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{"created":"2022-01-31T16:32:47.616080+00:00","id":"lit33264","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane","contributors":[{"name":"Kreibig","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane 32: 375-376","fulltext":[{"file":"p0375.txt","language":"de","ocr_de":"Literaturbericht.\n375\nS. R. Steinmetz. Die Bedeutung der Ethnologie f\u00fcr die Soziologie. Vierteljahrsschrift f\u00fcr wissenschaftliche Philosophie und Soziologie 26, N. F. 1 (4), 423-446. 1902.\nDie theoretische Soziologie definiert der Verf. \u201eals die Theorie der sozialen Erscheinungen in ihrem ganzen Umfange\u201c (426). N\u00e4her ausgef\u00fchrt w\u00fcrde ihr Gebiet also umfassen \u201edie Lehre von der Zusammensetzung, der Gestalt, den Funktionen, der Entwicklung und den Krankheiten der menschlichen Gruppierungen\u201c, wonach die bereits fortgeschrittene \u00d6konomik einen Teil der Soziologie bilden w\u00fcrde. Die Ethnographie liefert entscheidend wichtiges Material f\u00fcr die allgemeine Soziologie ; sie ist \u201edie Soziologie der kulturlosen V\u00f6lker\u201c (433). Wie wichtig die letztere f\u00fcr die Erkenntnis der Entwicklungsregelm\u00e4fsigkeiten werden kann, zeigen die bisherigen vergleichenden Studien. Guizot wies die weitgehende Analogie zwischen den alten Germanen und den Irokesen Amerikas (im 17. Jahrhundert) nach; Mallery zeigte die \u00dcbereinstimmung der Anschauungen bei den nordamerikanischen Indianern und den Alt - Israeliten auf ; die moderne \u201eFolklore\u201c-Literatur endlich besch\u00e4ftigt sich mit der Darlegung, \u201edafs die Gedanken und Gebr\u00e4uche unserer zur\u00fcckgebliebenen Bev\u00f6lkerungsteile (das Folklore) bei den heutigen Naturv\u00f6lkern aktuelle Realit\u00e4t sei.\u201c Der Ethnologie wird in Zukunft obliegen, im Anschl\u00fcsse an den Vergleich der heutigen Naturv\u00f6lker mit den Ahnen unserer Kulturnationen im einzelnen aufzudecken, ob die Verschiedenheit der erreichten Reifestufen in der urspr\u00fcnglich gegebenen Begrenzung der Entwicklungsf\u00e4higkeit, in \u00e4ufseren geographischen und historischen Umst\u00e4nden oder in einer Kombination beider Ursachen zu suchen sei.\nMit grofser Lebhaftigkeit tritt der Verf. f\u00fcr die Errichtung von Universit\u00e4tslehrkanzeln f\u00fcr Soziologie und f\u00fcr Ethnographie ein, ein Desk derium, dem wir volle Berechtigung zuerkennen.\tKreibig (Wien).\nH. A. Carr. The Survival Values of Play. Investigations of Psychology and Education of the University of Colorado 1 (2), 1\u201447. 1902.\n\u2014 A Statistical Study of Education in the West. Ebenda 49\u201478.\na) Die erste der beiden Studien handelt von den \u201e\u00dcberlebenswerten\u201c des Spiels, worunter der Verf. die Ursache der fortdauernden Lebensf\u00e4higkeit des Spiels als Erziehungsfaktor meint. Die Studie beginnt mit einer kurzen Charakteristik der SpENCERschen Auffassung des Spiels \u201eals einer Entladung von Energie\u00fcbersch\u00fcssen\u201c und der \u00e4sthetischen T\u00e4tigkeit als der Bl\u00fcte des Spieltriebes (Mr. Carr bezweifelt, dafs Spencer bewufst an Schiller angekn\u00fcpft habe).\nSodann setzt der Verf. die Lehre K. Groos\u2019 auseinander, aus welcher er namentlich die Gedanken, dafs das Spiel eine Vor\u00fcbung f\u00fcr wichtige Lebensvorrichtungen des reifen Individuums sei und ausnahmslos einem angeborenen Instinkte entspringe, heraushebt. Gegen Groos\u2019 Instinkthypothese verh\u00e4lt sich Mr. Carr entschieden ablehnend. Groos habe den Instinkt physiologisch als ererbten Besitz an verkn\u00fcpften Gehirnbahnen definiert und damit eine reiche Klasse von Nachahmungsspielen unerkl\u00e4rt gelassen, da die letzteren eine unbegreifliche F\u00fclle verwickeltster Instinkte fordern w\u00fcrden.","page":375},{"file":"p0376.txt","language":"de","ocr_de":"376\nLiteraturbericht.\nDer Y erf. vertritt dagegen den Standpunkt, dafs die Spielbewegungen in ihrem Gegensatz zu den Arbeitsbewegungen begriffen werden m\u00fcfsten. Die Spielbewegungen seien spezielle Reaktionen, die haupts\u00e4chlich durch innere Momente des Spielenden bestimmt w\u00fcrden, durch die Lust an der Abwechslung, Anregung und der eigenen Initiative, wozu weiter das Merkmal der launenhaften und ungenauen Durchf\u00fchrung trete. Die Arbeitsaktivit\u00e4t andererseits sei von aufsen her kausiert und bedeute eine Anpassung an \u00e4ufsere Umst\u00e4nde und Notwendigkeiten, sowohl ihrem Inhalte als ihrer Durchf\u00fchrung nach. Als allgemeine (d. h. der Spiel- und Arbeitsaktivit\u00e4t gemeinsame) N\u00fctzlichkeiten der Spielbet\u00e4tigung behandelt der Verf. im einzelnen 1. den vergn\u00fcglichen Zeitvertreib, 2. die Katharsis, 3. die Erleichterung (oder Entspannung), 4. den Wiederersatz verbrauchter Energie, 5. die Ein\u00fcbung, 6. die erziehliche Wirkung (\u00dcbung, Organisation der Instinkte und Gewohnheiten, Mitteilung des sozialen Erbes) und 7. die soziologischen N\u00fctzlichkeiten.\nDie Katharsis ist f\u00fcr den Verf. \u201edie reinigende Abfuhr von solcher Energie, welche antisozial wirken k\u00f6nnte\u201c.\nDie ausschliefslich dem Spiel eigent\u00fcmlichen Momente sind nach den Ausf\u00fchrungen des Verf. die relative Leichtigkeit der Bewegungsreaktionen, das \u00fcberfl\u00fcssig grofse Aktivit\u00e4tsausmafs, die vergleichsweise betr\u00e4chtliche Intensit\u00e4t der Reaktion, die Tendenz zum weiteren Steigern und Entwickeln dieser Energieausgaben und endlich die Unbest\u00e4ndigkeit und Abwechslungstendenz in den reaktiven \u00c4ufserungen. Vielleicht das lesenswerteste Kapitel ist das letzte \u00fcber das Spiel als Erziehungsmittel, welches die sozial n\u00fctzlichen Ausschaltungen, Anpassungen und Ausbildungen im Wege planvoller Spielbeeinflussung bespricht. Die Studie zeigt eine \u2014 bei solchen Abhandlungen selten anzutreffende \u2014 Strammheit der Gedankengliederung und eine bemerkenswerte Beherrschung der physiologischen Details.\nF\u00fcr unsere wissenschaftlichen Interessen minder wichtig ist die zweite Gabe der Publikation, eine \u201estatistische Studie \u00fcber das Erziehungswesen im westlichen Amerika\u201c. Um hier irgendwelche vergleichende Schl\u00fcsse zu gewinnen, m\u00fcfste man die deutsche Statistik des Schulwesens m\u00fchselig nach den Gesichtspunkten des Verf. umarbeiten, was nur Sache eines speziellen Interessenten sein k\u00f6nnte. Eine rasche \u00dcbersicht \u00fcber das Material im allgemeinen liefert das Summarium (S. 78), das Mr. Carr der Studie am Schl\u00fcsse beigef\u00fcgt hat.\tKreibig (Wien).","page":376}],"identifier":"lit33264","issued":"1903","language":"de","pages":"375-376","startpages":"375","title":"H. A. Carr: The Survival Values of Play. Investigations of Psychology and Education of the University of Colorado 1 (2), 1-47. 1902 / - A Statistical Study of Education in the West. Ebenda 49-78","type":"Journal Article","volume":"32"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T16:32:47.616086+00:00"}