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{"created":"2022-01-31T16:31:09.746978+00:00","id":"lit33326","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane","contributors":[{"name":"Trendelenburg, W.","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane 31: 228-230","fulltext":[{"file":"p0228.txt","language":"de","ocr_de":"228\nLitera turberich t.\nsich dies zum Teil auf eine diffuse Erhellung des Gesichtsfeldes, zum Teil auf ein \u201eAbblendungsgef\u00fchl\u201c zur\u00fcckf\u00fchren, welches in dem durch die Dunkelscheibe verdeckten Auge besonders nach etwas l\u00e4ngerem Aufenthalt im Dunkelzimmer auftrat und als Organgef\u00fchl zu deuten ist. Auch wenn ein Auge nicht v\u00f6llig vom Sehen ausgeschlossen ist, sondern nur ein undeutlicheres Bild empf\u00e4ngt, gestattet das Abblendungsgef\u00fchl meist ein richtiges Urteil. Bei monokularem Sehen ist also ein Urteil dar\u00fcber, wrelches Auge sieht, nur indirekt durch Nebenumst\u00e4nde m\u00f6glich; bei binokularem Sehen ist hingegen bei gleicher Beleuchtung und Bilddeutlichkeit f\u00fcr beide Augen eine Entscheidung unm\u00f6glich.\nW. Trendelenburg- (Freiburg i. Br.).\nP. Gr\u00fctzner. Einige Versuche \u00fcber stereoskopisches Sehen. Pfl\u00fcgers Archiv 90, 525\u2014582. 1902.\nDie Untersuchungen dieser Abhandlung befassen sich mit dem Roll-MANNsehen Farbenstereoskop, mit stereoskopischer Wirkung durch Prismen und stereoskopischem Sehen bei Ver\u00e4nderung des Augenabstandes.\n1.\tDas \u00dfoLLMANNSche Farbenstereoskop. Das Prinzip desselben liegt den neueren \u201eAnaglyphen\u201c, \u201eStereographen\u201c zu Grunde und besteht in der Anwendung von verschiedenen Farben f\u00fcr die beiden ineinandergezeichneten stereoskopischen Bilder, sowie in Betrachtung derselben durch entsprechend verschieden gef\u00e4rbte Gl\u00e4ser. Sind z. B. die Bilder rot und blau, so sieht das eine Auge durch ein rotes, das andere durch ein blaues Glas; da jedes Auge nur das eine der farbigen Bilder sieht, ist die stereoskopische Wirkung verst\u00e4ndlich. Pseudoskopische Wirkungen lassen sich leicht durch Vertauschen der Brillengl\u00e4ser erzielen. Abweichend von den anderen Stereoskopen wird pseudoskopische Wirkung auch erzielt, wenn man das Bild auf den Kopf stellt. Diese Erscheinung wird an dem Beispiel einfacher stereoskopisch wirkender Zeichnungen n\u00e4her erl\u00e4utert. Erscheint z. B. eine Zeichnung bei gew\u00f6hnlicher Lage als \u00fcber dem Papier schwebender abgestumpfter Kegel, so erscheint dieser bei Umkehren des Bildes hinter dem Papier als Hohlk\u00f6rper. Zugleich \u00e4ndern sich aber die scheinbaren Gr\u00f6fsenverh\u00e4ltnisse wegen der ver\u00e4nderten Konvergenz der Augen, obwohl die Netzhautbilder in beiden F\u00e4llen gleich sind. Besonders gut gelingen die Versuche an Zeichnungen, die in gr\u00f6fserem Mafsstab ausgef\u00fchrt wurden. Geben zwei Farbenkreise das Bild eines vor dem Papier schwebenden dunklen Ringes, so entsprechen dessen scheinbare Gr\u00f6fse und scheinbarer Abstand von der Fl\u00e4che genau den konstruierten Werten; der Ring erscheint also da, wo die Sehlinien sich kreuzen. Bei \u00c4nderung des Abstands der Augen von der Zeichnung \u00e4ndert sich die scheinbare Entfernung des Ringes vom Papier gleichsinnig.\n2.\tStereoskopische Wirkung durch Prismen. Betrachtet man durch ein Prismenpaar (4\u20148\u00b0) miteinander zugewendeten brechenden Kanten von oben eine Tischplatte, so erscheint diese muldenf\u00f6rmig, dazu n\u00e4her und kleiner. Werden die brechenden Kanten schl\u00e4fenw\u00e4rts gehalten so erscheint die Tischplatte nach oben gew\u00f6lbt, entfernter und gr\u00f6fser. Die T\u00e4uschung \u00fcber Entfernung und Gr\u00f6fse beruht auf der ver\u00e4nderten Konvergenz der Sehaxen. Die Ursache der Vertiefung bezw. W\u00f6lbung","page":228},{"file":"p0229.txt","language":"de","ocr_de":"Literatur bericht.\n229\nliegt in der stereoskopischen Vereinigung der gekr\u00fcmmten Linien (ann\u00e4hernd Parabeln), als welche gerade Linien durch ein Prisma betrachtet erscheinen. Auch mit nur einem Prisma lassen sich \u00e4hnliche stereoskopische Wirkungen erzielen.\n3. Stereoskopisches Sehen bei Ver\u00e4nderung des Augenabstandes. Ein dem PoLLETSchen \u00e4hnlicher Apparat besteht aus zwei Glasplatten, die in ver\u00e4nderlichem Winkel aneinanderstofsen. Blickt man in den Winkel, so erscheint ein LXohlk\u00f6rper vertieft und verkleinert, w\u00e4hrend er flacher und gr\u00f6fser aussieht, wenn die Kante dem Beobachter zugewendet ist. Im ersten Fall werden die Augen durch Parallelverschiebung der Strahlen voneinander entfernt, im zweiten einander gen\u00e4hert. \u2014 Beobachtungen mit dem Telestereoskop ergaben Abweichungen von den Helm-HOLTZschen Angaben. G. und andere Beobachter mit ihm, sehen eine Landschaft nicht im Verh\u00e4ltnis der k\u00fcnstlichen zur nat\u00fcrlichen Augendistanz verkleinert, wie H., sondern weit weniger, und in den Tiefendimensionen ver-gr\u00f6fsert. Die Unterschiede beruhen auf T\u00e4uschungen im Konvergenzgef\u00fchl, welches zur Beurteilung der Entfernung unzureichend ist. Die Gegenst\u00e4nde werden im Telestereoskop nicht im Schnittpunkt der Blicklinien, sondern weiter entfernt gesehen. Gleiches gilt f\u00fcr n\u00e4here Objekte. An einem einfachen Prismentelestereoskop (s. Orig.) liefsen sich diese Erscheinungen bei Betrachtung einer Hohlkugel weiter verfolgen; besonders deutlich wird die Tiefent\u00e4uschung, wenn man den Beobachter ihm unbekannte Gegenst\u00e4nde betrachten l\u00e4fst. \u2014 Stereoskopische Photographien, die bei binokul\u00e4rer Vereinigung mit blofsem Auge den Eindruck der entsprechend verkleinerten Gegend geben, erscheinen im Stereoskop wegen Vergr\u00f6fserung der Konvergenz verflacht. Praktisch werden den \u201erichtigen stereoskopischen Bildern\", \u00fcber deren Herstellung das Original n\u00e4heres enth\u00e4lt, solche mit gr\u00f6fserer Vertiefung vorgezogen. Wirklich ortho-skopisch (Heine) k\u00f6nnen tiefe Bilder stereoskopisch nicht gesehen werden ; f\u00fcr kleinere K\u00f6rper w\u00e4re dies am besten mit dem RoLLMANNSchen Verfahren zu erreichen. \u2014 Der stereoskopischen Wirkung entgegengesetzt ist die eines \u201eHypostereoskopes\", welches den Augenabstand scheinbar verringert. Vergr\u00f6fserung und Verflachung der k\u00f6rperlichen Gegenst\u00e4nde tritt ein. Am umgekehrten Prismentelestereoskop lassen sich wieder die Haupterscheinungen bei Betrachtung einer Hohlkugel verfolgen. Die scheinbare Entfernung und Abflachung des Gegenstandes h\u00e4ngt ab von dem Grad der Ann\u00e4herung der Augen und ihrer Konvergenz ; die Angaben der Beobachter zeigen unzweifelhaft, dafs die Gegenst\u00e4nde nie in der Gr\u00f6fse und der Entfernung gesehen werden, wo sie nach der Projektionstheorie gesehen werden sollten. Verflachende Wirkung tritt aufserdem ein, wenn zwei stereoskopische Bilder, welche mit zu geringem Abstand aufgenommen wurden, vereinigt werden, ferner wenn zwei stereoskopische Aufnahmen der Quere nach gen\u00e4hert werden, und schiiefslich wenn zwei stereoskopische Bilder vergr\u00f6fsert und bei gleichem gegenseitigen Abstand ihrer homologen Fernpunkte vereinigt werden. Letzterer Punkt ist f\u00fcr die Beurteilung der Zuissschen Relieffernrohre wichtig, die ebenfalls eine abflachende Wirkung haben, weil die Vergr\u00f6fserung durch die Gl\u00e4ser im Verh\u00e4ltnis zum k\u00fcnstlichen Augenabstand zu stark ist. \u2014 Wie sich durch","page":229},{"file":"p0230.txt","language":"de","ocr_de":"230\nLiteraturbericht.\ndas Stereoskop zwei Fl\u00e4chen zu einem K\u00f6rper vereinigen lassen, k\u00f6nnen auch zwei kongruente K\u00f6rper stereoskopisch zu einer Fl\u00e4che vereinigt werden. Dies l\u00e4fst sich sehr anschaulich an zwei dachf\u00f6rmig geknifften Karten zeigen.\tW. Trendelenburg (Freiburg i. Br.)\nOtto Abraham. Das absolute Tonbewufstsein. Psychologisch-musikalische Studie.\nSammelhefte d. internat. Musikgesellsch. Berlin 1901. 86 S.\nVerf. behandelt das absolute Tonged\u00e4chtnis in einer streng wissenschaftlichen, und doch zugleich hinreichend popul\u00e4ren Weise, um auch dem Nicht-Psychologen eine angenehm lesbare Schrift zu liefern. Er berichtet \u00fcber eine grofse Anzahl von ihm selbst angestellter Versuche, zu denen er durch den Besitz eines sehr guten absoluten Tonged\u00e4chtnisses ganz besonders geeignet war. Aufserdem hat er an eine grofse Zahl anderer Personen Fragebogen ausgesandt, die ein ziemlich wertvolles statistisches Material liefern.\nDas absolute Tonged\u00e4chtnis kann in doppelter Weise wirksam sein: es kann die Benennung eines geh\u00f6rten Tons erm\u00f6glichen, oder es kann die Vorstellung eines Tons erm\u00f6glichen, dessen Namen angegeben worden ist. Verf. untersucht zun\u00e4chst die erste Art des Ged\u00e4chtnisses. Die H\u00f6hen- und Tiefengrenze sind durchaus nicht identisch mit den entsprechenden Empfindungsgrenzen ; wenigstens nicht in der Fl\u00f6he. Bis zu etwa 60 Schwingungen hinunter besteht bei dem Verf. fast absolute Sicherheit im Benennen der T\u00f6ne; von 60 bis zu 20 Schwingungen dagegen sind nur wenig mehr als ein Drittel der F\u00e4lle ganz richtig, und Fehler bis zu einer kleinen Terz sind h\u00e4ufig. In der H\u00f6he beginnt die Unsicherheit bei etwa 3000 Schwingungen, bei 6000 sind nur noch ein Viertel der F\u00e4lle ganz richtig, und \u00fcber 8000 hinaus besteht gar keine Urteilssicherheit mehr. Die Empfindungsgrenzen sind ungef\u00e4hr 16- und 20000; die Grenzen des musikalischen Tongebrauchs 50 und 4000. Das Tonged\u00e4chtnis geht also \u00fcber die Grenzen des musikalischen Gebrauchs hinaus, aber um weniger als eine Oktave. Psychologisch interessant ist die Neigung des Verf., die h\u00f6chsten T\u00f6ne mit einem Fs-Laut zu benennen, z. B. eis, fis, gis.\nVerf. behandelt dann die Abh\u00e4ngigkeit des Urteils von der Tonst\u00e4rke, wobei er zu dem Ergebnis kommt, dafs das St\u00e4rke-Optimum f\u00fcr die absolute H\u00f6henbeurteilung zwischen dem St\u00e4rke-Maximum und dem St\u00e4rke-Minimum liegt, aber betr\u00e4chtlich nach der Seite des letzteren zu.\nFerner wird behandelt der Einflufs der Klangfarbe. Gesangst\u00f6ne sind im allgemeinen ziemlich schwer zu erkennen ; die Ursache ist nicht etwa die Grofse oder Kleinheit der Anzahl der Obert\u00f6ne, sondern die Ungleichartigkeit der Obert\u00f6ne bei verschiedenen Gesangst\u00f6nen. Bei Glocken- und Gl\u00e4sert\u00f6nen sind einzelne Teilt\u00f6ne so besonders stark, dafs der Grundton oft hinter den Obert\u00f6nen verschwindet, so dafs nur durch Aufmerksamkeit und \u00dcbung ein Heraush\u00f6ren des Grundtons m\u00f6glich ist. Dies macht nat\u00fcrlich das Benennen von Glocken- und Gl\u00e4sert\u00f6nen schwierig. Am leichtesten werden Kl\u00e4nge mit m\u00e4fsig vielen Obert\u00f6nen beurteilt, was durch das h\u00e4ufige H\u00f6ren solcher Tonkomplexe verursacht sein d\u00fcrfte. Bei dem Verf. zeigte","page":230}],"identifier":"lit33326","issued":"1903","language":"de","pages":"228-230","startpages":"228","title":"P. Gr\u00fctzner: Einige Versuche \u00fcber stereoskopisches Sehen. Pfl\u00fcgers Archiv 90, 525-582. 1902","type":"Journal Article","volume":"31"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T16:31:09.746984+00:00"}