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{"created":"2022-01-31T16:29:54.357743+00:00","id":"lit33293","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane","contributors":[{"name":"Schaefer","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane 32: 443-445","fulltext":[{"file":"p0443.txt","language":"de","ocr_de":"Literaturbericht.\n443\nkannter und gewohnter Tatbestand gegeben ist, steht in Gegensatz zu dem Teil, der noch nicht dem Gegebenen selbst sicher eingeordnet ist, der daher Ziel, Ideal, Endzweck unserer praktischen Lebensbet\u00e4tigung ist; jenen nennen w'ir physisch, diesen psychisch.\tW. Stern (Breslau).\nA. Moll. Der Einflufs des grofsst\u00e4dtischen Lebens und des Verkehrs auf das\nNervensystem. Zeitschr. f. p\u00e4dag. Psychol., Pathol, u. Ply g. 4 (2), 121\u2014134; (3), 229\u2014247. 1902.\nMoll sucht auf Grund statistischer und \u00e4tiologischer Betrachtungen die \u00fcbertriebenen Anschuldigungen zur\u00fcckzuweisen, die der modernen Grofsstadt als solcher alle Verantwortung f\u00fcr die nerv\u00f6sen Erkrankungen: Neurasthenie, Hysterie und Psychosen zuschieben wollen. Er betrachtet der Reihe nach die Beteiligung der verschiedenen Berufe, des Familienstandes, der Erziehung, des Alkohols, der Hygiene, der Inzucht, des Verkehrs an dem Auftreten nerv\u00f6ser Erkrankungen und zeigt, dais diese \u00e4tiologischen Momente teilweise auf dem Lande und in den Kleinst\u00e4dten ebenso wirksam sind, teilweise mehr durch \u00e4ufsere Momente in der Grofsstadt st\u00e4rker vertreten sind.\tW. Stern (Breslau).\nJ. A. Leighton. The Study of Individuality. Philos. Revieiv 11 (6), 585\u2014575. 1902.\nFragt man, in welcher Weise Individualit\u00e4t Gegenstand der Erkenntnis sein k\u00f6nne, so mufs man scheiden zwischen dem Prinzip der Differentiation und dem der Individuation selbst. Jenes gliedert die Menschen nach den verschiedenen St\u00e4rkegraden und Verbindungen, in welchen die allgemeinen seelischen Funktionen auftreten, in Typen und ist wissenschaftlicher Untersuchung zug\u00e4nglich. Da aber Individualit\u00e4t mehr ist als ein Kreuzungspunkt von Typen, so ist ihr Wesenskern (der nach L. im Selbstgef\u00fchl ruht), damit nie zu fassen; sie ist f\u00fcr die Wissenschaft nicht Gegenstand, sondern nur Grenzbegriff; der Erkenntnisakt, durch den man andere Individualit\u00e4ten versteht, ist nicht mehr theoretischer, sondern k\u00fcnstlerisch intuitiver Natur.\tW. Stern (Breslau).\nH. v. Buttel - Reepen. Sind die Bienen ReSexmaschinen ? Experimentelle Beitr\u00e4ge zur Biologie der Honigbiene. Leipzig, G. Thieme, 1900. VI u. 82 S. A. Bethe. Die Heimkehrf\u00e4higkeit der Ameisen und Bienen, zum Teil nach neuen Versuchen. Eine Erwiderung auf die Angriffe von v. Buttel-Reepen und von For ei. Biolog. Centralbl. 22 (7), 193\u2014215; (8), 216\u2014238. 1902.\nA. Forel. Nochmals Herr Dr. Bethe und die Insektenpsychologie. Biolog. Centralbl. 23 (1), 1\u20143. 1903.\nAuf Grund fast zehnj\u00e4hriger Studien ist v. Buttel - Reepen der Ansicht, dafs zwar die Bienen entweder gar kein oder nur ein auf niedriger Entwicklungsstufe stehendes Bewufstsein besitzen, dafs sie jedoch bei der Orientierung und bei anderen Gelegenheiten ein gutes Ged\u00e4chtnis erkennen lassen. Auch ein reiches Mitteilungsverm\u00f6gen vermittels einer sehr entwickelten Lautsprache ist ihnen eigen und sie sind im st\u00e4nde zu lernen, Erfahrungen zu verwerten, Assoziationen zu bilden. Die Bienen sind daher","page":443},{"file":"p0444.txt","language":"de","ocr_de":"444\nLiteraturbericht\nzweifellos mehr als blofse Reflexmaschinen, wie Bethe [Pfl\u00fcgers Archiv 70 n. 79] meint.\nDer \u201eNestgeruch44 (Stockgeruch), welcher eine Mischung aus dem Individualgeruch, dem Familiengeruch, dem Brut- und Futterbreigeruch, dem Drohnengeruch, Wachsgeruch und Honiggeruch darstellt, ist ein besonders wichtiger Faktor im Leben der Bienen, insofern er bei der verschiedenen Reaktion auf Nestgenossen und Nestfremde den Ausschlag gibt. Im Gegensatz zu Bethe vertritt v. B.-R. den Standpunkt, dafs die Nestgeruchreaktion, die \u00fcbrigens bei K\u00f6nigin und Drohnen fehlt, modifizierbar sei. Sie l\u00e4fst sich einerseits durch aufregendes Futter erh\u00f6hen, andererseits aber auch \u00fcberwinden. Dies geschieht zum Beispiel im Zustande des \u201eSchwarmdusels\u201c und beim \u00dcberlauf eines weisellosen Volkes. Im letzteren Falle spielen der anlockende Individualgeruch der K\u00f6nigin und der Brutgeruch eine wichtige Rolle; vielleicht kommt auch eine Tonempfindung, hervorgerufen durch den Ton der Weiselruhe, in Betracht. \u00dcberhaupt dienen T\u00f6ne vielfach zur gegenseitigen Verst\u00e4ndigung unter den Bienen. Der \u201eTon der Freude\u201c lockt die Genossen an oder beruhigt sie; das heulende Klagen beim Verlust der K\u00f6nigin wird von jeder Biene, die es h\u00f6rt, aufgenommen und weiter verbreitet. Es gibt einen besonderen Schwarmton, der eine entschieden anlockende Wirkung hat, einen besonderen \u201eSterzelton\u201c, ein \u201eTuten\u201c und darauf antwortendes \u201eQuaken\u201c der K\u00f6niginnen und Angstt\u00f6ne, die eine verfolgte K\u00f6nigin auszustofsen pflegt, und die das ganze Volk alarmieren. [Auch Weld [Science 10; ref. in Prometheus (539 u. 540), 1900) hat bei Lasius americ. u. a. Reaktionen auf T\u00f6ne (von Stimmgabeln) gefunden.]\nNach Bethe werden die Bienen durch eine uns ganz unbekannte Kraft zum Stocke, oder, genauer gesagt, zu dessen Ort im Raume zur\u00fcckgef\u00fchrt. Gegen\u00fcber dieser Annahme sucht Verf. in eingehender und klarer Er\u00f6rterung darzulegen, dafs es sich hier um eine Orientierung durch den vortrefflichen Gesichtssinn (mit gelegentlicher Unterst\u00fctzung durch den Geruch) und um Ortsged\u00e4chtnis handelt. Seine Beweisf\u00fchrung st\u00fctzt sich teils auf die Klarlegung von Ungenauigkeiten und L\u00fccken in Bethes Experimenten, teils auf eigene und fremde Beobachtungen. Die jungen Bienen orientieren sich beim Ausfliegen zuerst genau \u00fcber die n\u00e4chste Umgebung ihrer Behausung, indem sie am Stock, die Augen ihm zugewendet, herumfliegen. Ebenso \u201elernen\u201c sie dann allm\u00e4hlich ihren ganzen Flugkreis kennen. Irgendwohin innerhalb desselben verbracht, finden sie sich stets zur\u00fcck, wenn nicht ung\u00fcnstige Witterungs- und Bel eu chtungs Verh\u00e4ltnisse sie verhindern. Von einem ganz fremden Orte aus kommen sie dagegen nicht nach Hause; sie kehren dann zu der Stelle, von der sie abgeflogen sind, zur\u00fcck. Bei der R\u00fcckkehr nach Hause begeben sich die Bienen geradeswegs zu dem gewohnten Orte des Flugloches, selbst dann, wenn der Stock inzwischen entfernt wurden ist. Sie richten sich dabei nach ihrer erworbenen Kenntnis der H\u00f6henlage und \u00fcberhaupt der relativen Lage des Stockes. Ver\u00e4nderungen in Aussehen und Form des Stockes werden bemerkt. Der Schwarmdusel und narkotische Mittel vernichten das Ortsged\u00e4chtnis.\nDen Schlufs des in verschiedener Beziehung interessanten Buches","page":444},{"file":"p0445.txt","language":"de","ocr_de":"Litera tur bericht.\n445\nbilden einige weitere Bemerkungen zur Biologie der Bienen, die die Farben-wahrnehmung, das Einfliegen in geschlossene R\u00e4ume, das Verhalten der Raubbienen, Spieltrieb, Wabenbau u. a. betreffen.\nDie Arbeit von Bethe ist haupts\u00e4chlich eine Erwiderung auf die im vorstehenden besprochene Schrift v. Buttel - Reepens und zugleich gegen Forel (Sensations des insectes, Rivista di Biol. gen. 3 ; 1901) gerichtet, gegen welchen B., abgesehen von pers\u00f6nlichen Bemerkungen, einen Versuch anf\u00fchrt, demzufolge die Ameisen sich nicht durch Geruchserinnerungen auf ihrem Wege orientieren. Was die Polarisation der Ameisenspuren und die unbekannte Kraft anlangt, die die Bienen zu ihrem Stock zur\u00fcckleiten soll, so erkl\u00e4rt Bethe, dafs diese Hypothesen nichts \u201eMystisches\u201c an sich h\u00e4tten, sondern nur ein Ausdruck der Tatsachen sein sollten. Die H\u00f6rf\u00e4higkeit der Bienen, sowie die Benutzung ihrer Augen zur Orientierung auf dem Heimwege lehnt er nach wie vor ab. Seine Gr\u00fcnde hierf\u00fcr sind zwar nicht zwingend beweiskr\u00e4ftig, jedoch stehen seine neuen Versuche \u00fcber die R\u00fcckkehr der Bienen zum Orte des Flugloches beziehungsweise zu dem Punkte, wo man sie in unbekannter Gegend auffliegen l\u00e4fst, sowie \u00fcber die Wirkung von Ver\u00e4nderungen im Aussehen des Stockes und seiner Umgebung vielfach in direktem Widerspruch zu den Angaben v. Buttel - Reepens. Offenbar wird es noch vieler sorgf\u00e4ltiger Beobachtungen bed\u00fcrfen, ehe man zu einer vollen Einsicht in die hier obwaltenden komplizierten Verh\u00e4ltnisse gelangen wird.\nDie Abhandlung von Forel enth\u00e4lt nur Polemisches.\nSchaefer (Berlin).","page":445}],"identifier":"lit33293","issued":"1903","language":"de","pages":"443-445","startpages":"443","title":"H. v. Buttel-Reepen: Sind die Bienen Reflexmaschinen? Experimentelle Beitr\u00e4ge zur Biologie der Honigbiene. Leipzig, G. Thieme, 1900. VI u. 82 S. / A. Bethe: Die Heimkehrf\u00e4higkeit der Ameisen und Bienen, zum Teil nach neuen Versuchen. Eine Erwiderung auf die Angriffe von v. Buttel-Reepen und von Forel. Biolog. Centralbl. 22 (7), 193-215; (8), 216-238. 1902 / A. Forel: Nochmals Herr Dr. Bethe und die Insektenpsychologie. Biolog. Centralbl. 23 (1), 1-3. 1903","type":"Journal Article","volume":"32"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T16:29:54.357748+00:00"}