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{"created":"2022-01-31T14:08:35.367427+00:00","id":"lit3330","links":{},"metadata":{"alternative":"Philosophische Studien","contributors":[{"name":"Kraepelin, Emil","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Philosophische Studien 2: 327-361","fulltext":[{"file":"p0327.txt","language":"de","ocr_de":"Zur Psychologie des Komischen.\nVon\nDr. Emil Kraepelin.\n(Schluss.)\nII.\nAls den Ausdruck jener inneren Beziehungen, in welche eine Vorstellung oder eine Verbindung von Vorstellungen zu dem allgemeinen Bewusstseinszustande des Individuums tritt, betrachten wir die Gef\u00fchle. Gerade hei der Analyse der komischen Wirkungen werden wir erwarten d\u00fcrfen, auf dieser Seite unseres psychischen Lehens charakteristische Vorg\u00e4nge anzutreffen, da die Komik erfahrungsgem\u00e4\u00df einen sehr erheblichen Einfluss auf die gem\u00fcthliche Gleichgewichtslage aus\u00fcht. Verdankt doch sicherlich ein nicht geringer Antheil menschlichen Behagens \u00fcberhaupt ihr allein seine Entstehung. Am eingehendsten hat Hecker in seiner vortrefflichen Arbeit jene Quellen der komischen Wirkungen verfolgt, welche wir auf dem Gebiete der Gef\u00fchle antreffen, und er hat seine ganze Einteilung der verschiedenen Gattungen des Komischen auf die Resultate derartiger Untersuchungen gegr\u00fcndet.\nSchon die oberfl\u00e4chlichste Betrachtung l\u00e4sst erkennen, dass unter den psychologischen Wirkungen des komischen Contrastes Lustgef\u00fchle e\u00aee bedeutsame Rolle spielen. Ueberall, wo ein Verst\u00e4ndniss f\u00fcr Komik vorhanden ist, wird sie als willkommener Gast begr\u00fc\u00dft, ja sie wird wegen dieses ihres Gef\u00fchlswertes von eigenen, zum Theil hochentwickelten Kunstgattungen in zweckbewusster Absicht gepflegt, um Wundt, Philos. Studien. II.\t22","page":327},{"file":"p0328.txt","language":"de","ocr_de":"328\nEmil Kraepelin.\nden Frohsinn der Menschen zu beleben oder um in einschmeichelndem Gew\u00e4nde solchen Wahrheiten den Eintritt in die Herzen zu verschaffen, die in unverh\u00fcllter Form nur unter Unlustgef\u00fchlen sich Geltung zu erringen verm\u00f6chten.\nAllein das Wohlgefallen, welches durch das Komische in uns erweckt wird, ist kein reines, ungemischtes. Die angenehmen Gef\u00fchle der Harmonie , des gef\u00f6rderten Ich, der Uebereinstimmung , wie sie sich uns an die Auffassung des Sch\u00f6nen, des Guten, des Wahren kn\u00fcpfen, gelangen zwar auch beim Komischen zur Entwicklung, aber es kommt hier nicht zur Ausbildung einer in sich einheitlichen Befriedigung , wie dort, s\u00f6ndern es gewinnen auf unsere Gem\u00fcthslage noch andersartige Elemente Einfluss, welche eben das Gef\u00fchl des Komischen durchaus charakteristisch von den Stimmungen des \u00e4sthetischen, moralischen oder logischen Wohlgefallens unterscheiden.' Wenn wir wirklich die Gef\u00fchle als untrennbare Begleiter der Vorstellungen ansehen d\u00fcrfen, so muss der Grund f\u00fcr dieses eigenth\u00fcmliche Verhalten des Komischen mit dem Inhalte seiner Vorstellungsverhin-r d\u00fcngen im innigsten Zusammenh\u00e4nge stehen. In der That, w\u00e4hrend die reine Befriedigung im Gebiete des Sch\u00f6nen, Guten oder Wahren stets auf der Grundlage einer vollkommenen Uebereinstimmung des Angeschauten mit den in uns gebildeten Begriffen ruht, haben wir als eine Fundamentalbedingung des komischen Contrastes erkannt, dass die anscheinend vereinbaren Vorstellungen doch thats\u00e4chlich nur theilweise zur Deckung gebracht werden k\u00f6nnen. Wem diese Unm\u00f6glichkeit der vollen Vereinigung verborgen bleibt, f\u00fcr den ist auch die Komik der vorliegenden Verbindung verloren.\nEin Schneemann mit einem Cylinderhut auf dem Kopfe hat nichts Komisches an sich, sobald er etwa in der Dunkelheit f\u00fcr einen wirklichen Menschen gehalten wird. Am hellen Tage aber, und namentlich dann, wenn uns die Unzul\u00e4nglichkeit der Repr\u00e4sentation durch den beginnenden Schmelzprocess eindringlichst vor Augen gef\u00fchrt wird, dr\u00e4ngt sich uns die Disharmonie der ganzen Erscheinung sofort auf und erzeugt in uns das Gef\u00fchl des Komischen. Stellen wir uns nun die Frage, yorin denn, abgesehen von dem intellectuellen Contraste, das neu hinzutretende Element liegt, welches die einfache Freude an der Nachahmung in die Regungen der Komik umwandelt, so kann dasselbe offenbar nur aus der Wahrnehmung der thats\u00e4chlichen Unzu-","page":328},{"file":"p0329.txt","language":"de","ocr_de":"Zur Psychologie des Komischen.\n329\nsammengeh\u00f6rigkeit der hier scheinbar mit Recht vereinten Objecte hervorgehen. Man wird daher kaum umhin k\u00f6nnen, dieses Accedens, durch welches das Gef\u00fchl des Komischen erst seine eigenth\u00fcmliche F\u00e4rbung erh\u00e4lt, als eine Unlustcomponente aufzufassen, welche sich mit der gleichen Nothwendigkeit an die Vorstellungen der Disharmonie, der Unzweckm\u00e4\u00dfigkeit, des Widerspruches ankn\u00fcpft, wie wir die Lust aus denjenigen des Vollkommenen, des Guten, des Wahren sich entwickeln sehen.\nUnter Ber\u00fccksichtigung solcher Erw\u00e4gungen liegt der Gedanke nahe, das Gef\u00fchl des Komischen als ein Mischgef\u00fchl aus angenehmen und unangenehmen Regungen anzusehen. Es ist wahr, man hat bisweilen die Existenz solcher Mischgef\u00fchle \u00fcberhaupt in Abrede gestellt und Lust und Unlust als psychische Gr\u00f6\u00dfen betrachtet, die sich \u00e4hnlich wie positive und negative Zahlen gegenseitig aufheben k\u00f6nnten. Wenn uns dem gegen\u00fcber die Erfahrung in der Wehmuth, der R\u00fchrung, der Ehrfurcht unzweifelhafte, aus Lust und Unlust zusammengesetzte Mischgef\u00fchle kennen lehrt, so ist doch kaum zu leugnen, dass diesen letztgenannten Gef\u00fchlen bei einer gewissen psychologischen Verwandtschaft untereinander doch eine durchaus andere F\u00e4rbung zukommt, als dem Gef\u00fchle des Komischen. Der Grund f\u00fcr diese Verschiedenheit d\u00fcrfte in den besonderen Umst\u00e4nden liegen, unter denen sich gerade beim Komischen die concurrirenden Regungen der Lust und der Unlust zusammenfinden. W\u00e4hrend bei den oben aufgef\u00fchrten Mischgef\u00fchlen die beiden Componenten wirklich zu einer einheitlichen, abgeschlossenen Gem\u00fcthsstimmung verschmelzen, treten dieselben beim Komischen schroff und unvermittelt einander gegen\u00fcber. So wenig das Dilemma, in welches uns der komische Widerstreit anscheinend vereinbarer Vorstellungen verwickelt, einer v\u00f6llig befriedigenden L\u00f6sung f\u00e4hig ist, so wenig gelangen wir bei dem vergeblichen Versuche dieser L\u00f6sung zu einer gem\u00fcthlichen Ruhelage : dem Contraste der Vorstellungen geht auch ein Contrast der Gef\u00fchle parallel.\nAber nicht jeder Gef\u00fchlscontrast ist komisch, sondern nur derjenige, bei dem schlie\u00dflich das Behagen \u00fcber das vorliegende Object m h\u00f6herem Ma\u00dfe auf die Stimmung Einfluss gewinnt, als die aus demselben entspringende Unlust. Wenn der Gedanke an l\u00e4ngst vergangenes Unheil sich dem Gef\u00fchle des gegenw\u00e4rtigen gesicherten Gl\u00fcckes beigesellt oder das Leid des Augenblickes durch die Erinnerung an ferne\n22*","page":329},{"file":"p0330.txt","language":"de","ocr_de":"330\nEmil Kraepelin.\ngl\u00fcckliche Stunden gemildert wird, so entsteht jene ruhige gleichm\u00e4\u00dfige Stimmungsmischung, welche wir Wehmuth nennen. Werden wir uns aber dann des Contrastes bewusst, der zwischen der einstigen Muthlosigkeit und unserer jetzigen Lebensfreudigkeit, der zwischen den \u00fcberschwenglichen Hoffnungen vergangener Zeit und der Resignation des gegenw\u00e4rtigen Augenblicks besteht, so treten auch die Gef\u00fchlsgegens\u00e4tze rasch in ihrer ganzen Sch\u00e4rfe hervor : wir l\u00e4cheln \u00fcber uns selbst, wenn uns das Bewusstsein der eigenen Sicherheit erlaubt, uns \u00fcber die Erinnerung an erlittenes Ungl\u00fcck zu erheben, w\u00e4hrend sich die Wehmuth in das Gef\u00fchl der Bitterkeit umwandelt, sobald \u00fcberm\u00e4chtige Unlust die angenehmen Regungen in den Hintergrund dr\u00e4ngt. Mit Recht, aber in einseitiger Auffassung, hat daher Aristoteles unter diesem Gesichtspunkte das Komische definirt \u00bbals etwas Fehlerhaftes und H\u00e4ssliches, das weder schmerzlich, noch verderblich ist\u00ab.\nWie durch die Ausdr\u00fccke \u00bbfehlerhaft\u00ab, \u00bbh\u00e4sslich\u00ab [\u00fbu\u00e2oTr;u\u00e2 u v.al a\u00efoyo\u00e7) angedeutet wird, ist auch Aristoteles die Unlustcomponente des Komischen nicht entgangen, obwohl die unmittelbare Auffassung derselben bisweilen durch die Complicirtheit des ganzen Seelenzustandes nicht unerheblich erschwert wird. Besonders im Bereiche der abstracten Komik, bei welcher Vorstellungen allgemeinerer Art von abgeblassten undh\u00f6chst zusammengesetzten Gef\u00fchlen begleitet werden, wird unsere Aufmerksamkeit durch den intellectuellen Inhalt unseres Bewusstseins nicht selten so sehr von der Wahrnehmung des elementaren Lust- und Unlustcharakters abgelenkt, dass wir wohl noch den Contrast empfinden, ohne uns jedoch der beiden Componenten desselben klar bewusst zu werden. Der Gef\u00fchlscontrast wird hier gewisserma\u00dfen nur noch durch ein eben hervortretendes Contrastgef\u00fchl angedeutet. Gerade in solchen F\u00e4llen, wie wir ihnen aus naheliegenden Gr\u00fcnden namentlich im Gebiete der witzigen Komik begegnen, pflegt dann auch f\u00fcr die innere Auffassung die Gem\u00fcthslage nur leise Ankl\u00e4nge der specifisch komischen F\u00e4rbung darzubieten und leicht m das gleichm\u00e4\u00dfige Gef\u00fchl heiterer Befriedigung \u00fcberzugehen. Dem gegen\u00fcber tritt namentlich imBereiche der Situationskomik und ebenso bei den elementaren Gestaltungen der beiden anderen Gattungen ein gewisses pikantes Unbehagen Angesichts der vorliegenden peinlichen Situation oder des Widerspruchs und der Disharmonie der Vorstei-","page":330},{"file":"p0331.txt","language":"de","ocr_de":"Zur Psychologie des Komischen.\n331\nlungen meist deutlich hervor. Wir schwanken hin und her zwischen Bedauern und Befriedigung bei dem komischen Unf\u00e4lle, der einen lieben Freund betroffen hat, und wir h\u00f6ren mit den Zeichen des Missbehagens den bei den Haaren herbeigezogenen Witz, \u00fcber den wir doch gleichzeitig herzlich lachen m\u00fcssen. Am lehrreichsten sind f\u00fcr das Studium der beiden Gef\u00fchlscomponenten des Komischen die Grenzf\u00e4lle. Durch Ab\u00e4nderung von Beispielen in verschiedenem Sinne bis zum Verschwinden und Wiedererscheinen der Komik, gleichsam durch eine experimentelle Behandlung des Problems, wie sie uns Lessing gelehrt hat, erkennen wir am besten, welche Elemente in der verwickelten \u00e4sthetischen Gesammtwirkung als nothwendig und wesentlich angesehen werden m\u00fcssen. Allerdings liegt hier gerade auf dem Gebiete der Gef\u00fchle der Ein wand nahe, dass auch einfache Gef\u00fchle bei Variirung der Versuchsbedingungen, z. B. bei Abschw\u00e4chung oder Verst\u00e4rkung des Reizes, direct in einander \u00fcbergehen k\u00f6nnen. Allein, wie mir scheint, sind wir bei unseren Betrachtungen gegen jenen Einwand durch den besonderen Umstand gesichert, dass es eben unzweifelhaft gro\u00dfe Gebiete des Komischen gibt, auf denen die Regungen der Lust und Unlust auch f\u00fcr die unbefangene Auffassung unvermittelt neben einander im Bewusstsein sich geltend machen. Von diesem Ausgangspunkte aus muss es nach der hier vertretenen Anschauung gelingen, sowohl durch Abschw\u00e4chung wie durch Steigerung der unangenehmen im Verh\u00e4ltnisse zu den angenehmen Gef\u00fchlen die Komik zum Verschwinden zu bringen. Im erster en Falle geht dieselbe mehr und mehr in das Gef\u00fchl reiner Befriedigung \u00fcber, w\u00e4hrend im letzteren der intellectuelle Contrast den Charakter des Unharmonischen und H\u00e4sslichen, des Bedauerlichen und Schrecklichen oder endlich des Albernen und Unsinnigen gewinnt.\nBei der ersten und einfachsten Gattung des Komischen, der Anschauungskomik, geh\u00f6ren die begleitenden emotiven Erregungen jener Gruppe von Gef\u00fchlen an, die wir als \u00bb \u00e4sthetische \u00ab zu bezeichnen pflegen, und zwar kommen hier haupts\u00e4chlich die h\u00f6heren und com-plicirteren \u00e4sthetischen Gef\u00fchle in Betracht, weil ja ganz elementare Contraste \u00fcberhaupt keine komischen Wirkungen auszul\u00f6sen im Stande sind. Es handelt sich hier stets um eine theilweise Disharmonie entweder der einzelnen Glieder des Angeschauten unter einander oder des Ganzen mit gewissen uns gel\u00e4ufigen Vorstellungen. Die Wahr-","page":331},{"file":"p0332.txt","language":"de","ocr_de":"332\nEmil Kraepelin.\nnehmung dieser Disharmonie erzeugt in uns naturgem\u00e4\u00df ein \u00e4sthetisches Unlustgef\u00fchl, welchem jedoch die Lust gegen\u00fcbertritt, die uns aus der Auffassung einer gleichzeitig unter anderem Gesichtspunkte bestehenden Uehereinstimmung entspringt. Der ungewohnte Eindruck einer fremdartigen Verkleidung, einer Maske ber\u00fchrt uns zun\u00e4chst unangenehm, bis wir unter dem ver\u00e4nderten Aeu\u00dfern triumphirend bekannte Z\u00fcge wiedererkennen ; die verbl\u00fcffende Gelenkigkeit mancher Groteskt\u00e4nzer erf\u00fcllt uns mit verschiedenartigen Gef\u00fchlen wegen ihres Contrastes gegen\u00fcber dem Gewohnten neben einer gewissen summarischen Uehereinstimmung. Die verzerrten Gesichter der Clowns im Circus erscheinen uns komisch, wenn wir sie als Caricatur, als halb richtiges, halb \u00fcbertriebenes Abbild gewisser Gem\u00fcthsbewegungen auffassen. Ergibt sich nicht aus der theilweisen Uehereinstimmung mit den typischen Bildern in uns ein Lustgef\u00fchl, so bleiben jene Gesichter f\u00fcr uns einfach h\u00e4ssliche und nicht komische Fratzen, w\u00e4hrend umgekehrt die h\u00f6chste Naturwahrheit in der schauspielerischenWieder-gabe von Leidenschaften ihre Komik verliert, weil sie nur die Lust vollendeter Uehereinstimmung und ungetheilter Bewunderung erzeugt. Die doppelte Grenze der Anschauungskomik k\u00f6nnen wir somit einmal dort festsetzen, wo \u00fcberhaupt keine Unlustgef\u00fchle mehr entstehen, andererseits aber dort, wo dieselben so stark anwachsen, dass sie das entschiedene Uebergewicht \u00fcber jene erster\u00e8n gewinnen, wo also H\u00e4sslichkeit und Disharmonie sehr hohe Grade erreichen. Auf diesen Grenzgebieten kann es sich wohl ereignen, dass selbst ein vollendetes Kunstwerk durch einzelne weniger gelungene Z\u00fcge noch leise komische Regungen in uns erweckt, und dass umgekehrt selbst ein Urbild von H\u00e4sslichkeit uns fast gegen unsern Willen das Gef\u00fchl des Komischen abzwingt, wenn wir in demselben den gl\u00fccklichen Ausdruck gewisser allgemeiner Vorstellungen entdecken.\nEs liegt auf der Hand, dass gerade hier der Eigenart des auffassenden Subjectes ein gro\u00dfer Spielraum f\u00fcr die Ausgiebigkeit der komischen Wirkungen zukommen muss. Die Gef\u00fchle sind ja rein subjective Reactionsformen, deren St\u00e4rke und Richtung zum gr\u00f6\u00dften Theile durch Anlage und Lebenserfahrungen des Einzelnen bedingt werden. Jener Punkt, bei dem das reine Lustgef\u00fchl sich durch das Hinzutreten der Unlust zum Komischen umwandelt, ist daher ebensowenig allgemein bestimmbar, wie jener andere, bei dem die Unlust eine","page":332},{"file":"p0333.txt","language":"de","ocr_de":"Zur Psychologie des Komischen.\n333\nsolche Intensit\u00e4t erreicht hat, dass sie \u00fcber die Freude der Komik ein entscheidendes Uebergewicht erlangt. Das Publicum des Circus lacht \u00fcber die tollsten Verrenkungen der Possenrei\u00dfer, weil ihm hei seiner geringen Empfindlichkeit die Lust an der Cari-catur nicht so leicht durch die \u00e4sthetische Unlust des H\u00e4sslichen verk\u00fcmmert wird ; der affectirte Liebhaber r\u00fchrt die Gallerie zu Thr\u00e4nen, w\u00e4hrend den Kritiker die Unnatur der Darstellung mit dem Mischgef\u00fchle des Komischen erf\u00fcllt, bis endlich die wachsende Unlust auch die Empf\u00e4nglichkeit f\u00fcr die Komik des Angeschauten auf hebt.\nDen rein \u00e4sthetischen Gestaltungen der Komik begegnen wir ver-h\u00e4ltnissm\u00e4\u00dfig selten in selbst\u00e4ndiger isolirter Form ; fast regelm\u00e4\u00dfig sind sie nur Elemente einer zusammengesetzten Gesammtwirkung. Vor allem dienen sie wesentlich zur Verst\u00e4rkung jener zweiten weit wichtigeren Gattung der Komik, die wir als Situationskomik kennen gelernt haben. Auch die urspr\u00fcnglich rein \u00e4sthetischen komischen Contraste, die Verunzierung eines Gesichtes durch einen schwarzen Fleck, die Venus von Milo mit einem Schnurrbart, werden von uns sehr gern sogleich in ihrem Verh\u00e4ltnisse zu den allgemein menschlichen Zwecken aufgefasst, so dass sich neben den \u00e4sthetischen fast unahweislich auch moralische Gef\u00fchlscontraste geltend machen, welche die Hemmung und F\u00f6rderung des Ich, resp. in erweitertem Sinne der menschlichen Zwecke \u00fcberhaupt signalisiren. In dieser Eigent\u00fcmlichkeit liegt der Grund, warum gerade das Handeln und Leiden der Menschen eine unersch\u00f6pfliche Quelle der komischen Wirkungen darstellt. Die immerw\u00e4hrenden lebendigen Gef\u00fchlsheziehungen, welche uns an unsere gesammte menschliche Umgebung kn\u00fcpfen, sind es, durch deren Vermittlung uns die Komik menschlicher Schicksale in so reichem Ma\u00dfe zug\u00e4nglich gemacht wird. Hier ist in nie endendem Ma\u00dfe Gelegenheit zur Entstehung jener intellectuellen und aus ihnen jener Gef\u00fchlscontraste geboten, aus denen sich uns die psychologische Wirkung der Komik zusammensetzt.\nDen charakteristischen Grundzug aller Situationskomik bildet ein Missverh\u00e4ltniss zwischen menschlichen Zwecken und deren Realisi-rung. Man begreift daher ohne Weiteres die Entstehung von Unlustgef\u00fchlen des gehemmten Ich, welche aus diesem Missverh\u00e4ltnisse ihren Ursprung nehmen. Eine D\u00fcpirung, ein unabsichtlicher gesellschaft-","page":333},{"file":"p0334.txt","language":"de","ocr_de":"334\nEmil Kraepelin,\nlieber faux-pas, eine pers\u00f6nliche Ungeschicklichkeit, die mannigfachen kleinen Unf\u00e4lle, wie sie uns Wilhelm Busch schildert, bringen unmittelbar f\u00fcr den Betroffenen eine Reihe von unangenehmen Gef\u00fchlen mit sich, ohne dass zun\u00e4chst die Wurzel gleichzeitiger compensirender oder gar \u00fcberwiegender Lustgef\u00fchle klar liegt. In der That geht auch die Situationskomik im Allgemeinen dem Tr\u00e4ger derselben vollst\u00e4ndig verloren, weil sie durch die Intensit\u00e4t der unmittelbar andringenden Unlust erstickt wird. Erst f\u00fcr den unbetheiligten Zuschauer entspringen hier Lustgef\u00fchle aus dem lebendigen Bewusstsein eigener UeberlegenheitundSicherheit gegen\u00fcber dem angeschauten Unverstand oder Missgeschick. Kirchmann bezeichnet dieselben als \u00bbLust aus dem Wissen\u00ab und \u00bbLust aus der Ehre\u00ab. Diese Affecte sind durchaus nicht zu verwechseln mit der gar nicht in das Gebiet des Komischen geh\u00f6rigen Schadenfreude. Bei der letzteren handelt es sich um ein Lustgef\u00fchl, welches seinen Ursprung unmittelbar aus der Befriedigung an fremdem Leide nimmt, w\u00e4hrend wir uns dem belustigenden Eindr\u00fccke der Situationskomik selbst gegen\u00fcber den geliebtesten Personen, ja oft nicht einmal gegen\u00fcber dem eigenen Missgeschicke zu verschlie\u00dfen im Stande sind.\nBei der Situationskomik treten uns somit die beiden Seiten des Komischen, wie sie in dem Contraste differenter Gef\u00fchle zum Ausdrucke gelangen, in sehr klarer Weise als verschiedene Ansichten einer und derselben Sachlage entgegen. Jede Situationskomik ist streng genommen Tragikomik, tragisch f\u00fcr den Betroffenen, komisch f\u00fcr den Zuschauer. Die Grenzen der Komik auf diesem Gebiete sind damit zugleich bereits gegeben. Es muss das Missverh\u00e4ltniss des gegebenen Zweckes zu der factischen Sachlage scharf genug hervorspringen, damit auch der Zuschauer etwas von der Unlust dieses Missverh\u00e4ltnisses empfinde, und es darf doch diese Unlust nicht so stark an-wachsen, dass durch das Mitleid die egoistischen Lustgef\u00fchle \u00fcbert\u00f6nt werden. Es gen\u00fcgt nicht, im Allgemeinen zu wissen, dass da oder dort einmal Jemand eine Ungeschicklichkeit begangen-habe, sondern wir m\u00fcssen wo m\u00f6glich selbst Zeuge der Verlegenheiten sein, in welche der Betroffene ger\u00e4th, oder doch durch eine geschickte Reproduction in Wort oder Bild in den Stand gesetzt werden, uns eine lebendige Vorstellung von den unangenehmen Einzelheiten der Situation zu verschaffen. Gerade in dem Umstande, dass die Wiedergabe oft nicht","page":334},{"file":"p0335.txt","language":"de","ocr_de":"Zur Psychologie des Komischen.\n335\nvermag, in uns die Unlustgef\u00fchle des Augenblicks mit der n\u00f6thigen Intensit\u00e4t wachzurufen, liegt die Unwiederbringlichkeit so mancher Situationskomik ; sie wird matt und reizlos, wenn man es versucht, sie Fremden mitzutheilen. Lebhaftigkeit der Schilderung, findiges Ausmalen aller der kleinen Nadelstiche, welche das vorliegende Missgeschick zusammensetzen, sind daher die wesentlichen Erfordernisse f\u00fcr die k\u00fcnstlerische Behandlung der Situationskomik \u00fcberhaupt.\nAllein, es d\u00fcrfen in der That nur Nadelstiche sein, um die es sich in der ganzen Angelegenheit handelt. Wirkliches Ungl\u00fcck l\u00e4sst in dem menschlichen Zuschauer die egoistischen Lustgef\u00fchle durch die hochgehenden Wogen des Mitleids hinwegschwemmen. Allerdings ist auch in diesem Punkte die individuelle Empfindlichkeit au\u00dferordentlich verschieden. Die rohen Scherze englischer Matrosen erf\u00fcllen den Gesitteten mit lebhaftem Missbehagen, so sehr sie die Lachlust der Betheiligten anregen m\u00f6gen. Am leichtesten ertragen wir, wie bereits fr\u00fcher erw\u00e4hnt, verh\u00e4ltnissm\u00e4\u00dfig sehr starke Unlust er-erregende Situationen ohne Beeintr\u00e4chtigung der komischen Wirkung unter der dauernden Voraussetzung blo\u00dfen Spieles. Die unaufh\u00f6rlichen Pr\u00fcgelscenen des Kasperletheaters, die Vort\u00e4uschung aller m\u00f6glichen Gebrechen in der Posse , die Mord- und Gr\u00e4uelthaten im \u00bbgeschundenen Kaubritter\u00ab verm\u00f6gen uns nicht im Ernste so zu ergreifen, dass ein wirkliches Mitleid uns die Komik der Situation verk\u00fcmmerte. Allerdings wird bei feiner gesitteten Naturen 3 arm auch das contrastirende egoistische Lustgef\u00fchl nur matt zur Entwicklung gelangen und h\u00f6chstens die witzige Komik der Parodie, des Widerspruches zwischen dem scheinbaren Ernste und der wirklichen Un-sinnigkeit der Handlung sich geltend machen. Auf der verschiedenen Art und St\u00e4rke der provocirten Unlustgef\u00fchle beruht die Unterscheidung zwischen derber und feiner Komik. Bei der ersteren, die auf eine geringere Empfindlichkeit der Zuschauer berechnet ist, handelt es sich zumeist um Unlustgef\u00fchle sinnlicher Natur, die sich im Gebiete des K\u00f6rperlichen entwickeln, w\u00e4hrend die feine Komik sich mehr im Bereiche der h\u00f6heren, abstracteren Gef\u00fchle zu bewegen pflegt. Pr\u00fcgel, Verunstaltungen, Schmerzen aller Art, Schimpfereien sind die Mittel, mit denen jene operirt, indessen diese das Missgeschick am h\u00e4ufigsten in Form von Besch\u00e4mungen, Uebervortheilungen, get\u00e4uschten Erwartungen u. dgl. wirken l\u00e4sst. In der dramatischen","page":335},{"file":"p0336.txt","language":"de","ocr_de":"336\nEmil Kraepelin.\nPoesie repr\u00e4sentirt die Posse und der Schwank haupts\u00e4chlich die erstere, das Lustspiel, insonderheit das feinere Lustspiel, die letztere Gattung der Komik. Zur Erh\u00f6hung der Wirkung dient namentlich jener ersteren vielfach die Anschauungskomik, insofern die Situation hier h\u00e4ufig Elemente einer solchen enth\u00e4lt. Die groben Uebertrei-bungen im mimischen Ausdrucke der Affecte, die besondere Auswahl der B\u00fchnentoilette, die gelegentlichen Verrenkungen und Spr\u00fcnge, kurz alle jene kleinen Mittelchen, durch welche der niedrige Komiker mit seiner Person auf sein Publicum zu wirken sucht, geh\u00f6ren jenem erstgenannten Gebiete der Komik an und bilden gewisserma\u00dfen nur die \u00e4u\u00dferlichen, mehr nebens\u00e4chlichen Zuthaten zu der in der Handlung selbst gegebenen, nicht dem Darsteller, sondern dem Dichter an-geh\u00f6rigen Komik der Situation.\nDie innigen Beziehungen, in denen der Gef\u00fchlscontrast der Situationskomik zur Hemmung und F\u00f6rderung der egoistischen Interessen steht, machen es leicht erkl\u00e4rlich, dass die moralische Stellung unseres Ich zu der ganzen Sachlage eine sehr entscheidende Bedeutung f\u00fcr die Entstehung dieser Gattung von Komik \u00fcberhaupt gewinnen kann. Je n\u00e4her unserem Herzen der Betroffene steht, und je feiner weiterhin unser Mitgef\u00fchl mit dem Nebenmenschen ausgebildet ist, desto leichter wird f\u00fcr uns die Komik einer Situation verloren gehen, w\u00e4hrend sie f\u00fcr einen Dritten vielleicht erst ihre volle H\u00f6he erreicht hat. Die besorgte Mutter vermag nicht in das Lachen der Kameraden einzustimmen, wenn ihr Spr\u00f6ssling beim naseweisen Schlittschuhlaufen in das knietiefe Wasser eingebrochen ist. Aber auch die ganz allgemeinen Grunds\u00e4tze der socialen Zweckm\u00e4\u00dfigkeit oder Unzweckm\u00e4\u00dfigkeit machen hier ihren modificirenden Einfluss mit aller Energie geltend. Das Missgeschick, welches den Edlen, Verehrungsw\u00fcrdigen trifft, erscheint uns ungleich h\u00e4rter, als der gleiche Unfall, der dem Leichtsinnigen oder moralisch Schlechten zust\u00f6\u00dft ; im ersteren Falle werden demnach die entstehenden Unlustgef\u00fchle viel rascher die Komik der Situation zerst\u00f6ren, als im letzteren, wo unsere. Empfindlichkeit gewisserma\u00dfen abgestumpft ist. Das ganze Gebiet der Situationskomik zerf\u00e4llt unter diesem Gesichtspunkte in zwei, allerdings nicht scharf von einander abgegrenzte Kreise, je nachdem n\u00e4mlich das vorliegende Missgeschick auf eine social unzweckm\u00e4\u00dfige Eigenschaft oder Handlung des Betroffenen, eine Verschuldung desselben oder auf","page":336},{"file":"p0337.txt","language":"de","ocr_de":"Zur Psychologie des Komischen.\n337\neinen ungl\u00fccklichen Zufall zur\u00fcckzuf\u00fchren ist. An diesem Punkte ist die Abtrennung des Verlachenswerthen vom Belachenswerthen am Platze, wenn dieselbe auch nicht, wie man gewollt hat, dem Gegens\u00e4tze zwischen dem L\u00e4cherlichen und dem Komischen entspricht.\nEine eigenartige Porm des Belachenswerthen, deren wir wegen ihrer nahen Beziehungen zum Gef\u00fchlsleben an dieser Stelle zu gedenken haben, ist das Naive. Der komische Contrast wird hier gebildet durch die nat\u00fcrlichen Regungen und Neigungen einerseits und die Schablone andererseits, in welche jene durch Erziehung und sociale Reibung gepresst werden. Die Naivet\u00e4t ist daher haupts\u00e4chlich das Product der Jugend und XJnerzogenheit, bei welcher eben die Einengung des Nat\u00fcrlichen noch nicht vollendet ist. Es ist naiv, wenn ein junges M\u00e4dchen in der Gallerie voll Interesse die Mutter fragt, ob nicht bald wieder ein Bild komme, bei dem man sich die Augen zuhalten m\u00fcsse ; es ist naiv, wenn das enfant terrible harmlos die abf\u00e4lligen Bemerkungen der Mutter \u00fcber die Nachbarin wieder erz\u00e4hlt, und wenn der Bauer der Landesf\u00fcrstin vertraulich die Hand sch\u00fcttelt. Auch hier geh\u00f6ren die Componenten, aus denen sich der Gef\u00fchlscon-trast des Komischen zusammensetzt, dem Gebiete der moralischen Gef\u00fchle an, insofern dabei die Unlust \u00fcber die Verletzung der Normen des socialen Verkehrs mit der Lust \u00fcber die harmlose Aeu\u00dferung des Nat\u00fcrlichen concurrirt. Harmlos muss diese Kundgebung sein, weil im anderen Falle dieselbe unser Missfallen in zu hohem Grade erregen und damit die komische Wirkung in Wegfall kommen w\u00fcrde, doch ist es wohl kaum zutreffend, wenn Hecker es ausspricht, dass der Tr\u00e4ger des Naiven eine h\u00f6here und freiere Sittlichkeit repr\u00e4sen-tirt, als diejenige der k\u00fcnstlichen Schranken unserer Etiquette. Schon die Freude an dem unbek\u00fcmmerten Hervortreten der nat\u00fcrlichen Motive und Anschauungen d\u00fcrfte gen\u00fcgen, um uns die Unlust einer Ueberschreitung der gesellschaftlichen Normen in das Gef\u00fchl des Komischen umzuwandeln. Naiv ist es ja auch, wenn der Bettler dem Geber dar\u00fcber Vorw\u00fcrfe macht, dass das erhaltene gro\u00dfe Geldst\u00fcck nicht mehr zum vollen Nennwerthe anzubringen sei, oder wenn ein Vater \u00fcber die Schande klagt, dass sein Sohn sich habe beim Diebstahl erwischen lassen, ohne dass hier von einer besonderen H\u00f6he der Moralit\u00e4t die Rede sein k\u00f6nnte. Sehr h\u00e4ufig ist die Komik des Naiven eine complicirte. W\u00e4hrend n\u00e4mlich urspr\u00fcnglich der Tr\u00e4ger","page":337},{"file":"p0338.txt","language":"de","ocr_de":"338\nEmil Kraepelin.\ndes Naiven selbst komisch erscheint, insofern ihn sein Benehmen mit den allgemeinen socialen Regeln in Conflict bringt, geht die Komik in anderen F\u00e4llen ganz vorzugsweise auf denjenigen \u00fcber, der durch eine naive Aeu\u00dferung blo\u00dfgestellt wird. Dies trifft \u00fcberall dort zu, wo durch den Naiven die Verletzung der socialen Zweckm\u00e4\u00dfigkeit nicht selbst begangen, sondern nur in harmloser Nat\u00fcrlichkeit ans Licht gezogen wird.\nDas Naive ist immer absichtslose Komik. Sobald diese Unabsichtlichkeit nicht vorausgesetzt wird, gewinnt die Komik des Be-lachenswerthen sofort einen anderen Charakter, da wir es ja dann mit einer bewussten Vernachl\u00e4ssigung der socialen Normen zu thun haben. Wo aber eine Verschuldung vorliegt, sei es auch nur nach unserer subjectiven Auffassung, mischt sich leicht zu dem Lustgef\u00fchle der eigenen Geborgenheit noch die Schadenfreude \u00fcber das Unterliegen des social Unzweckm\u00e4\u00dfigen, der Dummheit, der Unsittlichkeit u. p. f. Auch aus diesem Grunde darf hier die Unlust des Mitleids, wie sie der Gr\u00f6\u00dfe des Missgeschicks parallel geht, weit h\u00f6here Grade erreichen, bevor dadurch die Komik der Situation beeintr\u00e4chtigt wird. Hier ist es das Bewusstsein der eigenen intellectuellen oder moralischen Ueber-legenheit, welches uns auf den Betroffenen herabsehen l\u00e4sst, w\u00e4hrend wir dem unverschuldeten Missgeschicke nur mit der harmloseren Freude \u00fcber die eigene Sicherheit gegen\u00fcberstehen. Sokrates verliert nichts von unserer Werthsch\u00e4tzung, wenn wir auch die Komik seiner ehelichen Leiden empfinden, und wir hegen vielleicht die gr\u00f6\u00dfte Hochachtung f\u00fcr den zerstreuten Professor, der sich von der eigenen Th\u00fcr durch die Abfertigung zur\u00fcckweisen l\u00e4sst, dass der Herr nicht zu Hause sei. Dagegen gesellt sich zu der Komik ein Gef\u00fchl lebhafter Befriedigung und sp\u00f6ttischer Verachtung, wenn Falstaff bei der Verfolgung verliebter Abenteuer aus dem W\u00e4schek\u00f6rbe ins Wasser geworfen wird oder der Obstdieb mit seinen gef\u00fcllten Taschen in der Zaunl\u00fccke h\u00e4ngen bleibt. Diese Befriedigung w\u00e4chst mit der St\u00e4rke der pers\u00f6nlichen oder durch die \u00bbVerschuldung\u00ab begr\u00fcndeten Abneigung, die wir gegen den Tr\u00e4ger der angeschauten Situation empfinden, ja sie kann so m\u00e4chtig anwachsen, dass ihr gegen\u00fcber die Unlust menschlichen Mitleids g\u00e4nzlich in den Hintergrund tritt. Wir finden es nicht komisch, wenn Richard III. sich, von Visionen gepeinigt, auf seinem Lager herumw\u00e4lzt. Die m\u00e4chtigen Affecte des moralischen Abscheus","page":338},{"file":"p0339.txt","language":"de","ocr_de":"Zur Psychologie des Komischen.\n339\nund der Befriedigung \u00fcber die Bestrafung des B\u00f6sen verhindern hier die Entwicklung jener harmlosen Regungen g\u00e4nzlich. Selbstverst\u00e4ndlich bleibt die Anschauungskomik dadurch im Allgemeinen unber\u00fchrt. Einen Freund, der das Ungl\u00fcck hat, bei der Bewerbung um ein M\u00e4dchen abgewiesen zu werden, bemitleiden wir, wenn er durch sein Missgeschick tief ersch\u00fcttert ist ; wir lachen vielleicht \u00fcber seine Situation, wenn er selber die Sache leicht nimmt. Der Misserfolg des Nebenbuhlers dagegen erf\u00fcllt uns mit Spott, wenn wir ihn f\u00fcr ungef\u00e4hrlich hielten, mit tiefer Genugthuung, wenn wir ihn gehasst haben. In jedem Falle aber werden uns die Regungen der Komik beschleichen, wo sich uns die Gelegenheit bietet, etwa das verdutzte Gesicht des Entt\u00e4uschten im entscheidenden Momente selbst zu sehen.\nAls eine andere Grenze der Situationskomik haben wir oben die Verdr\u00e4ngung der Lustgef\u00fchle eigener Sicherheit und Ueberlegenheit durch die Unlust des Mitleides kennen gelernt und damit in der Gr\u00f6\u00dfe des Missgeschickes, wie in der Innigkeit unserer pers\u00f6nlichen Beziehungen zu dem Betroffenen jene Factoren aufgefunden, welche f\u00fcr die Ausgiebigkeit der komischen Wirkungen ma\u00dfgebend sind. Aus diesen Bestimmungen geht unmittelbar hervor, dass am schwersten dann der Gef\u00fchlscontrast des Komischen in uns entstehen wird, wenn wir selbst mit unserer eigenen Person in die f\u00fcr den Unbetheiligten komische Situation verwickelt sind, wenn also die Unlustgef\u00fchle nicht erst in der abgehlassten Form des Mitleids, sondern in ihrer ganzen frischen Unmittelbarkeit auf uns einst\u00fcrmen und zudem nicht einmal ein Gegengewicht in den Lustgef\u00fchlen der eigenen Geborgenheit finden. Das Lachen \u00fcber den betrogenen Nachbar vergeht uns, wenn wir uns selber in Mitleidenschaft gezogen sehen, und bei dem Gassenjungen, dem soeben noch die Angst seines Kameraden vor dem Hofhunde au\u00dferordentlich komisch erschienen war, wird dieses angenehme Gef\u00fchl sofort durch lebhafte Unlust unterdr\u00fcckt, sobald der Gef\u00fcrchtete sich gegen ihn selbst wendet. Verh\u00e4ltnissm\u00e4\u00dfigamleichte-sten gelingt die Gewinnung eines allgemeineren Standpunktes gegen\u00fcber dem eigenen Missgeschick bei jenen kleinen Unf\u00e4llen, welche die gr\u00f6bere Grundlage unserer psychischen Pers\u00f6nlichkeit, unseren K\u00f6rper und dessen \u00e4u\u00dfere Drapirung betreffen. Wir gew\u00f6hnen uns mit der Erweiterung unseres Gesichtskreises immer mehr daran, als unser eigentliches Ich die Summe von Vorstellungen, Gef\u00fchlen und","page":339},{"file":"p0340.txt","language":"de","ocr_de":"340\nEmil Kraepelin.\nWillensdispositionen zu betrachten, welche wir in unserem Innern vorfinden, und dieses Ich in einen mehr oder weniger ausgesprochenen Gegensatz zu seinem k\u00f6rperlichen Substrate zu stellen. So kommt es, dass wir einer eigenen k\u00f6rperlichen Unvollkommenheit oder Unannehmlichkeit unter Umst\u00e4nden gegen\u00fcberstehen, wie ein unbetheilig-ter Zuschauer, insofern durch dieselben eben jenes eigentliche Ich, unsere psychische Pers\u00f6nlichkeit, ja gar nicht in Mitleidenschaft gezogen wird. Um so leichter wird diese Objectivit\u00e4t erreicht, je unbedeutender das in der Situation liegende Missgeschick ist, je weniger intensiv also die sinnlichen Unlustgef\u00fchle das psychische Gleichgewicht bedrohen. Wem in Heidelberg bei der Besichtigung des gro\u00dfen Fasses unvermuthet der Fuchsschwanz ins Gesicht f\u00e4hrt, der wird wohl regelm\u00e4\u00dfig selbst der Komik dieses harmlosen Scherzes zug\u00e4nglich sein, w\u00e4hrend schon eine weit geringere Empfindlichkeit dazu geh\u00f6rt, mit den gleichen Gef\u00fchlen dem kalten Sturzbade zu begegnen, welches den Unerfahrenen beim erstmaligen Passiren des Aequators erwartet. Es ist somit nicht nur Sache der h\u00f6heren Bildung im Allgemeinen, sondern auch des individuellen Temperamentes, wie weit der Einzelne sich \u00fcber k\u00f6rperliche Unbilden zu jener Objectivit\u00e4t zu erheben vermag, welche ihm erlaubt, seine eigene Situation gewisserma\u00dfen vom Standpunkte des unbetheiligten Zuschauers zu betrachten und zu verlachen. Der Yolkswitz kennt als ein typisches, wenn auch nicht ganz einfaches Beispiel dieser Selbstverlachung den Ausspruch des am Montag geh\u00e4ngten Diebes: \u00bbDie Woche f\u00e4ngt gut an\u00ab.\nWeit schwieriger wird die Erhebung \u00fcber das eigene Missgeschick im Allgemeinen dort, wo dasselbe sich auf den h\u00f6heren Gebieten des psychischen Lebens abspielt. Eine Dem\u00fcthigung im Bereiche der intellec-tuellen und moralischen Leistungen pflegt von so intensiven Unlustgef\u00fchlen begleitet zu sein, da(ss eine besondere H\u00f6he der Selbstbeherrschung dazu geh\u00f6rt, hier den Standpunkt des Unbetheiligten zu gewinnen. Dort, wo die Dem\u00fcthigung vom Subjecte selbst als voll und ganz verdient aufgefasst wird, d\u00fcrfte die Empf\u00e4nglichkeit f\u00fcr die Komik der Situation wohl regelm\u00e4\u00dfig unter dem Drucke der Unlust verloren gehen, w\u00e4hrend im anderen Falle immerhin das Missgeschick als etwas Fremdes, nicht den Kern der eigenen Pers\u00f6nlichkeit Treffendes angesehen werden kann. So wird der betrogene Betr\u00fcger nur dann der Komik seiner Lage zug\u00e4nglich sein, wenn er, wie so h\u00e4ufig","page":340},{"file":"p0341.txt","language":"de","ocr_de":"Zur Psychologie des Komischen.\n341\nauf der B\u00fchne, in bester Absicht zu betr\u00fcgen versucht hat und nun sieht, wie trotz seiner Bem\u00fchungen schlie\u00dflich doch Alles gegen seinen Willen zum Ende und zwar zu einem guten Ende gekommen ist. Wenn dann auch Anfangs das Unlustgef\u00fchl, d\u00fcpirt zu sein, stark \u00fcberwiegt, so kommt doch hier die Komik mit dem Lustgef\u00fchle der gewonnenen besseren Einsicht verh\u00e4ltnissm\u00e4\u00dfig leicht zum Durchbruch.\nSehr m\u00e4chtig wird die Erhebung \u00fcber das eigene Missgeschick erleichtert durch das Abblassen der momentanen Unlustgef\u00fchle in der Erinnerung. Je mehr dieselben in der sinnlichen Sph\u00e4re gelegen waren, desto rascher und vollst\u00e4ndiger verlieren sie im Laufe der Zeit ihre urspr\u00fcngliche St\u00e4rke und damit ihre Einwirkung auf das betroffene Individuum, w\u00e4hrend die h\u00f6heren moralischen Unlustgef\u00fchle weit allm\u00e4hlicher verblassen. So kommt es, dass wir nachtr\u00e4glich die Empf\u00e4nglichkeit f\u00fcr die Komik von Situationen gewinnen, welche uns im Augenblicke selbst nur peinliche Gef\u00fchle verursachten. Auch hier stellen wir uns in der Erinnerung gewisserma\u00dfen auf einen neuen, den Standpunkt des unhetheiligten Zuschauers gegen\u00fcber dem eigenen Erlebnisse. So sehr n\u00e4mlich auch durch die F\u00e4higkeit der steten Reproduction die Continuit\u00e4t unseres Ich aufrecht erhalten wird, so sehr ist doch gerade dieses Ich dabei dem best\u00e4ndigen Wechsel unterworfen, und schon nach einer kurzen Spanne Zeit muthet uns oft die eigene Vergangenheit an, wie diejenige eines anderen Wesens. Wir lachen \u00fcber unsere kleinen Unf\u00e4lle und Thorheiten, wenn sie vor\u00fcber sind, \u00fcber die Angst, die wir im Examen ausgestanden haben, ja \u00fcber den Schabernack, den man uns gespielt hat. Vorausgesetzt ist dabei allerdings, dass nicht ernste Folgen sich an das Ueberstandene gekn\u00fcpft haben, doch schwindet die Empfindlichkeit nach individuell verschieden langer Zeit nicht selten so weit, dass selbst Unlustgef\u00fchle von urspr\u00fcnglich sehr betr\u00e4chtlicher Intensit\u00e4t schlie\u00dflich die retrospective Auffassung der Situations- und Anschauungskomik nicht mehr ganz zu hindern im Stande sind.\nLeider ist diese F\u00e4higkeit, den kleinen Thorheiten und Leiden des Menschenlebens \u00fcberall die komische Seite abzugewinnen, sehr ungleich vertheilt. Erscheint sie doch berufen, fast die wichtigste Quelle aller Unlustgef\u00fchle zum Versiegen zu bringen und dadurch der Summe menschlichen Gl\u00fcckes einen unsch\u00e4tzbaren Zuwachs hinzuzuf\u00fcgen ! Mit Recht betont der Dichter, dass es gerade die t\u00e4glichen Nadelstiche","page":341},{"file":"p0342.txt","language":"de","ocr_de":"342\nEmil Kraepelin.\nkleiner Unbehaglichkeiten sind, welche wir am schwersten zu ertragen pflegen. Wenn das Bewusstsein treu erf\u00fcllter Pflicht uns die Kraft gibt, gro\u00dfen Schmerz mit W\u00fcrde zu erdulden, so stehen wir machtlos allen den zahllosen kleinlichen Verlegenheiten und Unannehmlichkeiten gegen\u00fcber, deren Hauptsumme Vischer in grotesker, aber treffender Weise als \u00bbKampf mit dem Objecte\u00ab geschildert hat. Wir glauben nicht zu irren, wenn wir als den Better aus dieser Noth eben jene eigenartige Gem\u00fcthsanlage betrachten, die wir \u00bbHumor\u00ab nennen.\nKirchmann betrachtet den Humor als eine Erfindung der Neuzeit; in Wirklichkeit d\u00fcrfte derselbe fast so alt sein, wie die Situationskomik selber. Allerdings das Wort ist in dieser Bedeutung neu. Die urspr\u00fcngliche allgemeine Bezeichnung f\u00fcr Laune \u00fcberhaupt hat sich allm\u00e4hlich auf diejenige besondere \u00bbLaune\u00ab eingeschr\u00e4nkt, welche uns in den Stand setzt, in eigenen wie fremden Lebensschicksalen \u00fcberall die harmlosen Contraste des Komischen aufzufinden. Nirgends fehlen ja diese Contraste, wo der empf\u00e4ngliche Blick vorhanden ist, der sie verst\u00e4ndnisvoll auffasst. Aus diesem Grunde hat die Bezeichnung des Humoristischen, die zun\u00e4chst nur eine Gem\u00fcthseigenschaft charakterisirt, einer eigenen Kunstgattung den Namen gegeben, deren Aufgabe es ist, die F\u00fclle der Situationskomik des t\u00e4glichen Lebens, an der die Menge achtlos vorbeigeht, in markirteren Z\u00fcgen und frei vom nebens\u00e4chlichen*, verh\u00fcllenden Beiwerke aufzuweisen, um auf diese Weise dem weniger Empf\u00e4nglichen den Blick f\u00fcr eigene und fremde Komik zu sch\u00e4rfen und die F\u00e4higkeit zu humoristischer Selbst-verlachung in ihm zu erziehen. Mit dem Witze hat somit der Humor weiter gar keine Ber\u00fchrungspunkte, als dass Beide Erscheinungsformen des Komischen im Allgemeinen darstellen. Der Humor ist eine Gem\u00fcthsanlage, der Witz, wenn man ihn als Eigenschaft auffasst, eine F\u00e4higkeit des Verstandes. Letzterer beruht auf reicherer Ausbildung der Combinationsgabe, ersterer auf einer geringeren Empfindlichkeit gegen\u00fcber dem kleinen menschlichen Missgeschick. Der Witz zeigt sich auf dem Gebiete jener so zu sagen intellectuellen Gattung der Komik, die von ihm ihren Namen tr\u00e4gt, und wird, wie wir sp\u00e4ter sehen werden, von logischen Gef\u00fchlen begleitet, w\u00e4hrend der Humor seinen Stoff aus der Situationskomik entnimmt und seine Wirkung durch die moralischen Gef\u00fchle des gehemmten und gef\u00f6rderten Ich","page":342},{"file":"p0343.txt","language":"de","ocr_de":"Zur Psychologie des Komischen.\n343\nerzielt. Der Witz ist, wo er sich nicht, wie so h\u00e4ufig, mit der Situationskomik verkn\u00fcpft, kaum viel mehr als ein blo\u00dfes Spiel der Vorstellungen, \u2014 der Humor dagegen bietet uns ein Bild menschlicher Lebensereignisse in eigenartiger F\u00e4rbung, gleichsam einen Spiegel, in welchem wir unser Thun und Leiden bei einseitiger, aber scharfer Beleuchtung wieder erblicken. In der reproducirenden Kunst ist der Witz daher immer auch nur ein vereinzeltes Element der Darstellung, w\u00e4hrend der Humor dem gesammten Inhalte derselben sein charakteristisches Gepr\u00e4ge verleiht.\nDer Humor l\u00f6st seine Aufgabe, einem gro\u00dfen Bruchtheile menschlichen Missgeschickes die verwundende Spitze zu rauhen, dadurch, dass er uns an dem Beispiele des Nebenmenschen die Komik der zahllosen Unvollkommenheiten und Thorheiten menschlicher Situationen darlegt. Auf diese Weise erzeugt er in uns selbst das Lustgef\u00fchl der Befriedigung \u00fcber das eigene Loos, da er auch an dem Beneideten und anscheinend Unerreichbaren die schwache Seite reiner Menschlichkeit aufzudecken versteht. Er verwischt gewisserma\u00dfen die zuf\u00e4lligen oder k\u00fcnstlichen Unterschiede der Einzelnen und gibt Jedem das Recht, mit neidlosem Behagen zu empfinden, dass er in manchen St\u00fccken doch vor dem Anderen eine Ueberlegenheit des Gl\u00fcckes oder der besseren Einsicht genie\u00dfe.\nDer Weg, auf dem der Humorist so zu dem bedeutsamen Ziele gelangt, ein Mitarbeiter an der allgemeinen Erziehung der menschlichen Gesellschaft zu werden, ist dabei je nach seiner eigenen Individualit\u00e4t und je nach dem Publicum, an das er sich wendet, ein doppelter. Am eindringlichsten und packendsten wirkt er, wo er sich jene kleinen menschlichen Schw\u00e4chen und Fehler zum Angriffspunkte erw\u00e4hlt, welche ihrem Tr\u00e4ger an sich selbst die Erf\u00fcllung seiner allgemeinen Zwecke unm\u00f6glich machen. Der Geiz, der Eigennutz, der Ilochmuth, der Million\u00e4r, dem der Genuss seines Geldes durch die Sorge f\u00fcr die Erhaltung desselben verk\u00fcmmert wird, der unpraktische Gelehrte, der furchtsame Herrscher \u2014 sie liefern dem Humoristen den Stoff zur Aufdeckung des menschlichen Unverstandes, indem sie nicht etwa mit moralischem Pathos gegei\u00dfelt, sondern vielmehr weit wirksamer vom Standpunkte gutm\u00fcthiger Ueberlegenheit in ihrer ganzen Lhizweek-m\u00e4\u00dfigkeit der L\u00e4cherlichkeit Preis gegeben werden. Als Il\u00fclfsmittel dienen diesem gewisserma\u00dfen kritischen Humor, der uns im Beispiele Wundt, Philos. Studien. II.\t23","page":343},{"file":"p0344.txt","language":"de","ocr_de":"344\nEmil Kraepelin.\nunsere eigene Unvollkommenheit vorh\u00e4lt und dadurch zur Selbstkritik anzuregen sucht, vielfach die scharfen Waffen der Ironie, der Satire, des Hohnes. Man lese nur, mit welch schneidender Ironie in den ersten Capiteln des \u00bbOliver Twist\u00ab die Zust\u00e4nde geschildert sind, in denen der schutzlose, verachtete Knabe aufw\u00e4chst ! Um so ausgiebiger pflegen jene aggressiven Formen der komischen Darstellung von dem Humoristen in Anwendung gezogen zu werden, je ernster er es mit den Gedanken meint, denen er unter der kaum verh\u00fcllenden Maske hei seinem Publicum Eingang zu verschaffen sucht. Als eines markanten Beispieles dieser Gattung aus der neueren Literatur sei hier nur der k\u00f6stlichen Skizzen Mark Twain\u2019s Erw\u00e4hnung gethan.\nDas directe Gegenst\u00fcck zu dieser negativ-kritischen Richtung des Humors haben wir dort vor uns, wo der Humorist nicht selbst den \u00fcberlegenen Standpunkt einnimmt, von dem herab er uns einen Einblick in die Zweckwidrigkeiten des menschlichen Unverstandes gew\u00e4hrt, wo er uns vielmehr in den Gestaltungen seiner Phantasie gewisserma\u00dfen Vorbilder schafft, welche wir als Repr\u00e4sentanten echter Menschlichkeit siegreich aus allen den kleinen und gro\u00dfen Anfechtungen des Lebens hervorgehen sehen. Nicht deshalb stehen sie so hoch, weil sie etwa \u00fcber ein au\u00dfergew\u00f6hnliches Ma\u00df sittlicher Energie verf\u00fcgen, sondern deshalb, weil sie jene unbefangene Objectivit\u00e4t auch gegen\u00fcber dem eigenen Leide besitzen, welche sie im Kampfe des Lebens fast unverwundbar macht. Sie sind die Tr\u00e4ger des Humors, wenn wir es fr\u00fcher mit den Zielscheiben desselben zu thun hatten; indem sie f\u00fcr die Reize des Daseins empf\u00e4nglich sind ohne Empfindlichkeit, geben sie uns in vieler Beziehung ein Bild der wahren Lebensweisheit, welche selbst den Unbilden und F\u00e4hrlichkeiten noch die kleinen Freuden der komischen Befriedigung abzugewinnen versteht. Ein unvergleichliches Muster dieses sch\u00f6pferischen, positiven Humors ist Reuter\u2019s \u00bbUnkel Br\u00e4sig\u00ab, eine Figur, deren Auftreten niemals verfehlt, uns in eine Stimmung sicheren Behagens zu versetzen.\nEinen sehr verschiedenen Charakter erh\u00e4lt naturgem\u00e4\u00df der Humor je nach der speciellen F\u00e4rbung der Gef\u00fchle, welche seine Wirkung repr\u00e4sentiren. Gro\u00dfe Intensit\u00e4t der Lustgef\u00fchle erzeugt den heiteren, in st\u00e4rkerer Steigerung mit Neigung zu lebhafter motorischer Reaction den ausgelassenen Humor, dem die ruhigeren Lustgef\u00fchle des behaglichen Humors gegen\u00fcberstehen. Dickens (Pickwicker), Reu-","page":344},{"file":"p0345.txt","language":"de","ocr_de":"Zur Psychologie des Komischen.\n345\nter (Franzosentid), Scheffel (Trompeter von S\u00e4ckingen) sind literarische Vertreter dieser einzelnen Gattungen. Ganz anders schreitet der tr\u00fcbselige Humor einher, wie ihn Hamlet vertritt. Hier entspringt das Lustgef\u00fchl der Ueberlegenheit im Individuum nicht mehr aus dem frohen Bewusstsein des eigenen K\u00f6nnens, sondern aus der gr\u00fcndlichen Verachtung der Menschen \u00fcberhaupt, und eine eigentliche Komik vermag sich daher auf dieser allgemeinen Grundlage intensivster Unlust h\u00f6chstens andeutungsweise zu entwickeln. Zumeist ist hier nur die \u00e4u\u00dfere Form des komischen Contrastes beibe-halten, w\u00e4hrend der Inhalt \u00fcberaus ernster, bitterer Natur zu sein pflegt. Namentlich die Form der Ironie findet hier vielfache Anwendung. Wo sich die Bitterkeit der Lebenserfahrung, etwa durch die L\u00e4nge der vergangenen Zeit, allm\u00e4hlich gemildert hat, erh\u00e4lt der Humor, hei ernstem Grundcharakter, die F\u00e4rbung des Wehm\u00fcthigen, wie wir ihn bisweilen in unseren Volksliedern wiederfinden. Selbstverst\u00e4ndlich hat es keine Schwierigkeit, in \u00e4hnlicher Weise noch eine ganze Reihe verschiedener Gattungen des Humors von einander abzugrenzen, die aber nat\u00fcrlich ebenso continuirlich in einander \u00fcbergehen, wie die zahllosen N\u00fcancen der menschlichen Stimmungen selbst, aus denen sich die Gef\u00fchle des Humoristischen zusammensetzen.\nWenden wir uns nunmehr dem dritten gro\u00dfen Gebiete, der witzigen Komik, zu, so haben wir es auch hier mit einer eigenartigen Gattung von Gef\u00fchlen zu thun, n\u00e4mlich mit den logischen. Im Uehrigen begegnen uns dieselben Verh\u00e4ltnisse, wie wir sie bisher in Betracht zu ziehen hatten ; nur ist an die Stelle des moralischen Contrastes ein logischer getreten. Nicht die Gef\u00fchle des Gefallens und Missfallens, nicht diejenigen der Hemmung und F\u00f6rderung, sondern jene der logischen Uebereinstimmung und des Widerspruchs sind es hier, aus welchen die komische Wirkung hervorgeht. Dabei muss wiederum die Lust der Uebereinstimmung \u00fcberwiegen, weil im anderen Falle die theilweise Deckung der concurrirenden Vorstellungen gar nicht erfolgen und somit der komische Contrast gar nicht zu Stande kommen w\u00fcrde. Das logische Lustgef\u00fchl, welches die witzige Komik begleitet, ist analog demjenigen hei Entdeckung einer neuen Wahrheit. Es er\u00f6flnet sich uns eine neue Perspective ; wir sehen einen Zusammenhang von Vorstellungen, wie wir ihn bis dahin nicht kannten.\n23*","page":345},{"file":"p0346.txt","language":"de","ocr_de":"346\nEmii Kraepelin.\nJe entschiedener sich jenes Lustgef\u00fchl der Uebereinstimmung geltend macht, desto treffender ist der Witz, w\u00e4hrend er um so mehr an logischem Werth verliert, je entfernter und gesuchter die Congruenz der Vorstellungen, je unbefriedigender also der Versuch einer Vereinigung derselben ausf\u00e4llt. Wo ferner der witzige Contrast nicht sofort offenkundig ist, sondern erst durch eine gewisse Ueberlegung aus der scheinbaren Uebereinstimmung hervortritt, erh\u00e4lt der Witz die besondere Eigenschaft des \u00bbFeinen\u00ab, die zum Verst\u00e4ndnisse eine bereits geschulte Auffassungsgabe voraussetzt. Es gibt \u00fcbrigens Witze, die so fein sind, dass sie ohne l\u00e4ngeren Commentai' gar nicht verstanden werden k\u00f6nnen und somit die Grenze des Komischen \u00fcberhaupt bezeichnen.\nNur in geringem Grade besitzt die witzige Komik die Eigenschaft der Reproductionsf\u00e4higkeit. Sobald uns einmal der neue Ausblick, welchen der Witz gew\u00e4hrt, gel\u00e4ufig geworden ist, bei h\u00e4ufiger Wiederholung, verblasst das Lustgef\u00fchl und mit ihm die Komik der vorliegenden Vorstellungsverbindung. Ein komischer Anblick, eine komische Situation pflegen lange Zeit immer von Neuem ihre Wirkung auszu\u00fcben, so oft wir ihnen begegnen, w\u00e4hrend die logische Komik ver-h\u00e4ltnissm\u00e4\u00dfig rasch ihren Keiz verliert. In den beiden ersten F\u00e4llen wird das Lustgef\u00fchl durch die erneute Vorf\u00fchrung des komischen Objectes immer wieder in ann\u00e4hernd urspr\u00fcnglicher Starke erzeugt, w\u00e4hrend die Freude an der scheinbaren logischen Uebereinstimmung durch die kritische Erfassung ihrer Nichtigkeit dauernd beeintr\u00e4chtigt zu werden scheint. Je mehr daher einem Witze moralische Komik beigesellt ist, desto \u00f6fter vermag sich seine Wirkung auf uns zu erneuern, desto weniger leicht pflegt er der Vergessenheit anheimzufallen.\nIn der That geht denn auch die logische Komik au\u00dferordentlich h\u00e4ufig mit der Situationskomik Hand in Hand. Der reine Witz ist Selbstzweck, ein Spielen mit Vorstellungen ohne weitere Absicht, als die Erzeugung des logischen Contrastes. Sobald er eine Beziehung zum Thun und Treiben der Menschen erh\u00e4lt, verliert er den Charakter der Einfachheit ; es ist ein fremdes Element, welches \u00e4u\u00dferlich zu ihm hinzutritt und durch die begleitenden Gef\u00fchle der Hemmung und F\u00f6rderung seinen Ursprung aus dem Gebiete der moralischen Komik unverkennbar documentirt. Diese Mischung kann sich auf doppeltem","page":346},{"file":"p0347.txt","language":"de","ocr_de":"Zur Psychologie des Komischen.\n347\nWege vollziehen, zun\u00e4chst dadurch, dass der Witz nicht absichtsvoll, sondern unfreiwillig erzeugt wird. Gelegentlich ist das hei allen den verschiedenen Gattungen des Witzes einmal der Fall; verh\u00e4ltnissm\u00e4\u00dfig am leichtesten -wird es sich aber bei denjenigen Formen der Apper-ceptionswitze ereignen, bei denen der Contrast nicht unmittelbar zu Tage tritt. Der D\u00fcsseldorfer Theaterzettel, der Don Juan als \u00bbOper mit Gesang\u00ab ank\u00fcndigt, der Kaufmann, der \u00bbsofort oder fr\u00fcher\u00ab Stellung sucht, sowie jener ungarische Abgeordnete mit dem denkw\u00fcrdigen Ausspruche : \u00bbDer Staat muss es in Evidenz halten, wer geboren wird und wer nicht\u00ab, sind treffende Beispiele einer derartigen gemischten Komik. Ueberall gesellt sich hier zu den witzigen Urtheilen die Situationskomik der Gedankenlosigkeit ihrer Urheber. Mit gutem Grunde pflegt daher die Anekdote derartige Witze unter der Maske des scheinbaren Ernstes darzustellen, um so die Wirkung derselben durch die hinzutretende moralische Komik zu bereichern.\nHaben wir es indessen bei den angef\u00fchrten Beispielen mit einer \u00bbVerschuldung\u00ab zu thun gehabt, weil der producirte versteckte Unsinn bei einigem Nachdenken leicht h\u00e4tte corrigirt werden k\u00f6nnen, so gibt es andererseits auch eine unfreiwillige witzige Komik, deren Tr\u00e4gern wir jenen Vorwurf nicht machen k\u00f6nnen. Hecker bespricht diese Form bei Gelegenheit des \u00bbNaiven\u00ab und trennt sie als das \u00bbPseudonaive\u00ab von ersterem ab. Ich m\u00f6chte statt dessen die Bezeichnung des \u00bblogisch Naiven\u00ab gegen\u00fcber dem fr\u00fcher besprochenen \u00bbmoralisch Naiven\u00ab in Vorschlag bringen. Es handelt sich hier um den logischen Contrast zweier Vorstellungen, welche, an sich unvereinbar, doch auf einem gewissen unentwickelten Standpunkte der Erfahrung einer f\u00fcr den Wissenden komischen Vereinigung f\u00e4hig erscheinen. Das Kind, welches nach dem Monde greift, also denselben f\u00fcr nah erreichbar h\u00e4lt, der Wilde, dem die sausende Locomotive als ein gef\u00e4hrliches Thier erscheint, sind Tr\u00e4ger des logisch Naiven. Ja, streng genommen ist jeder \u00fcberwundene Standpunkt des Wissens, auf den wir mit bereicherter Erfahrung zur\u00fcckblicken, unter diesem Gesichtspunkte zu betrachten. Der heutige Astronom l\u00e4chelt \u00fcber die Vorstellung der Alten von der tellerf\u00f6rmigen Gestalt der Erde und der Gew\u00f6lbeform des Himmels ; so berechtigt jene Anschauungen ihrerzeit gewesen sind, so wenig f\u00fcgen sie sich in das System unserer fortgeschrittenen Erkenntniss. Auf diese Weise entsteht in uns im Anschl\u00fcsse an den","page":347},{"file":"p0348.txt","language":"de","ocr_de":"348\nEmil Kraepelin.\nContrast der Vorstellungen eines veralteten und des jetzigen Standpunktes ein Widerspiel von Gef\u00fchlen der theilweisen Uebereinstim-mung und des theilweisen Widerspruches. Im Allgemeinen muss hier die Differenz in den Anschauungen schon ziemlich grell hervortreten, damit eine ausgiebige komische Wirkung zu Stande komme.\nIn noch entschiedenerer Weise wird der harmlose Character der reinen witzigen Komik umgestaltet, wenn die beigemischte Situationskomik nicht an den Autor des Witzes selbst, sondern an eine dritte Person ankn\u00fcpft, welche zum Gegenst\u00e4nde desselben ausersehen wird. Allerdings kann auch bisweilen, bei der Selbstverspottung, diese dritte Person mit jenem Autor identisch sein. Der Witz erh\u00e4lt dadurch eine aggressive Tendenz und wird f\u00fcr den Angegriffenen zu einem Missgeschick, welches in uns neben der logischen noch die Regungen der moralischen Komik zur Entwicklung gelangen l\u00e4sst. Die etymologische Ableitung der Worte Perr\u00fccke von Pericles und Platte von Plato ist zun\u00e4chst rein witzig; sie wird aggressiv, sobald ein bestimmter Perr\u00fcckentr\u00e4ger als Perr\u00fccles oder ein Kahlkopf als Platto bezeichnet wird. Interessant ist es, zu sehen, wie dasselbe Beispiel bei verschiedener Auffassung oft einen g\u00e4nzlich verschiedenen Charakter gewinnt. Wenn eine Prau ihrem Manne vorwirft, dass er gestern erst heute, heute erst morgen nach Hause komme und daher auch wohl erst einen Tag nach seinem Todestage sterben werde, so kann dieser witzige Schluss, je nachdem wir ihn als absichtsvoll auffassen oder nicht, bald als aggressive, bald als unfreiwillig witzige Komik betrachtet werden. So leicht uns in diesem und vielen andern Pallen die Entscheidung werden wird, so schwierig ist es bisweilen, aus dem Inhalte an sich absichtliche Parodie oder Ironie von unfreiwilliger Komik zu trennen. Nicht selten liegt die aggressive Eigenschaft des (ap-perceptiven) Witzes nur in der verbl\u00fcmten Zumuthung, dass die witzige Eigenschaft der gemachten Aeu\u00dferung nicht erkannt werde. Der Kellner, der die Vorw\u00fcrfe \u00fcber den in der Suppe gefundenen Lumpen mit der Bemerkung zur\u00fcckweist, dass man f\u00fcr den gezahlten Preis doch keine Sammetmantillen hineingeben k\u00f6nne, setzt gewisserma\u00dfen voraus, dass der Gast die Unhaltbarkeit dieses witzigen Schlusses nicht durchschaue, und gibt ihn auf diese Weise in den Augen des Zuschauers der Situationskomik Preis.\nNat\u00fcrlich theilt die aggressive Komik, soweit sie moralische Ko-","page":348},{"file":"p0349.txt","language":"de","ocr_de":"Zur Psychologie des Komischen.\n349\nmik ist, alle Eigent\u00fcmlichkeiten dieser letzteren. Beim rein Witzigen ist die Art der erzeugten Gef\u00fchle f\u00fcr alle H\u00f6rer dieselbe ; nur ihre St\u00e4rke wechselt je nach der individuellen Empf\u00e4nglichkeit f\u00fcr das Komische ; die aggressive Komik trennt die Betheiligten sofort in zwei Lager , in deren einem die Lust, in deren anderem die Unlust \u00fcberwiegt, wenn nicht ein gesunder Humor diese Differenzen schon in ihrem Entstehen ausgleicht. In dem Getroffenen und den ihm pers\u00f6nlich oder moralisch nahe Stehenden w\u00e4chst das Unlustgef\u00fchl unter Umst\u00e4nden so stark an, dass von ihnen im pr\u00e4gnanten Sinne als \u00bbschlechter Witz\u00ab aufgefasst wird, was den unbetheiligten Zuschauern vielleicht als \u00e4u\u00dferst zutreffend erschien. Durch die moralische Unlust kann also ohne Weiteres auch die richtige Beurtheilung der logischen Qualit\u00e4t des Witzes verk\u00fcmmert werden.\nWenn wir somit hier wieder die Thatsache einer h\u00e4ufigen Mischung von verschiedenen Gruppen komischer Gef\u00fchle zu verzeichnen haben, so d\u00fcrfte doch aus unseren Betrachtungen so viel hervorgehen, dass den fr\u00fcher aufgefundenen drei gro\u00dfen Gebieten der intellectuellen komischen Contraste in allen Punkten die drei Gattungen der \u00e4sthetischen, der moralischen und der logischen Gef\u00fchlscontraste parallel gehen. Anschauungs- und \u00e4sthetische Komik, Situations- und moralische Komik, witzige und logische Komik stellen lediglich zwei verschiedene Seiten eines und desselben, nur theoretisch zerlegbaren psychologischen Vorganges dar, dessen weitere Verfolgung uns alsbald noch mit einem dritten, wesentlichen Bestandtheile des Komischen bekannt machen wird.\nIII.\nJedes Gef\u00fchl, insofern es eine Ver\u00e4nderung der gem\u00fcthlichen Gleichgewichtslage bedeutet, bringt einen Spannungszustand unseres Innern mit sich, der sich entweder langsam, durch Auftauchen neuer Regungen, oder aber rasch, mit einer gewissen Heftigkeit, auszugleichen bestrebt ist. Die H\u00f6he der Spannung steht dabei vor Allem von der augenblicklichen St\u00e4rke, dann aber auch von der Art der Gef\u00fchle in gesetzm\u00e4\u00dfiger Abh\u00e4ngigkeit. Es ist daher schon von vornherein zu erwarten, dass auch die verschiedenartigen Gef\u00fchlscontraste des Komischen in ihrer lebhaften Beeinflussung des Stimmungshinter-","page":349},{"file":"p0350.txt","language":"de","ocr_de":"350\nEmil Kraepelin.\ngrundes psychische Spannungszust\u00e4nde mit der Neigung zu mehr oder weniger heftiger Reaction hervorzurufen im Stande sein werden. Die ad\u00e4quate Form des Ausgleiches f\u00fcr den Spannungszustand des Komischen ist das Lachen. Man hat daher vielfach das L\u00e4cherliche mit dem Komischen ohne Weiteres identificirt ; so bezeichnet Hecker \u00bbals komisch oder l\u00e4cherlich Dinge, welche den Affect des Lachens erregen\u00ab. Allein nicht jede Komik erzeugt in gleicher Weise das Lachen, ebensowenig wie jeder Schmerz zum Weinen oder Schreien f\u00fchrt, obgleich diese Entladungen als die nat\u00fcrlichen Reactionen auf denselben betrachtet werden m\u00fcssen. Der behagliche Humor des \u00bbGaudeamus\u00ab, die feine witzige Komik Heine\u2019s erf\u00fcllen uns einfach mit der angenehmen Befriedigung komischer Gef\u00fchle, w\u00e4hrend \u00bbHans Huckehein\u00ab, die Jobsiade oder irgend ein hei den Haaren herbeigezogener \u00bbKalauer\u00ab uns vielleicht gegen unseren Willen zu den ergiebigsten Lachausbr\u00fcchen hinrei\u00dfen. Wenn wir somit auch einen eigent\u00fcmlichen psychischen Spannungszustand, die mehr oder weniger ausgesprochene Neigung zum Lachen als regelm\u00e4\u00dfigen Begleiter des Komischen an-sehen m\u00fcssen, so ist doch jene Ausdrucksbewegung selbst keineswegs f\u00fcr dieses Letztere charakteristisch, jum so weniger, als ja auch einfache Affecte der Freude wenigstens das L\u00e4cheln hervorzurufen verm\u00f6gen. Ein anderer Gem\u00fctszustand ist es, in dem die Braut l\u00e4chelnd dem erwarteten Geliebten entgegeneilt,'als derjenige , in dem sie l\u00e4chelnd entdeckt, dass sie sich in der D\u00e4mmerung nicht jenem, sondern dem eigenen Bruder in die Arme geworfen hat.\nIn welcher Weise der Spannungszustand des Komischen auf der Grundlage der bestehenden Gef\u00fchle zu Stande kommt, ist unbekannt. Uns bleibt nur \u00fcbrig, zu untersuchen, unter welchen Bedingungen derselbe eine solche H\u00f6he gewinnt, dass die ad\u00e4quate motorische Reaction, das Lachen, wirklich erfolgt. Sehr zutreffend pflegt man diese Seite des Komischen als das \u00bbDrastische\u00ab zu bezeichnen; die St\u00e4rke der erreichten Spannung und somit die Ausgiebigkeit des Lachens ist ja ein directes Ma\u00df f\u00fcr die Intensit\u00e4t der augenblicklichen Wirkung, welche durch die Komik auf unser Seelenleben ausge\u00fcbt wird. Dass darum die Nachhaltigkeit jener Wirkungen von ganz anderen Momenten abh\u00e4ngig sein und sich sogar entgegengesetzt verhalten kann, bedarf kaum einer besonderen Erw\u00e4hnung.\nDas Drastische hat ein gewisses Analogon auf dem Gebiete der","page":350},{"file":"p0351.txt","language":"de","ocr_de":"Zur Psychologie des Komischen.\n351\nelementaren Sinneswahrnehmungen in dem Kitzel. Leise Ber\u00fchrungen, namentlich gewisser sehr empfindlicher K\u00f6rperstellen, erwecken in uns eigenth\u00fcmliche Mischgef\u00fchle von Lust und Unlust, die sich ebenfalls im Lachen zu entladen streben, ohne dass jedoch dabei der charakteristische Seelenzustand des Komischen zur Entwicklung gelangt.\nAuf die Analogie der drastischen Wirkungen des Kitzels und des Komischen hat Hecker eine physiologische Theorie dieses letzteren gegr\u00fcndet. Leise Hautreize erzeugen in Folge von Sympathicuserregung eine leichte Verengerung der kleinen Gef\u00e4\u00dfe mit Vermehrung ihres Muskeltonus und somit unter Anderem eine Verminderung des intra-craniellen Druckes, zu deren Ausgleich die intermittirend gehemmte Exspirationshewegung des Lachens als eine Art nat\u00fcrlichen Schutzreflexes dienen soll. Die gleichen physiologischen Vorg\u00e4nge sollen dem Komischen zu Grunde liegen, eine Ansicht, welche durch die Beobachtung gest\u00fctzt wird, dass dieses letztere, ebenso wie der Kitzel, mit einer Erweiterung der Pupille, dem Symptome der Sympathicus-reizung, einhergeht. Ich bin meinerseits in der Lage, diese Angabe Hecker \u2019 s best\u00e4tigen zu k\u00f6nnen. Man kann in der That hei der Entstehung drastischer Komik regelm\u00e4\u00dfig eine geringere oder st\u00e4rkere Dilatation der Pupille constatiren. Allein ich glaube diese Erscheinung mit Sicherheit nicht sowohl auf die psychische Wirkung des Komischen, als vielmehr lediglich auf den Einfluss der mimischen Ausdrucksbewegung zur\u00fcckf\u00fchren zu m\u00fcssen. Beim L\u00e4cheln n\u00e4mlich, und noch mehr beim Lachen, verengt sich bekanntlich regelm\u00e4\u00dfig die Lidspalte und verringert so die Menge des in das Auge fallenden Lichtes. In Folge dessen tritt sofort die Erweiterung der Pupille ein, auch wenn das eigentliche Pupillargebiet noch vollst\u00e4ndig frei ist, da doch schon eine ganze Anzahl von oben und unten einfallender Strahlen ahgeblendet wird. Diese \u00e4u\u00dferst prompte Reaction konnte ich willk\u00fcrlich durch einfache Nachahmung der genannten Ausdrucksbewegung ohne jede Spur von komischer Regung hervorrufen. In dem Umstande, dass die Ausgiebigkeit mimischer Reaction und ebenso der Pupillenbewegung hei verschiedenen Individuen erhebliche Differenzen zeigt, ist wohl die Erkl\u00e4rung f\u00fcr die Thatsache zu suchen, dass Hecker den von ihm auf die unmittelbare Wirkung des Komischen bezogenen Vorgang nur einige Male mit Sicherheit zu constatiren vermochte. Ueherdies er-Zeugt ja nicht jede, sondern nur die drastische Komik das Lachen und","page":351},{"file":"p0352.txt","language":"de","ocr_de":"352\tEmil Kraepelin.\ndamit meiner Auffassung nach auch die dasselbe begleitende Erweiterung der Pupille.\nWie die Erfahrung zeigt, ist das Drastische nicht an eine bestimmte Gattung des Komischen gebunden; der komische Anblick kann ebenso gut das Lachen hervorrufen wie die komische Situation und wie der Witz. Wir sind somit bei der Untersuchung des Drastischen nicht auf jene Elemente hingewiesen, welche die drei gro\u00dfen Gruppen von einander abtrennen, sondern auf diejenigen, welche allen gemeinsam sind. Nicht die Art der Contraste, sondern nur die Intensit\u00e4t derselben kann es sein, welcher f\u00fcr die drastischen Wirkungen entscheidende Bedeutung zukommt. Eine genauere Betrachtung l\u00e4sst in der That unschwer erkennen, dass die Neigung zum Lachen mit der Gr\u00f6\u00dfe des Contrastes zunimmt. Diese Gr\u00f6\u00dfe w\u00e4chst bekanntlich mit der Divergenz der Vorstellungen bis zu jenem Punkte an, bei dem eine Zusammenfassung derselben unter h\u00f6herer Einheit schwierig oder unm\u00f6glich wird, um von da rasch bis zum Minimum zu sinken. Die drastische Wirkung erreicht somit ihren H\u00f6hepunkt kurz bevor sie, bei einem 'S' ersuche zu weiterer Steigerung, g\u00e4nzlich verschwindet. Sie steht sehr nahe der Grenze der Komik \u00fcberhaupt; ein Schritt weiter, und diese Grenze ist \u00fcberschritten.\nDer Sch\u00e4rfung des Contrastes geht ein Anwachsen der Unlustgef\u00fchle gegen\u00fcber den Lustgef\u00fchlen parallel; sobald beide sich das Gleichgewicht halten, ist die Grenze des Komischen erreicht. Bis zu diesem Punkte steigern sich auch die drastischen Wirkungen der Komik, die nicht einer Erh\u00f6hung der Lust, sondern im Gegeiitheile einer Verst\u00e4rkung der Unlust ihren Ursprung verdanken. Dieses Ergebnis steht im Einkl\u00e4nge mit der Erfahrung, dass auch die lachenerregende Gewalt des Kitzels stets von lebhaften Unlustgef\u00fchlen begleitet ist; sind doch \u00fcberhaupt die unangenehmen Gef\u00fchle in weit h\u00f6herem Grade geeignet, psychische Spannungszust\u00e4nde und befreiende Keactionen auszul\u00f6sen! Die oben erw\u00e4hnte Gegen\u00fcberstellung des Komischen als des Belachenswerthen und des L\u00e4cherlichen als des Verlachenswerthen ist mithin insofern nicht ohne Berechtigung, als das Verlachen einem Objecte von geringerem inneren Werthe entspricht, als das Belachen, insofern also das erstere mit st\u00e4rkeren Unlustgef\u00fchlen verkn\u00fcpft ist, als das letztere. Daher das Unbefriedigende und Erm\u00fcdende, welches die fortgesetzte Verfolgung","page":352},{"file":"p0353.txt","language":"de","ocr_de":"Zur Psychologie des Komischen.\n353\ndrastischer Effecte hat ; wir werden ihrer rasch \u00fcberdr\u00fcssig, sobald die anf\u00e4nglichen Lustgef\u00fchle durch Abstumpfung unserer Empf\u00e4nglichkeit verblassen. Daher auch die au\u00dferordentlich verschiedene Grenz-bestimmung des Drastischen f\u00fcr verschiedene Individualit\u00e4ten und namentlich f\u00fcr verschiedene Bildungsstufen. Der feinf\u00fchlige Gebildete lacht schon bei Contrasten, deren Komik dem Ungebildeten wegen Mangels des Unlustgef\u00fchls noch g\u00e4nzlich verborgen bleibt, aber er wendet sich unwillig ab von Scenen, die f\u00fcr diesen Letzteren vielleicht gerade die H\u00f6he der drastischen Wirkungen repr\u00e4sentiren. Mit entschiedener Berechtigung paraphrasirt daher Hecker einen bekannten Satz in : \u00bbSage mir, wor\u00fcber du lachst, und ich will dir sagen, wer du bist.\u00ab\nDas allgemeine Mittel, welches dazu dient, die drastischen Wir-kimgen der Komik zu erh\u00f6hen, ist nach den obigen Ausf\u00fchrungen eine Steigerung der Unlustgef\u00fchle bis nahe an die subjectiven Grenzen der Komik \u00fcberhaupt durch m\u00f6glichste Versch\u00e4rfung des komischen Contrastes. Es kann dies erreicht werden einmal durch die geeignete Auswahl von Vorstellungen nach ihrem Inhalte, dann aber dadurch, dass dieselben mit maximaler St\u00e4rke in das Bewusstsein gehoben werden, um so ihre Unvereinbarkeit in das grellste Licht zu stellen. Die Ber\u00fccksichtigung dieser beiden Momente, des Inhaltes und der Intensit\u00e4t der Vorstellungen, gestattet uns, jede Abstufung der drastischen Wirkungen von ihren leisesten Regungen bis auf ihre H\u00f6he und \u00fcber dieselbe hinaus in ihren Entstehungsbedingungen begreifen zu lernen.\nIn dem Bereiche der Anschauungskomik wird die gr\u00f6\u00dfere oder geringere Divergenz der Vorstellungen und damit die verschiedene St\u00e4rke der \u00e4sthetischen Unlustgef\u00fchle bedingt durch den Grad der Uebereinstimmung, welchen das Angeschaute mit dem Bilde besitzt, das wir uns von demselben entwerfen. Je weniger die Nachahmung zur Caricatur wird, desto -weniger reizt sie uns zum Lachen, wenn sie auch die Elemente des komischen Contrastes noch vollst\u00e4ndig in sich enth\u00e4lt. Das angenehme, ruhige Contrastgef\u00fchl, welches uns durch die feine Charakteristik der komischen Maske im Lustspiel erzeugt wird, gewinnt die Gewalt eines fast peinlichen Affectes mit unwiderstehlicher Lachneigung gegen\u00fcber der ausgelassenen Komik etwa eines studentischen Fastnachtsspieles. Die Anschauungskomik fehlt","page":353},{"file":"p0354.txt","language":"de","ocr_de":"354\nEmil Kraepelin.\ng\u00e4nzlich hei den behaglich humoristischen Kinderscenen eines Oscar Pietsch; leise tritt sie hervor in den fl\u00fcchtig hingeworfenen Hend-schel\u2019schen Skizzen, um die drastische H\u00f6he im Struwelpeter und noch mehr in den schematischen Caricaturen der B us ch\u2019schen Bilderbogen zu erreichen.\nGanz \u00e4hnlich verh\u00e4lt sich die Situationskomik. Je weiter hier die Situation uns die Kluft zwischen Wunsch und Wirklichkeit er\u00f6ffnet, desto st\u00e4rker wird unsere Lachlust geweckt. Wir lachen mehr \u00fcber den St\u00fctzer, der beim Schlittschuhsport auf dem Eise hinf\u00e4llt, als \u00fcber den Schuljungen, und am meisten, wenn jenen Ersteren der Unfall vielleicht gerade vor die F\u00fc\u00dfe der Dame wirft, der er eine elegante Verbeugung zu machen im Begriffe stand. Der gesellschaftliche faux-pas eines Ungebildeten l\u00e4sst uns viel k\u00fchler, als der fatale Missgriff des Salonmannes, der ohne sein Wissen die vernichtende Kritik eines Bildes zuf\u00e4llig dem Maler selbst ins Gesicht sagt. Noch mehr steigert sich die drastische Wirkung, wenn dieser Letztere vielleicht gerade der Vater der Geliebten ist, oder die Situation sonstwie Ausblicke auf zuk\u00fcnftige Verlegenheiten und Unannehmlichkeiten gestattet. Am st\u00e4rksten sind nat\u00fcrlich die beim Beobachter inducirten Unlustgef\u00fchle, wo sich die Situationskomik auf dem sinnlichen Gebiete bewegt. Daher die gro\u00dfe Intensit\u00e4t der drastischen Wirkung k\u00f6rperlicher Misshandlungen und Schmerzen, soweit nicht durch den Ernst der Sachlage oder die subjective Empfindlichkeit schon die Grenze des Komischen \u00fcberschritten wird. Letzteres ist in der Regel der Fall bei dem Betroffenen selber; ist jedoch bei ihm in der Erinnerung die urspr\u00fcngliche H\u00f6he der Unlust so weit gesunken, dass er f\u00fcr die Komik empf\u00e4nglich wird, so pflegt gerade er selbst auch die Drastik der \u00fcberstandenen Situation am lebendigsten zu empfinden. Daf\u00fcr spricht wenigstens die Erfahrung, dass beim Erz\u00e4hlen derartiger Erlebnisse der Betroffene, dem die ganze Gr\u00f6\u00dfe des komischen Contrastes am unmittelbarsten im Bewusstsein steht, auch am meisten zu lachen geneigt ist, wenn er \u00fcberhaupt einmal sich (\u00fcber das Peinliche des Missgeschickes mit gutem Humor erhoben hat.\nVolle Best\u00e4tigung findet unsere bisher verfochtene Ansicht \u00fcber die psychologische Natur des Drastischen auch durch die Betrachtung der witzigen Komik. Nicht die feinen witzigen Spiele einer geschulten Intelligenz mit ihren schillernden Contrasten sind es, welche","page":354},{"file":"p0355.txt","language":"de","ocr_de":"Zur Psychologie des Komischen.\n355\nunser Lachen herausfordern, sondern ganz im Gegentheile gerade die gewaltsame Vereinigung recht disparater Vorstellungen auf Grund einer rein \u00e4u\u00dferlichen Zusammengeh\u00f6rigkeit. Der eigentliche Kalauer und die bizarreren Formen des witzigen Urtheils und Schlusses, namentlich die Hyperbel, haben die meiste Aussicht auf einen Lacherfolg, w\u00e4hrend bei den vornehmeren Gattungen mit weniger schreiendem Contraste durchaus das Gef\u00fchl angenehmer, ruhiger Befriedigung vorzuherrschen pflegt. Die drastischsten Formen des Witzes sind sogar geradezu diejenigen, welche von feinf\u00fchligeren Zuh\u00f6rern oder auch nach Aufh\u00f6ren des Lachens mit den Aeu\u00dferungen logischer Unlustgef\u00fchle begr\u00fc\u00dft und verdammt zu werden pflegen.\nAls den zweiten Factor, von welchem die drastische Wirkung der Komik abh\u00e4ngig ist, haben wir oben die Intensit\u00e4t der concurrirenden Vorstellungen bezeichnet. Nicht nur die qualitative Beschaffenheit, sondern auch die St\u00e4rke zweier Componenten sind ja f\u00fcr die Gr\u00f6\u00dfe des zwischen ihnen sich entwickelnden Contrastes von ma\u00dfgebender Bedeutung. Jede Komik wirkt daher in der Reproduction weniger drastisch, als in der unmittelbaren sinnlichen Auffassung. Am wenigsten tritt dieses Verhalten bei der witzigen Komik hervor. Freilich pflegt auch der in lebendiger Erz\u00e4hlung vorgetragene Witz wegen der gr\u00f6\u00dferen momentanen Intensit\u00e4t der Vorstellungen unsere Lachlust mehr anzuregen, als der blo\u00df gedachte, und es f\u00e4llt uns vielleicht gerade deswegen nicht selten so au\u00dferordentlich schwer, einen witzigen Einfall unerz\u00e4hlt zur\u00fcckzuhalten, selbst wenn derselbe uns in sociale Unannehmlichkeiten zu verwickeln droht. Sehr viel gr\u00f6\u00dfer ist aber der Unterschied der drastischen Wirkung auf dem Gebiete der Situationsund vor allem der Anschauungskomik je nach der Lebhaftigkeit, mit welcher die contrastirenden Vorstellungen ins Bewusstsein treten. Die witzige Komik operirt ja von vornherein mit abstracteren psychischen Gebilden, deren Intensit\u00e4t von der \u00e4u\u00dferen Wahrnehmung nur in geringem Grade abh\u00e4ngig ist, w\u00e4hrend bei jenen andern beiden Gattungen gerade aus der unmittelbaren sinnlichen Auffassung des Objectes eine wesentliche, f\u00fcr die Anschauungskomik sogar die einzige Quelle der komischen Gef\u00fchle entspringt. Die blo\u00dfe Schilderung durch Worte vermag hier im Allgemeinen nur einen abgeblassten Schatten des urspr\u00fcnglichen Eindruckes zu erzeugen ; die Unvereinbarkeit der concurrirenden Vorstellungen und mit ihnen die St\u00e4rke","page":355},{"file":"p0356.txt","language":"de","ocr_de":"356\nEmil Kraepelin.\nder moralischen und \u00e4sthetischen Unlustgef\u00fchle tritt nicht mehr mit der n\u00f6thigen Sch\u00e4rfe hervor, um die Lachlust des H\u00f6rers anzuregen.\nDies ist der Grund, warum die reproducirende Kunst stets besondere H\u00fclfsmittel herangezogen hat, um die drastische Wirkung jener Gattungen des Komischen von dem Augenblicke ihres Entstehens unabh\u00e4ngig zu machen und gewisserma\u00dfen f\u00fcr den dauernden Gebrauch zu conserviren. Der Anschauungskomik dient in diesem Sinne einmal die directe Wiedererzeugung des komischen Anblickes durch die Person eines nachahmenden Darstellers, die Mimik im weitesten Sinne, dann aber die Fixirung des sinnlichen Eindruckes durch die plastischen und graphischen K\u00fcnste, insbesondere die Illustration. Ohne das H\u00fclfsmittel der mimischen oder bildlichen Reproduction w\u00e4re die drastische Wirkung aller Anschauungskomik ephemer; keine Zeitschrift, die das Komische in allen seinen Gestaltungen zu cultiviren beabsichtigt, w\u00fcrde die Illustrationen entbehren k\u00f6nnen. Eine entschieden geringere Rolle spielt die sinnliche Unmittelbarkeit der concur rirenden Vorstellungen f\u00fcr die lachenerregende Wirkung der Situationskomik, nat\u00fcrlich soweit es sich dabei nicht um die Beimischung von Anschauungskomik handelt. Namentlich dann wird die Lebendigkeit einer Situation f\u00fcr den drastischen Erfolg derselben von entscheidender Bedeutung, wenn die erregten Unlustgef\u00fchle einen vorwiegend sinnlichen Charakter tragen und somit in geringerem Grade reproduc-tionsf\u00e4hig sind, als die abstracteren Gem\u00fcthsschwankungen der Besch\u00e4mung, des Neides u. s. f. Die Fabel einer Hanswurstiademit ihren vielfachen Pr\u00fcgelscenen vermag uns nicht das Lachen abzun\u00f6thigen, dessen wir uns vielleicht unter dem Eindr\u00fccke des Schauspiels selbst nicht h\u00e4tten erwehren k\u00f6nnen, w\u00e4hrend die Situationskomik des feineren Lustspiels bei der blo\u00dfen Lect\u00fcre kaum viel mehr an drastischer Wirkung einb\u00fc\u00dft, als auf Rechnung der fehlenden theatralischen Anschauungskomik zu setzen ist.\nIn \u00e4hnlicherWeise lassen sich auch gewisse Verschiedenartigkeiten der \u00bbAnekdoten\u00ab erkl\u00e4ren. Alle diejenigen, welche ihre Contraste vorzugsweise dem Gebiete der Anschauungskomik oder der derberen, auf sinnlichem Boden erwachsenden Situationskomik entnehmen, bed\u00fcrfen zur Erreichung voller drastischer Wirkungen der mimischen oder bildlichen Darstellung, w\u00e4hrend die feinere, abstractere Situationskomik, \u00e4hnlich wie die witzige Komik, jene H\u00fclfsmittel entbehren kann, ohne","page":356},{"file":"p0357.txt","language":"de","ocr_de":"Zur Psychologie des Komischen,\n357\ndadurch an Ausgiebigkeit des Lacherfolges zu verlieren. Daf\u00fcr tritt jedoch , namentlich hei der Situationskomik, ein anderer Kunstgriff der reproductiven Darstellung ein, der ebenfalls die Anschaulichkeit derselben zu steigern und somit im gleichen Sinne zu wirken bestimmt ist, wie Mimik und Illustration, n\u00e4mlich die Einkleidung der Situation in die Form eines wirklichen Ereignisses. Aehnlich wie die Fabel erst dadurch ihre eindringliche Lehrhaftigkeit erh\u00e4lt, dass ihr Inhalt als fac-tisches Yorkommniss erz\u00e4hlt wird, so gewinnt auch die Anekdote erst eine lebendige Wirkung, wo sie dem H\u00f6rer als thats\u00e4chliches Erlebniss erscheint. Der drastische Erfolg steigert sich au\u00dferordentlich, wenn der Vortragende sich selbst oder eine andere bekannte Pers\u00f6nlichkeit als den Helden derselben darstellt und wenn er durch die Anbringung eines localen oder individuellen Colorits den Eindruck erh\u00f6ht, dass es sich um eine wirkliche Begebenheit handele. Aus dieser Wahrnehmung erkl\u00e4rt sich wohl zum Theil das allgemeine Bestreben, Anekdoten an die Person von Ber\u00fchmtheiten aller Art anzukn\u00fcpfen, so dass sich nicht nur um jede derselben ein ganzer Kranz von derartigen Erz\u00e4hlungen bildet, sondern auch umgekehrt eine und dieselbe Anekdote h\u00e4ufig von einer Reihe verschiedener Personen berichtet wird.\nWir sehen somit, dass der eine Effect m\u00f6glichster Versch\u00e4rfung des komischen Contrastes auf mehrfachem Wege erreicht werden kann. Allein wir haben dabei immer noch nicht eines H\u00fclfsmittels Erw\u00e4hnung gethan, welches nicht sowohl die Eindringlichkeit der komischen Darstellung selbst, als vielmehr die Empf\u00e4nglichkeit des auffassenden Subjectes f\u00fcr dieselbe in ganz hervorragender Weise zu steigern im Stande ist. Es geschieht dies dadurch, dass zun\u00e4chst nur die eine der beiden concurrirenden Vorstellungen erzeugt und mit m\u00f6glichster Lebhaftigkeit in den Vordergrund des Bewusstseins gehoben wird, um dann pl\u00f6tzlich und unvermuthet durch die Contrast-vorstellung abgel\u00f6st zu werden. Parturiunt montes, nascetur ridicu-lus mus; wir erwarten das Ungeheure und an seine Stelle tritt zu unserer Belustigung das Winzige. Die verbindlichen Complimente des soeben get\u00f6dteten tragischen Helden beim Hervorruf erregen das L\u00e4cheln des denkenden Zuschauers, dem rasch die Illusion des Kunstwerkes zerst\u00f6rt ist ; die Wiederbelebung und die Heiterkeit des gerade erst vom Schicksal Zerschmetterten treten in lebhaften Contrast zu den durch das Drama selbst angeregten Perspectiven.","page":357},{"file":"p0358.txt","language":"de","ocr_de":"358\nEmil Kraepelin.\nUeberall handelt es sich hier um eine T\u00e4uschung der Erwartung. Die bisherige Erfahrung hat uns berechtigt, eine bestimmte Wahrnehmung f\u00fcr den n\u00e4chsten Augenblick zu anticipiren, und statt dessen tritt nun pl\u00f6tzlich eine andere ein, die mit der ersteren auf das Lebhafteste contrastirt. Die drastische Wirkung f\u00e4llt sofort weg, wenn wir im voraus wissen, dass jene Ver\u00e4nderung vor sich gehen wird, also z. B. selber sie absichtlich herbeif\u00fchren.\nNat\u00fcrlich kann die T\u00e4uschung der Erwartung nicht f\u00fcr den simultanen, sondern nur f\u00fcr den successiven Contrast in Betracht kommen. Wir begegnen derselben daher vorzugsweise auf den beiden Gebieten der Situations- und der witzigen Komik, auf denen eine successive Erfassung der concurrirenden Vorstellungen h\u00e4ufiger erfolgt, als bei der Anschauungskomik. Freilich ist auch diese letztere nicht gezwungen, ganz auf jenes Mittel zu verzichten. Eine komische Caricatur wirkt sicherlich drastischer, wenn wir ein sch\u00f6nes Portr\u00e4t zu sehen erwarten, also die Vorstellung einer solchen vorher mit einer gewissen Intensit\u00e4t in unserem Bewusstsein festgehalten hatten. Das pl\u00f6tzliche Abbrechen eines Fortissimo in das Pianissimo, das Ueber-schnappen der Singstimme inmitten des Liedes, das unvermuthete Ausl\u00f6schen der Beleuchtung verdanken ihre drastischen Wirkungen, soweit sie hervortreten, in erster Linie dem Umstande, dass bei dem successiven Contraste die vorangehende Vorstellung eine gro\u00dfe Lebhaftigkeit im Bewusstsein erlangt hatte. Wir werden nach unseren fr\u00fcheren Betrachtungen kaum fehl gehen, wenn wir das neue Moment, welches durch diese T\u00e4uschung der Erwartung bisweilen in die Komik eingef\u00fchrt wird, um die drastische Wirkung derselben zu steigern, als eine besondere Gattung der Situationskomik auffassen. Der Zuschauer selbst ist es, der sich durch die unvermuthete Ueberraschung d\u00fcpirt sieht und lebhafte Unlust dar\u00fcber empfindet, w\u00e4hrend doch zugleich die Komik des Angeschauten wieder diese Unlust \u00fcberwindet. Man denke nur an den drastischen Erfolg der geschickten Ueberraschungen eines Taschenspielers. Hier tritt die Wirkung der get\u00e4uschten Erwartung in ihrer Eigenschaft als Situationskomik am reinsten hervor, da die Handlung des K\u00fcnstlers an sich h\u00e4ufig genug die Elemente des Komischen gar nicht enth\u00e4lt.\nAndeutungsweise ist dieses Moment der Entt\u00e4uschung ein inte-grirender Bestandtheil jeder Komik \u00fcberhaupt. Dem Versuche einer","page":358},{"file":"p0359.txt","language":"de","ocr_de":"Zur Psychologie des Komischen.\n359\nVereinigung der contrastirenden Vorstellungen folgt unab\u00e4nderlich die Entdeckung ihrer Unvereinbarkeit auf dem Fu\u00dfe. In diesem Sinne hat Kant Hecht, wenn er das Komische als \u00bbeinen Affect aus der pl\u00f6tzlichen Verwandlung einer gespannten Erwartung in Nichts\u00ab bezeichnet. Dass diese Definition nur eine einzige Seite des Komischen ber\u00fccksichtigt und somit unvollst\u00e4ndig ist, d\u00fcrfte aus den bisher angestellten Betrachtungen zur Gen\u00fcge hervorgehen.\nJede Entt\u00e4uschung erweckt zun\u00e4chst ein unangenehmes Gef\u00fchl. Wir sehen daher auch hier, dass die drastischen Eigenschaften der Komik durch Anwachsen der Unlustgef\u00fchle gesteigert werden. Der J\u00e4ger, der die aufs Korn genommene Ente gerade in dem Momente untertauchen sieht, in dem er loszudr\u00fccken beabsichtigte , der Herr, dem beim Herannahen des Festzuges im dichten Gedr\u00e4nge der Hut \u00fcber die Augen getrieben wird, die Hausfrau, welche das angek\u00fcndigte Geschenk einer \u00bbFruchtschale\u00ab in Gestalt der \u00e4u\u00dferen H\u00fclle einer Orange erh\u00e4lt, \u2014 sie empfinden bei dieser unliebsamen L\u00f6sung ihrer Spannung lebhafte Unlust, so komisch auch f\u00fcr den Zuschauer ihre Situation sich ausnehmen mag. Allerdings nimmt dieser Letztere bis zu einem gewissen Grade an der Unlust des Betroffenen Theil, insofern auch f\u00fcr ihn etwas Anderes sich ereignet hat, als er erwartete, aber diese Entt\u00e4uschung hleibt ohne ma\u00dfgebenden Einfluss auf sein eigenes Wohl und Wehe; sie betrifft nur seine Erwartungen, nicht seine W\u00fcnsche, und ihr wird g\u00e4nzlich das Gegengewicht gehalten durch den angenehmen Gef\u00fchlscontrast des Komischen, welcher durch jene Beigabe nur noch einen pikanteren, drastischeren Charakter erh\u00e4lt. Auch hier jedoch gelangen wir mit Zunahme der Drastik rasch an die Grenze des Komischen \u00fcberhaupt. Wo die Unlust der Entt\u00e4uschung sehr gro\u00df ist und derselben kein \u00e4sthetisches, moralisches oder logisches Lustgef\u00fchl von gen\u00fcgender St\u00e4rke gegen\u00fcbersteht, da gewinnt der Aerger \u00fcber die D\u00fcpirung die Oberhand und raubt uns die Empf\u00e4nglichkeit f\u00fcr eine Komik, der wir ohne jene Spannung unserer Erwartung vielleicht noch zug\u00e4nglich gewesen w\u00e4ren. Ein Kalauer, der, anspruchslos in die Unterhaltung hineingeworfen, seine Wirkung thut, verfehlt diese h\u00e4ufig vollkommen, wenn bei absichtsvoller Reproduction die Erwartung des H\u00f6rers in ungeb\u00fchrlichem Ma\u00dfe gespannt wird. Die Unlust der Entt\u00e4uschung wirkt am intensivsten auf denjenigen, der nicht Humor genug besitzt, sich \u00fcber dieselbe zu erhe-\nWundt, Philos. Studien. II.\t24","page":359},{"file":"p0360.txt","language":"de","ocr_de":"360\nEmil Kraepelin.\nben. So verlangt eigentlich die Auffassung aller derartiger drastischer Komik schon eine gewisse humoristische Anlage des Zuschauers, und es ist vielleicht der ungleichen Yertheilung dieser Anlage mit zuzuschreiben, dass auch die Empf\u00e4nglichkeit f\u00fcr jene Komik so vielfache individuelle Verschiedenheiten erkennen l\u00e4sst.\nDie durch Spannung der Erwartung erreichte Versch\u00e4rfung des successiven Contrastes bezeichnet man als \u00bbPointe\u00ab. Sie bedeutet das unvermittelte Aufein anderplatzen unvereinbarer Vorstellungen, die pl\u00f6tzliche paradoxe L\u00f6sung eines psychischen Spaunungszustandes. Die Zuspitzung der \u00bbPointe\u00ab ist es, von welcher ganz besonders der Lacherfolg des successiven komischen Contrastes abh\u00e4ngt. Je einseitiger die Aufmerksamkeit in dem entscheidenden Momente besch\u00e4ftigt ist, je ausgiebiger also die Richtungs\u00e4nderung derselben ausf\u00e4llt, und je unvermutheter sich die Entt\u00e4uschung vollzieht, desto st\u00e4rker dr\u00e4ngen die Gef\u00fchle des Komischen nach einem motorischen Ausgleiche. Die Bezeichnung gewisser Parasiten als Menschenfresser, eines brennenden Z\u00fcndholzes als Feuerwerk, geh\u00f6rt in das Gebiet der witzigen Komik. Welch ein Unteischied aber in der drastischen Wirkung, sobald den Besuchern einer mit allen Mitteln der Reclame arbeitenden Schaubude unter ersterer Bezeichnung ein Floh und eine Wanze gezeigt werden, oder das pomphaft angek\u00fcndigte Feuerwerk der schaulustigen Menge in der angedeuteten Form vorgef\u00fchrt wird. Wenn ein wenig arbeitslustiger Student uns ein Bild von seinem zuk\u00fcnftigen Flei\u00dfe entwirft, so wird uns wohl ein leises Gef\u00fchl der Komik beschleichen in dem Gedanken, dass Absicht und Ausf\u00fchrung wahrscheinlich in grellem Contraste zu einander stehen werden. Die au\u00dferordentliche drastische Wirkung der Pointe jedoch erkennt man hier sofort, wenn in uns zun\u00e4chst die widerstrebende Ueberzeugung erweckt wird, jener Flei\u00df habe bereits begonnen, und wir erst am Schl\u00fcsse auf unsere verwunderte Frage die unvermuthete Antwort erhalten: \u00bbMorgen fange ich an.\u00ab Die Kunst der Reproduction des Komischen hat daher von jeher auf die Erhaltung der Pointe gro\u00dfes Gewicht gelegt. Sobald wir letztere kennen, bleibt zwar die Komik noch bis zu einem gewissen Grade erhalten, aber das drastische Element geht verloren; wir lachen nicht mehr dar\u00fcber. Die wirksamste Komik kann durch ungeschickte Verwischung der Pointe ihre packende Drastik vollst\u00e4ndig einb\u00fc\u00dfen, wie umgekehrt selbst der","page":360},{"file":"p0361.txt","language":"de","ocr_de":"Zur Psychologie des Komischen.\n361\nschlechteste Witz unter Umst\u00e4nden durch die Kunst des Vortrags noch einen gewissen Einfluss auf unsere Lachmuskeln zu gewinnen im Stande ist.\nWir kommen somit zu dem Resultate, dass die drastische Wirkung des Komischen, welche wir neben dem Vorstellungsinhalte und den Gef\u00fchlsschwankungen als die dritte Seite des von uns untersuchten Seelenzustandes kennen gelernt haben, einzig und allein abh\u00e4ngig ist von der Gr\u00f6\u00dfe des psychologischen Contrastes. Auch bei diesen Betrachtungen ist wiederum auf das Deutlichste die durchg\u00e4ngige Zusammengeh\u00f6rigkeit und gegenseitige Abh\u00e4ngigkeit der einzelnen psychologischen Elemente zu Tage getreten. Haben wir daher auch, um uns die Analyse und die Darstellung des schwierigen Gegenstandes zu erleichtern, jeweils immer nur eine Seite desselben n\u00e4her ins Auge gefasst, so werden wir nunmehr doch zu jenem Satze zur\u00fcckgewiesen, von dem wir unseren Ausgangspunkt genommen hatten, dass n\u00e4mlich nicht aus einem einzigen, sondern aus allen Gebieten des Seelenlebens die Elemente f\u00fcr eine Definition des Komischen entnommen werden m\u00fcssen. Nicht jeder intellectuelle, nicht jeder Ge-f\u00fchlscontrast, nicht jede get\u00e4uschte Erwartung wirkt komisch, sondern nur derjenige unerwartete intellectuelle Contrast, der in uns einen Widerstreit \u00e4sthetischer, ethischer oder logischer Gef\u00fchle mit Vorwiegen der Lust erweckt.\nSoweit die psychologische Analyse, deren au\u00dferordentliche Schwierigkeiten mir erst w\u00e4hrend der Untersuchung selbst in ihrer ganzen Ausdehnung entgegengetreten sind. Das Haupthinderniss bildet dabei stets die erm\u00fcdende Complicirtheit der allermeisten komischen Objecte. Ohne Zweifel wird indessen auch hier ein weiteres Eindringen in den spr\u00f6den Stoff uns vielfache neue Gesichtspunkte zu er\u00f6ffnen im Stande sein ; manche meiner Auffassungen werden dadurch vielleicht Best\u00e4tigung finden, andere werden sich als halb oder ganz unrichtig erweisen \u2014 mir muss es hier gen\u00fcgen, in den vorstehenden Andeutungen wenigstens an einzelnen Punkten eine sch\u00e4rfere Pr\u00e4cision derBegriffe, wie der Fragestellungen erreichtund auf derGrundlage der physiologischen Psychologie einen kleinen Beitrag zur systematischen Erkenntniss dieses interessanten Gebietes der wissenschaftlichen Aesthetik geliefert zu haben.\n24*","page":361}],"identifier":"lit3330","issued":"1885","language":"de","pages":"327-361","startpages":"327","title":"Zur Psychologie des Komischen, II","type":"Journal Article","volume":"2"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T14:08:35.367433+00:00"}