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{"created":"2022-01-31T16:31:23.589908+00:00","id":"lit33282","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane","contributors":[{"name":"Hornbostel","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane 32: 436-438","fulltext":[{"file":"p0436.txt","language":"de","ocr_de":"436\nLiteraturbericht.\ntranszendentalen Be wurstsein zum empirischen. Wir tragen die Dinge bereits in uns, ohne es zu wissen, und wir entdecken sie nur.\nNun gibt es aber auch falsche Perzeptionen, z. B. die Halluzinationen. Dies liegt daran, dafs bei den betreffenden Individuen die Welt des transzendentalen Bewufstseins unzusammenhjingende Empfindungen enth\u00e4lt und solche, welche mit denen normaler Menschen nicht zusammenstimmen.\nGiessler (Erfurt).\nC. Pulfrich. \u00dcber eine Pr\u00fcfungstafel f\u00fcr stereoskopisches Sehen. Zeitschr. f. Instrumentenkunde (9), 249. 1901.\nWenngleich diese Tafel im wesentlichen dem praktischen Zweck dienen soll, die Bef\u00e4higung verschiedener Personen zur sicheren Beobachtung mit dem steroskopischen Entfernungsmesser der Firma Zeiss-Jena zu pr\u00fcfen, so bietet dieselbe doch auch wegen ihrer geschickt gew\u00e4hlten Anordnung und ihrer \u00e4ufserst sorgf\u00e4ltigen Ausf\u00fchrung wissenschaftliches Interesse. Die Tafel ist auf photographischem Wege hergestellt und enth\u00e4lt 7 Gruppen von einfachen Figuren und Strichsystemen, deren binokulare Betrachtung Tiefenunterschiede verschiedener Gr\u00f6fsenordnung erkennen l\u00e4fst. Die Tafel l\u00e4fst sich daher aufser zur \u00dcbung in Verwertung stereoskopischer Tiefenunterschiede auch zu quantitativen Untersuchungen \u00fcber den Entwicklungsgrad des Tiefensehens verwenden. Verf. betont, dafs man an der Hand der auf der Tafel gezeichneten Figuren leicht nachweisen kann, dafs gut stereoskopisch sehende Augen Tiefenunterschiede von 10 Winkelsekunden und weniger erkennen k\u00f6nnen. Die Angaben stimmen gut mit den von Heine und dem Ref. gemachten \u00fcberein.\tW. A. Nagel (Berlin).\nHugo Wolff. \u00dcber die Skiaskopietheorie, skiaskopische Refraktionsbestimmung and \u00fcber mein elektrisches Skiaskopophthalmometer, nebst Bemerkungen \u00fcber die Akkommodationslinie und die sph\u00e4rische Aberration des Auges. Berlin, S. Karger, 1903. 60 S.\nDie Monographie Wolffs ist der Skiaskopie gewidmet, welche sich zur Refraktionsbestimmung des Auges derjenigen mit Hilfe des aufrechten Bildes durch den Augenspiegel neuerdings immer mehr als ebenb\u00fcrtig, wenn nicht als \u00fcberlegen erweist. Wenn es auch in der Natur des behandelten Gegenstandes liegt, dafs er sich wesentlich an das Interesse der Augen\u00e4rzte wendet, so verdient doch die von Wolff durchgef\u00fchrte Behandlung der skiaskopischen Ph\u00e4nomene als eines rein physikalischoptischen Problems auch die Beachtung der Physiologen. Dem \u201eAnf\u00e4nger\u201c scheint der Verf. allerdings nach der Erfahrung des Ref. etwas zuviel zuzutrauen, wenn er die optimistische Meinung hegt, dafs das Verhalten der von Konkav- und Planspiegeln entworfenen Lichtbilder \u201ejedem Gebildeten bekannt\u201c sind.\tG. Abelsdorff (Berlin).\nViktor Goldschmidt. \u00dcber Harmonie und Komplikation. Berlin 1901, Julius Springer, 136 S.\nVerf. versucht das krystallographische Gesetz der Komplikation, welches die Neigung, Gr\u00f6fse und Rangordnung abgeleiteter Fl\u00e4chen in","page":436},{"file":"p0437.txt","language":"de","ocr_de":"Liter aturbericht.\n437\nBezug auf die Hauptfl\u00e4chen zahlenm\u00e4fsig bestimmt, auf andere Gebiete zu \u00fcbertragen. Bei der Ableitung der Grundz\u00fcge einer musikalischen Harmonielehre geht er von der Voraussetzung aus, dafs ein Ton und seine Oktave und somit ein Akkord und seine Umkehrungen \u201eharmonisch gleichwertig\u201c seien. \u201eHarmonisch\u201c ist \u201eeine Gruppierung oder Gliederung, die unser Geist, als seinem Wesen und den Sinnen angepafst, dem Gem\u00fcte wohltuend aus der Welt der Erscheinungen ausgew\u00e4hlt oder, die Aufsen-welt ver\u00e4ndernd, schafft.\u201c Nimmt man einen Ton und seine Oktave, analog den Hauptfl\u00e4chen, zu Ausgangspunkten, so soll das Komplikationsgesetz die zwischenliegenden T\u00f6ne bestimmen: Die Tonkombinationen der gebr\u00e4uchlichen Akkorde sollen \u201eharmonischen Reihen\u201c der Krystallographie entsprechen, ebenso die Folgen der Grundt\u00f6ne der Akkorde in einigen analysierten Musikst\u00fccken. Die harmonischen Reihen sind mehr oder minder vollkommen symmetrisch. Die Mollleitern und -akkorde werden als Spiegelbilder (\u201efallende Harmonie\u201c) der Durkombinationen (\u201esteigende Harmonie\u201c) aufgefafst, wie es in \u00e4hnlicher Weise schon von v. Oettingen und Riemann vorgeschlagen worden ist. Zur Erkl\u00e4rung unserer diatonischen, chromatischen und enharmonischen Leitern wird das pythagoreische Prinzip des Quintenzirkels (\u201eFortbildung auf der Dominante\u201c) herangezogen.\nNeben zahlreichen bestechenden Analogien finden sich viele Punkte, an denen das Komplikationsgesetz zur Erkl\u00e4rung musikalischer Tatsachen versagt. Zun\u00e4chst beschr\u00e4nkt sich seine Anwendbarkeit auf die harmonische Musik des europ\u00e4ischen Kulturgebietes. Die Hypothesen zur Erkl\u00e4rung exotischer Tonsysteme sind g\u00e4nzlich haltlos. Das Moment der Symmetrie ist auf akustischem Gebiet nicht so allgemein anwendbar, wie auf optischem. Das Komplikationsgesetz f\u00fchrt zu reinen und harmonischen Intervallen (5:7, 4 : 7), Klavierversuche in temperierter Stimmung k\u00f6nnen daher \u00fcber die Annehmlichkeit \u201eharmonischer Folgen\u201c nicht entscheiden. Viele gebr\u00e4uchliche Kombinationen, wie der verminderte Septakkord, bleiben unerkl\u00e4rt. Dafs sich einfache, gr\u00f6fstenteils aus Dreikl\u00e4ngen aufgebaute Musikst\u00fccke, zumal ohne Ber\u00fccksichtigung der Stimmf\u00fchrung und der relativen Tonlage, auch durch harmonische Zahlen darstellen lassen, scheint nicht so wunderbar, wie Verf. meint.\nDie F\u00e4higkeit zur \u201evorzugsweisen Aufnahme der zu einem Grundton geh\u00f6rigen harmonischen T\u00f6ne\u201c soll physiologisch nicht im Gehirn, sondern im Ohr gr\u00fcnden. Verf. verwirft daher die PlELMHOLTzsche H\u00f6rtheorie (auch das pathologische Ph\u00e4nomen der Tonl\u00fccken spreche, da nicht bekannt, gegen Helmholtz!) und gelangt auf deduktivem Wege zu einer der EwALDschen verwandten Hypothese. Das \u201eharmonische Organ\u201c des Ohres, etwa das Trommelfell oder die Basilarmembran, soll sich auf einen bestimmten Ton durch eine bestimmte Spannung akkommodieren und bei eben dieser Spannung nur zur Aufnahme der harmonisch zugeh\u00f6rigen T\u00f6ne (durch Knotenbildung) bef\u00e4higt sein. Die Akkommodation erfolgt durch Spannmuskeln reflektorisch oder auch (bei gedachten, erinnerten T\u00f6nen) willk\u00fcrlich. Disharmonische T\u00f6ne sollen nicht simultan, sondern nur durch raschen Spannungswechsel perzipiert werden k\u00f6nnen. Dissonanz k\u00f6nne","page":437},{"file":"p0438.txt","language":"de","ocr_de":"438\nLiteraturberich t.\n\u00e4ufser in \u201eDisharmonie\u201c auch in der Rauhigkeit (Interferenz) benachbarter T\u00f6ne gr\u00fcnden.\nInterferenzerscheinungen (Schwebungen, Kombinationst\u00f6ne) k\u00f6nnen aber nur bei simultaner Perzeption der Reize wahrgenommen werden, also nach Goldschmidt nur bei harmonischen T\u00f6nen, was der Erfahrung widerspricht. \u00dcberhaupt kehren gegen die neue H\u00f6rtheorie alle gegen Ewald erhobenen Einw\u00e4nde wieder (vergl. diese Zeitschrift 22, S. 291 ff.). D\u00e4fs Schwankungen und Rauhigkeit begleitende, nicht aber konstitutive Merkmale der Dissonanz sind, ist vielfach zur Evidenz erwiesen.\nDa alle Erscheinungen der Aufmerksamkeit und Auffassung schon im Physiologischen ihre Erkl\u00e4rung finden sollen, bleibt nur der positive Gef\u00fchlston, der die Harmonie begleitet, f\u00fcr die psychologische Betrachtung. Verf. erkl\u00e4rt ihn \u2014 biologisch, indem er \u201eGenufs\u201c als \u201egef\u00fchlte F\u00f6rderung unserer Lebensfunktionen\u201c definiert. Die Verwandtschaft der Akkorde erkl\u00e4re sich hiernach aus der relativ leichten Anpassungsarbeit des Organs, w\u00e4hrend rascher und schwieriger Harmonienwechsel erm\u00fcdend wfirkt.\nVerf. h\u00e4lt die Aufgabe der einheitlichen Verkn\u00fcpfung des physikalischen, physiologischen und psychologischen Momentes der Sinnesempfindung durch Einf\u00fchrung des Harmonie- und Komplikationsbegriffes auf akustischem Gebiet f\u00fcr gel\u00f6st, und dehnt im zweiten Teile seiner Arbeit die Untersuchung auf das optische Gebiet aus. Die Durchf\u00fchrung der Analogie st\u00f6fst hier auf noch zahlreichere und noch bedenklichere Schwierigkeiten, als auf dem Tongebiet, auch m\u00fcssen vielfach die in diesem gewonnenen Ergebnisse als bewiesen vorausgesetzt wrerden. Endlich wfird die Herrschaft des Komplikationsgesetzes noch auf verschiedenen anderen Gebieten: der Entwicklungslehre (Septen der hexameren Korallen) der bildenden Kunst, den Zahlensystemen aufgezeigt. Erkenntnistheoretische Betrachtungen be-schliefsen die Arbeit.\nEs ist nicht m\u00f6glich hier auf die vielfach interessanten und geistreichen Details der Arbeit einzugehen. So reizvoll es sein mag, den eleganten Deduktionen zu folgen, wrird man doch bei der Lekt\u00fcre das Bedenken nie los, dafs der Wissenschaft mit deduktiver Spekulation, die das bereits sichergestellte Tatsachenmaterial nur unvollkommen ber\u00fccksichtigt, wenig gedient ist.\tHornbostel (Berlin).\nT. Thunbekg. Untersuchungen \u00fcber die bei einer einzelnen momentanen Hautreizung auftretenden zwei stechenden Empfindungen. Skandinav. Arch, f\u00fcr Physiologie 12, 394\u2014244. 1902.\nVerf. untersucht das von ihm gefundene Auftreten von zwrei Schmerzempfindungen bei einmaliger Hautreizung. Auch Gad und Goldscheider (dieses Archiv 2, 402) beobachteten das Ph\u00e4nomen und erkl\u00e4rten es als zentralen Ursprungs. Diese Erkl\u00e4rung h\u00e4lt Verf. f\u00fcr nicht befriedigend. Wenn die beiden zeitlich getrennten Empfindungen, die \u201eaugenblickliche\u201c oder \u201efr\u00fche\u201c und die \u201everz\u00f6gerte\u201c oder \u201esp\u00e4te\u201c als stechend bezeichnet wrerden, so soll damit nicht geleugnet sein, dafs der Schmerz auch anderen Charakter haben k\u00f6nne. Es sind vielmehr von den stehend-brennenden Schmerzempfindungen die dumpfen zu trennen, welche mehr von tieferen Haut-","page":438}],"identifier":"lit33282","issued":"1903","language":"de","pages":"436-438","startpages":"436","title":"Viktor Goldschmidt: \u00dcber Harmonie und Komplikation. Berlin 1901, Julius Springer, 136 S.","type":"Journal Article","volume":"32"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T16:31:23.589914+00:00"}