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{"created":"2022-01-31T14:52:46.491552+00:00","id":"lit33226","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane","contributors":[{"name":"Edinger","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane 32: 289-291","fulltext":[{"file":"p0289.txt","language":"de","ocr_de":"Literaturbericht.\n289\nA. K\u00f6llikers Handbuch der Gewebelehre des Menschen. Sechste umgearbeitete\nAuflage. Dritter Band von Victor von Ebner. Leipzig, Engelmann, 1902. 619 S.\nNun liegt mit der zweiten H\u00e4lfte des dritten Bandes, die grofse Darstellung unseres Wissens vom feineren Aufbau des K\u00f6rpers, das K\u00f6lliker-sche Handbuch der Gewebelehre vollendet vor. V. von Ebner hat gef\u00f6rdert \u2022durch K\u00f6lliker selbst, dann unterst\u00fctzt von anderen Gelehrten, besonders von Jos. Schaffer, die aus dem inneren Keimblatt hervorgehenden Organe, dann das Gef\u00e4fssystem und die h\u00f6heren Sinnesorgane bearbeitet. Klarheit und Gewissenhaftigkeit der Darstellung, reiche Illustration und sehr vollst\u00e4ndige Literaturangaben bilden auch die Vorz\u00fcge des neuen Bandes. Es hat keinen Sinn hier die Einzelabteilungen zu besprechen, von denen diejenige \u00fcber die m\u00e4nnlichen und weiblichen Geschlechtsorgane wohl die bestgelungenste und an allgemeinen Gesichtspunkten reichste ist. Die Leser dieser Zeitschrift, welche sich wohl besonders f\u00fcr das nerv\u00f6se Element interessieren, finden dieses allerdings nicht so vollkommen ber\u00fccksichtigt, wie es wohl zu w\u00fcnschen w\u00e4re. Die eigentliche Organinnervation ist doch recht kurz und unvollst\u00e4ndig behandelt, was um so mehr empfunden wird als das Kapitel Sympathikus in dem von K\u00f6lliker bearbeiteten Bande offenbar mit einer sp\u00e4teren genaueren Darstellung rechnete. Nicht immer hat der Verf. auch die Quellen selbst einsehen k\u00f6nnen, das verbot schon deren ungeheuer angewachsene Zahl. Dadurch sind dann allerdings gelegentlich merkw\u00fcrdige Irrt\u00fcmer entstanden. E. gibt z. B. an, dafs E. Winterhalter im Ovarium ein Ganglion gefunden habe, dafs hier aber wohl ein Irrtum unterlaufen sein m\u00fcsse, denn ein solches Ganglion m\u00fcsse doch auch wohl mit anderen Methoden als der GoLGischen zu finden sein. Aber E. W. hat gar kein Ganglion, sondern ganz diffus im Ovarium zerstreute Ganglienzellen beschrieben. Trefflich ist die Schilderung des feineren Baues von Auge, Geh\u00f6r- und Geruchapparat. Sie ist inhaltlich wohl ebenso reich, als die etwas breiter angelegten, in neuerer Zeit erschienenen vorz\u00fcglichen Abhandlungen von Schwalbe, Greef u. a. Textlich mufste wohl im Interesse der Gesamt\u00f6konomie des Buches hier gespart werden. Deshalb ist u. a. die Ber\u00fccksichtigung mancher physiologisch wichtigen Dinge nicht ausreichend. Der Verk\u00fcrzung der Zapfen, der Pigmentwanderung im Epithel nach Lichteinfall (Engelmann, von Genderen Stoort) ist z. B. nur sehr kurz gedacht. In einem Handbuche d\u00fcrften f\u00fcr diese doch sehr wichtigen vitalen Vor-, g\u00e4nge Abbildungen etc. zu geben sein. Die Angabe, dafs bei manchen \u2014 allen? \u2014 V\u00f6geln innerhalb des Sehnerveneintrittes in das Auge nochmals eine \u00dcberkreuzung der B\u00fcndel stattfindet, ein wahrscheinlich f\u00fcr deren Sehen sehr wichtiges Verh\u00e4ltnis \u2014 h\u00e4tte Aufnahme verdient. Die Betina ist \u00fcbrigens sehr ausf\u00fchrlich und durchaus original bearbeitet und ihre Beschreibung schliefst mit einer sehr lesenswerten Zusammenfassung dessen, was wir vom Bau wissen mit Bezugnahme auf die Funktion. Hier wird auch ein neues Betinaschema abgebildet. Die \u00e4ltere Vorstellung, dafs das Wesentliche im Bau der Betina die direkte Leitung des Beizes durch die einzelnen Schichten in die Ganglienzellen und von da in die Sehbahn sei, ist nicht mehr aut-\nZeitsclirift f\u00fcr Psychologie 32.\n19","page":289},{"file":"p0290.txt","language":"de","ocr_de":"290\nLiteraturbericht.\nrecht zu halten. Die neueren Untersuchungen lassen keinen Zweifel mehr dar\u00fcber, dafs hier nicht ein peripheres Sinnesorgan, wie etwa die Rieehschleimhaut vorhanden ist. Entwicklung und Aufbau zeigen, dafs es sich um einen echten Hirnteil handelt, in dem sich Vorg\u00e4nge abspielen m\u00fcssen, die weit mehr als eine einfache Leitung sind.\nVielerlei l\u00e4fst sich daf\u00fcr anf\u00fchren. So stehen z. B. die \u00e4ufseren Enden der Bipolaren immer mit mehreren Sehzellen in Kontakt, und von ihren inneren Enden verbinden sich immer mehrere mit nur einer Ganglienzelle. Die Leitung wTird demnach \u2014 Gbeef \u2014 von aufsen nach innen konzentrierter.. Von einer gr\u00f6fseren Anzahl von Sehzellen gelangt also in den einen Achsenzylinder der Ganglienzelle ein gemeinsamer Erregungszustand. Auch der Nachweis horizontaler Verbindungen durch Zellen und Plexus innerhalb der Retina widerspricht der Auffassung, dafs diese ein Leitungsorgan allein darstelle. Auch der enorme Zahlunterschied, welcher zwischen den Sehzellen und den Optikusfasern besteht, weist darauf hin, dafs letzterekomplizierteren Erregungen dienen, als die ersteren. Salzer hat 7\u20148 mal so viel Zapfen als Sehnervenfasern gefunden ! Erw\u00e4gt man, dafs aufser den Zapfen auch noch die etwa 18 mal (Krause, Chiewitz) zahlreicheren St\u00e4bchen ihre Erregungen auf die Nervenfasern \u00fcbertragen m\u00fcssen, so bleibt wohl kein anderer Ausweg als die Annahme, dafs zum Gehirn nicht blofs Lokalzeichen, sondern ein viel komplexerer Vorgang geleitet wird.\nDem Verf. erscheint es am wahrscheinlichsten, dafs bereits in der Retina die Erregungen des Sehzellenmosaiks zu einem Bilde verarbeitet werden. Die Leitung durch den Sehnerven zum Gehirn w\u00fcrde dann das Zustandekommen des Sehens, die Sehassoziationen, die-Erregung der notwendigen Reflexe vermitteln. Nichts im Bau der occipi-talen Rinde \u2014 und (Ref.) des Mittelhirnapparates \u2014 spricht daf\u00fcr, dafs hier eine Anordnung gegeben ist, welche der Mosaikaufnahme dienen k\u00f6nnte. Die Verbindungen innerhalb des retinalen Apparates sind so grofs, dafs man die Annahme machen k\u00f6nnte, dafs schon eine einzige Ganglienzelle, in freilich unvollkommener Weise, das ganze Sehfeld dem Bewufstsein zu \u00fcbermitteln vermag. Vielleicht kommt das Sehen durch ein Multiplum von teilweise gleichen und ein solches von teilweise ungleichen Eindr\u00fccken zu st\u00e4nde. Vielleicht auch ist das ganze erregte retinale Organ beim Sehen in fortw\u00e4hrend wechselnden punktf\u00f6rmig verschiedenen Zust\u00e4nden unter dem Einflufse der Sehzellen, Bipolar-, Horizontalzellen und Spongiopiasten. Da an den letzteren auch noch zentrale Fasern enden, so ist dadurch auch eine Bahn f\u00fcr Hemmungs- etc. Vorg\u00e4nge gegeben.\nDie Untersuchung des Baues der zentralen Akustikusendigung f\u00fchrt den Verf. auch zu der Annahme, dafs die HELMOLTzsche Theorie unhaltbar sei. Die Resonanztheorie mufs verlangen, dafs von jeder H\u00f6rzelle eine isolierte Leitung weiterf\u00fchre. Davon kann aber gar keine Rede mehr sein. Jede Zelle des Ganglion spirale kann Erregungen aus ganz verschiedenen Teilen des Schneckenganges erhalten. Dieser Anordnung vertr\u00e4gt sich, wie Ref. scheint, mit der EwAL\u00fcschen Theorie ganz gut.\nReferent m\u00f6chte zum Schl\u00fcsse doch noch einmal das Grofse","page":290},{"file":"p0291.txt","language":"de","ocr_de":"Literaturbericht.\n291\nan dem Buche betonen, die Summe von alter und neuer Arbeit, die es bringt, das vielfach Originale, welches durch die erneute Durcharbeit hier geschaffen worden ist.\tEdinger (Frankfurt a. M.).\nN. Yaschide et Cl. Vurpas. La r\u00e9tine d\u2019un anenc\u00e9pha\u00eee. Archives de m\u00e9decine exp\u00e9rimentale et d1 Anatomie pathologique 827\u2014831. 1901.\nDie histologische Untersuchung der Retina eines Anencephalen ergab, dafs das Organ von vollst\u00e4ndig normaler Struktur war, also die s\u00e4mtlichen bekannten Schichten in normaler Beschaffenheit aufwies. Der Befund ist recht bemerkenswert, weil eine normale Ausbildung der Netzhaut bei ihrer Entwicklung als Ausst\u00fclpung des Hirnrohres in diesem Falle a priori nicht zu erwarten war. Auch wenn man annimmt, dafs das Gehirn urspr\u00fcnglich normal angelegt, sp\u00e4ter aber durch pathologische Prozesse destruiert wurde \u2014 und Befunde von Infiltration, Leukocytenanh\u00e4ufung, Cystenbildungen etc. sprechen im beschriebenen Fall f\u00fcr die Richtigkeit dieser Annahme \u2014, so bleibt doch die Tatsache merkw\u00fcrdig und beachtenswert, dafs das Anhangsorgan sich normal weiter ausbilden kann, auch wenn die Entwicklung des Ursprungsorganes fr\u00fchzeitig sistiert oder wenn dasselbe gar hochgradige degenerative Ver\u00e4nderungen erf\u00e4hrt.\tH. Piper (Berlin).\nMax Verworn. Die Biogenhypothese. Eine kritisch-experimentelle Studie \u00fcber die Vorg\u00e4nge in der lebendigen Substanz. Jena, G. Fischer, 1903.\n114 S.\nVerworn gibt \u00fcber seine in eingehender Begr\u00fcndung entwickelten Vorstellungen vom Zustandekommen der Lebensprozesse, resp. \u00fcber die Anschauungen, wrelche den wesentlichen Inhalt der Biogenhypothese bilden, folgendes R\u00e9sum\u00e9: \u201eDen Kernpunkt der Biogenhypothese bildet die Annahme, dafs in der lebendigen Substanz eine komplizierte Verbindung existiert, das Biogen, die selbst schon einem fortw\u00e4hrenden Stoffwechsel unterliegt, indem sie durch Umlagerung der Atome an bestimmten Punkten ihrer grofsen Molek\u00fcle fortw\u00e4hrend sich dissoziiert und darauf wieder restituiert. Diese Dissoziation und Restitution der Biogenmolek\u00fcle wird erm\u00f6glicht durch komplizierte Hilfseinrichtungen, wie sie anscheinend nur in der Formation der lebendigen Substanz zu Zellen realisiert sind.\nHinsichtlich der chemischen Konstitution des Biogens kann man sich etwa folgende allgemeine Vorstellungen machen. Das Biogenmolek\u00fcl ist eine sehr komplexe stickstoffhaltige Kohlenstoff Verbindung und besitzt um den Benzolring als Kern verschiedenartige Seifenketten, von denen die einen Stickstoff- oder vielleicht eisenhaltig sind und als Rezeptoren f\u00fcr den Sauerstoff dienen, w\u00e4hrend andere Kohlenstoffketten von Aldehydnatur repr\u00e4sentieren und das Brennmaterial f\u00fcr die oxydative Dissoziation des Biogenmolek\u00fcls liefern.\nDie funktionellen Oxydationsprozesse finden im Biogenmolek\u00fcl selbst, nicht erst an seinen Zerfallsprodukten statt. Durch die intramolekulare Einf\u00fcgung des Sauerstoffes an der Rezeptorengruppe erh\u00e4lt das an sich schon sehr labile Molek\u00fcl den Pl\u00f6hepunkt seiner Zersetzlichkeit. Bei der funktionellen Dissoziation geht Sauerstoff von der Rezeptorengruppe an die Aldehydgruppe der Kohlenstoffkette \u00fcber und tritt mit dem Kohlen-\n19*","page":291}],"identifier":"lit33226","issued":"1903","language":"de","pages":"289-291","startpages":"289","title":"A. K\u00f6llikers: Handbuch der Gewebelehre des Menschen. Sechste umgearbeitete Auflage. Dritter Band von Victor von Ebner. Leipzig, Engelmann, 1902. 619 S.","type":"Journal Article","volume":"32"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T14:52:46.491557+00:00"}