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{"created":"2022-01-31T15:51:23.983075+00:00","id":"lit33229","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane","contributors":[{"name":"Edinger","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane 32: 294-295","fulltext":[{"file":"p0294.txt","language":"de","ocr_de":"294\nLitera turbericht.\ndie Annahme der Biogenhypothese manche der verwickeltsten Lebensvorg\u00e4nge dem Verst\u00e4ndnis n\u00e4her bringt und viele der meist umstrittenen Fragen in \u00fcberraschender Einfachheit beantwortet, so dafs sie wohl als eine \u201eArbeitshypothese\u201c von grofser Fruchtbarkeit bezeichnet werden darf und dadurch ihre Existenzberechtigung am besten selbst beweist.\nH. Piper (Berlin).\nF. Marchand. \u00dcber das Hirngewicht des Menschen. AbhandL der math.-phys.\nKlasse der K\u00f6nigl. S\u00e4chs. Gesellschaft der Wissenschaften 27 (4), 393\u2014481. Mk. 3.00.\nIch weifs nicht ob je die Stunde kommen wird, in welcher die Psychologie aus der aufserordentlich grofsen Arbeit, welche bisher durch W\u00e4gungen des Gehirnes geleistet worden ist, entsprechenden Nutzen ziehen kann. Die [Resultate dieses Verfahrens wrerden \u2014 soweit eben die Psychologie in Betracht kommt, zun\u00e4chst einfach niedergelegt, wie die Pr\u00e4parate in einem Museum. Vielleicht kommt dereinst der Mann, welcher die Sammlung braucht. Das gilt zun\u00e4chst f\u00fcr die W\u00e4gungen des Gesamthirnes und andere als diese k\u00f6nnen wir bisher nicht machen. Aber f\u00fcr andere Zwecke, vor allem auch im Sinne des rein Deskriptiven mufs die W\u00e4gung ausgef\u00fchrt werden. Gerade die neuesten und durch besonderen Reichtum an Material sowie durch genaue Fragestellungen ausgezeichneten Arbeiten von Marchand zeigen wieder, dafs in mancherlei Beziehungen Interessantes sich dabei herausstellt, sie zeigen auch, dafs es noch immer weiter lohnen wird hier Material anzuh\u00e4ufen, damit etwaige Schl\u00fcsse fester gezogen wrerden k\u00f6nnen. Wir haben im vergangenen Jahre aufser der hier anzuzeigenden Arbeit von Marchand noch eine wreitere \u00fcber das gleiche Thema von Matiegka \u2014 B\u00f6hmen, aufserdem W\u00e4gungen von anderen Rassengehirnen Chinesen z. B. erhalten. Marchand hat Hessengehirne in Marburg gevrogen. Er diskutiert eingangs die m\u00f6glichen Fehlerquellen, Todesursache etc. Interessant ist gleich, dafs der Koeffizient, welcher sich aus K\u00f6rperl\u00e4nge und Hirngewdcht ergiebt, so gering schwankt, dafs man ihn vernachl\u00e4ssigen kann. Im ganzen ist aber doch das mittlere Hirngewdcht bei M\u00e4nnern und Frauen unter Mittelgr\u00f6fse etw-as niedriger, als das normal grofser Individuen. Die gr\u00f6fsten Schwankungen zeigt das Hirngewicht der Neugeborenen und der Kinder im ersten Lebensjahre. Allm\u00e4hlich werden die Differenzen dann zwischen den einzelnen Individuen geringer. Bis zu einer K\u00f6rpergr\u00f6fse von 70 Zentner erfolgt die Gewichtszunahme des Gehirnes unabh\u00e4ngig von Lebensalter und Geschlecht, proportional dem K\u00f6rperwachstum. Von da ab ist sie unregelm\u00e4fsiger. Das anf\u00e4ngliche Hirngewicht von ca. 371 g bei m\u00e4nnlichen und 361 g bei weiblichen Kindern \u2014 leider kommen nur 24 Exemplare in Betracht \u2014 verdoppelt sich schon im Laufe der ersten 3/4 Jahre. Vor Ablauf des dritten Lebensjahres hat es sich verdreifacht. Aber nun erfolgt die Zunahme immer langsamer, bei M\u00e4nnern bis zum 19.\u201420. Jahr, bei Frauen noch langsamer als bei M\u00e4nnern. Bei den ersteren h\u00f6rt die Gewichtszunahme auch im 16.\u201418. Jahre auf, bei M\u00e4nnern erst ca. 2 Jahre sp\u00e4ter. Es scheint mir wahrscheinlich, dafs diese Verh\u00e4ltnisse andere sein k\u00f6nnen bei einem Materiale das sich nicht aus der k\u00f6rperlich arbeitenden Bev\u00f6lkerung, sondern","page":294},{"file":"p0295.txt","language":"de","ocr_de":"Literaturbericht.\n295\nsans den mehr geistig arbeitenden St\u00e4nden rekrutiert, die gerade von dieser Zeit ab ihr Gehirn besonders intensiv in Anspruch nehmen. Ebenso mufs, da vielleicht diese Zahlangaben von den Agitatoren pro und contra Frauen-\u25a0emanzipation benutzt werden, darauf hingewiesen werden, dafs es sich um -die geistig kaum arbeitenden M\u00e4dchen einer nicht gerade hochstehenden Landbev\u00f6lkerung handelt. Vielleicht werden, wenn einmal Material von geistig arbeitenden Frauen bekannt wird, f\u00fcr diese andere Zahlen herauskommen.\nAuch bei den Erwachsenen kommen recht betr\u00e4chtliche Schwankungen im Hirngewichte vor\nM\u00e4nner\t\tFrauen\t\n1300-1450 . . .\t50%\t1200\u20141350 . . .\t55 7 rt\n\u00fcber 1450 . . .\t30%\t\u00fcber 1350 . . .\t20%\nunter 1300 . . .\tCO o o o'\"\tunter 1200\t.\t.\t.\t25 %\nDas mittlere Hirngewicht betr\u00e4gt f\u00fcr M\u00e4nner \u2014- in 84 \u00b00 aller W\u00e4gungen \u2014 1250\u20141550 g, f\u00fcr Frauen in 91% 1100\u20141450.\nVon der K\u00f6rpergr\u00f6fse kann die kleinere Zahl bei Frauen nicht ab-h\u00e4ngen, denn das mittlere Hirngewicht der Weiber ist ohne Ausnahme geringer als das von M\u00e4nnern gleicher Gr\u00f6fse.\nDie senile Gewichtsabnahme des Gehirnes tritt bei verschiedenen Individuen sehr verschieden fr\u00fch auf, bei den M\u00e4nnern deutlich erst etwa im 80., bei den Frauen schon im 70. Lebensjahre. Doch m\u00f6chte ich hier erw\u00e4hnen, dafs die Untersuchungen \u00fcber den Schwund der Markscheiden in der Binde, ein Schwund, der sich durch unsere W\u00e4gungsmethoden allerdings noch nicht zu verraten braucht, bisher sehr viel fr\u00fchere Altersstufen \u25a0ergeben haben. Aber es liegt auch hier l\u00e4ngst noch nicht gen\u00fcgendes Material vor.\tEdinger (Frankfurt a. M.).\nHeinrich Matiegka. \u00dcber das Hirngewicht, die Sch\u00e4delkapazit\u00e4t und die Kopfform, sowie deren Beziehungen zur psychischen T\u00e4tigkeit des Menschen. I. \u00dcber das Hirngewicht des Menschen. Prag 1902. Verlag der kgl. b\u00f6hm. Gesellschaft der Wissenschaften. In Kommision bei Fr. Kivnac.\nVerf. untersucht in der vorliegenden Abhandlung den Einflufs von Alter, Geschlecht, K\u00f6rpergr\u00f6fse, Entwicklung der Muskulatur, Ern\u00e4hrungszustand, Geistesst\u00f6rung, Intelligenz, Beruf, Sch\u00e4delgr\u00f6fse und Form auf das Hirngewicht des Menschen. Die Arbeit hat deshalb besonderen Wert, weil sie auch die Bedeutung von fr\u00fcher wenig oder gar nicht studierten Faktoren er\u00f6rtert, und weil das ihr zu gr\u00fcnde gelegte Material einheitlich verarbeitet ist. Das Gehirn wurde immer in der gleichen Weise gewogen: Gehirne von Personen unter 20 Jahren aufser Acht gelassen, ebenso, wie Gehirne mit klinisch bedeutsamen oder nicht physiologischen substantiellen Ver\u00e4nderungen. Was \u00fcbrig blieb, wurde nach Geschlecht und Alter (in 2 Gruppen, \u00fcber und unter 60 Jahren) getrennt untersucht. 687 Gehirne Geistesgesunder, 331 Gehirne Geisteskranker werden verarbeitet. Der Gewichtsunterschied zwischen m\u00e4nnlichem und weiblichem Gehirn betrug 121 bezw. 151 g, je nachdem ob das pathologisch-anatomische Institut oder das Institut f\u00fcr gerichtliche Medizin das Material geliefert hatte. Mit Zunahme der K\u00f6rpergr\u00f6fse steigt das Hirngewicht an, wenn auch nicht in demselben","page":295}],"identifier":"lit33229","issued":"1903","language":"de","pages":"294-295","startpages":"294","title":"F. Marchand: \u00dcber das Hirngewicht des Menschen. Abhandl. der math.-phys. Klasse der K\u00f6nigl. S\u00e4chs. Gesellschaft der Wissenschaften 27 (4), 393-481","type":"Journal Article","volume":"32"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T15:51:23.983081+00:00"}