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{"created":"2022-01-31T14:53:19.712865+00:00","id":"lit33279","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane","contributors":[{"name":"Giessler","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane 32: 434-436","fulltext":[{"file":"p0434.txt","language":"de","ocr_de":"434\nLiteraturbericht.\nWenn Verf. am Schl\u00fcsse in Konsequenz seiner Anschauung die schmerzstillende Wirkung des Atropins hei Blepharospasmus bestreitet und daher seine Darreichung bei skrophul\u00f6sen Ophthalmien verwirft, so stellt er sich in Widerspruch zu der wohl \u00fcbereinstimmenden Erfahrung der Mehrzahl seiner Fachgenossen.\tCrzellitzer (Berlin).\nOh. Dunan. La perception des corps. Rev. philos. 58 (4), 360\u2014380; (6), 569\u2014597. 1902.\nD. sucht zun\u00e4chst eine Vereinbarung herzustellen zwischen Nativisten und Empiristen, indem er sagt: Unmittelbar nehmen wir von einem K\u00f6rper nur die Farbe und die Ausdehnung als solche wahr, dagegen ist zum Erkennen seiner Dimensionen eine besondere Messung n\u00f6tig. Einem Blindgeborenen wurden nach seiner Operation zwei Rechtecke aus weifsem Papier pr\u00e4sentiert von derselben Grundlinie aber verschiedenen H\u00f6hen. Er empfand erst die Verschiedenheit, konnte aber nicht feststellen, welches das gr\u00f6fsere sei. Ebenso skeptisch steht Verf. der Ansicht gegen\u00fcber, dafs wir Teile des Raumes sukzessive erfassen und nicht simultan. Die M\u00f6glichkeit, welche ich habe, einen Raum von A nach Z und umgekehrt von Z nach A zu durchlaufen, l\u00e4fst mich urteilen, dafs alle zwischenliegenden Elemente nicht nur in dem Augenblicke, wo ich sie erfasse, sondern permanent vorhanden sind. Auch w\u00fcrde das blofse Wahrnehmen einer Sukzession ohne Zusammenfassung nicht die Vorstellung der Ausdehnung liefern. Also die Berichte des Muskelsinnes, welcher die einzelnen Lagen unseres K\u00f6rpers beim Durchmessen erfafst, spielen bei r\u00e4umlichen Wahrnehmungen nicht die Rolle, wTelche ihnen namentlich die Engl\u00e4nder zu erteilen, sondern vorherrschend der Gesichts- und Tastsinn. Nach Verf. ist der Raum eine unbestimmte aber endliche Ausdehnung. Hiermit vermeidet er die Ungereimtheiten der Empiristen, welche den Raum aus unteilbaren Punkten, und die der Nativisten, welche ihn aus unteilbaren Ausdehnungen zusammensetzen wollen. Nach Verf. messen wir die ebenen Ausdehnungen, indem wir bestimmte Mafseinheiten zur Anwendung bringen. Es fragt sich, ob das Erfassen der Tiefenausdehnung auch unmittelbar ist, wie das der Fl\u00e4chenausdehnung. Jedenfalls, denn wir k\u00f6nnen uns keine Ebene ohne eine gewisse Dicke vorstellen. Dunan ist mit Berkeley dar\u00fcber einig, dafs die r\u00e4umliche Wahrnehmung mit Hilfe eines Sinnes erfolgt. Jedoch ist dies nach D. der Gesichtssinn, nach B. der Tastsinn.\nEs fragt sich nun, wfie Farbe, Widerstand und die anderen sensiblen Eigenschaften sich mit der Ausdehnung inkorporieren. Nach der Ansicht der Mechanisten ist die Ausdehnung mit der Bewegung eine prim\u00e4re Eigenschaft, welche unabh\u00e4ngig ist von jeder Empfindung, dagegen Farbe, Temperatur u. s. w. sind sekund\u00e4re Eigenschaften, welche empfindende Wesen voraussetzen, und welche erst durch die Aktion der prim\u00e4ren auf unsere Organe zu Tage treten. Verf. macht an dieser Theorie mancherlei Ausstellungen und entwickelt im Anschlufs daran seine eigene, wonach die Vereinigung der sensiblen Eigenschaften mit der Ausdehnung etwas Primitives, Notwendiges ist und auf einem notwendigen Gesetze der Natur be-","page":434},{"file":"p0435.txt","language":"de","ocr_de":"Li ter a turberich t.\n435\nruht, nach dem es keine Qualit\u00e4t ohne Ausdehnung, noch Ausdehnung ohne Qualit\u00e4t gibt. D. argumentiert dabei folgendermafsen :\nDie notwendige und hinreichende Bedingung f\u00fcr die Lokalisation eines Ph\u00e4nomens besteht darin, dafs man ihm eine Stellung in Beziehung zu allen Teilen des Raumes anzuweisen vermag und folglich zu allen Ph\u00e4nomenen des Alls. Diese Lokalisation ist jedoch nichts Sukzessives, sondern eine unzeitliche Intuition. Diese wirkliche absolute Lokalisation ist dem empirischen Bewufstsein fremd. Hier handelt es sich nur um die relative. Doch ist jene die notwendige Bedingung von dieser. Denn wenn unsere Empfindungen nicht primitiv lokalisiert w\u00e4ren in Bezug auf den Totalraum, so w\u00fcrden sie nicht die Form der Ausdehnung annehmen und folglich sich nicht konstituieren. Also die Idee des Absoluten braucht bei den Erkl\u00e4rungen der ph\u00e4nomenalen Natur nicht mitzuspielen, aber man versteht innerhalb der ph\u00e4nomenalen Natur nichts aulser im Lichte des Absoluten. Demnach mufs es m\u00f6glich sein, innerhalb des Sensiblen das formelle Element zu ihrer Erkl\u00e4rung zu finden. Verf. formuliert zwei Gesetze: 1. Jede Empfindung, welche f\u00e4hig ist, den Charakter der Objektivit\u00e4t anzunehmen, nimmt die Form der Ausdehnung an, 2. jede Empfindung, welche f\u00e4hig ist, den Charakter der Objektivit\u00e4t anzunehmen, geht in den universellen Raum ein, inkorporiert sich daselbst und nimmt daselbst eine bestimmte Situation ein.\nZu den genannten objektivierbaren Empfindungen geh\u00f6ren vor allem die angeborenen Intuitionen: rechts und links, nach oben, nach unten, vorw\u00e4rts, r\u00fcckw\u00e4rts. Wir haben nie eine Empfindung, ohne sie zu lokalisieren, aber wir lokalisieren sie zumeist, ohne zu wissen wo. In unserem transzendentalen Bewufstsein nimmt eine neue Einsicht von selbst und unmittelbar ihren Platz, in unserem empirischen Bewufstsein erst, nachdem bestimmte Messungen, Vergleichungen, \u00dcberlegungen stattgefunden haben. In unserem transzendentalen Bewufstsein tragen wir den Raum als eine homogene Vielheit, deren Elemente differentiiert, aber koordiniert sind. Jeder Gegenstand ist durch ein Lokalzeichen charakterisiert. Die Lokalzeichen sind also nach D. Bestimmungen a priori, \u00e4hnlich wie die Intuitionen rechts, links u. s. w. (abweichend von Lotzes Lokalzeichentheorie), welche das transzendentale Bewufstsein dem empirischen auferlegt, und wTelche letzterem die Bildung von Empfindungen gestatten.\nEs fragt sich, in welcher Weise die Lokalisierung unserer Empfindungen von statten geht. Wir sehen die Farben zun\u00e4chst unbestimmt in den Raum projektiert, nicht in bestimmte Entfernungen, sondern nach der Art, wie wir unsere Empfindungen in die Vergangenheit verlegen. Erst allm\u00e4hlich nehmen sie relative Lage an. Die \u00fcbrigen Empfindungen erhalten von den visuellen Empfindungen ihre extensive Form. Daher erscheint uns eine kolorierte Ausdehnung gleichzeitig kalt oder warm, glatt oder rauh u. s. w. Diese n\u00e4heren Bestimmungen finden wir durch Betasten. F\u00fcr uns ist die Welt der K\u00f6rper eine Realit\u00e4t, welche in dem transzendentalen Bewufstsein jedes Individuums gegeben ist. Die Kenntnisnahme ist nichts anderes als der \u00dcbergang, welcher sich vollzieht vom\n28*","page":435},{"file":"p0436.txt","language":"de","ocr_de":"436\nLiteraturbericht.\ntranszendentalen Be wurstsein zum empirischen. Wir tragen die Dinge bereits in uns, ohne es zu wissen, und wir entdecken sie nur.\nNun gibt es aber auch falsche Perzeptionen, z. B. die Halluzinationen. Dies liegt daran, dafs bei den betreffenden Individuen die Welt des transzendentalen Bewufstseins unzusammenhjingende Empfindungen enth\u00e4lt und solche, welche mit denen normaler Menschen nicht zusammenstimmen.\nGiessler (Erfurt).\nC. Pulfrich. \u00dcber eine Pr\u00fcfungstafel f\u00fcr stereoskopisches Sehen. Zeitschr. f. Instrumentenkunde (9), 249. 1901.\nWenngleich diese Tafel im wesentlichen dem praktischen Zweck dienen soll, die Bef\u00e4higung verschiedener Personen zur sicheren Beobachtung mit dem steroskopischen Entfernungsmesser der Firma Zeiss-Jena zu pr\u00fcfen, so bietet dieselbe doch auch wegen ihrer geschickt gew\u00e4hlten Anordnung und ihrer \u00e4ufserst sorgf\u00e4ltigen Ausf\u00fchrung wissenschaftliches Interesse. Die Tafel ist auf photographischem Wege hergestellt und enth\u00e4lt 7 Gruppen von einfachen Figuren und Strichsystemen, deren binokulare Betrachtung Tiefenunterschiede verschiedener Gr\u00f6fsenordnung erkennen l\u00e4fst. Die Tafel l\u00e4fst sich daher aufser zur \u00dcbung in Verwertung stereoskopischer Tiefenunterschiede auch zu quantitativen Untersuchungen \u00fcber den Entwicklungsgrad des Tiefensehens verwenden. Verf. betont, dafs man an der Hand der auf der Tafel gezeichneten Figuren leicht nachweisen kann, dafs gut stereoskopisch sehende Augen Tiefenunterschiede von 10 Winkelsekunden und weniger erkennen k\u00f6nnen. Die Angaben stimmen gut mit den von Heine und dem Ref. gemachten \u00fcberein.\tW. A. Nagel (Berlin).\nHugo Wolff. \u00dcber die Skiaskopietheorie, skiaskopische Refraktionsbestimmung and \u00fcber mein elektrisches Skiaskopophthalmometer, nebst Bemerkungen \u00fcber die Akkommodationslinie und die sph\u00e4rische Aberration des Auges. Berlin, S. Karger, 1903. 60 S.\nDie Monographie Wolffs ist der Skiaskopie gewidmet, welche sich zur Refraktionsbestimmung des Auges derjenigen mit Hilfe des aufrechten Bildes durch den Augenspiegel neuerdings immer mehr als ebenb\u00fcrtig, wenn nicht als \u00fcberlegen erweist. Wenn es auch in der Natur des behandelten Gegenstandes liegt, dafs er sich wesentlich an das Interesse der Augen\u00e4rzte wendet, so verdient doch die von Wolff durchgef\u00fchrte Behandlung der skiaskopischen Ph\u00e4nomene als eines rein physikalischoptischen Problems auch die Beachtung der Physiologen. Dem \u201eAnf\u00e4nger\u201c scheint der Verf. allerdings nach der Erfahrung des Ref. etwas zuviel zuzutrauen, wenn er die optimistische Meinung hegt, dafs das Verhalten der von Konkav- und Planspiegeln entworfenen Lichtbilder \u201ejedem Gebildeten bekannt\u201c sind.\tG. Abelsdorff (Berlin).\nViktor Goldschmidt. \u00dcber Harmonie und Komplikation. Berlin 1901, Julius Springer, 136 S.\nVerf. versucht das krystallographische Gesetz der Komplikation, welches die Neigung, Gr\u00f6fse und Rangordnung abgeleiteter Fl\u00e4chen in","page":436}],"identifier":"lit33279","issued":"1903","language":"de","pages":"434-436","startpages":"434","title":"Ch. Dunan: La perception des corps. Rev. philos. 53 (4), 360-380; (6), 569-597. 1902","type":"Journal Article","volume":"32"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T14:53:19.712870+00:00"}