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{"created":"2022-01-31T16:32:28.488073+00:00","id":"lit33165","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane","contributors":[{"name":"Moskiewicz","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane 32: 124-125","fulltext":[{"file":"p0124.txt","language":"de","ocr_de":"124\nLitera tur bericht.\n7. Infektionspsychosen.\nPsychosen nach Influenza, bei Typhus, Syphilis,\nDelirium acutum.\nDe Sanctis, der sich f\u00fcr diese unf\u00f6rmige und praktisch kaum durchf\u00fchrbare, wissenschaftlich aber v\u00f6llig wertlose Einteilung selbst nicht zu erw\u00e4rmen vermochte, betont ausdr\u00fccklich, dafs es sich im wesentlichen um Krankheitsbilder, nicht um Krankheitsformen handele. Der Kongrefs nahm die Einteilung an, mit welcher Stimmenmehrheit ist nicht gesagt. Sie gilt also in Zukunft als offizielle Irrenanstaltsstatistik f\u00fcr Italien.\nAschaffenburg.\nO. Gross. \u00dcber Vorstellungszerfall. Monatsschrift f\u00fcr Psychiatrie und Neurologie 11 (3), 205\u2014212. 1902.\nVerf. will den zuerst von Wernicke auf gestellten Begriff der Sejunktion auf die pathologischen Ver\u00e4nderungen im Gef\u00fcge einer Wortvorstellung anwenden.\nEine Wortvorstellung setzt sich, wie Verf. annimmt, aus Wortklangbildern und Sprachbildern zusammen, so jedoch, dafs die Irradiationssph\u00e4ren der beiden Komponenten f\u00fcr sich gr\u00f6fser sind, als das Gebiet, welches von ihnen in die zusammengesetzte Wortvorstellung eingeht. Wird nun zwischen beiden die verbindende Leitungsbahn unterbrochen, so wird die eine Komponente, also z. B. das Wortklangbild allein ins Bewmfstsein gerufen, aber in gr\u00f6fserem Umfange, als wenn es mit dem Sprechbild gemeinsam erregt worden -w\u00e4re. Der Umfang ist gleich dem, welchen das Klangbild hat, wenn es durch einen \u00e4ufseren Reiz erregt wird. Es ist so sehr leicht verst\u00e4ndlich, dafs das zentral allein erregte Klangbild durch seine \u00c4hnlichkeit mit der entsprechenden Wahrnehmung viel an sinnlicher Lebendigkeit gewinnt und schliefslich zum Phonem wird.\n\u00c4hnlich kann die zentrale isolierte Erregung der Sprechbilder so an Lebhaftigkeit zunehmen, dafs es zum Aussprechen von Worten kommt. Auch die bei chronisch paranoischen Zust\u00e4nden auftretenden Halluzinationen k\u00f6nnen \u00e4hnlich erkl\u00e4rt werden, insofern als der bei dieser Krankheit immer bestehende Affekt (wie dies auch im normalen Seelenleben vorkommt) leicht zu einer Sejunktion f\u00fchren kann.\nVerf. kommt in diesem Zusammenh\u00e4nge noch auf einen von ihm schon fr\u00fcher angedeuteten Gedanken zur\u00fcck. Die physiologische T\u00e4tigkeit eines Rindengebietes ist noch nicht ersch\u00f6pft, wenn die der Rindenstelle entsprechende Vorstellung aus dem Bewufstsein geschwunden ist, sondern sie verharrt noch einige Zeit in einem nicht zum Bewufstsein kommenden Zustande, der doch f\u00fcr den weiteren assoziativen Ablauf der Gedanken von Wichtigkeit ist, dadurch dafs diese fortdauernde T\u00e4tigkeit alle kommenden Gedanken immer noch mit der Ausgangsvorstellung im Zusammenhang erh\u00e4lt.\nTreten nun St\u00f6rungen in diesen Nachfunktionen auf, so ergeben sich pathologische Zust\u00e4nde. Zeigen die nerv\u00f6sen Elemente abnorme Ersch\u00f6pfbarkeit und leichte Erregbarkeit, so dafs sie die zur\u00fcckbleibenden Erregungen rasch verlieren und auf neue leicht ansprechen, so wird es nicht mehr m\u00f6glich sein, die nachfolgenden Vorstellungen mit der Ausgangsvorstellung ver-","page":124},{"file":"p0125.txt","language":"de","ocr_de":"Literaturbericht.\n125\nkn\u00fcpft zn erhalten, der Gedankengang wird vom Ziele abweichen, wir erhalten schliefslich den Zustand der Manie.\nUmgekehrt, sind die nerv\u00f6sen Elemente schwerer ersch\u00f6pfbar, so wird ihre Nachfunktion l\u00e4nger als normal andauern. Alle kommenden Vorstellungen bleiben fest mit der Ausgangsvorstellung verkn\u00fcpft; und wenn die nerv\u00f6sen Elemente auch noch schwer erregbar sind, so werden sie auf assoziative Reize schwer ansprechen, der Gedankengang vermag nicht zu Neuem fortzuschreiten, er bleibt immer an einer Stelle stehen, wir kommen schliefslich zur Melancholie.\tMoskiewicz (Breslau).\nR. Cestan et P. Lejonne. Troubles psychiques dans un cas de tumeur du lobe frontal. Revue neurologique 9 (17), 846\u2014852. 1901.\nBei unserer geringen Kenntnis von den physiologischen und psychologischen Funktionen des Stirnhirnes und bei der Unm\u00f6glichkeit, gerade hier die Resultute der Tierversuche auf den Menschen zu \u00fcbertragen, ist man allein auf die klinischen Beobachtungen angewiesen, so dafs jeder gut beobachtete Fall von Stirnhirnerkrankung von grofsem Vorteile sein kann.\nAus diesem Grunde geben die Verf. eine ausf\u00fchrliche Schilderung eines solchen Falles.\nDie Beschwerden begannen bei der 33 j\u00e4hrigen Patientin mit Kopfschmerzen, Erbrechen, epileptiformen Anf\u00e4llen, vom Typus der Jackson-schen Epilepsie im Gesicht beginnend, dann zu Arm und Bein fortschreitend.\nDiese St\u00f6rungen liefsen allm\u00e4hlich nach, daf\u00fcr trat allm\u00e4hlich infolge beiderseitiger Sehnervenatrophie v\u00f6llige Erblindung ein. Das letzte und wichtigste Stadium bildeten motorische und psychische Symptome. Es entwickelte sich rechts eine zerebrale L\u00e4hmung; gleichzeitig machten sich psychische Ver\u00e4nderungen bemerkbar. W\u00e4hrend bis zu dieser Zeit allgemeine geistige Indifferenz und fortw\u00e4hrende Neigung zum Schlafe bestand, als charakteristisches Symptom von Hirndruck, machte jetzt dieser Zustand einer dauernden Euphorie Platz. Pat. lachte fast immerzu, klagte \u00fcber keinerlei Beschwerden, f\u00fchlte sich vollkommen wohl. Jede angestrengtere geistige T\u00e4tigkeit vermied sie; Fragen, die sie alle verstand, beantwortete sie nur, wenn sie sich dabei nicht anzustrengen brauchte. Die Erinnerung war f\u00fcr die ganze Zeit ihrer Erkrankung v\u00f6llig geschwunden, auch wohl nur eine Folge der Unf\u00e4higkeit, sich geistig anzustrengen ; denn die F\u00e4higkeit des Wiedererkennens war v\u00f6llig erhalten. Die Intelligenz war vermindert, es bestand v\u00f6llige gem\u00fctliche Indifferenz; Gleichg\u00fcltigkeit gegen ihre Eltern etc.\nNach einj\u00e4hriger Krankheit starb sie.\nDie Sektion ergab einen etwa orangegrofsen Tumor von der histologischen Beschaffenheit eines Sarkomes im linken Frontallappen. Charakteristisch f\u00fcr diesen Fall ist die Art der geistigen St\u00f6rung: keine Demenz, keine Benommenheit, im Gegenteil Euphorie, dabei Gef\u00fchlsanomalien und v\u00f6llige Unf\u00e4higkeit, sich geistig anzustrengen.\nEs wird hierdurch die Ansicht vieler Forscher, dafs Stirnhirntumoren mit Charakterver\u00e4nderungen einhergehen, best\u00e4tigt.\nMoskiewicz (Breslau).","page":125}],"identifier":"lit33165","issued":"1903","language":"de","pages":"124-125","startpages":"124","title":"O. Gross: \u00dcber Vorstellungszerfall. Monatsschrift f\u00fcr Psychiatrie und Neurologie 11 (3), 205-212. 1902","type":"Journal Article","volume":"32"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T16:32:28.488078+00:00"}