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{"created":"2022-01-31T15:06:00.420905+00:00","id":"lit33204","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane","contributors":[{"name":"Offner, M.","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane 32: 264-265","fulltext":[{"file":"p0264.txt","language":"de","ocr_de":"264\nLiteraturbericht\nR. Eisler. W. Wundts Philosophie und Psychologie in ihren Grundlehren dargestellt. Leipzig, J. A. Barth, 1902. 210 S. Mk. 3.20, geh. Mk. 4.\u2014.\nEs tr\u00e4gt keine Widmung an Wundt, dieses Buch, das kaum ein paar Monate vor seinem 70. Geburtstage erschienen ist; aber es ist doch eine Gabe zu diesem Tage, \u00fcber die sich der greise Gelehrte gefreut haben wird. Und auch vielen anderen wird sie willkommen gewesen sein, besonders denen, welche die Bedeutung dieses seltenen Mannes mehr ahnen als genau zu w\u00fcrdigen in der Lage sind. An sie vor allem wendet sich der Verf. Ed. K\u00f6nigs bekannter Darstellung will Eisler keinerlei Konkurrenz machen. Aber eine Erg\u00e4nzung m\u00f6chte er ihr geben, indem er sich einerseits enger an die Originalschriften Wundts anschliefst, andererseits die Erkenntnistheorie eingehender behandelt als K., wof\u00fcr er wieder die Ethik, welcher K. breiteren Raum gew\u00e4hrt, mehr zur\u00fccktreten l\u00e4fst.\nDie Einleitung bespricht Aufgabe und Methode der Philosophie, wie sie W. teilweise im Widerspruche, teilweise in \u00dcbereinstimmung mit seinen Vorg\u00e4ngern bestimmt hat; darauf folgt die Darstellung der psychologischen Prinzipien, der erkenntnistheoretischen Prinzipien und der metaphysischen Prinzipien. Den Abschlufs bildet eine Zusammenfassung des Ganzen. Bei dieser Darstellung der WuNDTSchen Gedanken nimmt Verf. wiederholt Gelegenheit, Wundts Lehren gegen irrige Auffassungen zu verteidigen. So hat man W. den Vorwurf des Eklektizismus gemacht. Eisler weist ihn entschieden zur\u00fcck. W. habe weder aus den verschiedenartigsten Ansichten sich das ihm Zusagende herausgeklaubt, noch gehe er darauf aus, wahrhaft widerstreitende Lehren miteinander zu verh\u00f6hnen; wohl aber sei er vermittelnd, indem eben aus der vielseitigen Betrachtung und Kenntnis der Dinge das Vermittelnde sich ihm von selbst einstelle. Und wenn man W als Vertreter der Identit\u00e4tsphilosophie bezeichnet, so l\u00e4fst das Eisler nur in gewissem Sinne gelten. Dies ist richtig, meint er, sofern W. Natur und Geist auf ein Prinzip zur\u00fcckf\u00fchrt, da aber der Geist die an sich seiende Wirklichkeit ist, so hat diese Philosophie einen ausgepr\u00e4gt idealistischen Charakter, steht somit insofern im Gegens\u00e4tze zum Spinozismus, dessen \u201eParallelismus\u201c von Seelischem und K\u00f6rperlichem bei Wundt anders, rein empirisch aufgefafst wird, wenngleich die Ansicht, dafs die \u201eSeele\u201c kein Ding, sondern die geistige Energie selbst ist, festgehalten wird.","page":264},{"file":"p0265.txt","language":"de","ocr_de":"Li ter a turner ich t.\n265\nEs kann nicht unsere Aufgabe sein, weiter auf Einzelheiten des Buches einzugehen. Wir w\u00fcnschen ihm, dafs es seinen Zweck erreiche, auch weitere Kreise in die Gedankenwelt Wundts einzuf\u00fchren. Dieses Streben ist sicher ein Verdienst. Weniger sicher freilich erscheint es, ob der Verf. auch immer den n\u00e4chsten Weg gefunden hat. Es kommt uns vor, als ob Eislebs Buch an dem gleichen Mangel leidet, wie Wundts Grundrifs der Psychologie, an einem gewissen Mangel an Beispielen. Wir glauben, Eisleb h\u00e4tte sich noch ein gr\u00f6fseres Verdienst um Wundts Philosophie erworben, wenn er die abstrakte Darstellung und damit vielfach den w\u00f6rtlichen An-schlufs an W. aufgegeben h\u00e4tte, wenn er, was W. in allgemeinen Ausdr\u00fccken sagt, in m\u00f6glichst anschaulicher Form wiedergegeben h\u00e4tte. Die Anschaulichkeit ist es und das Beispiel, was den Nicht-Fachmann gewinnt; die K\u00fcrze allein tut es nicht. Indes auch so werden wir Eisleb f\u00fcr seine piet\u00e4tvolle Arbeiten zu Dank verpflichtet sein. M. Ofeneb (Ingolstadt).\nD. Bbaunschweigeb. Die Lehre von der Aufmerksamkeit in der Psychologie des 18. Jahrhunderts. Leipzig, Hermann Haacke, 1899. 176 S.\nNicht eine ersch\u00f6pfende Darstellung dessen, was jeder einzelne der zahlreichen psychologischen Schriftsteller des 18. Jahrhunderts von der Aufmerksamkeit gelehrt hat, will uns Bbaunschweigeb geben, sondern um eine systematische \u00dcbersicht der Gesamtleistung, welche die deutsche, franz\u00f6sische und englische Psychologie von Leibniz-Wolff bis Kant aufweisen kann, ist es ihm zu tun. Er behandelt- daher nach einleitenden Bemerkungen namentlich \u00fcber einige psychologische Grundanschauungen des Aufkl\u00e4rungszeitalters in sieben Kapiteln getrennt die Lehre vom Wesen, von den Graden und Eigenschaften, von den Ursachen, vom physiologischen Korrelat, von den Wirkungen, von der Verbesserung sowie von der Verhinderung und Verringerung der Aufmerksamkeit. Dabei stellt er sich freilich zumeist auf den Standpunkt der im 18. Jahrhundert \u00fcblichen Unterscheidungen, wenn er auch, wie er im Schlufswort sagt, bem\u00fcht war, die systematische Darstellung m\u00f6glichst unseren heutigen Anschauungen anzupassen. Teilweise l\u00e4fst sich ja das, was unter einem der alten Psychologie entnommenen Titel behandelt wird, auch einer modernen Problemstellung unterordnen. So k\u00f6nnte man etwa statt der Abschnitte vom Wesen, von den Eigenschaften und von den Wirkungen der Aufmerksamkeit auch in einem Lehrbuch der heutigen Psychologie drei Kapitel von der Klassifikation der Aufmerksamkeitsph\u00e4nomene, von den Begleiterscheinungen und von dem Einflufs der Aufmerksamkeit auf das Neben- und Nacheinander der psychischen Prozesse erwarten. Aber eine Untersuchung dar\u00fcber, ob die Aufmerksamkeit ihrem Wesen nach ein Verm\u00f6gen, ein T\u00e4tigkeitsakt oder ein Bewufstseins- bezw. Empfindungszustand sei, d\u00fcrfte heute wohl ausgeschlossen sein. Auch eine Einteilung der Aufmerksamkeitswirkungen nach den einzelnen Verm\u00f6gen, an deren Funktion die A. beteiligt ist, hat nat\u00fcrlich lediglich historisches Interesse.\nDer rein historische Gesichtspunkt scheint \u00fcbrigens auch insofern f\u00fcr Bbaunschweigeb der mafsgebende zu sein, als er sich jeglicher Kritik der vorgetragenen Theorien durch Vergleichung derselben mit modernen Anschauungen enth\u00e4lt. Er hat vielleicht Recht, wenn er der heute \u00fcblichen","page":265}],"identifier":"lit33204","issued":"1903","language":"de","pages":"264-265","startpages":"264","title":"R. Eisler: W. Wundts Philosophie und Psychologie in ihren Grundlehren dargestellt. Leipzig, J. A. Barth, 1902. 210 S.","type":"Journal Article","volume":"32"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T15:06:00.420911+00:00"}