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{"created":"2022-01-31T16:33:16.577766+00:00","id":"lit33173","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane","contributors":[{"name":"Pelman","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane 32: 130-134","fulltext":[{"file":"p0130.txt","language":"de","ocr_de":"130\nLiteraturbericht.\nW. McDougall. The Physiological Factors of the Attention-Process (I). Mind, N. S. 11 (43), 316\u2014351. 1902.\nVerf. glaubt, dafs die Frage nach dem Wesen der Aufmerksamkeit, soweit sie mit rein psychologischen Methoden sich l\u00f6sen l\u00e4fst, zu befriedigendem Abschlufs gebracht ist. Um so weniger befriedigt, was bis jetzt physiologischerseits zu der Frage geleistet worden ist. Weder Helmholtz, noch Goldscheider drangen tiefer ein. Was Exner gebracht ist ebenso unzureichend wie die seinerzeit am weitesten vorgedrungenen Untersuchungen von G. E. M\u00fcller. James und Ebbinghaus sind zwar auf richtigem Wege, aber doch noch nicht weit \u00fcber M\u00fcller hinausgekommen, w\u00e4hrend M\u00fcnsterbergs neue Theorie sich nicht halten l\u00e4fst.\nDas Erste, was zu geschehen hat, um einen Schritt weiter zu kommen, ist eine m\u00f6glichst klare und bestimmte Auffassung des mit der psychischen Erscheinung der Aufmerksamkeit gegebenen physiologischen Thatbestandes, es mufs die psychologische Definition \u00fcbersetzt werden in die Sprache der Physiologie. Yerf. tr\u00e4gt dann zun\u00e4chst seine Ansicht \u00fcber das Wesen der nerv\u00f6sen Prozesse im allgemeinen, die er ausf\u00fchrlicher im Brain, Winter 1902, unter dem Titel : The Seat of the Psycho-physical Processes mitgeteilt und begr\u00fcndet hat, kurz vor und entwirft danach ein physiologisches Schema der psycho-physischen Prozesse. Yerf. will seine Auffassung als einen Versuch betrachtet wissen, die Ansicht, die v. Kries in \u201e\u00dcber die materiellen Grundlagen der Bewufstseinserscheinungen\u201c, Leipzig 1901, vertreten hat, zu entwickeln und bestimmter zu fassen. Der Darstellung dieser Theorie ist die zweite H\u00e4lfte des Aufsatzes gewidmet. Ihre \u00dcbertragung auf die Erscheinungen der Aufmerksamkeit bringt Verf. erst in einer sp\u00e4teren Nummer.\tM. Oefner (Ingolstadt).\nJ. A. Sikorsky. Die Seele des Kindes nebst kurzem Grundrifs der weiteren psychischen Evolution. Leipzig, J. A. Barth, 1902. 80 S. 2.40 Mk.\nDie Kindesseele zu verstehen und darzustellen ist eine schwierigere Aufgabe, als die Seele des Erwachsenen zu verstehen und zu beschreiben. Mit diesen Worten f\u00fchrt der Yerf. sein Werk ein, und er hat darin Hecht, denn es ist in der Tat geradezu wunderbar, wie wenig Verst\u00e4ndnis f\u00fcr das Kind und seine Seele der Erwachsene aus jener Zeit mit her\u00fcber gebracht hat. Um so verdienstlicher ist seine Absicht, die Entwicklungsgeschichte des Kindes vor unseren Augen aufzurollen.\nDas Gehirn des neugeborenen Kindes ist eine unbeschriebene Fl\u00e4che ohne Gef\u00fchle und Gedanken, und es bedarf einer Arbeit von Jahren, bevor der Ausbau vollendet ist. Man kann den Zyklus der Entwicklung des Menschen in f\u00fcnf Perioden einteilen, und zwar\nI.\tdie Seele im ersten Kindesalter (von der Geburt bis zu 7 Jahren),\nII.\tdie Seele im zweiten Kindesalter (von 7\u201414 Jahren),\nIII.\tdie J\u00fcnglingsseele von 14\u201422 Jahren,\nIV.\tdie reife Menschenseele,\nY. die Seele des Greises.\nVon diesen f\u00fcnf Perioden interessiert uns vorwiegend die erste, die man wiederum in f\u00fcnf Abschnitte zerlegen kann :","page":130},{"file":"p0131.txt","language":"de","ocr_de":"Literaturbericht.\n131\n1.\tdie Seele des neugeborenen Kindes,\n2.\tdie ersten drei Monate nach der Geburt,\n3.\tvom vierten bis zehnten Lebensmonat,\n4.\tEnde des ersten und Anfang des zweiten Lebensjahres,\n5.\tvom zweiten bis sechsten Lebensjahre.\nBekanntlich gilt es bei derartigen Beobachtungen zwei Fehler zu vermeiden, und zwar einmal nicht zuviel auf die Beflexvorg\u00e4nge abzuladen, und das andere Mal wiederum nicht das Bewufstsein zur Erkl\u00e4rung bei Vorg\u00e4ngen heranzuziehen, wo es eigentlich noch nichts zu tun hat. Wenn Sikoesky dem neugeborenen Kinde schon Geschmacks- und Geruchserkenntnis, Erinnerung, Aufmerksamkeit und Willen zuschreibt, so bin ich nicht sicher, ob er damit nicht schon in jenen letzten Fehler verfallen ist, und wir es hier, wenigstens unmittelbar nach der Geburt, nicht mit Vorg\u00e4ngen der Naturz\u00fcchtung zu tun haben.\nIn seinen ersten drei Lebensmonaten lernt das Menschenkind h\u00f6ren, sehen und tasten, es lernt seine Erkenntniswerkzeuge handhaben.\nDie erste seelische Leistung des Kindes in den ersten Tagen nach der Geburt ist das Suchen nach dem Licht, dem sich eine zunehmende Beherrschung der Augenbewegung anschliefst, und diese Beobachtung \u00fcber die Entwicklung optischer Bewegungen und der optischen Aufmerksamkeit beim Kinde bilden eins der zuverl\u00e4ssigsten Mittel zur Entscheidung der Frage, ob die psychische Entwicklung des Kindes in den ersten drei Monaten normal verl\u00e4uft.\nDie sichtbare Welt erregt die Seele des Kindes im h\u00f6chsten Mafse und wird der Hauptgegenstand seiner Aufmerksamkeit und Wahrnehmung in der n\u00e4chsten Periode seiner Entwicklung. Auch die Entwicklung des Geh\u00f6rs ist eine fr\u00fche. Die Kinder fangen in der zweiten oder dritten Woche fast alle schon zu h\u00f6ren an, und der Schall ruft gegen Ende des dritten Monats nicht nur ein Drehen des Kopfes, sondern auch ein Wenden der Augen in der Richtung des Schalles hervor. Das erste konkrete Gef\u00fchl wird um die dritte oder vierte Woche bemerkbar, und zwar ist es das Gef\u00fchl der \u00dcberraschung, das in einem momentanen Stillst\u00e4nde der psychischen Prozesse besteht, die auf kurze Zeit gehemmt werden.\nVom vierten Monate an lernt das Kind denken, um zu verstehen, was es aufnimmt, und vor dieser Zeit deutet nichts darauf hin, dafs das Kind die F\u00e4higkeit besitze, optische oder akustische Eindr\u00fccke zu erkennen.\nVon da an entwickelt sich die Assoziationsf\u00e4higkeit, und die auffallendste Erscheinung dieser Periode ist das Suchen des Kindes nach Eindr\u00fccken. Die Sinnesorgane befinden sich in einem Zustande regster Wachsamkeit, und das Kind ist jetzt in den Stand gesetzt, sich den verschiedenen Sinneseindr\u00fccken mit Aufmerksamkeit zuzuwenden, die anfangs noch leicht erregbar und ebenso leicht ablenkbar, mehr und mehr an Best\u00e4ndigkeit und Bestimmtheit zunimmt.\nGrad und St\u00e4rke der Aufmerksamkeit k\u00f6nnen demnach zur Entscheidung der Frage nach dem normalen oder abnormen Grade der Entwicklung dienen. Das Kind f\u00e4ngt an, seine verschiedenen Empfindungen miteinander zu kombinieren, und diese Assoziations\u00fcbungen bilden fortan","page":131},{"file":"p0132.txt","language":"de","ocr_de":"132\nLitera turbericht.\neine ununterbrochene Reihe von Besch\u00e4ftigung und Belustigung. Wer das Spielen des Kindes verfolgt, kann daraus ersehen, wie es sich sichtlich bem\u00fcht, die Aufeinanderfolge oder den Zusammenhang der von ihm beobachteten Erscheinungen zu erfassen. So gewinnt das Kind t\u00e4glich an Umfang und Sicherheit seiner Bewegungen, und unter Leitung der Augen lernt es die H\u00e4nde zum Tasten zu verwenden. Hat es sich auf diese Weise die einfacheren Vorg\u00e4nge des Tastens zu eigen gemacht, so geht es zu komplizierteren Aufgaben \u00fcber. Es f\u00e4ngt an mit den F\u00fcfschen zu spielen, und hiermit ist der erste Schritt zur Unterscheidung des eigenen Ichs von der Aufsenwelt getan. Die vorhin erw\u00e4hnten Assoziations\u00fcbungen befestigen allm\u00e4hlich den Zusammenhang zwischen den verschiedenen Arten von Eindr\u00fccken, und so lernt das Kind durch seine Spiele denken.\nJe kleiner es ist, um so mehr richtet es sein Augenmerk auf den Pro-zefs des Aufnehmens der Eindr\u00fccke, je \u00e4lter es wird, desto mehr wird ein Konzentrieren auf Befestigung und Reproduktionsversuche der Eindr\u00fccke bemerkbar. Hand in Hand hiermit geht die Entwicklung des Ged\u00e4chtnisses, und seine \u00dcbung, verbunden mit \u00dcbung der Assoziationen bildet das tiefste Bed\u00fcrfnis des sich entwickelnden Verstandes.\nIn der ununterbrochenen Wiederholung der Eindr\u00fccke und \u00dcbungen, womit sich das Kind best\u00e4ndig abgibt, mufs ein tiefer organischer Prozefs erblickt werden, ohne den die geistige Entwicklung gar nicht erreichbar w\u00e4re. Daher die Lust der Kinder an der best\u00e4ndigen Wiederholung derselben Erz\u00e4hlung, desselben Spieles, und sie werden nie m\u00fcde, dieselben Bilderb\u00fccher stets aufs neue zu durchbl\u00e4ttern.\nSo bildet die hervorragendste Tatsache der geistigen Entwicklung in dem Abschnitte vom vierten bis zum zehnten Lebensmonate die Entwicklung der Assoziation und des Ged\u00e4chtnisses, d. h. der eigentlichen geistigen Prozesse, zugleich auch das wichtigste Ereignis im Leben der ersten Kindheit.\nIn das Ende des ersten und den Anfang des zweiten Jahres f\u00e4llt die Entwicklung des Sprechens. Das Kind lernt f\u00fcr gew\u00f6hnlich eher reden als gehen, was auf die wichtige Bedeutung des Sprechens hindeutet. Damit beginnt auf Jahre hinaus eine Zeit der \u00dcbung und der Arbeit, da zur v\u00f6lligen Einpr\u00e4gung der Worte in das Ged\u00e4chtnis eine zehnj\u00e4hrige Praxis erforderlich ist. Kinder, die vor dem zehnten Jahre taub werden, verlernen allm\u00e4hlich das Sprechen und werden stumm, w\u00e4hrend die sp\u00e4ter taub gewordenen die Sprache nicht mehr verlernen.\nMit der Entwicklung des Sprechens sind die wichtigsten seelischen Funktionen schon zum Vorschein gekommen, obwohl ihre T\u00e4tigkeit bei weitem noch nicht als vollst\u00e4ndig anzusehen ist.\nSo stellt die Periode bis zum siebenten Jahre die Zeit der allm\u00e4hlichen methodischen Entfaltung der verschiedenen Seiten des Gef\u00fchls, Verstandes und Willens dar, und ihr wesentliches Gepr\u00e4ge bildet die Vereinigung aller Gef\u00fchls-, Denk- und Willensprozesse zu einer einheitlichen menschlichen Pers\u00f6nlichkeit. Man kann daher schon in dieser Periode von einem Charakter der neuen, sich bildenden Pers\u00f6nlichkeit, und zum Teil auch von ihren wahrscheinlichen Beanlagungen reden. Jedenfalls verdanken unregelm\u00e4fsige Charaktere ihre Existenz in erster Reihe dieser Periode, in","page":132},{"file":"p0133.txt","language":"de","ocr_de":"Literaturbericht,\n133\ndie auch die Unterordnung der Gef\u00fchle unter den Einflufs des Willens und des Verstandes f\u00e4llt.\nJe j\u00fcnger das Kind, um so ausgesprochener sind die Gef\u00fchle, und um so schw\u00e4cher Aufmerksamkeit und Denken. Mit zunehmendem Alter nehmen diese beiden an Kraft zu, und in gleicher Weise w\u00e4chst ihr hemmender Einflufs auf die Ent\u00e4ufserung der Gef\u00fchle, die ihrerseits an Tiefe zunehmen. Die Abnormit\u00e4ten der emotionellen Entwicklung k\u00f6nnen sich sowohl in dem sp\u00e4ten Erscheinen einiger h\u00f6heren Gef\u00fchle, insbesondere der Scham, als auch in der \u00fcberm\u00e4fsigen Entwicklung und dem elementaren Charakter einiger niederen Gef\u00fchle, wie der Angst und des Mutes, \u00e4ufsern. Ein solches Verh\u00e4ltnis ist bei geistesschwachen Kindern gew\u00f6hnlich. Die Kr\u00e4ftigung und Entwicklung des Willens kann als bestes Heilmittel gegen dieses \u00dcbel dienen.\nDen Grundzug des kindlichen Verstandes in dieser Periode bildet die Schw\u00e4che und Abgerissenheit des Denkens. Wesen und Eigenschaften dieser M\u00e4ngel des kindlichen Denkens sind noch wenig erforscht. Im \u00fcbrigen findet sich diese Erscheinung auch bei dem Erwachsenen, und Charcot bemerkt dar\u00fcber on a vu, mais on n\u2019a pas observ\u00e9. Aber beim Kinde ist diese Erscheinung im weitesten Mafse ausgebildet, und h\u00e4ngt von der Schw\u00e4che der willk\u00fcrlichen Aufmerksamkeit ab.\nDer Wille des Kindes zeichnet sich gleichfalls durch entschiedene Schw\u00e4che aus. Das \u00e4ufsert sich vor allem in der Unf\u00e4higkeit des Kindes, Tr\u00e4nen, Lachen, Unart, Wut u. dgl. zu beherrschen, und dann in der f\u00fcr das Kind sehr grofsen Schwierigkeit, im zweiten und zuweilen noch im dritten Jahre die Blase in der Gewalt zu haben. Man kann dies als Mafs-stab f\u00fcr die Entwicklung des kindlichen Willens verwenden. Eine fr\u00fch entwickelte Reinlichkeit ist ein gutes Zeichen, und nerv\u00f6se Kinder bleiben h\u00e4ufig sehr lange, und sogar am Tage, unreinlich.\nMit zunehmendem Alter gewinnt der Einflufs der Erziehung an Bedeutung, und er zeigt sich vorzugsweise in der Erziehung zur Aufmerksamkeit und zum Willen.\nAnscheinend ist die ganze T\u00e4tigkeit bis zum vierten oder f\u00fcnften Jahre jedes ernsten Charakters bar und scheint nichts als ein von Spiel und Vergn\u00fcgen erf\u00fcllter leichter Zeitvertreib zu sein. Allein bei tieferem Erfassen entdeckt man in ihr einen anderen Sinn, den einer ernsten T\u00e4tigkeit, ernster Arbeit und echten Unterrichts.\nDas Studium der Spiele bietet daher ebensoviel Interesse, wie ihre richtige F\u00fchrung zur F\u00f6rderung der Erziehung von gr\u00f6fster Wichtigkeit ist. In der Organisierung seiner Spiele \u00e4ufsert das Kind Phantasie und sch\u00f6pferische Kraft, von Tag zu Tag gestattet es seinen Zeitvertreib mannigfaltiger, und es lernt so die unwillk\u00fcrlichen zuf\u00e4lligen Assoziationen in von Bewufstsein und Willen geleitetes Denken verwandeln. Alle pers\u00f6nlichen \u00dcbungen und Fortschritte f\u00fchren es schliefslich zu dem h\u00f6chsten Gipfel psychologischer Entwicklung: zur Entstehung des Selbstbewufstseins. Mit dem Moment der Selbsterkenntnis ist die Pers\u00f6nlichkeit hergestellt. Das kindliche Ich wird nun zum Kern des Bewufstseins, es hat seine Gegenwart und Vergangenheit und lebt eine gl\u00fcckliche Gegenwart, vor der sich unmerklich die Zukunft aufbaut.","page":133},{"file":"p0134.txt","language":"de","ocr_de":"134\nLiteraturbericht.\nDies ist im wesentlichen der Inhalt des h\u00f6chst anregend geschriebenen Werkes, das uns in kurzen Umrissen eine \u00dcbersicht \u00fcber die Entwicklung der kindlichen Seele entwirft, und uns einen Begriff davon gibt, welch eine Summe von Arbeit in diesen ersten Lebensjahren des Kindes ausgef\u00fchrt werden mufs.\nEs ist dabei von besonderem Interesse, dafs wir nur auf dem Umwege der eingehendsten Beobachtung wieder in den Besitz dieser Kenntnisse gelangen k\u00f6nnen, da keine Erinnerung aus jener Zeit in unser sp\u00e4teres Alter hin\u00fcberreicht. Wie wir zu bewufsten Wesen werden und es in unseren ersten Jahren geworden sind, wie wir als Kinder empfunden, gedacht und unseren Willen ge\u00e4ufsert haben, davon wissen wir als Erwachsene nichts mehr, und dar\u00fcber mufs uns der wissenschaftliche Forscher in langer und m\u00fchsamer Arbeit wieder belehren.\nUnd so ist es fast eine fremde Welt, in die uns der Verf. f\u00fchrt und deren Verst\u00e4ndnis er uns auf schliefst.\tPelman.\nA. Netschajeee. \u00dcber Memorieren. Eine Skizze aus dem Gebiete der experimentellen p\u00e4dagogischen Psychologie. Schiller-Ziehen 5 (5). 1902. 37 S. I Mk.\nDer Verf. stellt sich die Frage: Wie vollzieht sich das Memorieren? und meint, die Schule insbesondere habe die Pflicht, \u201eden Kindern die Weise des richtigen und zwmckm\u00e4fsigen Einstudierens beizubringen\u201c. Darin mufs man ihm durchaus beistimmen. Wie f\u00fcr die gew\u00f6hnlichste mechanische Arbeit eine Einsicht in die richtige Handhabung des Instruments unerl\u00e4fs-lich ist, so sollte man auch von der Schule erwarten, dafs sie sich in erster Linie angelegen sein lasse, den Sch\u00fcler in die Technik eines ihrer wesentlichsten Instrumente, das Ged\u00e4chtnis, einzuf\u00fchren. Diese Belehrung ist aber nur m\u00f6glich auf Grund eingehender und zuverl\u00e4ssiger psychologischer Kenntnis \u2014\u2022 und diese kann nur gewonnen werden durch das Experiment. Verf. beleuchtet das Wesen der landl\u00e4ufig als mechanisch, rationell und mnemotechnisch bezeichneten Ged\u00e4chtnisarten, er wreist nach, dafs sie keineswegs gesondert werden k\u00f6nnen, dafs vielmehr neben dem rein mechanischen, das mechanisch - rationelle, das rationell-mechanische und endlich das diesen zur Seite stehende mnemotechnische Ged\u00e4chtnis zu unterscheiden ist. Die Grundlage aller Arten ist das mechanische Ged\u00e4chtnis. \u2014 Er deutet dann weiter an, wie man bem\u00fcht gewesen ist, das mechanische Ged\u00e4chtnis experimentell n\u00e4her zu erschliefsen, wie auch die P\u00e4dagogik sich n\u00e4her daran beteiligt hat, besonders in der Frage des Rechtschreibunterrichts. Er wirft diesen Untersuchungen vor, dafs sie die individuellen Ged\u00e4chtniseigenschaften der Kinder aus dem Auge liefsen und konstatiert auf Grund eigener Untersuchungen 7 verschiedene Ged\u00e4chtnistypen \u2014 die allerdings keineswegs einwandsfrei sind, am wenigstens der motorische Typus. 40% liefsen sich einem bestimmten Typus nicht unterordnen. Verf. weist auf die bekannte Literatur hin und geht dann \u00fcber zur Analyse der rationellen Memorierweise. Er weist die Fehler des rein mechanischen Memorierens und die Bedingungen der Rationalisation desselben nach. Das mechanische Memorieren mufs immer mit dem logischen verbunden sein. Das aber ist nur m\u00f6glich, wenn das zu Memo-","page":134}],"identifier":"lit33173","issued":"1903","language":"de","pages":"130-134","startpages":"130","title":"J. A. Sikorsky: Die Seele des Kindes nebst kurzem Grundri\u00df der weiteren psychischen Evolution. Leipzig, J. A. Barth, 1902, 80 S.","type":"Journal Article","volume":"32"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T16:33:16.577772+00:00"}