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{"created":"2022-01-31T16:35:36.749479+00:00","id":"lit33255","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane","contributors":[{"name":"Meyer, Max","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane 32: 366-367","fulltext":[{"file":"p0366.txt","language":"de","ocr_de":"366\nLiteraturbericht.\nEduard Martinas. Psychologische Untersuchungen \u00fcber Pr\u00fcfen und Klassifizieren. \u201e \u00d6sterreichische Mittelschule\u201c 14 (2 u. 3). 1900. Auch separat :\nWien, A. Holder, 1900. 19 S.\n* * \u2022\nDie vorliegenden Untersuchungen bilden den Inhalt eines Vortrages, den der Verf. Ostern 1900 in der ersten Vollversammlung des VII. deutsch\u00f6sterreichischen Mittelschultags in Wien gehalten hat. Ausgehend von der Tatsache, dafs h\u00e4ufige Pr\u00fcfungen in \u00d6sterreich mehr noch als in Deutschland an der Tagesordnung sind, wirft der Verf. die Frage auf, welche Evidenz den Pr\u00fcfungsresultaten beigemessen werden d\u00fcrfe. Er gelangt dabei zu einem wesentlich negativen Resultate. Bei der Untersuchung, ob und in welchem Grade eine bestimmte Disposition in einem Sch\u00fcler vorhanden sei, sind wir darauf angewiesen, dadurch, dafs wir gewisse Leistungen provozieren, jene Disposition indirekt zu ermitteln. Wir k\u00f6nnen nicht mit Sicherheit von der Gr\u00f6fse der Leistung auf diejenige der Disposition schliefsen ; gehen wir nicht bis zur oberen Grenze der Leistung, so untersch\u00e4tzen wir die guten Sch\u00fcler, gehen wir so weit, so stehen wir der Gefahr der \u00dcberanstrengung gegen\u00fcber. Ferner gibt es f\u00fcr die Leistungen keine feste Mafseinheit, auch durch gewisse Zonen, wie \u00fcblich, l\u00e4fst sich das Kontinuum der Sch\u00fclerleistungen nur mit vagen Grenzen einteilen.\nAufser den St\u00f6rungen intellektueller Leistungen durch Gef\u00fchlstatbest\u00e4nde, ergeben sich Fehler durch den Standpunkt des Beurteilers. Der objektive, absolute Standpunkt f\u00fchrt zur Grausamkeit, der relative und der individualisierende Standpunkt f\u00fchrt leicht zum anderen Extrem. Auch der ethische Standpunkt, der den Fleifs in Anschlag bringt, kann exakte Resultate nicht liefern. Im allgemeinen werden sich bei der Beurteilung mehrere von diesen Standpunkten vermengen. Schon die Skala der Benennungen zeigt dies; z. B. liegt in \u201elobenswert\u201c und in \u201ebefriedigend\u201c eine ethische Wertsch\u00e4tzung, w\u00e4hrend durch \u201egen\u00fcgend\u201c der absolute Standpunkt vertreten wird. Der Verf. gelangt zu dem beherzigenswerten Resultat, dafs ein so unsicheres Verfahren nur mit Mafs und, wenn absolut notwendig, angewendet werden darf und dafs es von weit h\u00f6herem Werte ist, das Interesse des Sch\u00fclers f\u00fcr den Stoff zu heben, als des \u00f6fteren die Leistungen zu kontrollieren.\tWeiss (Grofs-Lichterfelde).\nT. L. Bolton. A Biological View of Perception. Psychol. Review 9 (6), 537\u2014548. 1902.\nVerf. beginnt mit der Behauptung, dafs ein wichtiger Bestandteil jeder Vorstellungst\u00e4tigkeit bisher allgemein vernachl\u00e4ssigt worden sei. Der Beschreibung einer Vorstellung als eines Empfindungskomplexes setzt er die folgende entgegen: \u201eVorstellung ist eine Stellungnahme zu einem Objekt ebensowohl als ein Empfindungskomplex.\u201c Die niedrigste Art der Vorstellung ist eine unbewufste T\u00e4tigkeit. In den niedrigeren Tierformen ist Vorstellung gleichbedeutend mit Instinkt. Rieht Farbe und Form sind f\u00fcr einen Frosch die wichtigsten Bestandteile der Vorstellung Schlange oder Fliege, sondern seine eigenen Reaktionen, die durch die Empfindungen ausgel\u00f6st werden. Unterscheidung von Einzelheiten ist nicht die Ursache verschiedener Reaktionen gegen\u00fcber Objekten, die im allgemeinen \u00e4hnlich sind; sondern die verschiedenen Reaktionen f\u00fchren zu verschiedenen Er-","page":366},{"file":"p0367.txt","language":"de","ocr_de":"Literaturbericht.\n367\ngebnissen in dem Befinden des Tieres, und diese Ergebnisse sind die Ursache der Unterscheidung der Einzelheiten in den Objekten. Entwicklungs-geschichtlich betrachtet: Diejenigen Individuen, in denen die geringsten Verschiedenheiten \u00e4hnlicher Objekte die mannigfaltigsten Reaktionen hervorrufen, haben die meisten Chancen eine Reaktion zu finden, die den Verh\u00e4ltnissen angepafst ist; erst sp\u00e4ter werden jene feineren Unterschiede zu Bewufstseinstatsachen. Verf. geht wohl etwas zu weit, wenn er behauptet, dafs die Unf\u00e4higkeit der Idioten, einem einzelnen Objekt l\u00e4ngere Zeit ununterbrochen Aufmerksamkeit zu schenken, darin bestehe, dafs der Mechanismus, vermittels dessen in normalen Personen die Sinnesorgane den Objekten sich anpassen, unvollkommen ausgebildet sei. D. h., Idiotismus ist eine Form von Atavismus. Dem Ref. scheint dieser Schlufs \u00fcbereilt. Es sind doch wohl noch andere Erkl\u00e4rungen des Idiotismus m\u00f6glich.\nMax Meyer (Columbia, Missouri).\nG. A. Tawney. Feeling and Seif \u2022 Awareness. Psychol. Review 9 (6), 570\u2014596. 1902.\nVerf bek\u00e4mpft die Annahme, dafs Gef\u00fchle und Gedanken gesonderte Existenz bes\u00e4fsen, und auch die Theorie, wonach Gef\u00fchle die urspr\u00fcnglichsten Bewufstseinszust\u00e4nde seien, aus denen sich allm\u00e4hlich andere Bewufstseinszust\u00e4nde entwickelt h\u00e4tten. Selbstbewufstsein ist entweder unmittelbares oder reflektierendes Selbstbewufstsein. Letzteres besteht in der Klassifikation des eigenen Selbst zusammen mit anderen Selbsts der gleichen Art. Alle Gef\u00fchle gewinnen soziale Bedeutung, Allgemeing\u00fcltigkeit, durch Reflexion; sie werden dadurch in ideale Gem\u00fctsbewegungen \u00fcbergef\u00fchrt, auf denen \u00c4sthetik, Ethik, Religionswissenschaft und Logik beruhen.\tMax Meyer (Columbia, Missouri).\nJ. Chazottes. Le eonflit actnel de la science et de la philosophie dans la psychologie. Rev. philos. 54 (9), 249\u2014259. 1902.\nDer Verf. geht aus von der Forderung, die er f\u00fcr berechtigt erkl\u00e4rt, kiafs die Psychologie, wie vor ihr die anderen Wissenschaften, sich von der allgemein philosophischen Behandlung der Dinge losmache und eine eigene positive Wissenschaft werde. Die Erfahrung zeigt, dafs diese Forderung in der Praxis der Psychologie besonders schwer durchzuf\u00fchren ist, um die Durchf\u00fchrung zu erm\u00f6glichen, bedarf es vor allem einer klaren Definition der Psychologie, die sie von der Philosophie und von den anderen positiven Wissenschaften klar zu unterscheiden gestattet. Diese Definition findet Ch. in folgenden Bestimmungen : Das Sein, das die Wissenschaft erforscht, kann betrachtet werden als das Sein schlechtweg (l\u2019\u00eatre en tant qu\u2019\u00eatre), das den Gegenstand der Philosophie ausmacht, und als das so oder so bestimmte Sein, ein Ausdruck, mit dem der Verf. das gegebene sinnliche Material bezeichnet. Das sinnliche Material ist wiederum einmal zu untersuchen als dies unmittelbar Gegebene, an dessen Existenz wir nicht zweifeln k\u00f6nnen: insoweit ist es Gegenstand der Psychologie, und zweitens als Zeichen einer erschlossenen physischen Welt: insofern f\u00e4llt die Untersuchung den physischen Wissenschaften zu. Endlich ist alles Gegebene, wenn wir es rein f\u00fcr sich betrachten, Bewufstseinsinhalt und da die Untersuchung des","page":367}],"identifier":"lit33255","issued":"1903","language":"de","pages":"366-367","startpages":"366","title":"T. L. Bolton: A Biological View of Perception. Psychol. Review 9 (6), 537-548. 1902","type":"Journal Article","volume":"32"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T16:35:36.749485+00:00"}