor allem durch das Fehlen des Begriffszentrums, dessen Annahme Verf. aus psychologischen und klinischen Gr\u00fcnden f\u00fcr unstatthaft erkl\u00e4rt.\nMit Hilfe dieses Schemas und einiger weiterer Annahmen versucht er, das Wesen der so verschiedenartig gestalteten Sprachst\u00f6rungen zu erkl\u00e4ren ; seine Ausf\u00fchrungen belegt er durch zahlreiche, eigene und fremde, zum Teil ausf\u00fchrlich mitgeteilte Krankenbeobachtungen.\nWichtig f\u00fcr den praktischen Gebrauch sind die Winke, die Verf. in dem der Diagnose gewidmeten Kapitel gibt. Die Anwendung eines einheitlichen Schemas bei jeder Untersuchung eines Falles von Sprachst\u00f6rung sch\u00fctzt nicht nur vor Unvollst\u00e4ndigkeit, sondern w\u00fcrde auch eher eine Verst\u00e4ndigung der verschiedenen Autoren erm\u00f6glichen.","page":78},{"file":"p0079.txt","language":"de","ocr_de":"Literaturbericht.\n79\nErw\u00e4hnen wir noch, dais Verf. kurz die zivilrechtliche Bedeutung der Aphasie, des genaueren die Prognose und Therapie bespricht, so haben wir eine kurze \u00dcbersicht gegeben. Genauer auf das Buch, das eine F\u00fclle von Beobachtungen in sich birgt, einzugehen, verbietet schon seine Natur. Die Arbeit Bastians sei bestens empfohlen. Die \u00dcbersetzung ist gut.\nErnst Schultze (Andernach).\nE. Bohn und H. H. Busse. Geisterschriften und Drohbriefe. Eine wissenschaftliche Untersuchung zum Fall Rothe. Mit 40 Handschriftenabbildungen und einer Bibliographie. M\u00fcnchen, Sch\u00fcler (Ackermanns Nachf.). 1902. 78 S. Mk. 2.\nDer eine der beiden Autoren hat sich bereits fr\u00fcher in einer in weitesten Kreisen bekannt gewordenen Brosch\u00fcre (Bohn. Der Fall Eothe. 1901. Breslau) mit dem ber\u00fchmtesten deutschen Medium der Neuzeit besch\u00e4ftigt und sie darin als Schwindlerin entlarvt. Inzwischen ist die Rothe, wie den Lesern bekannt ist, samt ihrem Impresario verhaftet worden ; nach Zeitungsnachrichten ist sie in der Charit\u00e9 auf ihren Geisteszustand beobachtet worden und als hysterisch erkannt.\nDie vorliegende, der Gesellschaft f\u00fcr psychische Forschung zu Breslau zugeeignete Brosch\u00fcre gibt eine graphologische Untersuchung der Geisterschriften, eines der Hauptph\u00e4nomene des Spiritismus. Verff. sammelten alles, was sie von Rothes Geisterschriften erhalten konnten, und bilden die Originale zum grofsen Teile in dankenswerterweise ab. Auch diese Untersuchung f\u00fchrte zu dem Ergebnis, dafs die Geisterschriften auf Schwindel zur\u00fcckzuf\u00fchren sind; sie sind von der Rothe selber geschrieben. Die vorhandenen Verschiedenheiten der Schrift sind nur das Ergebnis einer Schriftverstellung. Vielfaches Fehlen der Augenkontrolle sowie andere ungew\u00f6hnliche Umst\u00e4nde, unter denen geschrieben wird, rufen weiterhin unwillk\u00fcrliche Ver\u00e4nderungen der Handschrift hervor. Schriftst\u00fccke, die von den verschiedensten Geistern stammen sollen, bieten nichts von den Eigent\u00fcmlichkeiten, die f\u00fcr die Pers\u00f6nlichkeit dieser Individuen charakteristisch sind. \u00dcbrigens f\u00fchrte eine graphologische Analyse der Rothe-schen Handschrift zu dem Ergebnis, dafs sie hysterisch zu sein scheint.\nAuch wer sich nicht f\u00fcr graphologische Studien interessiert, wird manches wissenswerte in der Brosch\u00fcre finden z. B. die Mitteilung der verschiedenen Arten, wie Geisterschriften entstehen sollen, wie sich ihr Zustandekommen durch bekannte Gesetze, ohne Heranziehung supranormaler Vorg\u00e4nge, erkl\u00e4ren l\u00e4fst. Wir lernen eine Reihe von Taschenspieler-Triks kennen, die auch von der Rothe angewandt werden, um ein direktes Schreiben der Geister vorzut\u00e4uschen. Wer Geisterschriften wissenschaftlich beobachten will, mufs eben vielfacher Spezialist sein, n\u00e4mlich Psychologe, Arzt, Taschenspieler und Graphologe.\nAuch die Untersuchung der Geisterschriften im Hinblick auf ihren Gedankeninhalt f\u00fchrt zum Nachweis, dafs T\u00e4uschung vorliegt. Die Rothe sch\u00f6pfte aus zwei Quellen, einmal aus Erbauungsb\u00fcchern, und dann aus ihrer eigenen, recht m\u00e4fsigen, dichterischen T\u00e4tigkeit. Sie hat sich \u00fcbrigens auch als Malmedium produziert und h\u00e4lt es mit keinem geringeren als","page":79}],"identifier":"lit33154","issued":"1903","language":"de","pages":"78-79","startpages":"78","title":"H. Charlton Bastian: \u00dcber Aphasie und andere Sprachst\u00f6rungen. \u00dcbersetzt von Moritz Urstein. Leipzig, Engelmann, 1902. 511 S.","type":"Journal Article","volume":"32"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T16:31:20.806456+00:00"}