Open Access
{"created":"2022-01-31T15:34:16.795844+00:00","id":"lit33239","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane","contributors":[{"name":"Umpfenbach","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane 32: 346-347","fulltext":[{"file":"p0346.txt","language":"de","ocr_de":"346\nLiteraturbericht.\nM\u00fclleb. Kritische Beitr\u00e4ge znr Frage nach den Beziehungen des Stirnhirns zur Psyche. Allg. Zeitschr. f. Psychiatrie 59, 830\u2014884. 1902.\nM. will zun\u00e4chst nicht entscheiden, ob die Frontallappen eine besondere Bedeutung f\u00fcr die psychischen Funktionen besitzen, verwahrt sich aber auf das Entschiedenste gegen die Behauptung vieler, dafs die klinischen Erfahrungen bei Stirnhirntumoren f\u00fcr die Lokalisation psychischer Qualit\u00e4ten in das Stirnhirn sprechen. Es ist sehr schwer zu entscheiden, was im einzelnen Fall Folge des Tumors, was Folge der Allgemeinwirkung des Herdes ist. Es mufs streng z. B. zwischen Demenz und Benommenheit unterschieden werden. Ein Tumor kann auch bei bestehender oder erworbener neuropathischer Disposition eine Psychose ausl\u00f6sen. Initiale psychische St\u00f6rungen finden sich auch bei Tumoren anderer Hirnprovinzen. M. stellt 22 Beobachtungen zusammen von Stirnhirntumoren eines oder beider Frontallappen, woraus sich ergibt, dafs auch bei doppelseitigen Affektionen ein gesetzm\u00e4fsiges, fr\u00fchzeitiges und intensiveres Auftreten psychischer Alteration keineswegs konstatiert werden kann. In vielen F\u00e4llen l\u00e4fst sich nur, wie bei Tumoren anderer Hirngegenden, eine gewisse Benommenheit nachweisen. Das oft auffallend rasche Schwinden der psychischen Symptome nach operativer Entfernung der Stirntumoren spricht daf\u00fcr, dafs diese St\u00f6rungen nicht Lokal- sondern Allgemeinsymptome waren, es handelt sich nicht um Ausfallerscheinungen. Wenn wirklich psychische Symptome h\u00e4ufiger bei Stirnhirntumoren als bei anderen Hirntumoren beobachtet werden, so mag dies daran liegen, dafs die Tumoren der Frontallappen sehr h\u00e4ufig eine auffallende Gr\u00f6fse erreichen, dafs dieselben durchschnittlich eine relativ lange Krankheitsdauer bedingen, in klinischer und pathologisch-anatomischer Beziehung. Beide Eigenschaften bedingen wiederum eine intensivere Sch\u00e4digung der Grofshirnrinde, deren klinisches Symptom eine besondere H\u00e4ufigkeit und Deutlichkeit psychischer Erkrankungen sein m\u00fcssen. Fbiedmaxtsts Versuche haben von neuem bewiesen, dafs nach Grofshirnl\u00e4sion auftretende psychische Anomalien nicht auf die lokale Verletzung dieses oder jenes Hirnlappens, sondern auf diffuse Sch\u00e4digung des Cortex zu beziehen sind. Es bleibt immerhin m\u00f6glich, dafs eine gewisse lokale F\u00e4rbung je nach der Verletzung dieses oder jenes Gehirnteils besteht. M. hat keine auch nur einigermafsen einwandfreie Belege gefunden, welche f\u00fcr die Annahme engerer Wechselbeziehungen","page":346},{"file":"p0347.txt","language":"de","ocr_de":"Literaturbericht.\n347\nzwischen der rechten oder linken Hemisph\u00e4re, dieses oder jenes Stirnhirnbezirkes und der Psyche oder einzelner psychischer Qualit\u00e4ten andererseits berechtigen. Das anatomische Substrat der seelischen Prozesse ist nicht das Stirnhirn, sondern das ganze Gehirn, zumindest das ganze Grofshirn, M. kann sich aber auch der M\u00f6glichkeit nicht verschliefsen, dafs bei L\u00e4sion umschriebener Territorien, die durch diffuse Alterationen der Grofshirn-rinde bedingte psychische St\u00f6rung einige von der topischen Lage des Herdes abh\u00e4ngige mehr oder minder charakteristische Z\u00fcge auf weisen kann. Die psychischen St\u00f6rungen bei Hirntumoren sind nur echte Allgemeinerscheinungen.\tUmpfenbach.\nKibchhoef. Die H\u00f6henmessung des Kopfes, besonders die Ohrh\u00f6he. Allgemeine Zeitschr. f. Psychiatrie 59, 363\u2014389. 1902.\nKopfruafse und Sch\u00e4delmafse sind nicht identisch; sie weichen in bestimmter und ann\u00e4hernd bestimmbarer Weise voneinander ab. K. hat gefunden, dafs, was L\u00e4nge und Breite anlangt, die Sch\u00e4delmafse 1/.2\u20143/4 cm geringer sind. Die Durchmessermafse sind wertvoller als die Umfangs-mafse. Letztere sind schwer exakt zu bekommen, namentlich wegen der Haare. Deshalb ist auch ein Teilmafs des Kopfes wichtiger, die Ohrstirnlinie. Der Ausgangspunkt f\u00fcr Ohrstirn- und Ohrhinterhauptslinie ist das \u00e4ufsere Ohrloch. Virchow erkl\u00e4rte, dafs die Lage des \u00e4ufseren Geh\u00f6rganges viel gr\u00f6fserer Variation unterliegt als die irgend eines anderen in Betracht kommenden Mefspunktes. Die Differenz der Sch\u00e4dell\u00e4nge bei Dolicho-cephalen und Brachycephalen betrifft mehr die Ohrhinterhauptslinie. Der vordere Teil des Sch\u00e4dels unterliegt ungleich geringeren Schwankungen. Da Lang- und Kurzsch\u00e4del dieselbe Intelligenz zeigen, scheint nicht die L\u00e4nge, sondern die H\u00f6he des Sch\u00e4dels gr\u00f6fsere Bedeutung zu beanspruchen. Die Verbindungslinie der hinteren R\u00e4nder der Ohr\u00f6ffnungen f\u00e4llt in vertikaler Richtung nicht viel vor oder hinter die Mitte der Gelenkforts\u00e4tze des Hinterhauptbeines. K. bezeichnet als Ohrebene eine Ebene, die senkrecht auf die Horizontalebene durch die Ohrachse gelegt wird; sie enth\u00e4lt auch die Ohrh\u00f6he. Das sog. Basion liegt im Durchschnitt fast 1 cm vor dieser Ebene. Vom Basion aus wird die Sch\u00e4delh\u00f6he gemessen. Der Teil der H\u00f6he zwischen Basion und Ohrachse ist eine nahezu konstante Gr\u00f6fse bei normalen und pathologischen Sch\u00e4deln. K. will daf\u00fcr eine Gr\u00f6fse von 2 cm als normal annehmen; hat dieselbe auch bei Mikro-und Hydrocephalen gefunden. Ohrh\u00f6he -j- 2 cm ist demnach = Kopfh\u00f6he, bei den Erwachsenen berechnet, gleich bei M\u00e4nnern und Frauen. Das Ohrloch hat durchweg eine konstante H\u00f6henlage, das Ohr kann h\u00f6chstens mal tiefer als normal sitzen. Beim Embryo r\u00fcckt die \u00e4ufsere Ohr\u00f6ffnung von unten nach oben hinauf. Ohrstirnlinie zu Ohrhinterhauptslinie verhalten sich normal 30: 24, bei den dementen Epileptikern z. B. wTie 30:20. Bei Kindern sind beide Linien ann\u00e4hernd gleich, bei Erwachsenen ist dies selten, z. B. bei Kant. Dolichocephalen, wo die Ohrhinterhauptslinie relativ grofs ist, scheinen besonders oft geistig sehr begabt zu sein. Die Ohrebene schneidet die Stammganglien fast in der Mitte. Degenerierte zeigen eine relativ geringe Kopfh\u00f6he. Das Abtasten der Knochenn\u00e4hte am Lebenden h\u00e4lt K. f\u00fcr sehr unsicher. K\u00fcnstliche Mifsstaltungen des Sch\u00e4dels bleiben ohne nennens-","page":347}],"identifier":"lit33239","issued":"1903","language":"de","pages":"346-347","startpages":"346","title":"M\u00fcller: Kritische Beitr\u00e4ge zur Frage nach den Beziehungen des Stirnhirns zur Psyche. Allg. Zeitschr. f. Psychiatrie 59, 830-884. 1902","type":"Journal Article","volume":"32"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T15:34:16.795850+00:00"}